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Transaktionen

0440 - COS Computer Systems AG

Verfügung 440/01 COS Computer Systems AG vom 04. Juni 2010

Gesuch von Johannes Hubertus Jozef Maria Kelders betreffend Feststellung des Nichtbestehens einer Angebotspflicht, eventualiter um Gewährung einer Ausnahme von der Angebotspflicht bezüglich COS Computer Systems AG

Sachverhalt:

A.
COS Computer Systems AG (COS oder Zielgesellschaft) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Baden. Das Aktienkapital beträgt CHF 9'436'950 und ist eingeteilt in 1'887'390 Inhaberaktien mit einem Nennwert von je CHF 5 (COS-Aktien). Zudem besteht genehmigtes Kapital im Umfang von maximal CHF 4'500'000, welches den Verwaltungsrat ermächtigt, bis längstens zum 7. Mai 2011 maximal 900'000 COS-Aktien auszugeben. Weiter verfügt COS über bedingtes Kapital von nominal höchstens CHF 1'463'075 bzw. 292'615 COS-Aktien. COS ist seit dem 2. August 1996 an der SIX Swiss Exchange (SIX) gemäss Main Standard kotiert. Das Aktionariat ist breit gestreut. Gegenwärtig halten folgende Aktionäre mehr als 3% der Stimmrechte: Kurt Früh, Verwaltungs-ratspräsident und Delegierter des Verwaltungsrats (9%), Martin Eberhard (10.6%) und Andrin Waldburger (5.2%). COS hält eigene Aktien im Umfang von 1.54%. COS beherrscht eine Gruppe von Gesellschaften im In- und Ausland (COS-Gruppe).

B.
I.P.S. Holding B.V. (I.P.S.) ist eine Holdinggesellschaft mit beschränkter Haftung nach niederländischem Recht mit Sitz in Vlijmen, Niederlande. I.P.S. hält indirekt über eine niederländische Gesellschaft Beteiligungen in den Niederlanden und in der Schweiz (I.P.S.-Gruppe). Das Stammkapital von I.P.S. beträgt derzeit EUR 18'002 und soll auf rund EUR 5.7 Mio. erhöht werden. Der Stammanteil werden zu 100% von Johannes Hubertus Jozef Maria Kelders (nachfolgend Johannes Kelders oder Gesuchsteller gehalten). Johannes Kelders hält gegenwärtig weder direkt noch indirekt COS-Aktien.

C.
COS ist seit längerer Zeit auf der Suche nach einer strategischen Neuausrichtung. So sind seit Frühjahr 2007 unterschiedliche Projekte analysiert worden, welche jedoch nicht realisiert wurden. Der einzige noch verbleibende operative Bereich von COS ist die Produktion von Speichermodulen. Deren Preise sind aufgrund hoher Produktionskapazitäten der Chip-Hersteller in den letzten Jahren stark gefallen, weshalb auch die Margen im Handel mit Speichermodulen stark unter Druck geraten sind. So resultierte im Geschäftsjahr 2009 aus dem fortgeführten Geschäft der COS-Gruppe bei einem Jahresumsatz von CHF 67.1 Mio. ein Verlust von CHF 0.3 Mio., welcher nur durch positive Sondereffekte aus dem nicht fortgeführten Geschäft (Effekte aus den Ende des Jahres 2006 eingestellten Bereichen) wettgemacht werden konnte.

D.
Am 31. Januar 2008 beschloss die Generalversammlung von COS eine Kapitalrückzahlung von gesamthaft CHF 22.6 Mio. (CHF 12 je COS-Aktie). Diese Ausschüttung der operativ nicht benötigten flüssigen Mittel geschah, um COS als Übernahmeobjekt für einen Reverse Takeover attraktiver zu machen. Aus dem gleichen Grund wurde an der ordentlichen Generalversammlung von COS vom 7. Mai 2009 die Aufnahme einer Opting out Klausel in die Statuten beschlossen. Der neue Art. 5bis der Statuten lautet wie folgt: "Ein Erwerber von Aktien der Gesellschaft ist nicht zu einem öffentlichen Kaufangebot gemäss Art. 32 BEHG (Bundesgesetz über die Börsen und den Effek-tenhandel) verpflichtet." An dieser Generalversammlung waren 17 Aktionäre anwesend. Johannes Kelders hielt zu diesem Zeitpunkt weder direkt noch indirekt COS-Aktien. Die vertretenen Stimmrechte beliefen sich auf insgesamt 767'868 COS-Aktien (d.h. 40.68% der gesamten Stimmrechte). 446'388 COS-Aktien waren durch Organvertreter, 40'215 COS-Aktien durch unabhängige Stimmrechtsvertreter und die restlichen direkt vertreten. Der Beschluss erfolgte mit 765'872 Ja-Stimmen (d.h. 99.74% der vertretenen Stimmrechte), 1'896 Nein-Stimmen (d.h. 0.25% der vertretenen Stimmrechte) und 100 Enthaltungen (d.h. 0.01% der vertretenen Stimmrechte). Eine Anfechtung des Generalversammlungsbeschlusses erfolgte nicht.

E.
Gemäss Ausführungen von Johannes Kelders, welche von COS bestätigt werden, fanden in der Zeit zwischen Juni 2009 und Ende August 2009 verschiedene Kontakte betreffend die Präsentation eines neuen von I.P.S. entwickelten Produkts statt. Anlässlich dieser Kontakte habe es jedoch keine Gespräche betreffend eine mögliche Übernahme mittels Reverse Takeover gegeben. Solche hätten erst Mitte September 2009 stattgefunden. Am 22. September 2009 wurde eine Geheimhaltungserklärung, am 13. April 2010 ein Memorandum of Understanding und am 4. Juni 2010 eine diese Transaktion betreffende Transaktionsvereinbarung zwischen Johannes Kelders und COS abgeschlossen.

F.
Es ist geplant, dass Johannes Kelders durch einen Reverse Takeover zum Mehrheitsaktionär (79% der Stimmrechte) der COS werden soll. Zu diesem Zweck beabsichtigt COS, das Kapital an der ordentlichen Generalversammlung vom 29. Juni 2010 unter Ausschluss des Bezugsrechts der bisherigen Aktionäre durch Ausgabe von 7'100'181 neuen COS-Aktien um CHF 35'500'905 auf insgesamt CHF 44'937'855 zu erhöhen. Diese neu auszugebenden COS-Aktien sollen ausschliesslich von Kelders gezeichnet und durch Einlage des von ihm gehaltenen Stammanteils an der I.P.S. liberiert werden (Sacheinlage). Im Umfang, um den der Wert der Sacheinlage (CHF 57 Mio.) den Ausgabepreis der neu auszugebenden COS-Aktien übersteigt, steht Johannes Kelders ein Anspruch in Geld (CHF 11'857'145.58) zu. Nach Abschluss der Transaktion wird mit Ausnahme von Johannes Kelders kein Aktionär mehr als 3% der Stimmrechte an der COS halten. Nach Abschluss der Transaktion soll der Verwaltungsrat von COS neu bestellt werden. Die ausscheidenden Verwaltungsratsmitglieder erhalten keinerlei Rücktrittsabfindungen und es ist nicht vorgesehen, dass eines der Verwaltungsratsmitglieder als Verwaltungsrat Einsitz in einer von Johannes Kelders kontrollierten Gesellschaft nimmt. Gemäss Ausführungen von Johannes Kelders ist es nicht beabsichtigt, den Aktionären Kurt Früh, Martin Eberhard und Andrin Waldburger die von ihnen gehaltenen COS-Aktien abzukaufen.

G.
Vor Durchführung des Reverse Takeovers wird die Struktur von COS (und auch diejenige der I.P.S. Gruppe) bereinigt. COS wird sich von ihrer inaktiven österreichischen Tochter COS Distribution GmbH und vom Memory-Geschäft trennen. Letzteres wird zweistufig erfolgen, nämlich durch Veräusserung der COS Computer Leasing GmbH an die COS Memory (Schweiz) AG und anschliessend durch Veräusserung der COS Memory (Schweiz) AG. Es ist vorgesehen, dass das Memory-Geschäft für EUR 1 mit Besserungsschein an ein MBO-Team veräussert wird, wobei Kurt Früh 33% der Aktien übernehmen wird. Zusätzlich wird Kurt Früh ein Darlehen der COS an die MEMQ AG (Hauptgesellschaft des Memory Bereichs) mit privaten Mitteln ablösen, was der COS einen sofortigen Geldzufluss von CHF 1 Mio. gewähren wird. Bis zum Zeitpunkt der Transaktion wird Ernst & Young ein Gutachten erstellen, welches die Veräusserung des Memory-Geschäfts bewertet. Gestützt darauf soll der COS-Verwaltungsrat der beschriebenen Vorgehensweise zustimmen. Trotz intensiver Suchanstrengungen konnte kein externer Käufer gefunden werden, welcher bereit gewesen wäre, das defizitäre Memory-Geschäft zu mindestens gleich guten Konditionen zu übernehmen wie das MBO-Team. Kurt Früh möchte COS mit der Übernahme des Memory-Geschäfts den Weg für eine strategische Neuausrichtung ebnen, um damit allen COS Aktionären - inklusive ihm selbst - die Chance auf eine positive Kursentwicklung der COS-Aktie in einem neuen Geschäftsfeld zu ermöglichen. Gemäss Ausführungen von Johannes Kelders war die Veräusserung des Memory-Bereichs eine von ihm gestellte Bedingung für die geplante Transakti-on. Zudem wird die in der COS-Gruppe verbleibende COS Remarketing Holding AG bezüglich ihrer derzeit zu 100% gehaltenen Snabb-IT GmbH mit der COS Memory (Schweiz) AG einen auf den Vollzug des Reverse Takeovers bedingten Stammanteil-Abtretungsvertrag abschliessen.

H.
Mit Datum vom 21. Mai 2010 reichte Johannes Kelders ein Gesuch mit folgenden Anträgen ein:

  1. "Es sei festzustellen, dass der Gesuchsteller keiner Angebotspflicht gemäss Art. 32 BEHG unterliegt;
  2. Eventualiter sei der Gesuchsteller von der Angebotspflicht zu befreien;
  3. Es sei die Zielgesellschaft zu ermächtigen, mit der Publikation gemäss Art. 61 Abs. 3 UEV bis zum Börsentag, der auf die Bekanntgabe des geplanten Zusammenschlusses folgt, zuzuwarten."

I.
Der Entwurf der Stellungnahme des Verwaltungsrats von COS wurde der Übernahmekommission vor der Publikation zur Prüfung eingereicht. Der Verwaltungsrat von COS ist mit dem Gesuch von Johannes Kelders einverstanden.

J.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Luc Thévenoz (Präsident), Susan Emmenegger und Thierry de Marignac gebildet.

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Angebotspflicht

[1] Gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG muss derjenige, welcher direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Beteiligungspapiere erwirbt und damit zusammen mit den Papieren, die er bereits besitzt, den Grenzwert von 33 1/3% der Stimmrechte, ob ausübbar oder nicht, überschreitet, ein Angebot für alle kotierten Beteiligungspapiere der Gesellschaft unterbreiten.

[2] Vor Durchführung der geplanten Transaktion hält Johannes Kelders weder direkt noch indirekt COS-Aktien. Nach deren Abschluss wird Johannes Kelders 79% der Stimmrechte an COS halten und damit den Grenzwert von 33 1/3% der Stimmrechte überschreiten, womit grundsätzlich eine Angebotspflicht ausgelöst würde.

2. Opting out

2.1 Grundsätze

[3] Art. 22 Abs. 2 BEHG ermöglicht den Gesellschaften, vor der Kotierung ihrer Beteiligungspapiere in ihren Statuten festzulegen, dass ein Übernehmer nicht zu einem öffentlichen Kaufangebot nach Art. 32 und Art. 52 BEHG verpflichtet ist [Opting out].

[4] Gemäss Art. 22 Abs. 3 BEHG kann eine Gesellschaft das Opting out auch nach der Kotierung einführen, sofern dies keine Benachteiligung der Aktionäre im Sinne von Art. 706 OR bewirkt.

[5] Die Praxis der Übernahmekommission hat der Voraussetzung in Art. 22 Abs. 2 BEHG, wonach die nachträgliche Einführung eines Opting Out keine Benachteiligung der Aktionäre im Sinn von Art. 706 OR bewirken darf, genauere Konturen gegeben. Demnach ist ein nachträglich eingeführtes Opting out grundsätzlich ungültig, wenn es formell oder materiell selektiv ist. Formell selektiv ist ein Opting out, wenn der Name des dadurch „Begünstigten" in den Statuten explizit genannt wird. Materiell selektiv ist ein Opting out, wenn die Statutenbestimmung zwar nicht auf einen bestimmten „Begünstigten" lautet, aber gleichwohl im Hinblick auf eine bestimmte Transaktion oder zugunsten einer bestimmten Person eingeführt wurde und damit ihn ihren materiel-len Auswirkungen selektiv ist. Diese Praxis soll Umgehungen des börsengesetzlichen Minderheiten-schutzes (Ausstiegsrecht im Falle eines Kontrollwechsels) verhindern (vgl. Verfügung der Eidg. Bankenkommission vom 23. Juni 2000 in Sachen Esec Holding AG / Unaxis Holding AG; Verfügung 437/01 vom 4. März 2010 in Sachen CI Com SA, Erw. 2.1; Empfehlung 184/01 vom 3. März 2004 in Sachen Adval Tech Holding AG, Erw. 3.4; Empfehlung 203/01 vom 7. Juli 2004 in Sachen SGF Société de Gares Frigorifiques et Ports Francs de Genève SA, Erw. 1.2.2.1).

[6] Falls eine Transaktion nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren seit der Einführung eines Opting out abgewickelt wird, so ist gemäss Praxis zu vermuten, dass die Einführung des Opting out nicht materiell selektiv erfolgte. Dies deshalb, da nicht anzunehmen ist, dass eine Transaktion über einen Horizont von fünf Jahren hinaus geplant wird (vgl. Verfügung 437/01 vom 4. März 2010 in Sachen CI Com SA, Erw. 2.1; Empfehlung 184/01 vom 3. März 2004 in Sachen Adval Tech Holding AG, Erw. 3.4).

[7] Ausnahmsweise kann ein formell oder materiell selektives Opting out gleichwohl zulässig sein, wenn es keine Benachteiligung der Aktionäre im Sinne von Art. 706 OR bewirkt. Nach Art. 706 Abs. 2 Ziff. 2 und 3 OR darf ein Generalversammlungsbeschluss nicht in unsachlicher Weise Aktionären Rechte entziehen oder eine durch den Gesellschaftszweck nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung oder Benachteiligung der Aktionäre bewirken. Eine Entziehung in unsachlicher Weise liegt z.B. vor, wenn die Mehrheit ihre Stimmenmacht zweckwidrig zur Verfolgung aussergesellschaftlicher Ziele ausübt. Dies ist der Fall, wenn die Aktionärsrechte nicht zur Förderung des Gesellschaftsinteresses, sondern zur Verfolgung persönlicher Ziele der Mehrheit beschränkt oder entzogen wurden. Eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung oder Benachteiligung liegt vor, wenn diese nicht durch das Gesellschaftsinteresse gerechtfertigt ist (vgl. Verfügung 437/01 vom 4. März 2010 in Sachen CI Com SA, Erw. 2.1 m.w.H.).

2.2 Gültigkeit des Opting out im vorliegenden Fall

[8] Es ist zu prüfen, ob die Einführung der Opting out Klausel (Art. 5bis der Statuten) am 7. Mai 2009, also nach der Kotierung (vgl. Sachverhalt lit. A), gültig ist. Die Klausel lautet nicht zugunsten einer bestimmten Person (vgl. Sachverhalt lit. D), weshalb keine formelle Selektivität vorliegt.

[9] Zu prüfen ist die Frage der materiellen Selektivität. Die 5-Jahresfrist seit der Einführung des Opting out ist noch nicht abgelaufen, weshalb keine Vermutung gegen eine materielle Selektivität besteht.

[10] Im Gesuch wird geltend gemacht, dass bereits das Jahr 2007 im Zeichen der Evaluation von Akquisitionsprojekten zur strategischen Neuausrichtung stand. Die am 31. Januar 2008 beschlossene Kapitalherabsetzung habe dazu gedient, COS für einen potentiellen Übernehmer attraktiver zu machen. Trotz herabgesetztem Kapital habe der Verwaltungsrat weder zu Beginn des Jahres 2008 noch im August 2008 mit einer namhaften Akquisition im laufenden Jahr gerechnet. Im Bericht des Präsidenten des Verwaltungsrates im Geschäftsbericht 2008, S. 2, finde sich dieselbe Einschätzung mit dem Hinweis, dass der Prozess der Neuausrichtung mehr Zeit in Anspruch nehmen werde, als ursprünglich angenommen, auch für das Jahr 2009. Nach dem Vollzug der am 31. Januar 2008 beschlossenen Kapitalherabsetzung sei die Aufnahme der Opting out Klausel anlässlich der ordentlichen Generalversammlung vom 7. Mai 2009 der logische zweite Schritt gewesen, um die Gesellschaft als Übernahmeobjekt für einen Reverse Takeover attraktiver zu machen. Dies sei nicht vor dem Hintergrund einer konkreten Transaktion erfolgt.

[11] Bereits kurze Zeit nach der Einführung des Opting out am 7. Mai 2009 fand der erste Kontakt mit dem Gesuchsteller statt. Die Möglichkeit eines Zusammenschlusses mittels Reverse Takeover wurde Mitte September 2009 erörtert. Aufgrund des engen zeitlichen Konnexes zwischen der Einführung des Opting out und dem geplanten Reverse Takeover stellt sich die Frage, ob der Gesuchsteller zum Zeitpunkt der Einführung des Opting out tatsächlich als Investor noch unbekannt und die spezifische Transaktion noch nicht geplant war. Diese Frage kann aber offen bleiben, da das Opting out auch für den Fall, dass es materiell selektiv eingeführt worden wäre, den Voraussetzungen von Art. 706 OR genügen würde und damit zulässig wäre (dazu vgl. sogleich).

[12] Aufgrund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Zielgesellschaft wurde schon früh die Möglichkeit einer Neuausrichtung ins Auge gefasst. Dabei sollte die Zielgesellschaft für einen möglichen Investor oder einen Reverse Takeover attraktiver gemacht werden. Die Einführung des Opting out ist Teil dieser Neuausrichtung, wie dies zuvor auch die Kapitalherabsetzung (vgl. Sachverhalt lit. D) und nachfolgend die Kapitalerhöhung unter Entzug des Bezugsrechts der bisherigen Aktionäre war bzw. sein wird (vgl. Sachverhalt lit. F). Das Opting out ist mit anderen Worten ein Schritt zur Verwirklichung der geplanten Neuausrichtung und liegt damit im Gesell-schaftsinteresse.

[13] Zudem betrifft die Einführung des Opting out alle Aktionäre in gleicher Weise. Namentlich hat Johannes Kelders nicht die Absicht, über den von ihm im Rahmen des Reverse Takeovers gezeichneten Aktienanteil hinaus, von den drei grössten Aktionären (vgl. Sachverhalt lit. F) COS-Aktien zu erwerben oder ihnen in anderer Weise spezielle Vorteile zukommen zu lassen. Eine Bevorzugung oder Benachteiligung bestimmter Aktionäre liegt daher nicht vor.

[14] Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass die an der Generalversammlung vom 7. Mai 2009 anwesenden Publikumsaktionäre von COS nahezu einstimmig zugunsten der Einführung der Opting out Klausel stimmten. Das Aktionariat von COS ist zudem breit gestreut, ein Grossaktionär besteht nicht. Der Gesuchsteller selbst war im Zeitpunkt des Generalversammlungsbeschlusses nicht Aktionär von COS. Innert Frist nach Art. 706 OR erfolgte keine Anfechtung des Generalversammlungsbeschlusses (vgl. Sachverhalt lit. D).

[15] In Anbetracht dieser Umstände bewirkt die Einführung des Opting out keine Benachteiligung der Aktionäre im Sinne von Art. 706 OR, da dieses im Gesellschaftsinteresse liegt. Damit ist die Einführung des Opting out gültig.

[16] Unter der Voraussetzung, dass die geplante Transaktion wie geschildert abgewickelt wird und insbesondere kein bevorzugter Erwerb von COS-Aktien der drei gemeldeten Aktionäre (vgl. Sachverhalt lit. A) durch Johannes Kelders erfolgt, kann festgestellt werden, dass für Johannes Kelders keine Angebotspflicht im Sinne von Art. 32 Abs. 1 BEHG entsteht.

3. Stellungnahme des Verwaltungsrats

[17] Der Verwaltungsrat einer (potentiellen) Zielgesellschaft hat im Verfahren betreffend Angebotspflicht eine Stellungnahme abzugeben (Art. 61 Abs. 1 UEV). Die Stellungnahme hat die Überlegungen und die Argumentation des Verwaltungsrats zu enthalten, die ihn bewogen haben, das Gesuch zu unterstützen oder abzulehnen. Zudem sind allfällige Interessenskonflikte des Verwaltungsrats und allfällige in diesem Zusammenhang getroffene Massnahmen offenzulegen.

[18] Der Entwurf der Stellungnahme des Verwaltungsrats von COS wurde der Übernahmekommission zur Prüfung unterbreitet. Die Stellungnahme erfüllt die erwähnten Anforderungen.

4. Publikation

[19] Stellt die Übernahmekommission fest, dass keine Angebotspflicht besteht, so verpflichtet sie die Zielgesellschaft zur Veröffentlichung der Stellungnahme ihres Verwaltungsrats, des Dispositivs der Verfügung der Übernahmekommission und des Hinweises, innert welcher Frist und zu welchen Bedingungen ein qualifizierter Aktionär Einsprache gegen die Verfügung erheben kann (Art. 61 Abs. 3 UEV). Nach Art. 33a Abs. 1 BEHG und Art. 61 Abs. 2 und 6 UEV wird die Verfügung am Tag der Publikation der Stellungnahme des Verwaltungsrats auf der Webseite der Übernahmekommission veröffentlicht.

[20] Der Gesuchsteller beantragt den Aufschub der Publikation der Stellungnahme des Verwaltungsrats (inkl. Dispositiv der Verfügung und Informationen zum Einspracherecht) bis zum Börsentag, der auf den Tag der Bekanntmachung des Abschlusses des Transaktionsvertrags folgt.

[21] Dieser Antrag kann in Übereinstimmung mit der Praxis der Übernahmekommission gutgeheissen werden. Der Verwaltungsrat von COS ist daher zu verpflichten, seine Stellungnahme einen Börsentag nach der Bekanntmachung des Abschlusses des Transaktionsvertrags zu veröffentlichen. Der Zeitpunkt der Bekanntmachung des Abschlusses des Transaktionsvertrags ist der Übernahmekommission mitzuteilen.

5. Gebühr

[22] Gemäss Art. 69 Abs. 6 UEV wird für die Prüfung von Gesuchen betreffend Angebotspflicht eine Gebühr zulasten des Gesuchstellers erhoben. Vorliegend ist eine Gebühr von CHF 30'000 angemessen.


Die Übernahmekommission verfügt:

  1. Es wird festgestellt, dass die geplante Transaktion für Johannes Hubertus Jozef Maria Kelders keine Angebotspflicht auslöst.
  2. Johannes Hubertus Jozef Maria Kelders hat der Übernahmekommission allfällige weitere Vereinbarungen, die zur Realisierung der vorliegenden Transaktion abgeschlossen werden, nach deren Unterzeichnung einzureichen.
  3. COS Computer Systems AG hat der Übernahmekommission das Gutachten von Ernst & Young betreffend Veräusserung des Memory-Geschäfts nach dessen Erstellung einzureichen.
  4. Der Verwaltungsrat von COS Computer Systems AG hat seine Stellungnahme einen Börsentag nach der Bekanntmachung des Abschlusses des Transaktionsvertrags zu publizieren.
  5. Diese Verfügung wird am Tag der Publikation der Stellungnahme des Verwaltungsrats auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
  6. Die Gebühr zu Lasten von Johannes Hubertus Jozef Maria Kelders beträgt CHF 30'000.

Der Präsident:

 

Luc Thévenoz

 

Diese Verfügung geht an die Parteien:

  • Johannes Hubertus Jozef Maria Kelders (vertreten durch Dr. Markus Bill, Dr. Tobias F. Rohner und Dr. Jürg Roth, Bill Isenegger Ackermann AG);
  • COS Computer Systems AG (vertreten durch Antoine Kohler, Perréard, de Boccard, Kohler, Ador & Partners).

Beschwerde (Art. 33c des Börsengesetzes, SR 954.1):

Gegen diese Verfügung kann innerhalb von fünf Börsentagen Beschwerde bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA), Einsteinstrasse 2, CH - 3003 Bern erhoben werden. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach Eröffnung der Verfügung per Telefax oder auf elektronischem Weg zu laufen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 33c Abs. 2 BEHG und Art. 52 VwVG zu genügen.

Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):

Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens 2 Prozent der Stimmrechte an der Zielge-sellschaft, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV), kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben.

Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission (Selnaustrasse 30, Postfach, CH - 8021 Zürich, info@takeover.ch, Telefax: +41 58 854 22 91) innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung der Stellungnahme des Verwaltungsrates einzureichen. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach der Veröffentlichung zu laufen.

Die Einsprache muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der Beteiligung gemäss Art. 56 UEV enthalten.