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Transaktionen

0796 - Cassiopea S.p.A.

Verfügung 796/01 vom 1. Oktober 2021

Öffentliches Tauschangebot von Cosmo Pharmaceuticals N.V., Irland, an die Aktionäre von Cassiopea S.p.A., Italien – Angebotsprospekt und Verwaltungsratsbericht  

Sachverhalt:

A.
Cassiopea S.p.A. (Cassiopea oder Zielgesellschaft) ist eine Aktiengesellschaft nach italienischem Recht mit Sitz in Lainate (Mailand), Italien, welche sich als sog. Spezialpharmaunternehmen auf die Entwicklung und Vermarktung medizinischer Dermatologieprodukte konzentriert. Gemäss ihren Statuten bezweckt Cassiopea im Wesentlichen die Herstellung, den Vertrieb, den Import und den Export von pharmazeutischen Produkten und medizinischen und chirurgischen Hilfsmitteln im Bereich der Dermatologie sowie die Forschungstätigkeit und die technologische und biotechnologische Entwicklung solcher Produkte, sowohl für sich selbst als auch im Auftrag Dritter. Das Aktienkapital von Cassiopea beträgt EUR 10'750'000 und ist eingeteilt in 10'750'000 Namenaktien mit einem Nennwert von je EUR 1.00 (die CAS-Aktie[n]). Die CAS-Aktien sind seit dem 1. Juli 2015 an der SIX Swiss Exchange AG (SIX) im International Reporting Standard kotiert (ISIN: IT0005108359; Valorennummer: 28252872; Valorensymbol: SKIN) (vgl. zur Zielgesellschaft des Weiteren auch Angebotsprospekt, lit. A, Ziff. 1 sowie lit. E). Die Statuten von Cassiopea enthalten weder ein Opting out noch ein Opting up.

B.
Die grössten Aktionäre von Cassiopea sind (gemäss den Angaben der Datenbank betreffend bedeutende Aktionäre der SIX; Stand: 15. September 2021):

    •  
Cosmo Pharmaceuticals N.V. (Cosmo oder Anbieterin), Dublin (vgl. dazu auch Sachverhalt Bst. C unten), mit einer Beteiligung von 46.56% an Cassiopea (entsprechend 5'005'066 CAS-Aktien);
    •  
Cosmo Holding S.à r.l (Cosmo Holding), Luxembourg, mit einer Beteiligung von 7.53% an Cassiopea (entsprechend 809'953 CAS-Aktien; wirtschaftlich berechtigt an der Cosmo Holding ist Mauro Severino Ajani, Gentilino, Schweiz [Mauro Ajani]);
    •  
Heinrich Herz AG, Zürich, Logistable Ltd, Gibraltar, Logistable S.A., Lausanne, mit einer Beteiligung von 4.1% an Cassiopea (entsprechend 409'000 CAS-Aktien; wirtschaftlich berechtigt an den vorgenannten Gesellschaften sind: Gerald Herz, Uitikon, und Pierre Lavie, Lausanne) und
    •  
AMG Substanzwerte Schweiz unter 3 % (kollektiver Anleger), mit einer Beteiligung von 3.63% an Cassiopea (entsprechend 390'305 CAS-Aktien; Lizenznehmer: LLB [Swiss] Investment AG, Zürich).

 

C.
Cosmo ist eine am 21. März 2016 gegründete Aktiengesellschaft nach niederländischem Recht (naamloze vennootschap) mit Sitz in Dublin, Irland. Cosmo ist ein pharmazeutisches Unternehmen mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie und Endoskopie, das Produkte zum weltweiten Vertrieb entwickelt und herstellt. Das kotierte Aktienkapital von Cosmo beträgt EUR 3'909'745.58 und ist eingeteilt in 15'037'483 Stamm-Namenaktien mit einem Nennwert von je EUR 0.26 (die COPN-Aktie[n]). Zudem verfügt Cosmo über ein bedingtes Kapital von EUR 3'748'936, eingeteilt in 14'418'983 COPN-Aktien und ein genehmigtes Kapital von EUR 1'713'657.66, eingeteilt in 6'590'991 COPN-Aktien. Nach Massgabe niederländischen Rechts bildet das erwähnte kotierte Aktienkapital von Cosmo Teil des genehmigten Kapitals, welches die Höchstzahl der Aktien festlegt, die das Unternehmen ohne Änderung ihrer Statuten ausgeben darf. Die COPN-Aktien sind seit dem 12. März 2007 an der SIX im International Reporting Standard kotiert (ISIN: NL0011832936; Valorennummer: 32590356; Valorensymbol: COPN) (vgl. zur Anbieterin des Weiteren auch Angebotsprospekt, lit. A, Ziff. 1, lit. B, Ziff. 4 sowie lit. C). Gemäss Angaben der SIX verfügt die Cosmo über ein Opting out (vgl. dazu die Angaben unter dem Link https://www.six-group.com/en/products-services/the-swiss-stock-exchange/market-data/shares/share-explorer/share-details.NL0011832936CHF4.html#/).

D.
Die grössten Aktionäre von Cosmo sind (gemäss den Angaben im Angebotsprospekt, lit. C, Ziff. 4):

    •  
Cosmo Holding, Luxembourg, die von Mauro Ajani – dem Gründer und Verwaltungsratspräsidenten der Cosmo – als deren Hauptaktionär kontrolliert wird, hält 5'551'795 COPN-Aktien, entsprechend 36.92% an Cosmo;
    •  
Heinrich Herz AG, Zürich und Logistable S.A., Lausanne, ein verbundenes Unternehmen, halten 1'204'182 COPN-Aktien, entsprechend 8.01% an Cosmo (wirtschaftlich berechtigt an den entsprechenden COPN-Aktien: Gerald Herz, Frederic Herz, Gregory Herz, Isabelle Herz und Pierre Lavie);
    •  

Dievini/Hopp BioTech Holding GmbH & Co. KG, DH Holding Verwaltungs GmbH, DH Assets GmbH & Co. KG, DH-LT Investments GmbH, die Investmentgesellschaften von Dietmar Hopp und seiner Familie, halten 786'361 COPN-Aktien und damit eine Beteiligung von 5.23% an Cosmo (wirtschaftlich berechtigt an den entsprechenden COPN-Aktien: Dietmar Hopp, Oliver Hopp, Daniel Hopp, David Hopp, Jonas Hopp und Daniel Hopp Familienstiftung Shelter Trust Anstalt).

 

E.
Am 20. August 2021 schlossen Cosmo und Cassiopea eine Vertraulichkeitsvereinbarung ab, die durch eine Transaktionsvereinbarung ersetzt werden soll (vgl. Sachverhalt Bst. H).

F.
Zwecks Lancierung eines öffentlichen Tauschangebots an die Aktionäre der Cassiopea plant Cosmo am 4. Oktober 2021 einen Angebotsprospekt zu veröffentlichen (das Tauschangebot). Im Rahmen ihres Tauschangebots bietet die Anbieterin 0.467 COPN-Aktien pro CAS-Aktie, entsprechend einem Wert von CHF 37.13, wobei Fraktionen von COPN-Aktien bar in CHF abgegolten werden sollen (Angebotsprospekt, lit. B, Ziff. 3).

Gemäss Angaben der Anbieterin bezweckt das Tauschangebot die vollständige Integration von Cassiopea in Cosmo (inkl. anschliessender Dekotierung der CAS-Aktien von der SIX) und somit die Schaffung eines integrierten Pharmaunternehmens, das über die internen Kapazitäten und das Know-how verfügen soll, um die Entwicklung seiner Forschungs- und Entwicklungs-Pipeline voranzutreiben (Angebotsprospekt, lit. A, Ziff. 2).

G.
Mit Eingabe vom 15. September 2021 stellte die Anbieterin ein Gesuch um Vorprüfung des Angebotsprospekts, mit folgenden Anträgen:

1. Es sei der Entwurf des Angebotsprospekts zu prüfen und festzustellen, dass das öffentliche Tauschangebot der Cosmo für den Erwerb aller sich im Publikum befindenden Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 1.00 der Cassiopea S.p.A. den Vorschriften des Bundesgesetzes über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten und Derivathandel (FinfraG) und den ausführenden Verordnungen entspricht;
2. Die Verfügung der Übernahmekommission sei in Absprache mit Cosmo, frühestens jedoch gleichzeitig mit der Veröffentlichung des Angebotsprospekts zu veröffentlichen.

 

Auf die Begründung dieser Anträge wird soweit erforderlich in den Erwägungen eingegangen.

H.
Mit Blick auf das Tauschangebot beabsichtigen die Anbieterin und die Zielgesellschaft am 1. Oktober 2021 eine Transaktionsvereinbarung abzuschliessen. Darin soll sich die Anbieterin im Wesentlichen verpflichten, das vorliegende Tauschangebot für alle sich im Publikum befindlichen CAS-Aktien zu unterbreiten. Die Zielgesellschaft wiederum wird u.a. dazu verpflichtet, das Tauschangebot zu unterstützen und den Aktionären einstimmig und vorbehaltlos zur Annahme zu empfehlen. Für den Fall eines besseren Angebots eines Wettbewerbers hat sich der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft verpflichtet, seine Empfehlung nur unter bestimmten Bedingungen zu ändern oder zurückzuziehen. Diese Bedingungen erfordern u. a. eine vorherige Mitteilung an die Anbieterin.

I.
Der Angebotsprospekt, die Transaktionsvereinbarung, der Verwaltungsratsbericht und eine Fairness Opinion von IFBC AG, Zürich (IFBC), wurden der Übernahmekommission vor der Publikation zur Prüfung unterbreitet.

J.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Thomas A. Müller (Präsident), Jean-Luc Chenaux und Beat Fellmann gebildet.

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

 

1.  Anwendbarkeit des schweizerischen Übernahmerechts

1.1 Gesetzliche Grundlage

[1] Gemäss 125 Abs. 1 FinfraG gelten die Bestimmungen des vierten Kapitels des FinfraG betreffend die öffentlichen Kaufangebote sowie Art. 163 des FinfraG für öffentliche Kaufangebote für Beteiligungspapiere von Gesellschaften (Zielgesellschaften):

a) mit Sitz in der Schweiz, deren Beteiligungspapiere mindestens teilweise an einer Börse in der Schweiz kotiert sind;
b) mit Sitz im Ausland, deren Beteiligungspapiere mindestens teilweise an einer Börse in der Schweiz hauptkotiert sind.

 

mit Sitz im Ausland, deren Beteiligungspapiere mindestens teilweise an einer Börse in der Schweiz hauptkotiert sind.

1.2 Einordnung

[2] Bei der Zielgesellschaft handelt es sich um ein Unternehmen mit Sitz in Lainate (Mailand), Italien, dessen Beteiligungspapiere an der SIX primärkotiert sind. Die Zielgesellschaft ist somit eine Gesellschaft im Sinne von Art. 125 Abs. 1 Bst. b FinfraG, auf welche die Bestimmungen des vierten Kapitels des FinfraG betreffend die öffentlichen Kaufangebote (Art. 125 ff. FinfraG) Anwendung finden.

2.  Gegenstand des Angebots

[3] Das Tauschangebot bezieht sich auf alle sich im Publikum befindenden CAS-Aktien, die sich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Angebotsprospekts im Publikum befinden (gemäss den Angaben der gesuchstellenden Anbieterin werden 5'744'934 CAS-Aktien von der Öffentlichkeit gehalten [Aktienkapital von Cassiopea [10'750'000 Namensaktien] abzüglich der von der Anbieterin gehaltenen CAS-Aktien [5'005'066 CAS-Aktien]]). Überdies erstreckt sich das Tauschangebot auf CAS-Aktien, die bis zum Ende der Nachfrist neu ausgegeben werden infolge der Ausübung von Mitarbeiteroptionen der Cassiopea, die zum Erwerb von je einer CAS-Aktie berechtigen (Cassiopea-Optionen), oder anderer Eigenkapitalderivate, die zur Ausgabe neuer CAS-Aktien berechtigen (siehe die Aufstellung im Angebotsprospekt, B, Ziff. 2).

[4] Die Anbieterin erfüllt damit die Anforderungen gemäss Art. 9 Abs. 2 UEV.

3.  Handeln in gemeinsamer Absprache

3.1 Grundsatz

[5] Gemäss Praxis der Übernahmekommission handeln Personen im Hinblick auf ein Angebot in gemeinsamer Absprache mit dem Anbieter i.S.v. Art. 11 UEV, die ihr Verhalten hinsichtlich des Unterbreitens eines öffentlichen Kaufangebots und dessen Bedingungen koordiniert und sich über das Angebot und dessen Bedingungen geeinigt haben.

[6] Für Personen, die im Hinblick auf ein Angebot in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe mit der Anbieterin handeln, gilt Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA sinngemäss (Art. 11 Abs. 1 UEV). Solche Personen haben die Pflichten nach Art. 12 UEV einzuhalten, was von der Prüfstelle zu überprüfen ist.

3.2 Einordnung

3.2.1 Von der Anbieterin beherrschte Gesellschaften

[7] Vorliegend handeln alle direkt oder indirekt von der Anbieterin beherrschten Gesellschaften in gemeinsamer Absprache mit Ersterer. Hierzu gehören auch die Zielgesellschaft und ihre Tochtergesellschaften, da die Anbieterin an der Zielgesellschaft bereits vor der Lancierung des Tauschangebotes eine Beteiligung von 56% hält (vgl. Sachverhalt Bst. B).

3.2.2 Cosmo Holding und Mauro Ajani

[8] In gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handeln zudem Cosmo Holding und der diese kontrollierende Mauro Ajani sowie alle von Letzterem direkt oder indirekt kontrollierten Gesellschaften.

[9] Gemäss Angebotsprospekt lit. C, Ziff. 4 hält die Cosmo Holding zurzeit 36.92% an der Anbieterin, wobei die Cosmo Holding ihrerseits von Mauro Ajani – dem Gründer und Verwaltungsratspräsidenten der Cosmo – kontrolliert wird (vgl. Sachverhalt D). Zusätzlich hält die Cosmo Holding direkt 7.53% an der Zielgesellschaft (vgl. Sachverhalt Bst. B).

[10] Gemäss Praxis der Übernahmekommission ist bei einer Beteiligung von über 50% der Stimmrechte stets von einer Beherrschung des Anbieters auszugehen, die es dem entsprechenden Anteilseigner oder einer (stimmrechts-)verbundenen Gruppe von Anteilseignern ermöglicht, auf die Organe des Anbieters direkt oder indirekt einen bestimmenden Einfluss auszuüben (Verfügung 630/03 vom 22. November 2017 in Sachen gategroup Holding AG, Erw. 2.1.2 und 2.2.3, mit weiteren Hinweisen). Bei einer geringeren Beteiligung ist auf die Umstände des Einzelfalls (Höhe der prozentualen [Stimmrechts- oder Kapital-]Beteiligung; Einfluss auf den Verwaltungsrat etc.) abzustellen. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die Anbieterin – wie die Zielgesellschaft – eine an der SIX kotierte Gesellschaft ist. Bei solchen Gesellschaften geht das Übernahmerecht davon aus, dass eine Beherrschung bereits ab 33 1/3% möglich ist, weshalb man bei Überschreitung dieses Grenzwertes angebotspflichtig wird (vgl. Art. 135 Abs. 1 FinfraG sowie u.a. Verfügung 594/01 vom 5. März 2015 in Sachen Sika AG, Erw. 1.2.1; Empfehlung 293/02 vom 31. Oktober 2006 in Sachen Saurer AG, Erw. 3.2.2).

[11] Hinzu kommt, dass Mauro Ajani sowohl bei der Anbieterin als auch der Zielgesellschaft eine prägende Rolle einnimmt: Er ist der Gründer von Cosmo, und damit auch von Cassiopea, welche 2015 von Cosmo abgespaltet wurde (Angebotsprospekt, lit. A, Ziff. 2). Ferner ist er auch Verwaltungsratspräsident der Anbieterin. Vor diesem Hintergrund muss angenommen werden, dass es Mauro Ajani möglich war, sowohl auf die frühere Abspaltung als auch auf die Modalitäten und Bedingungen des aktuellen Tauschangebots Einfluss zu nehmen (vgl. dazu die Verfügung 652/01 vom 14. Februar 2017 in Sachen Actelion Ltd, Erw. 3.1, im Rahmen welcher entschieden wurde, dass Jean-Paul Clozel mit Blick auf die Übernahme der von ihm gegründeten Actelion Ltd in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handelte).

3.3 Offenlegung im Angebotsprospekt

[12] Die in gemeinsamer Absprache handelnden Personen sind im Angebotsprospekt offen zu legen (Art. 19 Abs. 1 lit. d UEV).

[13] Der Angebotsprospekt enthält in C, Ziff. 5 die gemäss Art. 19 Abs. 1 lit. d UEV erforderlichen Angaben in Form einer generellen Umschreibung, ohne die direkt oder indirekt kontrollierten und verwalteten Gesellschaften einzeln namentlich aufzulisten. Dies ist gemäss Praxis der Übernahmekommission zulässig, sofern die Prüfstelle eine vollständige Liste dieser Gesellschaften erhält.

[14] Die Prüfstelle BDO AG, Zürich (BDO) hat eine solche Liste erhalten.

3.4 Fazit

[15] In Bezug auf die in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin im Sinne von Art. 11 UEV handelnden Personen entspricht der Angebotsprospekt somit den gesetzlichen Anforderungen.

4.  Keine Anwendung der Mindestpreisvorschriften

4.1 Anwendungsbereich der Mindestpreisvorschriften

[16] 135 Abs. 2 FinfraG i.V.m. Art. 42 –- 47 FinfraV-FINMA sehen einerseits für Pflichtangebote, d.h. Angebote, die gemacht werden müssen, wenn der Aktienbesitz einer Person die Limite von 33 1/3% übersteigt (vgl. dazu Art. 135 Abs. 1 FinfraG), einen Mindestpreis vor (Mindestpreisvorschriften). Gemäss Art. 9 Abs. 6 UEV finden die Mindestpreisvorschriften andererseits sodann auch auf alle Angebote Anwendung, bei denen der Erwerber – im Fall eines erfolgreichen Angebots – so viele Aktien erwirbt, dass er zusammen mit einer allfälligen bereits vorher existierenden Beteiligung den Grenzwert von 33 1/3% überschreitet (sog. Kontrollwechsel-Angebot).

4.2 Kein Pflicht- bzw. Kontrollwechsel-Angebot

[17] Bei der Zielgesellschaft handelt es sich bereits seit deren Gründung im Jahr 2013 um eine mehrheitlich kontrollierte Tochtergesellschaft der Anbieterin ( Angebotsprospekt, lit. A, Ziff. 2 sowie Sachverhalt Bst. B). Beim Tauschangebot von Cosmo handelt es sich demzufolge weder um ein Pflicht-, noch um ein Kontrollwechsel-Angebot.

4.3 Ergebnis

[18]Aufgrund der Tatsache, dass es sich beim Tauschangebot weder um ein Pflichtangebot noch um ein Kontrollwechsel-Angebot handelt, finden die Mindestpreisvorschriften auf das Tauschangebot keine Anwendung.

5.  Zusätzliche Angaben im Fall eines öffentlichen Tauschangebotes

5.1 Keine Bewertung der zum Tausch angebotenen Titel erforderlich

[19] Gemäss Art. 24 Abs. 6 UEV hat der Angebotsprospekt eine Bewertung der zum Tausch angebotenen Effekten zu enthalten (Art. 46 FinfraV-FINMA i.V.m. Art. 42 Abs. 4 FinfraV-FINMA), wenn die entsprechenden Effekten illiquid oder nicht an einer Börse kotiert sind.

[20] Vorliegend handelt es sich bei den zum Tausch angebotenen COPN-Aktien um liquide Beteiligungspapiere im Sinne des UEK-Rundschreibens Nr. 2: Liquidität im Sinne des Übernahmerechts vom 26. Februar 2010 (UEK-Rundschreiben Nr. 2), weshalb eine Bewertung im Sinne von Art. 24 Abs. 6 UEV unterbleiben kann.

6.  Best Price Rule / Pflicht zu einer Baralternative

6.1 Allgemeines

[21] Gemäss Art. 10 Abs. 1 UEV müssen der Anbieter und die mit ihm in gemeinsamer Absprache handelnden Personen, die von der Veröffentlichung des Angebots bis sechs Monate nach Ablauf der Nachfrist Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwerben, diesen Preis allen Empfängern des Angebots anbieten (Best Price Rule).

6.2 Mitarbeiteroptionen, andere Eigenkapitalderivate sowie Optionsplan

[22] Vorliegend gibt es weder Hinweise auf eine Änderung der Bedingungen der im Angebotsprospekt in Abschnitt B, Ziff. 2 erwähnten Mitarbeiteroptionen bzw. anderer Eigenkapitalderivate im Hinblick auf das Tauschangebot, noch gibt es Anhaltspunkte für eine Anpassung des in Abschnitt E, Ziff. 6 erwähnten Optionsplans der Zielgesellschaft im Hinblick auf das Tauschangebot. Ferner gibt es keine Hinweise darauf, dass die Zielgesellschaft Mitarbeitern Mitarbeiteroptionen bzw. andere Eigenkapitalderivate oder die aus den erwähnten Instrumenten (d.h. Mitarbeiteroptionen, andere Eigenkapitalderivate, Optionsplan) herrührenden CAS-Aktien abkaufen würde, insbesondere nicht zu Preisen über dem Angebotspreis, gegen Barabgeltung oder zu anderen unter dem Tauschangebot nicht vorgesehenen Bedingungen.

6.3 Bestätigungen der Prüfstelle

[23] Die Prüfstelle hat die Einhaltung Best Price Rule spätestens in ihrem abschliessenden Bericht zu bestätigen (Art. 28 Abs. 2 UEV). Es wird BDO hierfür eine Frist von einem Monat angesetzt, beginnend mit dem Ende des für die Best Price Rule relevanten Zeitraums von sechs Monaten nach Ablauf der Nachfrist.

6.4 Allfällige Pflicht zu einer Baralternative

[24] Bei freiwilligen Angeboten, deren Angebotspreis ganz oder teilweise aus Effekten besteht, muss der Anbieter den Aktionären eine vollständige Barzahlung anbieten (sog. Baralternative), falls er in der Zeit zwischen der Veröffentlichung des Angebotes und dessen Vollzug Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft gegen bar erwirbt. (Art. 9a Abs. 1 UEV).

[25] Hinsichtlich des Angebots einer Baralternative bei freiwilligen Tauschangeboten in der Situation gemäss Art. 9a Abs. 1 UEV – als Teilaspekt der Gleichbehandlung der Angebotsempfänger – hat die Prüfstelle zu gegebener Zeit eine negative Zusicherung abzugeben (vgl. Rz 47 des Schweizer Prüfungsstandards 880 betreffend die Prüfung von öffentlichen Kaufangeboten).

7.  Hauptgegenstand des Angebots

[26] In Abschnitt A, Ziff. 3 des Angebotsprospekts bezeichnet die Anbieterin die im Abschnitt E, Ziff. 3 beschriebene Clascoterone-Crème und -Lösung als Hauptgegenstand ihres Angebots.

[27] Gemäss Praxis der Übernahmekommission ist es dem Anbieter gestattet, gewisse Teile der Zielgesellschaft oder gewisse immaterielle Vermögenswerte als Hauptgegenstand seines Angebots zu bezeichnen und damit im Sinne von Art. 36 Abs. 2 lit. b UEV zu erreichen, dass der Verkauf oder die Belastung der betreffenden Betriebsteile oder Werte nur mit Beschluss der Generalversammlung gesetzmässig ist. Die sich dadurch ergebende Verhinderung einer Abwehrmassnahme, einer sogenannten „Crown Jewel Defense“, sieht keine prozentuale Beschränkung vor. Unter der Voraussetzung, dass der Anbieter diese Betriebsteile oder immateriellen Werte in seinem Angebot bestimmt umschreibt, ist eine Crown Jewel Defenseper se, also unabhängig vom Umfang, unzulässig (vgl. Verfügung 678/01 vom 1. Februar 2018 in Sachen Goldbach Group AG, Erw. 6; Empfehlung 249/03 vom 3. August 2005 in Sachen Saia-Burgess Electronics Holding AG, Erw. 9; Empfehlung 249/01 vom 15. Juli 2005 in Sachen Saia-Burgess Electronics Holding AG, Erw. 4.2; Rudolf Tschäni/Hans-Jakob Diem/Jacques Iffland/Tino Gaberthüel, Öffentliche Kaufangebote, Zürich/Basel/Genf 2014, Rn 556, 731 ff.).

[28] Die als Hauptgegenstand des Angebots bezeichneten Teile bzw. (Vermögens-)Werte werden von der Anbieterin vorliegend ausreichend bestimmt umschrieben (vgl. Angebotsprospekt, Abschnitt E, Ziff. 3). Auch weist die Anbieterin ein objektiviertes Interesse am genannten Hauptgegenstand des Angebots nach, indem sie erklärt, dass es sich bei dem betreffenden Wirkstoff um das eigentliche Hauptprodukt der Zielgesellschaft handelt und das Unternehmen bei dessen Veräusserung seines eigentlichen Kerns beraubt würde. Schliesslich erscheint die Zielgesellschaft aufgrund des Hauptgegenstands des Angebots weder in operativer, noch in zeitlicher Hinsicht übermässig blockiert, weshalb der bezeichnete Hauptgegenstand des Tauschangebots zulässig ist.

8.  Bedingungen

[29] Der Angebotsprospekt enthält die folgenden Bedingungen (vgl. Angebotsprospekt, Abschnitt B, Ziff. 9):

8.1 Bedingung (a): Genehmigung des Erwerbs der CAS-Aktien

Genehmigung des Erwerbs der CAS-Aktien: Die ausserordentliche Generalversammlung von Cosmo hat dem Erwerb in Folge des Angebots aller sich im Publikum befindenden CAS-Aktien zugestimmt.

[30] Nach Massgabe von Art. 2:107a, Ziff. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches der Niederlande (Burgerlijk Wetboek) bedürfen Beschlüsse des Verwaltungsrats, die zu einer Änderung der Identität oder des Charakters der Gesellschaft oder ihres Unternehmens führen, der Genehmigung durch die Generalversammlung. Ein solcher genehmigungsbedürftiger Beschluss liegt gemäss Bst. c von Art. 2:107a, Ziff. 1 u.a. dann vor, wenn es um den Erwerb einer Beteiligung am Kapital einer anderen juristischen Person im Wert von mindestens einem Drittel des Betrages der Aktiva gemäss der (konsolidierten) Bilanz der Gesellschaft geht (immer gemäss dem letzten festgestellten Jahresabschluss der Gesellschaft).

[31] Den Angaben der antragstellenden Anbieterin zufolge geht es vorliegend um einen Beteiligungserwerb von mindestens EUR 204.6 Mio. an Cassiopea. Die Gesamtaktiva von Cosmo betragen gemäss Jahresabschluss 2020 EUR 596.161 bzw. ein Drittel davon EUR 198.720.

[32] Auf Basis der Angaben hiervor führt die Übernahme von Cassiopea durch Cosmo zu einer wesentlichen Änderung der Identität und des Charakters von Cosmo im Sinne 2:107a, Ziff. 1, Bst. c des Bürgerlichen Gesetzbuches der Niederlande.

[33] Da die Genehmigung der Generalversammlung aufgrund der für die Anbieterin massgeblichen Jurisdiktion der Niederlande eine unabdingbare Voraussetzung für die Durchführung und den Vollzug des Tauschangebots bildet, erachtet die Übernahmekommission die Bedingung (a) bis zur Generalversammlung, in der über die betreffende Angelegenheit entschieden wird (voraussichtlich am oder um den 16. November 2021) für zulässig (vgl. Empfehlung 260/01 vom 13. Dezember 2005 in Sachen Berna Biotech AG, Erw. 4.12 ; vgl. auch Marie Jenny, La protection de l’offrant dans les offres publiques d’acquisition, Publications du Centre de droit bancaire et financier, Genève/Zurich 2018, Ziff. 4 auf S. 129).

8.2 Bedingung (b): Kotierung der zum Umtausch ausgegebenen Aktien

Kotierung der zum Umtausch ausgegebenen Aktien: SIX Swiss Exchange Regulation hat die Kotierung der COPN-Aktien, die durch die zur Abwicklung des Angebots notwendige Kapitalerhöhung geschaffen werden ("Neue COPN-Aktien"), genehmigt.

[34] Die Bedingung (b) ist bis zum Vollzug zulässig (vgl. Verfügung 726/02 vom 10. Mai 2019 in Sachen Panalpina Welttransport (Holding) AG, Erw. 6.9; Verfügung 639/01 vom 28. September 2016 in Sachen Looser Holding AG, Erw. 9.6).

8.3 Bedingung (c): Keine nachteiligen Beschlüsse der Generalversammlung der Zielgesellschaft

Keine nachteiligen Beschlüsse der Generalversammlung der Zielgesellschaft: Die Generalversammlung der Cassiopea hat (i) keine Dividende oder Kapitalherabsetzung, Über­nahme, Spaltung oder sonstige Veräusserung von Unternehmensteilen, jeweils einzeln oder insgesamt mit einem Wert oder zu einem Preis von mehr als EUR 1'863'000 (entsprechend 10% des konsolidierten Gesamtvermögens der Cassiopea zum 31. Dezember 2020), und/oder (ii) keine Verschmelzung oder Kapitalerhöhung beschlossen.

[35] Die auf Bedingung (c) anwendbaren Schwellenwerte von 10% des konsolidierten Gesamtvermögens liegen innerhalb des von der Praxis der Übernahmekommission akzeptierten Rahmens (vgl. Verfügung 770/01 vom 26. August 2020 in Sachen Sunrise Communications Group AG, Erw. 6.7; Verfügung 726/02 vom 10. Mai 2019 in Sachen Panalpina Welttransport (Holding) AG, Erw. 6.10; Verfügung 678/01 vom 1. Februar 2018 in Sachen Goldbach Group AG, Erw. 7.6). Die Bedingung (c) ist bis zum Vollzug des Angebots zulässig, längstens jedoch bis zur nächsten Generalversammlung.

8.4 Bedingung (d): Kein Verbot

Kein Verbot: Es liegt kein Urteil, keine einstweilige Verfügung oder sonstige behördliche Anordnung vor, die dieses Angebot oder dessen Durchführung verbietet oder für rechtswidrig erklärt.“

[36] Bedingung (d) ist gemäss Praxis der Übernahmekommission bis zum Vollzug des Angebots zulässig (vgl. zuletzt Verfügung 770/01 vom 26. August 2020 in Sachen Sunrise Communications Group AG, Erw. 6.3).

8.5 Bedingung (e): Mindestannahmequote

Mindestannahmequote: Bis zum Ende der (allenfalls verlängerten) Angebotsfrist muss die Anbieterin gültige und unwiderrufliche Annahmen für eine solche Anzahl von CAS-Aktien erhalten haben, die zusammen mit den CAS-Aktien, die die Anbieterin oder ihre Tochtergesellschaften am Ende der (allenfalls verlängerten) Angebotsfrist besitzen werden, mehr als 50% des vollständig verwässerten Aktienkapitals von Cassiopea am Ende der (allenfalls verlängerten) Angebotsfrist ausmachen (d.h., aller CAS-Aktien, die zu diesem Zeitpunkt ausgegeben sind, zuzüglich aller CAS-Aktien, deren Ausgabe (i) von einer Generalversammlung oder dem Verwaltungsrat der Cassiopea vor diesem Zeitpunkt beschlossen wurde, oder (ii) durch die Ausübung von Optionen oder Umwandlung oder anderen Rechten zur Ausgabe, zum Erwerb, zur Übertragung oder zum Erhalt von CAS-Aktien erfolgen kann, die zu diesem Zeitpunkt ausgegeben sind oder deren Ausgabe von der Generalversammlung oder dem Verwaltungsrat der Zielgesellschaft vor diesem Zeitpunkt beschlossen wurde).“

[37] Knüpft der Anbieter sein Angebot an das Erreichen einer Mindestbeteiligung an der Zielgesellschaft, darf die Schwelle nicht unrealistisch hoch sein. Andernfalls würde es im Belieben des Anbieters stehen, ein Angebot, das auf Grund einer nicht realistischen Bedingung von Anfang an zum Scheitern verurteilt wäre, mittels Verzicht auf die entsprechende Bedingung als zustande gekommen zu erklären. Eine solche Bedingung käme einer unzulässigen Potestativbedingung im Sinne von Art. 13 Abs. 2 UEV gleich. Bedingungen zur Mindestbeteiligung gelten bis zum Ende der Angebotsfrist.

[38] Die Bedingung (e) sieht vor, dass der Anbieterin bis zum Ende der (allenfalls verlängerten) Angebotsfrist eine solche Anzahl CAS-Aktien angedient wird, dass die Anbieterin zusammen mit den CAS-Aktien, die die Anbieterin und ihre Tochtergesellschaften bereits besitzen, auf eine Beteiligung von mehr als 50% des vollständig verwässerten Aktienkapitals von Cassiopea am Ende der (allenfalls verlängerten) Angebotsfrist kommt. Angesichts der Tatsache, dass die Anbieterin bereits eine Beteiligung von 46.56% an Cassiopea hält (vgl. Sachverhalt lit. B), ist es realistisch, dass diese Schwelle erreicht wird (vgl. Verfügung 770/01 vom 26. August 2020 in Sachen Sunrise Communications Group AG, Erw. 6.1; Verfügung 699/01 vom 31. Juli 2018 in Sachen Bank Cler AG, Erw. 6.1; Verfügung 678/01 vom 1. Februar 2018 in Sachen Goldbach Group AG, Erw. 7.1). Die Bedingung (e) ist demnach zulässig.

9.  Bedeutende Aktionäre der Anbieterin

[39] Gemäss Art. 19 Abs. 1 lit. b UEV hat der Angebotsprospekt Informationen zur Identität der Aktionärinnen und Aktionäre oder der Aktionärsgruppen, die über mehr als drei Prozent der Stimmrechte am Anbieter verfügen, sowie zum Prozentsatz ihrer Beteiligung zu enthalten. Anzugeben sind die direkt haltenden Aktionäre und die allenfalls wirtschaftlich Berechtigten (vgl. Art. 10 Abs. 1 FinfraV-FINMA sowie Verfügung 770/01 vom 26. August 2020 in Sachen Sunrise Communications Group AG, Erw. 8; Verfügung 630/03 vom 22. November 2017 in Sachen gategroup Holding AG, Erw. 2.1 und insbesondere 2.1.1Empfehlung 171/02 vom 21. August 2003 in Sachen EIC Electricity SA, Erw. 6.1).

[40] Der Angebotsprospekt enthält die diesbezüglichen Angaben in Abschnitt C, Ziff. 4.

10.              Verwaltungsratsbericht der Zielgesellschaft

[41] Gemäss Art. 132 Abs. 1 FinfraG hat der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft einen Bericht zu veröffentlichen, in dem er zum Angebot Stellung nimmt. Die darin abgegebenen Informationen müssen wahr und vollständig sein. Der Verwaltungsratsbericht der Zielgesellschaft hat nach Art. 30 Abs. 1 UEV sämtliche Informationen zu enthalten, die notwendig sind, damit die Angebotsempfänger ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können (vgl. Art. 30 ff. UEV).

10.1 Interessenkonflikte und Empfehlung

[42] Gemäss Art. 32 Abs. 1 UEV hat der Bericht des Verwaltungsrats auf allfällige Interessenkonflikte von Mitgliedern des Verwaltungsrats oder der obersten Geschäftsleitung hinzuweisen. Im Bericht des Verwaltungsrats ist gemäss der Aufzählung des Art. 32 Abs. 2 UEV speziell darauf hinzuweisen, ob die einzelnen Mitglieder des Verwaltungsrats vertragliche Vereinbarungen oder andere Verbindungen mit dem Anbieter eingegangen sind (Bst. a); auf Antrag des Anbieters gewählt wurden (Bst. b); wiedergewählt werden sollen (Bst. c); Organ oder Arbeitnehmer des Anbieters oder einer Gesellschaft sind, die mit dem Anbieter in wesentlichen Geschäftsbeziehungen stehen (Bst. d) sowie ihr Mandat nach Instruktionen des Anbieters ausüben (Bst. e). Der Bericht des Verwaltungsrats muss insbesondere auch auf die (finanziellen) Folgen hinweisen, die das Angebot für die einzelnen Mitglieder des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung hat (Art. 32 Abs. 3 UEV). Der Bericht hat zudem offenzulegen, ob die Mandate der Mitglieder des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung zu gleichwertigen Bedingungen weitergeführt werden bzw. die neuen Konditionen aufzuführen. Die entsprechenden Angaben müssen des Weiteren individuell erfolgen (vgl. Verfügung 699/01 vom 31. Juli 2018 in Sachen Bank Cler AG, Erw. 1.1).

[43] Gemäss der Praxis der Übernahmekommission (vgl. Verfügung 699/01 vom 31. Juli 2018 in Sachen Bank Cler AG, Erw. 1.1; Verfügung 682/01 vom 9. April 2018 in Sachen lastminute.com N.V., Erw. 7.3) begründet der Umstand, dass ein Verwaltungsratsmitglied mit den Stimmen eines beherrschenden Aktionärs gewählt wurde, die Vermutung eines Interessenkonflikts in Bezug auf dieses Mitglied des Verwaltungsrates. Bei Anwesenheit eines Mehrheitsaktionärs befinden sich selbst faktisch unabhängige Verwaltungsräte der Zielgesellschaft zumindest in einem potenziellen Interessenkonflikt (vgl. Verfügung 427/01 vom 29. September 2009 in Sachen Canon Schweiz AG, Erw. 6.2). Ein Interessenkonflikt wird sodann auch nach Art. 32 Abs. 2 Bst. b UEV vermutet, wenn ein Verwaltungsratsmitglied auf Antrag des Anbieters gewählt wurde.

[44] Die Vermutung des Vorliegens eines Interessenkonflikts kann widerlegt werden, indem der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft oder das betroffene Mitglied des Verwaltungsrats den Nachweis der Unabhängigkeit erbringt, was in der Praxis durch die Abgabe einer Negativbestätigung im Verwaltungsratsbericht selbst geschieht (vgl. Dieter Gericke/Karin Wiedmer, Kommentar Übernahmeverordnung (UEV), Zürich/Basel/Genf 2011, Rn 17 zu Art. 32). Auch kann ein Verwaltungsratsmitglied gemäss Praxis der Übernahmekommission trotz Wahl durch den Anbieter als unabhängig gelten, wenn dieses ein nichtexekutives Mitglied ist und nebst der Wahl keine anderen Aspekte gemäss Art. 32 Abs. 2 UEV vorliegen, welche auf einen Interessenkonflikt hindeuten (Verfügung 478/01 vom 27. Mai 2011 in Sachen Edipresse SA, Erw. 8.2).

[45] Liegen Interessenkonflikte vor, so gibt der Bericht des Verwaltungsrats Rechenschaft ab über die (geeigneten) Massnahmen (wie z.B. Ausstand der vom Interessenkonflikt betroffenen Mitglieder des Verwaltungsrats; Bildung eines Ausschusses bestehend aus den unabhängigen Mitgliedern des Verwaltungsrats zur Beurteilung des Angebots und Ausarbeitung des Berichts des Verwaltungsrats; Prüfung der finanziellen Angemessenheit des öffentlichen Kaufangebots im Rahmen einer von einem unabhängigen Dritten erstellten Fairness Opinion), welche die Zielgesellschaft getroffen hat, um zu vermeiden, dass sich diese Interessenkonflikte zu Nachteil der Angebotsempfänger auswirken (Art. 32 Abs. 4 UEV; vgl. zum Ganzen auch Catrine Luchsinger Gähwiler/Roger Ammann/Mark Montanari, in: Rolf Sethe/Olivier Favre/Martin Hess/Stefan Kramer/Ansgar Schott (Hrsg.), Kommentar zum Finanzmarktinfrastrukturgesetz FinfraG, Zürich/Basel/Genf 2017, Rn 27 ff. zu Art. 132 FinfraG).

[46] Der Bericht kann unter Angabe des Abstimmungsverhältnisses empfehlen, das Angebot anzunehmen oder es zurückzuweisen; er kann aber auch die Vor- und Nachteile des Angebotes darlegen, ohne eine Empfehlung abzugeben (Art. 30 Abs. 3 und 4 UEV).

10.2 Ausführungen im Verwaltungsratsbericht von Cassiopea

[47] Gemäss den Ausführungen im Verwaltungsratsbericht von Cassiopea setzen sich der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung gegenwärtig wie folgt zusammen (vgl. dazu Angebotsprospekt, lit. G, Ziff. 4):

  •  
Als Mitglieder des Verwaltungsrats fungieren Pierpaolo Guzzo (Verwaltungsratspräsident; zugleich CEO), Diana Marie Harbort (zugleich CEO), Øyvind Bjordal, Jan Egbert de Vries und Maurizio Baldassarini.
  •  
Die Geschäftsleitung besteht aus Diana Marie Harbort (CEO), Pierpaolo Guzzo (CFO), Alessandro Mazzetti (CMO), Luigi Moro (CSO) und Marco Pasero (COO).

 

[48] Mit Blick auf mögliche Interessenkonflikte wird im Verwaltungsratsbericht von Cassiopea u.a eingeräumt, dass Pierpaolo Guzzo, Diana Harbort, Øyvind Bjordal und Jan Egbert de Vries anlässlich der ordentlichen Generalversammlung vom 29. April 2021 auf Vorschlag (und mit den Stimmen) der Anbieterin und Mehrheitsaktionärin Cosmo in den Verwaltungsrat der Cassiopea gewählt wurden (vgl. dazu Angebotsprospekt, lit. G, Ziff. 4).

[49] Ungeachtet dessen gelangt der Bericht des Verwaltungsrats von Cassiopea zur Ansicht, dass sämtliche Verwaltungsratsmitglieder unabhängig und nicht mit einem Interessenkonflikt behaftet seien.

[50] Als Massnahme, um zu vermeiden, dass sich (potentielle) Interessenkonflikte zum Nachteil der Empfänger des Tauschangebots von Cosmo auswirken, hat der Verwaltungsrat von Cassiopea die finanzielle Angemessenheit des Tauschangebotes von Cosmo im Rahmen einer Fairness Opinion überprüfen lassen. Entsprechend wurde bei IFBC, eine Fairness Opinion im Sinne von Art. 30 Abs. 5 UEV in Auftrag gegeben. IFBC gilt in dieser Hinsicht als „besonders befähigt“ im Sinne von Art. 30 Abs. 6 UEV (vgl. zur Feststellung der besonderen Befähigung von IFBC als Erstellerin von Fairness Opinions bei öffentlichen Kauf- und Tauschangeboten die Verfügung 502/01 vom 16. Januar 2012 in Sachen IFBC AG).

[51] Unter Berücksichtigung der bei IFBC in Auftrag gegebenen Fairness Opinion, welche einen integrierenden Bestandteil des Berichts des Verwaltungsrats von Cassiopea bildet, empfiehlt der Verwaltungsrat von Cassiopea den Aktionären von Cassiopea das Tauschangebot von Cosmo einstimmig zur Annahme (vgl. dazu Angebotsprospekt, lit. G, Ziff. 1).

10.3 Würdigung der Ausführungen im Verwaltungsratsbericht von Cassiopea

[52] In casu wurden nach Ansicht der Übernahmekommission vier von fünf Mitgliedern des Verwaltungsrats von Cassiopea (namentlich Pierpaolo Guzzo, Diana Harbort, Øyvind Bjordal und Jan Egbert de Vries) auf Vorschlag und mit den Stimmen der die Zielgesellschaft beherrschenden Anbieterin gewählt (vgl. dazu die Medienmitteilung von Cassiopea vom 21. April 2021, abrufbar unter: https://www.cassiopea.com/2021/04/21/lists-of-candidates-for-the-board-of-directors-at-the-agm-2021/). Damit gilt die Vermutung, dass die entsprechenden Verwaltungsratsmitglieder von Cassiopea einem Interessenkonflikt unterliegen (vgl. Erw. 1 oben).

[53] Im Sinne einer Negativbestätigung wird im Verwaltungsratsbericht von Cassiopea erklärt, dass Pierpaolo Guzzo, Diana Harbort, Øyvind Bjordal und Jan Egbert de Vries unabhängig von der Anbieterin und von in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handelnden Gesellschaften seien und, dass mit Ausnahme der Wahl erwähnter Verwaltungsratsmitglieder durch die Anbieterin kein anderer in Art. 32 Abs. 2 erwähnter Vermutungstatbestand (d.h. weder lit. a, c, d oder e von Art. 32 Abs. 2 UEV) erfüllt sei. Basierend darauf und aufgrund der Tatsache, dass der Verwaltungsrat von Cassiopea eine Fairness Opinion eingeholt habe, hätte sich der Verwaltungsrat von Cassiopea entschiedent, keine weiteren Massnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten zu ergreifen, mit der Folge, dass alle Verwaltungsratsmitglieder von Cassiopea an der Beratung und Entscheidung über das Tauschangebot teilnehmen könnten.

[54] Vor dem Hintergrund der erwähnten Negativbestätigung und der als zusätzliche Massnahme eingeholten Fairness Opinion genügen die Ausführungen betreffend Interessenkonflikte im Verwaltungsratsbericht von Cassiopea den Anforderungen gemäss der Praxis der Übernahmekommission.

10.4 Fazit

[55] Der Bericht des Verwaltungsrats enthält die gemäss Art. 30 ff. UEV erforderlichen Informationen, insbesondere die mit Blick auf Art. 32 UEV relevanten Angaben bezüglich der Mitglieder des Verwaltungsrats.

10.5 Fairness Opinion

[56] Der Verwaltungsrat von Cassiopea hat IFBC als unabhängige Expertin mit der Erstellung einer Fairness Opinion zur Angemessenheit des Angebotspreises beauftragt.

[57] Bei den CAS-Aktien handelt es sich gemäss den Berechnungen von IFBC um liquide Beteiligungspapiere im Sinne des UEK-Rundschreibens 2.

[58] IFBC hat die Discounted Cash Flow-Methode (DCF-Methode) als primäre Bewertungsmethode angewandt, in deren Rahmen auch Sensitivitätsanalysen mittels Anpassung der wichtigsten Werttreiber durchgeführt wurden (vgl. dazu Ziff. 3.2 der Fairness Opinion). Um die Plausibilität der Ergebnisse der DCF-Methode zu prüfen, wurden zusätzlich Analysen vorgenommen (Aktienkurs-, Liquiditäts- sowie Kurszielanalyse [vgl. dazu Ziff. 3.3 der Fairness Opinion]). Bezogen auf den Bewertungsstichtag vom 1. Oktober 2021 ergab die DCF-Methode in einer Punktschätzung einen Wert von CHF 39.17 sowie eine Bewertungsbandbreite von CHF 34.47 bis CHF 44.25 je CAS-Aktie. Basierend auf dieser Auswertung beurteilt IFBC das Tauschangebot von Cosmo (in der Höhe von 0.467 COPN-Aktien für eine CAS-Aktie oder umgerechnet CHF 37.13) aus finanzieller Sicht als fair.

[59] Die von IFBC verwendeten Informationen und Bewertungsmethoden, die Bewertungsannahmen und die angewandten Parameter sowie deren Herleitung sind in der Fairness Opinion offen gelegt. Die Angebotsempfänger können die Einschätzung von IFBC nachvollziehen und ihren Entscheid über die Annahme oder Ablehnung des Tauschangebots von Cosmo in Kenntnis der Sachlage treffen. Die Fairness Opinion ist transparent, plausibel und nachvollziehbar und damit i.S.v. Art. 30 Abs. 5 UEV hinreichend begründet.

10.6 Jahres- und Zwischenabschluss

[60] Gemäss Praxis der Übernahmekommission dürfen zwischen dem Bilanzstichtag des letzten veröffentlichten Jahres- oder Zwischenabschlusses der Zielgesellschaft und dem Ende der Angebotsfrist nicht mehr als sechs Monate vergangen sein. Zudem hat der Verwaltungsrat Angaben über wesentliche Änderungen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie der Geschäftsaussichten zu machen, die seit der letzten Veröffentlichung des Jahres- oder Zwischenberichts eingetreten sind (vgl. zuletzt Verfügung 770/01 vom 26. August 2020 in Sachen Sunrise Communications Group AG, 9.3; Verfügung 726/02 vom 10. Mai 2019 i. S. Panalpina Welttransport (Holding) AG, Erw. 11.3; Verfügung 711/02 vom 25. Januar 2019 in Sachen CEVA Logistics AG, Erw. 9.4).

[61] Zusätzlich zu dem per 26. März 2021 publizierten Geschäftsbericht (mit Stichtag 31. Dezember 2020) veröffentlichte Cassiopea am 30. Juli 2021 einen (ungeprüften) konsolidierten Halbjahresabschluss mit Stichtag 30. Juni 2021, der u.a. eine konsolidierte Erfolgsrechnung, eine Bilanz sowie eine Mittelflussrechnung beinhaltet, und somit den Anforderungen an einen Zwischenabschluss gemäss geltender Praxis genügt (vgl. Verfügung 711/02 vom 25. Januar 2019 i. S. CEVA Logistics AG, Erw. 9.4). Damit werden zwischen dem Bilanzstichtag des letzten Zwischenabschlusses (30. Juni 2021) und dem Ende der Angebotsfrist (voraussichtlich 15. November 2021; vgl. Angebotsprospekt, lit. B, Ziff. 7), voraussichtlich weniger als sechs Monate vergangen sein.

[62] Der Verwaltungsratsbericht enthält des Weiteren auch die eingangs erwähnten Angaben über wesentliche Änderungen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie der Geschäftsaussichten.

[63] Der Bericht des Verwaltungsrats entspricht insoweit den gesetzlichen Anforderungen.

10.7 Übrige Informationen

[64] In Bezug auf die Offenlegung weiterer Informationen entspricht der Bericht des Verwaltungsrats den gesetzlichen Anforderungen.

11.              Publikation

[65] Die vorliegende Verfügung wird am Tag der Publikation des Angebotsprospekts auf der Webseite der Übernahmekommission veröffentlicht (Art. 138 Abs. 1 FinfraG i.V.m. Art. 65 Abs. 1 UEV).

12.              Gebühr

[66] Gemäss Art. 117 Abs. 2 FinfraV wird die Gebühr im Verhältnis zum Wert der Transaktion berechnet. Hierfür sind sämtliche vom Angebot erfassten Titel (Beteiligungspapiere und/oder Finanzinstrumente) sowie jene Titel zu berücksichtigen, welche in den zwölf Monaten vor der Veröffentlichung des Angebots erworben wurden (vgl. Verfügung 756/02 vom 20. April 2020 in Sachen Pargesa Holding SA, Erw. 10; Verfügung 726/02 vom 10. Mai 2019 in Sachen Panalpina Welttransport (Holding) AG, Erw. 13; Verfügung 711/02 vom 25. Januar 2019 in Sachen CEVA Logistics AG, Erw. 11). Des Weiteren werden zur Bestimmung des Werts der Transaktion grundsätzlich auch jene Titel herangezogen, welche die Anbieterin und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen seit Veröffentlichung des Angebotsprospekts erworben haben.

[67] Gemäss Angebotsprospekt umfasst das Tauschangebot 5'744'934 CAS-Aktien zu einem Angebotspreis von umgerechnet je CHF 37.13 (vgl. Angebotsprospekt lit. B, Ziff. 3). Ein vorausgegangener Erwerb hat nicht stattgefunden. Informationen zu allfälligen seit der Veröffentlichung des Angebotsprospekts getätigten Käufen von CAS-Aktien liegen in diesem Stadium nicht vor. Der Wert des gesamten Tauschangebots liegt somit bei CHF 215'435'025. Daraus ergibt sich gestützt auf Art. 117 Abs. 2 und 3 FinfraV eine Gebühr von CHF 107'718.

 

 

Die Übernahmekommission verfügt:

1. Das öffentliche Tauschangebot von Cosmo Pharmaceuticals N.V. an die Aktionäre von Cassiopea S.p.A. entspricht den gesetzlichen Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote.
2. Die vorliegende Verfügung wird am Tag der Publikation des Angebotsprospekts auf der Webseite der Übernahmekommission veröffentlicht.
3.

Die Gebühr zu Lasten von Cosmo Pharmaceuticals N.V. beträgt CHF 107'718.

 

 

Der Präsident:

Thomas A. Müller

 

 

Diese Verfügung geht an die Parteien:

  • Cosmo Pharmaceuticals N.V., vertreten durch Dr. Matthias Courvoisier, Baker McKenzie Zürich;

  • Cassiopea S.p.A., vertreten durch Philippe Weber und Thomas M. Brönnimann, Niederer Kraft Frey AG.

Mitteilung an:

  • BDO AG (Prüfstelle).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Beschwerde (Art. 140 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes, SR 958.1):

Diese Verfügung kann innert einer Frist von fünf Börsentagen bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA, Laupenstrasse 27, CH-3003 Bern, angefochten werden. Die Anfechtung hat schriftlich zu erfolgen und ist zu begründen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 52 VwVG zu genügen.

Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):

Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens drei Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV) und am Verfahren bisher nicht teilgenommen hat, kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben. Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung der vorliegenden Verfügung einzureichen. Sie muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der Beteiligung gemäss Art. 56 Abs. 3 und 4 UEV enthalten (Art. 58 Abs. 3 UEV).