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0782 - VT5 Acquisition Company AG

Verfügung 782/01 vom 19. März 2021

Öffentliches Rückkaufangebot von VT5 Acquisition Company AG – Gesuch um Freistellung von der Anwendung der Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote  

Sachverhalt

 A.
VT5 Acquisition Company AG (VT5, die Gesellschaft oder Gesuchstellerin) ist eine am 2. März 2021 unter der Firmennummer CHE-499.708.558 im Handelsregister des Kantons Schwyz eingetragene Aktiengesellschaft mit Sitz in Freienbach, Schwyz, Schweiz. Gemäss ihren Statuten bezweckt die Gesellschaft die Suche nach Möglichkeiten, Mittelaufnahme für, Prüfung, Verhandlung, Abschluss und Vollzug, eines direkten oder indirekten Erwerbs einer oder mehrerer operativer Gesellschaften oder Unternehmen mit einem gesamten Unternehmenswert von mindestens CHF 100 Millionen, sei es durch Asset-Deal, Share-Deal, Fusion, Quasi-Fusion oder in sonstiger Weise, mit Schwerpunkt im Technologiebereich. Nach Vollzug dieses Erwerbs ist der Zweck der Gesellschaft auch: 1. Betrieb eines Unternehmens im Technologiebereich und das Halten von Unternehmen in diesem Technologiebereich in einem Konzern unter einheitlicher Leitung, 2. Erwerb, Verwaltung, Übertragung und Veräusserung von Patenten, Handelsmarken und technischen und industriellen Kenntnissen sowie Grundstücken im In- und Ausland, 3. Beteiligung an anderen Unternehmen im In- und Ausland, 4. Errichtung von Zweigniederlassungen und Gründung von Tochtergesellschaften, 5. Tätigen aller übrigen Geschäfte, welche die vorgenannten Zwecke unmittelbar oder mittelbar fördern. Das Aktienkapital von VT5, welches CHF 2'352'941.20 beträgt und in 1'764'706 Namenaktienaktien (Gründer- bzw. Stammaktien) mit einem Nennwert von je CHF 0.10 und 21'764'706 Namen-Vorzugsaktien (A-Aktien) mit einem Nennwert von je CHF 0.10 eingeteilt ist, ist gegenwärtig (noch) nicht an einer Börse kotiert. Der Verwaltungsrat ist ermächtigt, das Aktienkapital jederzeit bis gegen Ende März 2023 im Maximalbetrag von CHF 1'176'470.60 durch Ausgabe von höchstens 11'764'706 vollständig zu liberierenden Namenaktien (A-Aktien) mit einem Nennwert von je CHF 0.10 zu erhöhen (sog. genehmigtes Kapital). Das Aktienkapital wird unter Ausschluss der Bezugsrechte der Aktionäre durch Ausgabe von höchstens 11'764'706 voll zu liberierenden Namenaktien im Nennwert von je CHF 0.10 (A-Aktien) um den Maximalbetrag von CHF 1'176'470.60 erhöht durch die Ausübung oder Zwangsausübung von Wandel-, Tausch-, Options-, Bezugs- oder ähnlichen Rechten auf den Bezug von Aktien, welche Aktionären oder Dritten allein oder in Verbindung mit Anleihensobligationen, Darlehen, Optionen, Warrants oder anderen Finanzinstrumenten oder vertraglichen Verpflichtungen der Gesellschaft oder einer ihrer Tochtergesellschaften eingeräumt werden (sog. bedingtes Aktienkapital für Finanzierung, Akquisitionen und andere Zwecke).

Bei der VT5 handelt es sich um eine sog. Special Purpose Acquisition Company (die SPAC), d.h. um eine von mehreren Gründern und einem Sponsor zum Zweck einer Akquisition errichtete Mantelgesellschaft oder Unternehmenshülle ohne operative Tätigkeit, welche Kapital über einen Börsengang (sog. Initial Public Offering, das IPO) einsammeln und dieses sodann in die Übernahme einer (vorher nicht fest bestimmten) operativen Drittgesellschaft (das Akquisitionsobjekt; die Akquisition wird gemeinhin als sog. Initial Business Combination, die IBC, bezeichnet) investieren soll.

Die wesentlichen Elemente der (vorliegenden) SPAC lassen sich überblicksartig wie folgt darstellen (vgl. für die Details sodann auch die Ausführungen in Sachverhalt Bst. B unten):

  •  
Die Gründer und der Sponsor leisten das Risikokapital (ohne Rückgaberecht), um das IPO und die Suche nach dem Akquisitionsobjekt zu finanzieren.
  •  
Die SPAC wird an der Börse kotiert, wobei die IPO-Kapitaleinlage der Aktionäre (Investorenaktien) gemäss dem statutarischen Zweck der SPAC nur für die IBC verwendet werden darf und auf einem Treuhandkonto (nachfolgend Escrow-Konto) blockiert wird.
  •  
Jedem Aktionär wird vor einer Akquisition ein Rückgaberecht im Rahmen eines Rückkaufangebots (das SPAC-Rückkaufangebot) unter Rückzahlung des Ausgabepreises (abzüglich / zuzüglich [negativer] Zinsen, Steuern und weiterer Kosten für das Escrow-Konto bzw. die allfällige Liquidation der SPAC) gewährt.
  •  
Die Akquisition erfordert die Zustimmung der Generalversammlung der SPAC u.a. zur (i) IBC und (ii) Kapitalherabsetzung im Umfang der ausgeübten Rückgaberechte im SPAC-Rückkaufangebot.
  •  
Erfolgt keine Akquisition innert der statutarischen Gesellschaftsdauer (von zwei bis drei Jahren) wird die SPAC aufgelöst und die Aktionäre erhalten den Ausgabepreis (abzüglich / zuzüglich [negativer] Zinsen, Steuern und weiterer Kosten für das Escrow-Konto bzw. die allfällige Liquidation der SPAC) zurück.

 

B.
Am 4. März 2021 reichte die VT5 ein Gesuch (inklusive verschiedener Beilagen) bei der Übernahmekommission ein (Gesuch vom 4. März 2021), in welchem die Gesellschaft im Wesentlichen gestützt auf einen dem Gesuch vom 4. März 2021 beigelegten Term Sheet-Entwurf (i) die generelle Konzeption der SPAC, (ii) die konkreten Eckwerte der VT5 sowie (iii) den voraussichtlichen Zeitablauf des SPAC-Rückkaufangebots darstellte und (iv) verschiedene Anträge stellte (vgl. für [i], [ii], [iii] und [iv] die Ausführungen hiernach).

(i) Im Gesuch vom 4. März 2021 umschrieb die Gesuchstellerin die generelle Konzeption der SPAC wie folgt:

    •  
Die Idee der SPAC bestehe darin, dass eine qualifizierte Gruppe an Sponsoren und Gründern zusammen eine Gesellschaft, d.h. die SPAC, gründe, um damit eine Gesellschaft aus einem vordefinierten Bereich, d.h. das Akquisitionsobjekt, zu akquirieren (IBC) und so direkt an die Börse zu bringen. Dazu müsse die SPAC im Rahmen eines IPO Geld von Investoren aufnehmen, das für die IBC verwendet werde. Ebenso würde es einer Kotierung der Aktien der SPAC an einer Börse bedürfen. Geldaufnahme und Kotierung würden dabei deutlich vor der IBC von statten gehen, also in einem Zeitpunkt, in dem das Akquisitionsobjekt noch nicht bekannt sei. Denn wenn das Akquisitionsobjekt schon bestimmt wäre ‑ so die Gesuchstellerin weiter ‑, wäre der Weg über die SPAC nicht notwendig. Wichtig für die SPAC-Investoren sei der Track-Record des Sponsors und der Gründer, die auch die Verwaltungsratsmitglieder und das Management der SPAC stellen würden. In deren Fähigkeiten, ein geeignetes Akquisitionsobjekt zu finden und eine wertvolle Akquisition zu tätigen, würden die Investoren vertrauen.
    •  
An der SPAC seien vorerst die Gründer und der Sponsor beteiligt. Diese investierten vor dem IPO und erhielten Gründeraktien bzw. Investorenaktien, die wie Gründeraktien behandelt würden. Die Gründeraktien würden nicht kotiert. Die Investition von Sponsor und Gründern deckten die Kosten des Börsengangs sowie die laufenden Kosten bis zur IBC. Die Aktien des Sponsors unterstünden dem SPAC-Rückkaufangebot nicht und würden daher Risikokapital darstellen. Die Investoren investierten in Investorenaktien und würden dazu auch Warrants auf Investorenaktien erhalten. Die Investorenaktien und die Warrants würden kotiert. Die von den Investoren einbezahlten Beträge deckten die Emissionsabgabe auf der Ausgabe der Investorenaktien. Im Übrigen würden die von den Investoren bezahlten Beträge auf ein Escrow-Konto einbezahlt. Sie würden der Finanzierung des Kaufpreises der IBC und des SPAC-Rückkaufangebots bzw. bei Liquidation zur Rückführung von Mitteln an primär die Investoren dienen. Über die IBC entscheide nicht der Verwaltungsrat allein, sondern die Generalversammlung. Falls Letztere einer IBC nicht zustimme bzw. die IBC nicht innerhalb von rund zwei bis drei Jahren vollzogen werde, würde die SPAC liquidiert.
    •  
Das SPAC-Rückkaufangebot an alle Publikumsaktionäre sei ein zentrales und essentielles Element jeder SPAC, denn die Investoren sollten die Möglichkeit erhalten, zu entscheiden, ob sie mit Blick auf die konkrete IBC investiert bleiben wollten oder nicht. Damit werde auch dem Risiko vorgebeugt, dass im Zuge der IBC die Aktie wegen grossem Verkaufsdruck im Wert stark sinkt. Dem Risiko, dass ein zu grosser Mittelabfluss erfolgt und die IBC nicht mehr finanzierbar ist, werde dadurch vorgebeugt, dass vor Ankündigung der IBC bei den grössten Aktionären (unter Einhaltung der insiderrechtlich relevanten Bestimmungen) geprüft werde, ob sie die IBC unterstützen. Ebenfalls würden üblicherweise vor der Abstimmung über die IBC einzelne weitere Investoren im Rahmen einer Privatplatzierung gesucht, um so eine allenfalls grössere Absetzbewegung abzufedern (Umplatzierung von im Rückkauf angedienten Aktien und eventuelle Kapitalerhöhung). Falls sich die IBC trotz dieser Bemühungen nicht mehr finanzieren liesse, würde die Generalversammlung, die über die IBC entscheiden soll (IBC Generalversammlung), nicht stattfinden und die konkret geplante IBC dahinfallen. Die SPAC müsste sich dann ein neues Akquisitionsobjekt suchen, dieses aber vor Ablauf der dafür vorgesehenen Zeit erwerben. Andernfalls würde die SPAC liquidiert.

(ii) Zu den spezifischen Eckwerten der VT5 liess sich die Gesuchstellerin in ihrem Gesuch vom 4. März 2021 sodann wie folgt vernehmen:

    •  
Investition der Gründer und des Sponsors: Die Gründer würden 1'764'706 Gründeraktien mit Nennwert von je CHF 0.10 für je CHF 1.70 oder total CHF 3 Millionen erwerben. Darüber hinaus würde Veraison SICAV, eine Investmentgesellschaft mit variablem Kapital mit Sitz in Zürich, Schweiz, als Sponsor für je CHF 1.70 oder total CHF 3 Millionen 1'764'706 Investorenaktien mit Nennwert von je CHF 0.10 zeichnen (die sog. Sponsor-Tranche), mit der Verpflichtung, dass diese Aktien wie Gründeraktien behandelt werden (namentlich im Rückkauf nicht angedient werden, keine erste Liquidationspräferenz haben und einem Lock-Up unterliegen). Veraison SICAV dürfe keine (unkotierten) Gründeraktien erwerben, weil Veraison SICAV auf den Erwerb kotierter Aktien limitiert sei. Daher müsse sie Investorenaktien erwerben, aber zusätzliche Pflichten übernehmen. Gründeraktien würden bei Vollzug der IBC in Investorenaktien umgewandelt.
    •  
Investition der Investoren: Die Investoren würden 20'000'000 Investorenaktien mit Nennwert von je CHF 0.10 und 10'000'000 Warrants auf Investorenaktien erwerben (der Sponsor hat sich verpflichtet, im Rahmen des IPO 1'800'000 Investorenaktien bzw. 900'000 Warrants zu zeichnen). Das im IPO angebotene "Bundle" von einer Investorenaktie und einem halben Warrant würde für CHF 10 offeriert, womit sich der Bruttoerlös des IPO auf CHF 200'000'000 belaufen werde. Dieser wird auf ein Escrow-Konto einbezahlt. Es würden nur ganze Warrants ausgegeben werden. Jeder Warrant berechtige zum Erwerb einer Aktie gegen Zahlung von CHF 11.50 Ausübungspreis. Die Warrants könnten erst 30 Tage nach dem Vollzug der IBC bis sechs Jahre nach dem IPO ausgeübt werden, frühestens aber nach einem Jahr nach dem Die Gesuchstellerin könne die Ausübung ökonomisch erzwingen, wenn die Investorenaktie während einer gewissen Zeit bei mindestens CHF 18 gehandelt werde. Die Investoren würden bei Vollzug des IPO 85 Prozent des Aktienkapitals und der Sponsor und die Gründer 15 Prozent (unter Ausschluss allfälliger Investorenaktien, die sie im IPO oder später erwerben) halten.
    •  
Zusammensetzung des Verwaltungsrats: Es sei vorgesehen, dass sich der Verwaltungsrat aus folgenden Personen zusammensetzt: Heinz Kundert (Verwaltungsratspräsident, VRP), Jennifer Maag (Vize-VRP), Andreas Leutenegger (exekutiver Verwaltungsrat, VR und Chief Executive Officer), Gregor Greber (nicht exekutiver VR) und Christopher Detweiler (nicht exekutiver VR).
    •  
Position der Gründer und des Sponsors im Vergleich zu den Investoren: Die Investorenaktien hätten eine Liquidationspräferenz von CHF 10 vor den Gründeraktien und der Sponsor-Tranche. Danach hätten die Gründeraktien und die Sponsor-Tranche eine nachgehende Liquidationspräferenz von CHF 1.70. Ein etwaiger Rest würde gleichmässig unter den Aktionären verteilt. Die Gründer, wie auch der Sponsor Veraison SICAV, würden eine Lock-Up-Verpflichtung eingehen, die bis sechs Monate nach dem Vollzug der IBC dauere.
    •  
Zeitliche Limitierung: Die IBC müsse bis spätestens zwei Jahre nach dem IPO beschlossen und innerhalb von sechs Monaten danach vollzogen worden sein. Die zweijährige Frist könne verlängert werden, wobei noch unklar sei, ob die bisher vorgesehene sechsmonatige Verlängerung verkürzt oder ganz gestrichen werde. Falls innerhalb dieser gesamthaft 30 bzw. maximal 36 Monate keine IBC vollzogen werde, müsse die Gesellschaft liquidiert werden. Dann würden die erwähnten Liquidationspräferenzen zum Zug kommen. Die Statuten von VT5 würden dementsprechend vorsehen, dass die Gesellschaft aufgelöst wird, falls nicht die folgenden Ereignisse innerhalb ihrer jeweiligen Fristen kumulativ eingetreten sind: (a) Zustimmung der IBC Generalversammlung innerhalb von 24 Monaten nach dem IPO (verlängerbar auf 30 Monate); (b) Unterbreitung eines SPAC-Rückkaufangebots an alle Inhaber von Investorenaktien vor der IBC Generalversammlung zu einem Rückkaufpreis, der dem jeweiligen Anteil am Escrow-Konto entspricht; (c) Beschluss der Generalversammlung im Rahmen der IBC über die Kapitalherabsetzung der zurückgekauften Aktien, soweit diese nicht an Investoren, die im Rahmen der Privatplatzierung geworben werden, verkauft werden; (d) Vollzug der IBC und des SPAC-Rückkaufangebots spätestens innerhalb von sechs Monaten ab der IBC Generalversammlung und (e) Gründeraktionäre haben anstelle der Gründeraktien Investorenaktien erhalten (vorzugsweise durch Umwandlung per Beschluss der IBC Generalversammlung).

(iii) Der voraussichtliche Zeitablauf des SPAC-Rückkaufangebots stellt sich gemäss den Angaben der Gesuchstellerin in ihrem Gesuch vom 4. März 2021 wie folgt dar (wobei das Datum der Abhaltung der IBC Generalversammlung nachfolgend als T und Handelstage nachfolgend als HT bezeichnet werden):

    •  

Bis T-34 HT:

Die Gesuchstellerin verhandelt die IBC, wobei der Vollzug u.a. unter folgenden Bedingungen steht: (a) Gesicherte Finanzierung, d.h. nicht im Rahmen des SPAC-Rückkaufangebots angediente Aktien und Privatplatzierung resultieren in ausreichend Mitteln, um die IBC zu finanzieren und (b) Zustimmung der Generalversammlung zur IBC sowie zu allen anderen Beschlüssen, die nach den Statuten erforderlich sind, damit die Gesellschaft nicht aufgelöst und die IBC genehmigt wird.

Die Gesuchstellerin hat bei grösseren Aktionären nach Abschluss von Vertraulichkeitserklärungen (unter Einhaltung der insiderrechtlich relevanten Bestimmungen) abgeklärt, ob diese ihre Aktien im SPAC-Rückkaufangebot andienten oder für die IBC stimmten, um so Transaktionssicherheit zu gewinnen (der 15 Prozent Anteil der Gründer und des Sponsors [Gründeraktien und Investorenaktien der Veraison SICAV] wird im SPAC-Rückkaufangebot nicht angedient werden).

Sicherstellung von Zusagen von Investoren für die Teilnahme in der Privatplatzierung, falls diese für die Finanzierung der IBC benötigt wird (z.B. Barmittel, die für die IBC benötigt werden, falls die Finanzierung der IBC die Beträge im Escrow-Konto übersteigt oder dies erforderlich ist, um Rückkäufe zu kompensieren). Die Privatplatzierung steht unter der Bedingung, dass die IBC vollzogen wird.

Falls die IBC vor Ende 2021 erfolgt: Beschluss des Verwaltungsrats über ein Kurzjahr und Erstellung eines (geprüften) Abschlusses der Gesuchstellerin, um so den Kapitalherabsetzungsbeschluss zu ermöglichen und die Kapitaleinlagereserven zu bestätigen.

    •  

Bis T-33 HT:

Soweit die Durchführung der IBC ausreichend gesichert erscheint, werden die betreffenden Verträge unter den genannten Vollzugsbedingungen abgeschlossen und die IBC bekannt gemacht.

    •  

Bis T-32 HT:

Vorbereitung der erforderlichen Dokumentation (d.h. Aktionärsinformation, gegebenenfalls Angebotsprospekt für Kapitalerhöhung für die IBC; Dokumentation für das SPAC-Rückkaufangebot; Dokumentation für Kapitalherabsetzung; Einladung zur Generalversammlung) abgeschlossen.

    •  

T-31 HT:

Veröffentlichung des SPAC-Rückkaufangebots zu einem Preis, der sich aufgrund des Anteils jeder Investorenaktie (mit Ausnahme der Sponsor-Tranche) am Escrow-Konto unmittelbar vor dem Vollzug der IBC bestimmt. Der Vollzug des SPAC-Rückkaufangebots steht unter der Bedingung des Vollzugs der IBC.

Veröffentlichung des Schuldenrufs für die Kapitalherabsetzung (in Abhängigkeit der Zulässigkeit der Publikation vor der Generalversammlung, die über die Kapitalherabsetzung entscheidet).

Veröffentlichung der Einladung zur Generalversammlung.

Verfügbarkeit der Prüfungsbestätigung für die Kapitalherabsetzung.

Wenn in 2021: Verfügbarkeit des geprüften Jahresabschlusses des Kurzjahrs.

    •  

T-30 HT:

Beginn der Karenzfrist des SPAC-Rückkaufangebots.

    •  

T-21 HT:

Ende der Karenzfrist des SPAC-Rückkaufangebots.

    •  

T-20 HT:

Beginn der Angebotsfrist des SPAC-Rückkaufangebots.

    •  

T-11 HT:

Ende der Angebotsfrist des SPAC-Rückkaufangebots.

    •  

T-10 HT:

Veröffentlichung der Ergebnisse des SPAC-Rückkaufangebots.

    •  

T-9 HT bis T-2 HT:

Falls zur Finanzierung der IBC nach dem SPAC-Rückkaufangebot notwendig: Durchführung einer (weiteren) Privatplatzierung für die Finanzierung der IBC bzw. Umplatzierung von zurückgekauften Aktien.

    •  

T-1 HT:

Bekanntgabe des Umfangs des Rückkaufs, der Umplatzierung und einer eventuellen Kapitalerhöhung: (a) Der Generalversammlungsbeschluss wird entsprechend spezifiziert und in die Versammlung eingebracht oder (b) die Generalversammlung wird abgesagt, falls die Finanzierungsanforderungen der IBC nicht erfüllt sind.

    •  

T:

Abhaltung der IBC Generalversammlung: (a) Wenn im 2021: Genehmigung der geprüften Jahresabschlüsse des Kurzjahrs; (b) Genehmigung der IBC; (c) Genehmigung des Rückkaufs im Rahmen des SPAC-Rückkaufangebots; (d) Genehmigung der Kapitalherabsetzung in bestimmter Höhe bzw. einer gegebenenfalls erforderlichen Kapitalerhöhung und (e) Genehmigung der Umwandlung von Gründeraktien in Investorenaktien.

    •  

T+1 HT bis T+3 HT:

Falls der Schuldenruf erst nach der Generalversammlung zulässig ist, beginnt der Schuldenruf erst nach der Generalversammlung. Zu beachten ist, dass unter neuem (zur Zeit noch nicht in Kraft stehendem) Aktienrecht eine kürzere Frist für den Schuldenruf gilt, die vor der Generalversammlung laufen gelassen werden kann.

    •  

T+20 HT oder T+43 HT:

Ende des Schuldenrufs (in Abhängigkeit der Zulässigkeit des Beginns des Schuldenrufs vor der Generalversammlung - falls dies nicht zulässig ist, erfolgt das Ende des Schuldenrufs bei T+43 HT).

(iv) Vor dem Hintergrund der gemäss der Gesuchstellerin für die vorgesehene Konzeption der SPAC zentralen Bedeutung des SPAC-Rückkaufangebots stellte die Gesuchstellerin bezugnehmend u.a. auf das UEK-Rundschreiben Nr. 1: Rückkaufprogramme vom 27. Juni 2013 (Stand am 1. Januar 2016) (UEK-RS Nr. 1) im Rahmen ihres Gesuchs vom 4. März 2021 die folgenden Anträge:

1. Es sei der Gesuchstellerin zu erlauben, ihr Rückkaufangebot auf die an der SIX Swiss Exchange zu kotierenden Investorenaktien zu beschränken und damit die von ihr auszugebenden an der SIX Swiss Exchange zu kotierenden Warrants auf Investorenaktien vom Rückkaufangebot auszuschliessen (Rn 9 RS Nr. 1).

2. Es sei die Gesuchstellerin vom Nachweis zu befreien, dass keine erhebliche Änderung der Kontrollverhältnisse eintritt (Rn 10 RS Nr. 1).

3. Es sei der Gesuchstellerin zu erlauben, den Rückkauf auf alle Investorenaktien auszudehnen, d.h. über die Grenzen von 10% des Kapitals und der Stimmrechte und 20% des frei handelbaren Anteils der Beteiligungspapiere hinaus zu gehen (Rn 11 RS Nr. 1).

4. Es sei der Gesuchstellerin zu erlauben, den Rückkauf in einem Umfang zu tätigen, der dazu führt, dass Mindestschwellen unterschritten werden, die für die Kotierung an der SIX Swiss Exchange erforderlich sind (Rn 13 RS Nr. 1).

5. Es sei der Gesuchstellerin zu erlauben, das Rückkaufangebot an folgende Bedingungen zu knüpfen: die Generalversammlung der Gesuchstellerin hat die Initial Business Combination ("IBC") und das Rückkaufangebot und die im Zusammenhang mit dem Rückkaufangebot gegebenenfalls erforderliche Kapitalherabsetzung genehmigt und die IBC ist vollzogen worden (Rn 16 RS Nr. 1).

6. Es sei der Gesuchstellerin zu erlauben, den angebotenen Preis wie folgt zu bestimmen: (A) Höhe des Escrow-Kontos unmittelbar vor der Verwendung von Mitteln des Escrow-Kontos zur Zahlung des Übernahmepreises gemäss den Verträgen des IBC, dividiert (B) (i) durch die gesamte Anzahl ausstehender Investorenaktien, jedoch (ii) vermindert um 1'764'706 Investorenaktien.

7. Es sei festzustellen, dass das selektive Opting-Out in den Statuten der Gesuchstellerin im Sinne des Übernahmerechts wirksam ist.

8. Es sei das beiliegende Rückkaufsinserat zu genehmigen.

9. Die Verfügung der Übernahmekommission sei gemeinsam mit dem Prospekt für das öffentliche Angebot im Rahmen des IPO ("Prospekt") der Gesuchstellerin zu publizieren.

 

Auf die Begründung dieser Anträge wird soweit erforderlich in den Erwägungen eingegangen.

C.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus dem Präsidenten Thomas A. Müller, Lionel Aeschlimann und Jean-Luc Chenaux gebildet.

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1.  Schutzwürdiges Interesse für den Erlass einer Feststellungsverfügung i.S.v. Art. 25 Abs. 2 VwVG mit Blick auf den Antrag Ziff. 7 der VT5 Acquisition Company AG

[1] Für Verfahren vor der Übernahmekommission gelten unter Vorbehalt der Bestimmungen gemäss Art. 139 Abs. 2 – 5 FinfraG die Normen des VwVG (Art. 139 Abs. 1 FinfraG). Nach Art. 25 Abs. 1 VwVG kann über den Bestand, den Nichtbestand oder den Umfang öffentlich-rechtlicher Rechte oder Pflichten auf Begehren eine Feststellungsverfügung erlassen werden. Einem Begehren um Erlass einer solchen Verfügung ist gemäss Art. 25 Abs. 2 VwVG zu entsprechen, wenn der Gesuchsteller ein schutzwürdiges Interesse daran nachweist. Dieses Interesse muss des Weiteren aktuell sein (Verfügung vom 5. März 2021 in Sachen Swiss Steel Holding AG (ehemals SCHMOLZ+BICKENBACH AG), Erw. 2.1; Verfügung 774/01 vom 2. Februar 2021 in Sachen PIERER Mobility AG, Erw. 1; Verfügung 765/01 vom 13. Juli 2020 in Sachen MCH Group AG, Erw.2, Rn 2Verfügung 745/01 vom 25. Oktober 2019 in Sachen LEM Holding SA, Rn 3 m.w.H.). Gemäss Praxis ist ein übernahmerechtliches Feststellungsinteresse gegeben, wenn für den Gesuchsteller eine direkte und aktuelle Unklarheit über die Rechtslage besteht, die mittels einer Feststellungsverfügung zu klären ist (Verfügung vom 5. März 2021 in Sachen Swiss Steel Holding AG (ehemals SCHMOLZ+BICKENBACH AG), Erw. 2.1; Verfügung 774/01 vom 2. Februar 2021 in Sachen PIERER Mobility AG, Erw. 1; Verfügung 765/01 vom 13. Juli 2020 in Sachen MCH Group AG, Erw. 2, Rn 2Verfügung 594/01 vom 5. März 2015 in Sachen Sika AG, Rn 1).

[2] Über das der Übernahmekommission vorliegende Gesuch vom 4. März 2021 soll u.a. eine bestehende Unklarheit hinsichtlich der übernahmerechtlichen Wirksamkeit bzw. Gültigkeit einer Opting out-Klausel beseitigt werden (vgl. den Antrag Ziff. 7 der Gesuchstellerin in Sachverhalt Bst. B oben).

[3] Die Gesuchstellerin hat ein aktuelles und schutzwürdiges Interesse daran, die bestehende Unklarheit hinsichtlich der übernahmerechtlichen Wirksamkeit bzw. Gültigkeit der Opting out-Klausel im Rahmen einer Feststellungsverfügung durch die Übernahmekommission ausräumen bzw. beseitigen zu lassen.

[4] Auf das Gesuch und die darin enthaltenen Anträge (vgl. Sachverhalt Bst. B) wird somit eingetreten.

2.  Notwendigkeit der Freistellung des SPAC-Rückkaufangebots mittels Verfügung

[5] Öffentliche Angebote einer Gesellschaft zum Rückkauf ihrer eigenen Beteiligungspapiere (d.h. Aktien, Partizipations- oder Genussscheine oder sog. anderer Beteiligungspapiere wie z.B. Wandel- oder Optionsrechte, vgl. dazu Verfügung 721/01 vom 4. März 2019 in Sachen ams AG, Erw. 1.4; Verfügung 462/01 vom 26. November 2010 in Sachen Basilea Pharmaceutica AG, Erw. 1 sowie die Botschaft zu einem Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. Februar 1993, BBl 1993 I 1369 ff., 1398) gelten gemäss UEK-RS Nr. 1 und der ständigen Praxis der Übernahmekommission als öffentliche Kaufangebote im Sinne von Art. 2 lit. i FinfraG. Dazu gehört auch die Bekanntgabe der Absicht einer Gesellschaft, eigene Beteiligungspapiere an der Börse zurückzukaufen (grundlegend dazu Verfügung der EBK vom 4. März 1998 in Sachen Pharma Vision 2000 AG, BK Vision AG und Stillhalter Vision AG, Erw. 2).

[6] Rückkaufangebote ‑ wie das hier zur Diskussion stehende SPAC-Rückkaufangebot ‑ unterstehen somit grundsätzlich den Bestimmungen des vierten Kapitels des FinfraG betreffend die öffentlichen Kaufangebote.

[7] Nach Art. 4 Abs. 1 UEV kann die Übernahmekommission von Amtes wegen oder auf Gesuch hin Ausnahmen von einzelnen Bestimmungen der UEV gewähren, sofern diese Ausnahmen durch überwiegende Interessen gerechtfertigt sind. Gemäss Art. 4 Abs. 2 UEV kann die Übernahmekommission sodann den Anbieter davon befreien, einzelne Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote zu beachten, wenn sich sein Angebot auf eigene Beteiligungspapiere bezieht und Gleichbehandlung, Transparenz, Lauterkeit sowie Treu und Glauben gewährleistet sind (lit. a) und des Weiteren auch keine Hinweise auf eine Umgehung des FinfraG oder anderer Gesetzesbestimmungen vorliegen (lit. b).

[8] Gestützt auf Art. 4 Abs. 2 UEV regelt das UEK-RS Nr. 1 die Voraussetzungen und Auflagen, denen Rückkaufprogramme entsprechen müssen, damit sie von der Anwendung der ordentlichen Bestimmungen des Übernahmerechts freigestellt sind (vgl. UEK-RS Nr. 1, Rn 4). Entspricht ein Rückkaufprogramm vollständig den Voraussetzungen und Auflagen gemäss den Kapiteln 1 bis 4 des UEK-RS Nr. 1, so findet das Meldeverfahren Anwendung (UEK-RS Nr. 1, Rn 5 und 31 ff.) und die Gesellschaft ist von der Einhaltung der Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote befreit.

[9] Andernfalls bedarf es zur Freistellung einer Verfügung der Übernahmekommission (UEK-RS Nr. 1, Rn 5 i.V.m. Rn 35 ff.). Dadurch wird sichergestellt, dass Rückkaufprogramme, die nicht sämtliche Voraussetzungen und Auflagen des UEK-RS Nr. 1 erfüllen, einer eingehenden Prüfung unterzogen werden.

[10] Das UEK-RS Nr. 1 sieht im Wesentlichen zwei Möglichkeiten vor, wie eigene Beteiligungspapiere erworben werden können. Zum einen sind das die Rückkaufprogramme zum Festpreis (UEK-RS Nr. 1, Rn 16 – 20), zum anderen diejenigen zum Marktpreis (UEK-RS Nr. 1, Rn 21 – 26). Die Angebote zum Festpreis entsprechen öffentlichen Teilangeboten, die für eine Mindestdauer von zehn Börsentagen offen sind und die zu einem bestimmten Preis unterbreitet werden. Die Angebote zum Marktpreis stellen Transaktionen dar, in welchen der Anbieter seine Absicht bekannt gibt, eigene Aktien auf der ordentlichen oder auf einer zweiten Handelslinie zurückzukaufen. Sie dauern maximal drei Jahre und erfolgen zu einem Preis, der sich aus den Matching Rules der betreffenden Börsenplattform ergibt. Bei Rückkäufen zum Marktpreis ist der Emittent ferner nicht verpflichtet, diejenigen Titel, welche ihm angedient werden, zu erwerben.

[11] Das vorliegende SPAC-Rückkaufangebot gehört zur Kategorie der Aktienrückkaufprogramme zum Festpreis.

[12] Unter Zugrundelegung der Ausführungen hiervor gilt es nachfolgend zu prüfen, ob das SPAC-Rückkaufangebot im Sinne von Art. 4 Abs. 2 UEV von der Beachtung einzelner Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote befreit und – unter Gewährung der von der Gesuchstellerin beantragten Ausnahmen (vgl. dazu die in Sachverhalt Bst. B erwähnten Anträge) von Voraussetzungen und Auflagen des UEK-RS Nr. 1 – den Bestimmungen des UEK-RS Nr. 1 unterstellt werden kann (vgl. dazu die Erw. 1 bis und mit 2.8 unten).

2.1 Keine Verpflichtung zum Rückkauf aller Kategorien von kotierten Beteiligungspapieren (Antrag Ziff. 1)

2.1.1 Antrag und Rechtliches

[13] Im Rahmen ihres Antrags Ziff. 1 ersucht die Gesuchstellerin die Übernahmekommission um Erlaubnis, ihr SPAC-Rückkaufangebot auf die an der SIX Swiss Exchange zu kotierenden Investorenaktien zu beschränken und damit die von ihr auszugebenden an der SIX Swiss Exchange zu kotierenden Warrants auf Investorenaktien vom SPAC-Rückkaufangebot auszuschliessen.

[14] Der Antrag Ziff. 1 erfolgt vor dem Hintergrund der Rn 9 des UEK-RS Nr. 1, wonach sich ein Rückkaufprogramm auf alle Kategorien von kotierten Beteiligungspapieren eines Anbieters zu erstrecken hat (vgl. dazu auch Art. 9 Abs. 2 UEV). Zur Kategorie der Beteiligungspapiere zählen nebst Aktien, Partizipations- oder Genussscheinen auch Wandel- oder Optionsrechte und somit grundsätzlich auch Warrants (vgl. dazu Verfügung 721/01 vom 4. März 2019 in Sachen ams AG, Erw. 1.4 sowie die Ausführungen in Erw. 2, Rn 5 oben).

[15] Die Anwendung der Rn 9 des UEK-RS Nr. 1 würde im vorliegenden Fall dementsprechend dazu führen, dass bei einem Rückkauf der kotierten Investorenaktien auch die kotierten Warrants zurückgekauft werden müssten, sofern die Übernahmekommission keine Ausnahme zu dieser Bestimmung gewährt.

2.1.2 Antragsbegründung der Gesuchstellerin

[16] Müsste sich das Angebot auch auf die Warrants erstrecken – so die Gesuchstellerin –, dann müsste aus dem Escrow-Konto ein spezifischer Anteil für die Warrants ausgeschieden werden. Weil die Warrants aber einem Preispfad folgten, der ganz wesentlich vom Erfolg oder Misserfolg der IBC abhängt und dieses Ereignis im Zeitpunkt des SPAC-Rückkaufangebots ungewiss ist, sei es in sinnvoller Weise nicht möglich, einen Anteil aus dem Escrow-Konto für die Warrants

[17] Der Ausschluss liege aber auch am Zweck dieser Warrants, bei dem es darum gehe, den Investoren ein zusätzliches Upside-Potential im Falle der IBC zu geben - die Warrants seien denn auch erst nach der IBC ausübbar und würden bei einer Liquidation der Gesuchstellerin wertlos verfallen. Dieser Zweck schliesse einen Rückkauf aus, denn der Rückkauf diene denjenigen Investoren, die trotz IBC aussteigen möchten dazu, ihre "private" Liquidation zu vollziehen. Wenn aber die Warrants bei einer normalen Liquidation wertlos verfallen würden, dann sei nicht verständlich, warum sie beim Rückkauf bedient werden sollten. Das Ganze wäre nur anders – so die Gesuchstellerin weiter – wenn die Investoren ihre Warrants dauernd behalten würden, was jedoch nicht der Fall sei, da diese nach dem IPO umgehend veräussert werden könnten. Die Käufer dieser Warrants investierten in die Warrants somit gerade im Hinblick auf die IBC. Sie seien an einem Rückkauf nicht interessiert.

[18] Die Tatsache, dass sich das SPAC-Rückkaufangebot nur auf die Investorenaktien beziehe und nicht auf die Warrants sei zudem auch transparent im IPO-Prospekt offengelegt und vor Kotierung bekannt, womit eine Ungleichbehandlung nicht vorliege.

2.1.3 Erwägungen der Übernahmekommission und Fazit

[19] Die vorgesehene Konzeption der SPAC sieht ein SPAC-Rückkaufangebot vor, über welches denjenigen Publikumsaktionäre, welche nach der Bekanntgabe bzw. der Kenntnisnahme des Akquisitionsobjekts aus ihrem Investment aussteigen möchten, ihre Investorenaktien gegen Erstattung des Ausgabepreises an die Gesuchstellerin zurückgeben können (vgl. zur Bestimmung des Rückkaufpreises die Ausführungen in Erw. 6 unten). Mit Blick auf die (handelbaren) Warrants können die entsprechenden Publikumsaktionäre individuell entscheiden, ob sie diese verkaufen und entsprechend ganz aus ihrem Investment aussteigen oder diese Warrants bspw. im Sinne einer Spekulation auf den zukünftigen Erfolg der IBC weiter behalten möchten. Insofern bewirkt das SPAC-Rückkaufangebot nach Ansicht der Übernahmekommission mit Blick auf die Publikumsaktionäre keine unzulässige Ungleichbehandlung, wenn es auf die an der SIX Swiss Exchange zu kotierenden Investorenaktien beschränkt und nicht auf die an der SIX Swiss Exchange zu kotierenden Warrants auf Investorenaktien ausgeweitet wird.

[20] Die vorgesehene Konzeption der SPAC mit dem SPAC-Rückkaufangebot, welches sich lediglich auf die Investorenaktien, nicht aber die Warrants bezieht, wird sodann auch transparent und nachvollziehbar im IPO-Prospekt der Gesuchstellerin beschrieben.

[21] In ihrer Begründung für den vorliegenden Antrag weist die Gesuchstellerin nach Ansicht der Übernahmekommission sodann auch in zutreffender Weise auf die mit der Bewertung der Warrants der Bestimmung des Rückkaufpreises einhergehende Problematik hin.

[22] Zuletzt erscheint es auch vor dem Hintergrund des Art. 9 Abs. 4 UEV, gemäss welchem sich ein Angebot zwar auch auf Beteiligungspapiere erstrecken muss, welche aus Beteiligungsderivaten (sprich den Warrants) bis zum Ende der Nachfrist stammen, nicht hingegen notwendigerweise auf die Beteiligungsderivate selbst, gerechtfertigt, den vorliegenden Antrag der Gesuchstellerin gutzuheissen.

[23] Angesichts dieser Umstände und mangels Hinweisen auf eine Verletzung der übernahmerechtlichen Grundsätze (Lauterkeit, Transparenz, Gleichbehandlung sowie Treu und Glauben) oder einer Umgehung des FinfraG oder anderer Gesetzesbestimmungen (Art. 4 Abs. 2 a undb UEV) erscheint es gerechtfertigt, VT5 zu erlauben, das SPAC-Rückkaufangebot auf die zu kotierenden Investorenaktien zu beschränken und für die vorliegende Transaktion eine Ausnahme von Rn 9 des UEK-RS Nr. 1 zu gewähren.

[24] Dem Antrag Ziff. 1 der Gesuchstellerin wird stattgegeben.

2.2 Befreiung vom Nachweis, dass keine erhebliche Änderung der Kontrollverhältnisse eintritt (Antrag Ziff. 2)

2.2.1 Antrag und Rechtliches

[25] Im Rahmen ihres Antrags Ziff. 2 ersucht die Gesuchstellerin die Übernahmekommission um Befreiung vom Nachweis, dass keine erhebliche Änderung der Kontrollverhältnisse eintritt.

[26] Der Antrag Ziff. 2 erfolgt vor dem Hintergrund der Rn 10 des UEK-RS Nr. 1, wonach die Vernichtung von zurückgekauften Beteiligungspapieren nicht zu einer erheblichen Änderung der Kontrollverhältnisse über den Anbieter führen darf, insbesondere durch eine Überschreitung der Grenzwerte von 33⅓ oder 50 Prozent der Stimmrechte, wobei es dabei eine allenfalls geplante Vernichtung bereits gehaltener Beteiligungspapiere ebenfalls zu berücksichtigen gilt.

2.2.2 Antragsbegründung der Gesuchstellerin

[27] Die Gesuchstellerin führt aus, dass sie den im Rahmen der Rn 10 des UEK-RS Nr. 1 geforderten Nachweis, welcher sich bei herkömmlichen Rückkaufprogrammen aufgrund beschränkter Rückkaufvolumina und der Kenntnis der Zusammensetzung des Aktionariats leicht führen liesse, im vorliegenden Fall nicht erbringen könne. Dazu sei sie weder zum jetzigen Zeitpunkt, noch im Zeitpunkt des Beginns des SPAC-Rückkaufangebots in der Lage, weil sie nach der Konzeption der SPAC wie sie weltweit praktiziert werde, das SPAC-Rückkaufangebot nicht auf einen bestimmten Prozentsatz beschränken könne. Zudem würden die Investoren im Zeitpunkt der Investition im Rahmen des IPO ein legitimes Interesse haben, abschliessend alle Bedingungen eines Rückkaufs von Investorenaktien zu kennen. Eine Ankündigung, dass allfällige Beschränkungen zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben würden, sei für die Investoren nicht akzeptabel.

[28] Immerhin zeige die Erfahrung, dass das SPAC-Rückkaufangebot nur von einem Teil der Investoren angenommen werden dürfte, selbst wenn sie die IBC ablehnten, da sich nach der IBC oft bessere Preise im Markt erzielen liessen als im Rahmen eines Rückkaufangebots und sich daher ein Investor gut überlegen würde, ob er über das SPAC-Rückkaufangebot oder nicht doch eher über einen Verkauf an der Börse nach der IBC aussteigen soll. Hinzu käme, dass die Durchführung der IBC unwahrscheinlicher werde, je mehr Aktionäre ihre Aktien andienten. Die Finanzierung der IBC verlange, dass ausreichend Barmittel vorhanden seien, denn nach den Vorschriften der Statuten der Gesuchstellerin müssten die Barleistungen im Rahmen der IBC mindestens CHF 100 Millionen betragen. Damit sei sichergestellt, dass selbst wenn ein grosser Teil der Aktionäre das SPAC-Rückkaufangebot annehmen würde, ausreichend neue Investoren gefunden werden müssten, um die IBC zu finanzieren und damit die IBC und das SPAC-Rückkaufangebot zu vollziehen. Andernfalls könne die IBC nicht vollzogen werden.

[29] Eine Änderung der Kontrollverhältnisse könne sich etwa dann ergeben, wenn im Rahmen des SPAC-Rückkaufangebots eine grössere Anzahl sog. Free Float-Aktionäre ihre Anteile veräusserten, währenddem in der Privatplatzierung nur wenige oder einzelne grosse Investoren zum Erwerb von Anteilen bereit seien. Alleine aufgrund des SPAC-Rückkaufangebots dürfte es nach Ansicht der Gesuchstellerin kaum zu einer Änderung der Kontrollverhältnisse kommen, sondern wohl erst durch eine Privatplatzierung.

[30] Die Investoren würden durch eine (theoretisch) mögliche Veränderung der Kontrollverhältnisse nach dem Rückkauf und der IBC auch keine Nachteile erleiden. Ihnen sei dieses Risiko durch den IPO-Prospekt, der auch nach dem IPO auf der Webseite der Gesuchstellerin für spätere Käufer von Aktien erhältlich sein werde, vollumfänglich bekannt. Die Situation sei also fundamental anders als bei einer Gesellschaft, die überraschend ein grosses Rückkaufangebot durchführe und dadurch die Kontrollverhältnisse ändere. Zudem stehe diesen Aktionären die Möglichkeit offen, gerade über das SPAC-Rückkaufangebot auszusteigen. Insofern seien die Aktionäre nicht schutzbedürftig und nicht schutzwürdig.

2.2.3 Erwägungen der Übernahmekommission und Fazit

[31] Mit ihren Ausführungen konnte die Gesuchstellerin plausibel darlegen, dass das Recht eines jeden Publikumsaktionärs auf Rückgabe seiner Beteiligung an die Anbieterin im Rahmen eines Rückkaufangebots gegen Erstattung des Ausgabepreises ein zentrales Element jeder SPAC Es ist somit letztlich der Konzeption der SPAC geschuldet, dass solche Rückkaufangebote nicht auf einen bestimmten Prozentsatz beschränkt werden können.

[32] Währenddem sich erhebliche Änderungen der Kontrollverhältnisse dementsprechend nicht von vornherein ausschliessen lassen, erscheinen die Ausführungen der Gesuchstellerin nachvollziehbar, wonach (i) sich erhebliche Änderungen der Kontrollverhältnisse im Rahmen eines Rückkaufangebots in praktischer Hinsicht wohl tatsächlich nur in Ausnahmefällen materialisieren, (ii) die Investoren durch diese Änderungen aufgrund der geschilderten Umstände grundsätzlich keine Nachteile erleiden und (iii) die entsprechenden Risiken aufgrund der Angaben im IPO-Prospekt ausserdem ja auch bereits kennen dürften.

[33] Angesichts dessen und mangels Hinweisen auf eine Verletzung der übernahmerechtlichen Grundsätze (Lauterkeit, Transparenz, Gleichbehandlung sowie Treu und Glauben) oder einer Umgehung des FinfraG oder anderer Gesetzesbestimmungen (Art. 4 Abs. 2 lit. a und b UEV) erscheint es gerechtfertigt, VT5 vom Nachweis zu befreien, dass keine erhebliche Änderung der Kontrollverhältnisse eintritt.

[34] Dem Antrag Ziff. 2 der Gesuchstellerin wird stattgegeben.

2.3 Ausdehnung des Volumens des Rückkaufangebots bzw. Ausnahme von der Limitierung auf 10 Prozent des Kapitals und der Stimmrechte und auf 20 Prozent des frei handelbaren Anteils der Beteiligungspapiere (Antrag Ziff. 3)

2.3.1 Antrag und Rechtliches

[35] Im Rahmen ihres Antrags Ziff. 3 ersucht die Gesuchstellerin die Übernahmekommission um Erlaubnis, den Rückkauf auf alle Investorenaktien auszudehnen, d.h. über die Grenzen von 10 Prozent des Kapitals und der Stimmrechte und 20 Prozent des frei handelbaren Anteils der Beteiligungspapiere hinaus zu gehen.

[36] Der Antrag Ziff. 3 erfolgt vor dem Hintergrund der Rn 11 des UEK-RS Nr. 1, wonach das Volumen der Rückkäufe gesamthaft weder 10 Prozent des Kapitals und der Stimmrechte noch 20 Prozent des frei handelbaren Anteils der Beteiligungsrechte übersteigen darf.

[37] Die Übernahmekommission kann Rückkäufe in einem grösseren Umfang als nach Rn 11 des UEK-Rundschreibens Nr. 1 bewilligen, wenn dies mit den Interessen der Anlegerinnen und Anleger vereinbar ist (Art. 123 Abs. 3 FinfraV). Mit der Gewährung einer solchen Ausnahme wird der Umfang der zulässigen Verhaltensweise gemäss Art. 122 FinfraV entsprechend erweitert, womit vermutungshalber kein Insiderhandel oder keine Marktmanipulation vorliegt.

[38] Gemäss Praxis der Übernahmekommission (zuletzt Verfügung 777/01 vom 12. Februar 2021 in Sachen AP Alternative Portfolio AG, Erw. 3.1) kann ein Rückkaufvolumen, welches die Schwelle von 10 Prozent des Kapitals und der Stimmrechte überschreitet, bewilligt werden, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

(i) Der Rückkauf führt nicht zu einer erheblichen Veränderung der Kontrollverhältnisse.
(ii) Der Rückkauf hat keine übermässige Reduktion des frei handelbaren Anteils (Free Float)zur Folge.
(iii) Die übernahmerechtlichen Grundsätzewerden eingehalten.

 

2.3.2 Antragsbegründung der Gesuchstellerin

[39] Die Gesuchstellerin erklärt, dass sie ihr SPAC-Rückkaufangebot auf alle Aktionäre ausdehnen müsse, weil sie andernfalls den Investorenschutz durch Ausstiegsmöglichkeit nicht sichern und keine marktkonforme SPAC präsentieren könne. Sie sei daher sowohl auf diese wie auch auf eine Ausnahme von Rn 10 des UEK-RS Nr. 1 (vgl. dazu die Ausführungen in Erw. 2 oben) angewiesen, wobei die folgenden Umstände garantierten, dass die Zwecke von Rn 11 des UEK-RS Nr. 1 eingehalten werden könnten:

    •  
Erfahrungsgemäss diene nur ein Teil der Aktionäre im Rückkaufangebot an.
    •  
Die Finanzierung der IBC verlange, dass ausreichend Barmittel vorhanden seien, denn nach den Vorschriften der Statuten der Gesuchstellerin müssten die Barleistungen im Rahmen der IBC mindestens CHF 100 Millionen betragen. Selbst wenn ein grosser Teil der Aktionäre das SPAC-Rückkaufangebot annehmen würde, sei damit sichergestellt, dassausreichend neue Investoren gefunden werden müssten, um die IBC zu finanzieren und damit die IBC und das SPAC-Rückkaufangebot zu vollziehen. Andernfalls könne die IBC nicht vollzogen werden.

    •  
Es wäre nach Ansicht der Gesuchstellerin sehr aussergewöhnlich, wenn ein grosser Teil der Aktionäre das SPAC-Rückkaufangebot annimmt, weil er die IBC ablehnt und nicht daran glaubt, dass die kotierte Gesellschaft nach der IBC ausreichenden Erfolg haben wird und es der Gesuchstellerin trotzdem gelingt, ausreichend neue Investoren zu finden, um diese Aktionäre zu ersetzen. Falls der IBC attraktiv genug sei, dass sich genügend neue Investoren finden, um alle ausstiegswilligen Aktionäre im notwendigen Umfang zu ersetzen, so würde es aller Erfahrung nach attraktiver sein, die Aktien über die Börse zu verkaufen als an die Gesellschaft zurückzugeben.

 

[40] Die Investoren seien sich bereits im Zeitpunkt des IPO aufgrund des IPO-Prospekts der möglichen Konsequenzen des SPAC-Rückkaufangebots bewusst. Investoren, die nachträglich investierten, würden dauernden Zugang zum IPO-Prospekt haben. Vor diesem Hintergrund bedürften sie des Schutzes von Rn 10 des UEK-RS Nr. 1 nicht.

2.3.3 Erwägungen der Übernahmekommission und Fazit

[41] Wie bereits in Erw. 2.3 oben erwähnt, haben die Ausführungen der Gesuchstellerin im Rahmen ihres Gesuchs gezeigt, dass das Recht eines jeden Publikumsaktionärs auf Rückgabe seiner Beteiligung an die Anbieterin im Rahmen eines Rückkaufangebots gegen Erstattung des Ausgabepreises ein zentrales Element der SPAC darstellt. Damit ist es letztlich der Konzeption der SPAC geschuldet, dass solche Rückkaufangebote nicht auf einen bestimmten Prozentsatz beschränkt werden können, sondern auf alle Aktionäre ausgedehnt werden müssen (vgl. auch Erw. 2.1.3 und 2.2.3).

[42] Angesichts dessen und mangels Hinweisen auf eine Verletzung der übernahmerechtlichen Grundsätze (Lauterkeit, Transparenz, Gleichbehandlung sowie Treu und Glauben) oder einer Umgehung des FinfraG oder anderer Gesetzesbestimmungen (Art. 4 Abs. 2 lit. a und b UEV) erscheint es gerechtfertigt, VT5 vom Nachweis zu befreien, dass keine erhebliche Änderung der Kontrollverhältnisse eintritt.

[43] Dem Antrag Ziff. 3 der Gesuchstellerin wird stattgegeben.

2.4 Überschreitung der Mindestschwellen, die für die Kotierung an der SIX Swiss Exchange erforderlich sind (Antrag Ziff. 4)

2.4.1 Antrag und Rechtliches

[44] Im Rahmen ihres Antrags Ziff. 4 ersucht die Gesuchstellerin die Übernahmekommission um Erlaubnis, den Rückkauf in einem Umfang tätigen zu dürfen, der dazu führt, dass Mindestschwellen unterschritten werden, die für die Kotierung an der SIX Swiss Exchange erforderlich sind.

[45] Der Antrag Ziff. 4 erfolgt vor dem Hintergrund der Rn 13 des UEK-RS Nr. 1, wonach die Durchführung des Rückkaufprogrammes nicht dazu führen darf, dass Mindestschwellen unterschritten werden, welche Kotierungsvoraussetzung gemäss den Bestimmungen der Börse sind, an welcher die Beteiligungspapiere kotiert sind.

[46] Mit Blick auf die an der SIX Swiss Exchange zu kotierenden Investorenaktien gilt es die beiden in Art. 19 des Kotierungsreglements vom 8. November 2019 (in Kraft seit dem 2. Januar 2020; KR) formulierten Mindestschwellen einzuhalten: Der Art. 19 KR verlangt, dass zum Zeitpunkt der Kotierung der Effekten eine ausreichende Streuung bestehen muss (Abs. 1), wobei eine solche als erreicht gilt, wenn (i) die in der gleichen Kategorie ausstehenden Effekten des Emittenten zu mindestens 20 Prozent im Publikumsbesitz sind und (ii) die Kapitalisierung der sich im Publikumsbesitz befindenden Effekten mindestens CHF 25 Mio. beträgt (Abs. 2).

2.4.2 Antragsbegründung der Gesuchstellerin

[47] Die Gesuchstellerin erklärt, dass sie diese Voraussetzungen bzw. Mindestschwellen bei ihrer erstmaligen Kotierung erfülle. Angestrebt sei grundsätzlich ein Publikumsbesitz von 83.62 Prozent der kotierten Investorenaktien und eine Kapitalisierung des Publikumsbesitzes von CHF 182 Mio. (bei erster Ausgabe), wobei die Zahlen aus dem Ausschluss der Aktien der Veraison SICAV aus dem Publikumsbesitz resultierten. Dies werde aber vom Erfolg des IPO und dem dann durchzuführenden Bookbuilding abhängen.

[48] Sodann erwartet die Gesuchstellerin aus den nachfolgend aufgeführten Gründen, dass sie auch im Rahmen des SPAC-Rückkaufangebots nicht unter die genannten Schwellenwerte für die Kotierung fallen wird:

    •  
Erfahrungsgemäss geringe Annahme des Rückkaufangebots.
    •  
Notwendigkeit der Finanzierung von mindestens CHF 100 Mio. in bar und damit Ersatz der im SPAC-Rückkaufangebot verkaufenden Aktionäre durch neue Aktionäre für den Erfolg der IBC und damit des SPAC-Rückkaufangebots unabdingbar.
    •  
Es sei nicht zu erwarten, dass ein grosser Teil der Aktionäre aussteige, während gleichzeitig leichthin neue Investoren gefunden würden. Die Wahrscheinlichkeit eines Scheiterns der IBC und des SPAC-Rückkaufangebots in einem solchen Fall sei bedeutend grösser als deren Erfolg mit dem Risiko des Unterschreitens von Schwellenwerten.

 

[49] Weil sich das SPAC-Rückkaufangebot der Gesuchstellerin wesensmässig an alle Aktionäre richten müsse und umfangmässig nicht beschränkt werden könne, könne die Gesuchstellerin aber den strikten Nachweis der Einhaltung der Rn 13 des UEK-RS Nr. 1 weder heute noch vor dem SPAC-Rückkaufangebot erbringen.

[50] Abgesehen davon würde auch hier wieder gelten, dass die Investoren sich bereits im Zeitpunkt des IPO aufgrund des IPO-Prospekts der möglichen Konsequenzen des SPAC-Rückkaufangebots bewusst seien. Investoren, die nachträglich investierten, würden dauernden Zugang zum IPO-Prospekt haben.

2.4.3 Erwägungen der Übernahmekommission und Fazit

[51] Unter Zugrundelegung der Ausführungen der Gesuchstellerin hiervor dürfte das SPAC-Rückkaufangebot aller Voraussicht nach nicht zu einer Unterschreitung der erwähnten Mindestschwellen führen, welche Kotierungsvoraussetzung gemäss Art. 19 KR bilden.

[52] Eine allfällige Unterschreitung der Mindestschwellen lässt sich bei alledem jedoch nicht mit 100-prozentiger Sicherheit ausschliessen, was jedoch aufgrund der Tatsache, dass sich das SPAC-Rückkaufangebot wesensgemäss auf alle Aktionäre erstrecken muss (vgl. dazu auch die Erw. 3.3), hinzunehmen ist, auch und gerade weil die Investoren die entsprechenden Risiken aufgrund der Angaben im IPO-Prospekt ohnehin kennen dürften.

[53] Angesichts dieser Umstände und mangels Hinweisen auf eine Verletzung der übernahmerechtlichen Grundsätze (Lauterkeit, Transparenz, Gleichbehandlung sowie Treu und Glauben) oder einer Umgehung des FinfraG oder anderer Gesetzesbestimmungen (Art. 4 Abs. 2 lit. a und b UEV) erscheint es gerechtfertigt, VT5 zu erlauben, den SPAC-Rückkauf in einem Umfang tätigen zu dürfen, der gegebenenfalls dazu führt, dass Mindestschwellen unterschritten werden, die für die Kotierung an der SIX Swiss Exchange erforderlich sind.

[54] Dem Antrag Ziff. 4 der Gesuchstellerin wird stattgegeben.

2.5 Bedingungen des Rückkaufangebots (Antrag Ziff. 5)

2.5.1 Antrag und Rechtliches

[55] Im Rahmen ihres Antrags Ziff. 5 ersucht die Gesuchstellerin die Übernahmekommission um Erlaubnis, das SPAC-Rückkaufangebot an die beiden Bedingungen knüpfen zu dürfen, dass (i) die IBC und das SPAC-Rückkaufangebot und die im Zusammenhang mit dem SPAC-Rückkaufangebot gegebenenfalls erforderliche Kapitalherabsetzung von der Generalversammlung der Gesuchstellerin genehmigt und, dass (ii) die IBC vollzogen wird.

[56] Der Antrag Ziff. 5 erfolgt vor dem Hintergrund der Rn 16 des UEK-RS Nr. 1, wonach das Angebot nicht an Bedingungen geknüpft sein darf.

[57] Gemäss Art. 13 Abs. 1 UEV kann das Angebot an Bedingungen geknüpft werden, wenn der Anbieter ein begründetes Interesse hat.

[58] Ein Angebot darf nach Art. 13 Abs. 2 UEV grundsätzlich jedoch nur an Bedingungen geknüpft werden, deren Eintritt der Anbieter selbst nicht massgeblich beeinflussen kann. Diese Bestimmung spricht grundsätzlich potestative Bedingungen an. Bei solchen Bedingungen ist es vom Willen einer Partei abhängig, ob die entsprechende Bedingung eintritt oder nicht (Dieter Gericke/Karin Wiedmer, Kommentar zur Übernahmeverordnung (UEV), 2. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2020, Rn 27 zu Art. 13 UEV m.w.H.). Mit dem Verbot von Potestativbedingungen soll insbesondere verhindert werden, dass ein Anbieter durch sein Angebot nicht wirklich gebunden ist (Gericke/Wiedmer, zit. hiervor, Rn 28 zu Art. 13 UEV). Bedingungen müssen somit „dem ausschliesslichen Einflussbereich des Anbieters entzogen sein“ (Verfügung 762/01 vom 17. April 2020 in Sachen Basilea Pharmaceutica AG, Erw. 3.3.1; Empfehlung IV 318/4 vom 9. Juni 2007 in Sachen Converium Holding AG, Erw. 11.2; ebenso Rudolf Tschäni/Hans-Jakob Diem/Tino Gaberthüel, Öffentliche Kaufangebote, 4. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2020, Rn 471).

[59] Falls der Anbieter auf einzelne oder alle Bedingungen einen Beitrag zu deren Eintritt zu leisten hat, muss er alle ihm zumutbaren Massnahmen ergreifen, damit die Bedingungen eintreten (Art. 13 Abs. 3 UEV).

2.5.2 Antragsbegründung der Gesuchstellerin

[60] Gemäss den Angaben der Gesuchstellerin verlangt die Konzeption einer SPAC, dass den Investoren im Falle der IBC die Wahl gelassen werde, über das SPAC-Rückkaufangebot auszusteigen oder dabei zu bleiben. Diese Wahl sollen die Aktionäre aber nur erhalten, wenn die IBC auch tatsächlich stattfindet. Daher müsse das SPAC-Rückkaufangebot von der Zustimmung zur IBC und deren Vollzug abhängig sein. Andernfalls würden die Aktionäre, die das SPAC-Rückkaufangebot im Hinblick auf die IBC nicht angenommen hätten schlechter gestellt.

[61] Die Aktionäre würden aufgrund dieser Bedingungen keinen Nachteil erleiden, denn erstens sei ihnen diese Konzeption bereits beim IPO der Gesuchstellerin aufgrund des IPO-Prospekts bekannt bzw. aufgrund des öffentlich zugänglichen IPO-Prospekts bei einem nachträglichen Kauf. Und zweitens würden sie im Falle des Nichteintritts der Bedingungen nicht schlechter gestellt, sondern sie würden sich in der gleichen Lage befinden, in der sie sich zum Zeitpunkt ihrer Investition befanden: für den Fall, dass ein späterer IBC erfolgreich sei, hätten sie wieder eine Rückverkaufsmöglichkeit bzw. könnten im Falle der Erfolglosigkeit aller IBC innerhalb der vorgesehenen Frist von maximal 36 Monaten von der Liquidation der Gesellschaft profitieren und erreichten damit das Gleiche wie beim Rückkauf.

2.5.3 Erwägungen der Übernahmekommission und Fazit

[62] Die Gesuchstellerin konnte mit ihren Ausführungen plausibel darlegen, dass die genannten Bedingungen zur Realisierung der Konzeption der SPAC in der vorliegenden Form unerlässlich sind (vgl. dazu auch Erw. 1.3, 2.2.3 und 2.3.3). Das von Art. 13 Abs. 1 UEV geforderte begründete Interesse der Gesuchstellerin an den Bedingungen ist damit nach Ansicht der Übernahmekommission gegeben.

[63] Vor dem Hintergrund, dass die Generalversammlung ihre Beschlüsse gemäss Statuten mit der absoluten Mehrheit der abgegebenen Stimmen (ausschliesslich Enthaltungen) fasst, können die Gesuchstellerin bzw. deren Gründer sowie der Sponsor den Eintritt der Bedingungen aufgrund der u.a. in Sachverhalt Bst. B (ii) dargestellten Beteiligungsverhältnisse soweit ersichtlich selbst auch nicht massgeblich beeinflussen. Die Bedingungen sind somit im Sinne von Art. 13 Abs. 2 UEV zulässig.

[64] Dem Antrag Ziff. 5 der Gesuchstellerin wird stattgegeben.

2.6 Bestimmung des Rückkaufpreises (Antrag Ziff. 6)

2.6.1 Antrag und Rechtliches

[65] Im Rahmen ihres Antrags Ziff. 6 ersucht die Gesuchstellerin die Übernahmekommission um Erlaubnis, den im Rahmen des SPAC-Rückkaufangebots angebotenen Preis (SPAC-Rückkaufpreis) gemäss der Formel

(A) Höhe des Escrow-Kontos unmittelbar vor der Verwendung von Mitteln des Escrow-Kontos zur Zahlung des Übernahmepreises gemäss den Verträgen des IBC, dividiert (B) (i) durch die gesamte Anzahl ausstehender Investorenaktien, jedoch (ii) vermindert um 1'764'706 Investorenaktien

bestimmen zu dürfen.

[66] In Nachachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes verlangt Art. 127 Abs. 2 FinfraG danach, dass ein Anbieter die Inhaber von Beteiligungspapieren derselben Art gleich behandelt. Daraus wird geschlossen, dass der Angebotspreis grundsätzlich für alle Personen, welche ihre Beteiligungspapiere in einem Angebot andienen, gleich sein muss. Das Prinzip der Transparenz verlangt, dass der Angebotspreis transparent und für einen durchschnittlichen Anleger verständlich beschrieben ist. Dabei muss der Preis bestimmt oder zumindest bestimmbar sein. Sofern der Angebotspreis nicht konkret bestimmt, sondern lediglich bestimmbar ist, verlangt zudem der Grundsatz der Lauterkeit, dass der Preis nach objektiven Kriterien festgestellt wird, die nicht von den Parteien beeinflusst werden können (vgl. zum Ganzen Verfügung 777/01 vom 12. Februar 2021 in Sachen AP Alternative Portfolio AG, Erw. 2.2.2).

2.6.2 Antragsbegründung der Gesuchstellerin

[67] Die Gesuchstellerin erklärt, dass das UEK-RS Nr. 1 zwischen Angeboten zum Festpreis und Angeboten zum Marktpreis unterscheide und bei Festpreisen im Prinzip davon ausgehe, dass dieser bereits zu Beginn des Angebots bestimmt sei. Es lasse offen, ob andere Preisbestimmungen möglich seien. Solche seien allerdings bereits zugelassen worden. Unter anderem qualifizierten als Angebote zum Festpreis sog. Dutch Auctions, bei denen der feste Preis erst am Ende des Angebots feststehe.

[68] Vorliegend werde der Preis so festgelegt, dass der Anteil des Rückkaufberechtigten am Escrow-Konto unmittelbar vor dem Vollzug des IBC ermittelt werde (dabei würden 1'764'706 Investorenaktien des Veraison SICAV für die Berechnung nicht berücksichtigt). Auf das Escrow-Konto fliesse der beim IPO erzielte Bruttoerlös, abzüglich 1 Prozent Emissionsabgabe. Bei einem Bruttoerlös von CHF 200'000'000 würden somit mindestens rund CHF 198'000'000 verbleiben. Dazu würden etwaige positive Zinsen hinzugeschlagen bzw. (zu erwartende) negative Zinsen sowie allfällige weitere Steuern abgezogen. Das Escrow-Konto würde bei einer Schweizer Bank in Bargeld gehalten werden. Bargeld sei zwingend, weil ein Angebot nach der US-Regel 144A gegenüber sog. Qualified Institutional Buyers in den USA unterbreitet werde, weil bei anderen Investitionen in CHF als Bargeld der US-amerikanische Investment Company Act nicht eingehalten werden könne und somit ein Angebot in die USA nicht möglich wäre.

[69] Diese Bestimmung des Rückkaufpreises sei letztlich nichts anderes als ein Angebot zum Festpreis. Der Investor könne abschätzen, welchen Preis er erhalten werde, weil ihm im SPAC-Rückkaufangebot angegeben werde, welche Zinskonditionen gelten würden, und weil er wisse, dass das Angebot spätestens sechs Monate nach der IBC vollzogen werde. Im Prinzip – so die Gesuchstellerin weiter ‑ wäre es möglich, einen Festpreis von Anfang an festzulegen. Das wäre aber für den Angebotsempfänger nachteilig, weil die Gesuchstellerin dann gezwungen wäre, konservativ zu rechnen. Der Angebotsempfänger erhielte einen tieferen Betrag.

2.6.3 Erwägungen der Übernahmekommission und Fazit

[70] Der SPAC-Rückkaufpreis gilt gleichermassen für alle Personen, welche ihre Beteiligungspapiere in das SPAC-Rückkaufangebot andienen. Er wird nach objektiven Kriterien festgestellt, die nicht von den Parteien beeinflusst werden können und ist nach Ansicht der Übernahmekommission auch für einen durchschnittlichen Anleger verständlich beschrieben.

[71] Die übernahmerechtlichen Grundsätze (Lauterkeit, Transparenz, Gleichbehandlung sowie Treu und Glauben) sind eingehalten und es gibt auch keine Hinweise auf eine allfällige Umgehung des FinfraG oder anderer Gesetzesbestimmungen (Art. 4 Abs. 2 lit. a und b UEV), womit es gerechtfertigt erscheint, VT5 zu erlauben, den im Rahmen des SPAC-Rückkaufangebots angebotenen Preis gemäss der genannten Formel zu bestimmen.

[72] Dem Antrag Ziff. 6 der Gesuchstellerin wird stattgegeben.

2.7 Übrige Voraussetzungen für die Freistellung des SPAC-Rückkaufangebots

[73] Die übernahmerechtlichen Grundsätze (Lauterkeit, Transparenz, Gleichbehandlung sowie Treu und Glauben) sowie die übrigen Voraussetzungen gemäss UEK-RS Nr. 1 sind vorliegend eingehalten.

[74] VT5 als Anbieterin muss spätestens am dritten Börsentag nach Ablauf des SPAC-Rückkaufangebots bestätigen, dass die Auflagen nach Rn 14 bis 15, 18 bis 19 und 27 des UEK-RS Nr. 1 eingehalten wurden, sofern diese einschlägig sind.

2.8 Ergebnis

[75] Das SPAC-Rückkaufangebot wird von den Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote freigestellt und – unter Gewährung der beantragten Ausnahmen von Rn 9, 10, 11, 13 und 16 des UEK-RS Nr. 1 – den Bestimmungen und Auflagen des UEK-RS Nr. 1 unterstellt.

 

3.  Frage der Wirksamkeit des selektiven Opting out (Antrag Ziff. 7)

3.1 Antrag und Rechtliches

[76] Im Rahmen ihres Antrags Ziff. 7 ersucht die Gesuchstellerin die Übernahmekommission um Feststellung, dass das selektive Opting out in den Statuten der VT5 im Sinne des Übernahmerechts wirksam ist.

[77] Das selektive Opting out, welches vor der Kotierung der Aktien an der Börse Eingang in die Statuten der VT5 fand, lautet wie folgt:

Überschreitet die Gesellschaft bei Einräumung des Rückverkaufsrechts die Schwellenwerte von Artikel 135 oder 163 des Bundesgesetzes über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel (Finanzmarktinfrastrukturgesetz), ist sie nicht zur Unterbreitung eines öffentlichen Angebots verpflichtet.

[78] Gemäss Art. 135 Abs. 1 Satz 1 FinfraG muss wer direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Beteiligungspapiere erwirbt und damit zusammen mit den Papieren, die er bereits besitzt, den Grenzwert von 33⅓ Prozent der Stimmrechte einer Zielgesellschaft überschreitet, ob ausübbar oder nicht, ein Angebot für alle kotierten Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft unterbreiten. Diesen Grenzwert können die Zielgesellschaften gemäss Art. 135 Abs. 1 Satz 2 FinfraG in ihren Statuten bis auf 49 Prozent der Stimmrechte anheben (Opting up).

[79] Hauptzweck der Angebotspflicht gemäss Art. 135 und 163 FinfraG ist der Schutz der Minderheitsaktionäre. Diese sollen im Falle veränderter Kontrollverhältnisse, d.h. im Falle der Übernahme der Kontrolle der Gesellschaft durch einen (neuen) Mehrheitsaktionär oder eine Aktionärsgruppe, die Möglichkeit erhalten, aus ihrer Investition auszusteigen (sog. Ausstiegsrecht; Verfügung 594/01 vom 5. März 2015 in Sachen Sika AG, Erw. 1.2.1; Botschaft vom 24. Februar 1993 zu einem Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel, BBl 1993 I 1369 ff., 1389, 1417).

[80] Börsenkotierten Gesellschaften ist es von Gesetzes wegen grundsätzlich erlaubt, die Angebotspflicht gemäss Art. 135 und 163 FinfraG statutarisch durch Aufnahme eines Opting out Entschliessen sich die Aktionäre dazu, verzichten sie auf die Anwendung der Schutzbestimmungen betreffend die Angebotspflicht. Dies bedeutet, dass sie auf ein öffentliches Kaufangebot im Falle eines Kontrollwechsels i.S.v. Art. 135 und 163 FinfraG verzichten, das ihnen einen Ausstieg und die Partizipation an einer allfälligen Kontrollprämie ermöglichen würde (vgl. Beat M. Barthold/Peter R. Isler, Kommentar zu Art. 125 FinfraG, in: Rolf Sethe/Olivier Favre/Martin Hess/Stefan Kramer/Ansgar Schott [Hrsg.], Kommentar zum Finanzmarktinfrastrukturgesetz FinfraG, Zürich/Basel/Genf 2017, Rn 28 ff. auf S. 1822 ff.).

[81] Gemäss Art. 125 Abs. 3 FinfraG können Gesellschaften vor der Kotierung ihrer Beteiligungspapiere in einer entsprechenden Statutenklausel festlegen, dass ein Übernehmer bzw. ein wesentlicher Beteiligungsinhaber nicht zu einem öffentlichen Kaufangebot nach den Art. 135 und 163 FinfraG verpflichtet ist (sog. Opting out vor Kotierung oder ursprüngliches Opting out) (Verfügung 765/01 vom 13. Juli 2020 in Sachen MCH Group AG, Erw. 3.1).

[82] Gemäss Praxis der UEK ist ein Opting out zulässig, welches sich nur auf einen bestimmten Kreis von Begünstigten oder auf eine bestimmte Transaktion bezieht. Mit einem solchen sog. selektiven Opting out verzichten die Aktionäre nur partiell, nämlich mit Bezug auf einen bestimmten Kreis von Begünstigten oder auf eine gewisse Transaktion, auf ihr gesetzliches, von der Angebotspflicht nach Art. 135 bzw. 163 FinfraG statuiertes Ausstiegsrecht. Ein selektives Opting out bewirkt einen weniger starken Eingriff in die Aktionärsrechte als ein allgemeines Opting out und wird unter dem Aspekt des Anlegerschutzes grundsätzlich als zulässig erachtet (vgl. zum Ganzen die Verfügung 765/01 vom 13. Juli 2020 in Sachen MCH Group AG, Erw. 3.4.1 m.w.H.; grundlegend Verfügung 600/01 vom 22. April 2015 in Sachen Kaba Holding AG, Rn 11 – 14).

[83] Ein vor der Kotierung eingeführtes ursprüngliches Opting out wird von der Übernahmekommission – vorbehältlich von Nichtigkeitsgründen – von Amtes wegen nicht auf seine Gültigkeit überprüft. Der Beschluss kann nur (aber immerhin) nach Gesellschaftsrecht angefochten werden (Art. 706 und 706a OR) (vgl. Verfügung 594/01 vom 5. März 2015 in Sachen Sika AG, Erw. 1.2.2).

[84] Die Frage, ob eine Zielgesellschaft in der Lage ist, ein Angebot auf sich selber zu unterbreiten hat die Übernahmekommission in ihrer bisherigen Praxis ungeachtet allfälliger aktienrechtlicher Einschränkungen (Art. 680 Abs. 2 und 659 OR) im Grundsatz bejaht (Empfehlung 375/01 vom 20. Juni 2008 in Sachen Helvetia Holding AG, Erw. 2.1; Empfehlung 345/01 vom 6. Dezember 2007 in Sachen Sulzer AG, Erw. 4; Sonja Blaas, Entstehung und Nachweis der angebotspflichtigen Gruppe, Bern 2016 Rn 180 ff. auf S. 175 f.).

3.2 Erwägungen der Übernahmekommission und Fazit

[85] Die Opting out-Klausel in den Statuten der Gesuchstellerin fand – wie bereits erwähnt – vor dem IPO und der Kotierung der Beteiligungspapiere der VT5 Eingang in die Statuten der Gesellschaft.

[86] Es handelt sich damit um ein im Sinne von Art. 125 Abs. 3 FinfraG vor der Kotierung eingeführtes doppelt selektives (d.h. personen- und transaktionsspezifisches) Opting out, welches mangels Vorliegens eines Nichtigkeitsgrundes übernahmerechtlich gültig und wirksam ist.

[87] Dem Antrag Ziff. 7 der Gesuchstellerin wird stattgegeben.

 

4.  Rückkaufinserat (Antrag Ziff. 8)

[88] Im Rahmen ihres Antrags Ziff. 5 ersucht die Gesuchstellerin die Übernahmekommission um Genehmigung des finalen Entwurfs des Rückkaufinserats, den die Gesuchstellerin ihrem Gesuch vom 4. März 2021 beigelegt hatte.

[89] Das Rückkaufinserat muss (i) die Mindestinhalte gemäss 125 FinfraV bzw. gemäss dem Formular „Meldung eines Rückkaufprogramms“ (Rn40 des UEK-RS Nr. 1) sowie auf Basis des Art. 61 Abs. 3 UEV (ii) das Dispositiv der vorliegenden Verfügung und (iii) den Hinweis enthalten, innert welcher Frist und unter welchen Voraussetzungen ein Aktionär Parteistellung beanspruchen und Einsprache gegen diese Verfügung erheben kann.

[90] In dem der Übernahmekommission vorgelegten finalen Entwurf des Rückkaufinserats sind die erwähnten (Mindest-)Inhalte enthalten oder mindestens bereits korrekt angelegt.

[91] Dem Antrag Ziff. 8 der Gesuchstellerin auf Genehmigung des finalen Entwurfs des Rückkaufinserats wird stattgegeben.

 

5.  Publikation (Antrag Ziff. 9)

[92] Im Rahmen ihres Antrags Ziff. 9 beantragt die Gesuchstellerin gegenüber der Übernahmekommission, dass die vorliegende Verfügung gemeinsam mit dem Prospekt für das öffentliche Angebot (IPO-Prospekt) im Rahmen des IPO der Gesuchstellerin zu publizieren sei.

[93] Die vorliegende Verfügung wird an dem Tag, an welchem der Prospekt für das öffentliche Angebot (IPO-Prospekt) im Rahmen des IPO publiziert wird, auf der Webseite der Übernahmekommission veröffentlicht.

[94] Dem Antrag Ziff. 9 der Gesuchstellerin wird somit stattgegeben.

 

6.  Gebühr

[95] Für die Prüfung des vorliegenden Gesuchs wird eine Gebühr zu Lasten von VT5 in der Höhe von CHF 30'000 erhoben (UEK-RS 1, Rn 39 in Verbindung mit Art. 118 Abs. 1 und 2 FinfraV).

 

 

Die Übernahmekommission verfügt:

1. Das Rückkaufangebot von VT5 Acquisition Company AG wird von den Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote freigestellt und den Bestimmungen und Auflagen des UEK-Rundschreibens Nr. 1 unterstellt.

2. VT5 Acquisition Company AG wird eine Ausnahme von den Randnummern 9, 10, 11, 13 und 16 des UEK-Rundschreibens Nr. 1 gewährt.

3. VT5 Acquisition Company AG wird gestattet, den im Rahmen ihres Rückkaufangebots angebotenen Preis gemäss der beantragten Formel (d.h. [A] Höhe des Escrow-Kontos unmittelbar vor der Verwendung von Mitteln des Escrow-Kontos zur Zahlung des Übernahmepreises gemäss den Verträgen des IBC, dividiert [B] [i] durch die gesamte Anzahl ausstehender Investorenaktien, jedoch [ii] vermindert um 1'764'706 Investorenaktien) zu bestimmen.

4. Das selektive Opting out in den Statuten von VT5 Acquisition Company AG ist übernahmerechtlich gültig und wirksam.

5. Dem Antrag Ziff. 8 von VT5 Acquisition Company AG auf Genehmigung des finalen Entwurfs des Rückkaufinserats wird stattgegeben.

6. Die vorliegende Verfügung wird am Tag der Publikation des Prospekts für das öffentliche Angebot im Rahmen des Initial Public Offering (IPO) der VT5 Acquisition Company AG auf der Webseite der Übernahmekommission veröffentlicht.

7. Die Gebühr zu Lasten von VT5 Acquisition Company AG beträgt CHF 30'000.

 

 

Der Präsident:

Thomas A. Müller

 

Diese Verfügung geht an die Partei:

- VT5 Acquisition Company AG, vertreten durch Dr. Matthias Courvoisier, Baker McKenzie Zürich.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Beschwerde (Art. 140 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes, SR 958.1):

Diese Verfügung kann innert einer Frist von fünf Börsentagen bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA, Laupenstrasse 27, CH-3003 Bern, angefochten werden. Die Anfechtung hat schriftlich zu erfolgen und ist zu begründen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 52 VwVG zu genügen.

 

Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):

Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens drei Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV) und am Verfahren bisher nicht teilgenommen hat, kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben. Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung der vorliegenden Verfügung einzureichen. Sie muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der Beteiligung gemäss Art. 56 Abs. 3 und 4 UEV enthalten (Art. 58 Abs. 3 UEV).