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Transaktionen

0792 - Idorsia Ltd

Verfügung 792/01 vom 26. Juli 2021

Gesuch von Jean-Paul Clozel und von Martine Clozel betreffend eine Ausnahme von der Angebotspflicht bezüglich Idorsia Ltd  

Sachverhalt:

A.
Idorsia Ltd (Idorsia oder Zielgesellschaft) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Allschwil. Der Zweck von Idorsia sind der Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen an in- und ausländischen Unternehmungen, insbesondere von beherrschenden Beteiligungen an Gesellschaften, welche in der Forschung, Entwicklung, Herstellung oder im Vertrieb von pharmazeutischen, biologischen und diagnostischen Produkten tätig sind, die Führung und nachhaltige Entwicklung dieser Beteiligungsgesellschaften im Rahmen einer Unternehmensgruppe sowie die Bereitstellung der finanziellen und organisatorischen Voraussetzungen für die Führung einer Unternehmensgruppe. Das Aktienkapital von Idorsia beträgt gemäss Handelsregistereintrag CHF 8'324'116.40. Es ist in 166'482'328 Namenaktien (Idorsia-Aktien) mit einem Nennwert von je CHF 0.05 eingeteilt. Die Aktien von Idorsia sind an der SIX kotiert (Tickersymbol: IDIA; Valorennummer: 36346343; ISIN: CH0363463438). Die Statuten von Idorsia enthalten weder eine Opting out- noch eine Opting up-Klausel.

B.
Idorsia wurde 2017 gegründet. Sie entstand nach dem öffentlichen Übernahmeangebot von Johnson & Johnson für alle im Publikum gehaltenen Aktien von Actelion Ltd. In dessen Rahmen war vereinbart worden, dass Actelion Ltd ihr präklinisches Forschungs- und Entwicklungsgeschäft und einen Teil des klinischen Geschäfts in Idorsia abspalten, an die Aktionäre von Actelion Ltd ausschütten und an die Börse bringen würde (vgl. dazu die Verfügung 652/01 vom 14. Februar 2017 in Sachen Actelion Ltd). Jean-Paul Clozel und Martine Clozel waren bereits bei Actelion Ltd als CEO respektive als Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung tätig gewesen.

C.
Momentan verfügt Idorsia über vier Produktekandidaten in der klinischen Phase 3, über zwei Produktekandidaten in der klinischen Phase 2 und über fünf Produktekandidaten in Phase 1 der klinischen Entwicklung. Diese Produktekandidaten weiter zu entwickeln, ist mit hohen Kosten verbunden. Ausserdem verfügt Idorsia bis anhin noch über keine Produkte mit Marktzulassung. Entsprechend musste Idorsia seit 2018 folgende drei Finanzierungstransaktionen durchführen:

Jahr

Transaktion
2018 CHF 305 Mio. Privatplatzierung von neuen Aktien und Privatplatzierung einer 
CHF 200 Mio. Wandelanleihe (Wandelanleihe 2018)

2020 CHF 330 Mio. Privatplatzierung von neuen Aktien

2020 CHF 535.5 Mio. Bezugsrechtsangebot/Kapitalerhöhung

 

D.
Am 16. Juli 2021 gelangten Jean-Paul Clozel und Martine Clozel (gemeinsam die Gesuchsteller) mit einem Gesuch um eine Ausnahme von der Angebotspflicht i.S.v. Art. 135 f. FinfraG (das Gesuch) an die Übernahmekommission (UEK) mit folgenden Anträgen:

"Den Gesuchstellern sei eine Ausnahme von der Angebotspflicht bezüglich der Idorsia AG im Zusammenhang mit der Wandlung bzw. den Wandlungen der Wandelanleihe zu gewähren."

und folgendem prozessualen Antrag:

"Die Publikation der Verfügung der Übernahmekommission sei aufzuschieben bis zur Publikation der Transaktion der Transaktion [recte wohl: bis zur Publikation der Transaktion] durch die Gesellschaft nach Unterzeichnung der Verträge."

E.
Jean-Paul Clozel ist CEO und Martine Clozel ist Chief Scientific Officer von Idorsia. Nach der Kotierung der Aktien von Idorsia haben diese beiden weitere Aktien von Idorsia über die Börse erworben. Auf Verlangen der Banken haben sie sich bei den erwähnten Finanzierungstransaktionen (vgl. dazu Sachverhalt lit. C) entsprechend ihrem Kapital- und Stimmrechtsanteil beteiligt. Per 30. Juni 2021 sind die Gesuchsteller nach eigenen Angaben wie folgt an Idorsia beteiligt (act. 1/1, Rn 6), was zusammengerechnet einer Beteiligung von 31.1% der Stimmrechte an Idorsia entspricht:

Aktien                                                           48'561'566 Idorsia-Aktien

Wandelanleihe 2018                                 1'673'048 (Ansprüche auf Idorsia-Aktien)

Aktienbasierte Vergütung (ESOP)           1'554'940 (Ansprüche auf Idorsia-Aktien)

F.
Idorsia plant, bis Ende Juli 2021 die Privatplatzierung einer weiteren Wandelanleihe und von neuen Aktien durchzuführen (die Transaktion). Der Emissionserlös aus der Transaktion von maximal CHF 850 Mio. soll für Investitionen im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung der Produktekandidaten von Idorsia, die sich in der klinischen Entwicklung befinden, verwendet werden. Die indikativen gegenwärtigen Eckdaten der geplanten Kapitalmarkttransaktion lauten wie folgt (act. 1/1, Rn 7):

    •  
Wandelanleihe 2021: im Umfang von maximal CHF 600 Mio., unter Ausschluss der Vorwegzeichnungsrechte, mit einer Laufzeit von ca. 7 Jahren, mit einem Coupon zwischen 1.125-1.625% p.a., mit einer Prämie zum Aktienmarktpreis von 40-45%. Die zur Deckung dieser Wandelanleihe verwendeten Idorsia-Aktien sollen aus dem bestehenden bedingten Kapital von Idorsia geschaffen werden (Wandelanleihe 2021).

    •  
Privatplatzierung von Idorsia-Aktien: im Umfang von maximal CHF 250 Mio., geschaffen mittels genehmigter Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts. Der Entwurf des Erhöhungsbeschlusses des Verwaltungsrats sieht derzeit vor, dass die Stimmrechte erst mit der Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister entstehen sollen (Privatplatzierung Aktien 2021).

 

G.
Die Transaktion soll sich an institutionelle Anleger im Ausland und in der Schweiz richten und wird auf dem Wege eines so genannten Accelerated Bookbuilding durchgeführt. Deren Zeitplan soll wie folgt aussehen (act. 1/1, Rn 8):

  •  
Die Transaktion soll voraussichtlich am 28. Juli 2021 nach Börsenschluss per ad-hoc Mitteilung von Idorsia angekündigt werden.

    •  
Danach sollen die Banken potentielle Investoren kontaktieren. Auf Grund der Bestelleingänge dieser Investoren sollen voraussichtlich am gleichen Tag die finale Emissionsgrösse sowie die Konditionen für die Privatplatzierung der Idorsia-Aktien 2021 (Platzierungspreis) und für die Wandelanleihe 2021 (Coupon, Wandelpreis usw.) festgelegt werden.

    •  
Die finalen Platzierungsbedingungen sollen am 29. Juli 2021 vor Börseneröffnung bekanntgegeben werden.

    •  
Die für die Privatplatzierung der Idorsia-Aktien 2021 durchgeführte genehmigte Kapitalerhöhung soll voraussichtlich am 30. Juli 2021 im Handelsregister eingetragen werden.

    •  
Der Vollzug soll voraussichtlich am 2. August 2021 für die Privatplatzierung der Idorsia-Aktien 2021 und am 5. August 2021 für die Wandelanleihe 2021 erfolgen.

 

 H.
Wenn die Gesuchsteller wie beabsichtigt an der Transaktion teilnehmen, wird sich ihre Beteiligung an Idorsia voraussichtlich nach ihren Angaben wie folgt entwickeln (act. 1/1, Rn 9):



 

Anzahl Idorsia-Aktien bzw. Erwerbsrechte auf Idorsia-Aktien

In % zum derzeit eingetragenen Aktienkapital (166'482'328 Aktien)

Vor der Transaktion gehaltene Idorsia-Aktien

48'561’566

29.17%

Wandelanleihe 2018 (Erwerbsrechte)

1'673’048

1.00%

ESOP (Erwerbsrechte)

1'554’940

0.93%

Idorsia-Aktien aus der Privatplatzierung Aktien 2021

maximal 2'952’348

maximal 1.77%

Wandelanleihe 2021 (Erwerbsrechte)

maximal 5'061’168

maximal 3.04%

Total

maximal 59'803’070

maximal 35.92%

 

I.
Die Gesuchsteller führen weiter aus, „dass im Falle einer vollständigen Wandlung der Wandelanleihe 2021 (und gleichzeitiger vollständiger Ausübung der ESOP und vollständiger Wandlung der Wandelanleihe 2018) durch die Gesuchsteller und Ausgabe der entsprechenden Aktien aus dem bedingten Kapital, sich deren Anteil an Stimmrechten im Verhältnis zu den im Handelsregister eingetragenen Aktien auf 33.86 %, d.h. über 33 1/3% erhöht“ (act. 1/1, Rn 12). Nachdem die angepassten Statuten im Handelsregister eingetragen sein werden, würde sich „der Anteil wieder auf 29.69% (unter der Annahme, dass alle anderen Inhaber der Wandelanleihe 2021 und der Wandelanleihe 2018 ebenfalls vollständig wandeln)“ reduzieren (art. 1/1, Rn 12).

J.
Auf Nachfrage seitens der UEK vom 16. Juli 2021 (act. 2) und vom 19. Juli 2021 (act. 3) hin, erklären die Gesuchsteller am 19. Juli 2021, dass es sich bei der Wandelanleihe 2021 um eine freiwillige Wandelanleihe handeln soll. Deren Inhaber sollen bis zum Ende ihrer Laufzeit frei über die Wandlung entscheiden können. Ferner sollen die Investoren auch das Recht haben, die Wandelanleihe 2021 während ihrer Laufzeit zu wandeln. Sie präzisieren des Weiteren, dass ihre Beteiligung 29.69% betragen werde, sofern „die Wandel- und Erwerbsrechte (ESOPs, Wandelanleihe 2018 und Wandelanleihe 2021) vollständig von den Gesuchstellern gewandelt worden sind, die entsprechenden Aktien aus bedingtem Kapital ausgegeben worden sind und die Statuten und das Handelsregister angepasst worden sind“. Dies gilt unter der Annahme, dass alle anderen Inhaber der Wandelanleihe 2021 und der Wandelanleihe 2018 ebenfalls vollständig wandeln. Ausserdem führen die Gesuchsteller aus, dass, selbst wenn ausser ihnen „keine anderen Investoren der Wandelanleihe 2021 ihr Wandelrecht ausüben (…),“ der Stimmrechtsanteil der Gesuchsteller „nach Anpassung der Statuten und des Handelsregisters auf 32.34%, d.h. unter 33 1/3% zu liegen“ käme (act. 4/1).

K.
Mit E-Mail vom 23. Juli 2021 führen die Gesuchsteller ferner aus, dass sich die indikativen Maximalparameter der Transaktion geändert hätten. Neu soll die Wandelanleihe 2021 einen Umfang von maximal CHF 700 Mio. statt bisher CHF 600 Mio. haben. Ferner soll die Privatplatzierung Aktien 2021 neu maximal CHF 150 Mio. statt bisher CHF 250 Mio. einbringen. Lege man diesen Maximalbeträgen die bisherigen Annahmen zu Grunde, ergäbe sich, dass der Anteil der Gesuchsteller (einschliesslich Erwerbsrechte auf Aktien) an der Gesellschaft vor Eintragung der mit der Privatplatzierung der Aktien einhergehenden Kapitalerhöhung 35.90% (…) beträgt“ (act. 9). Würden demgemäss alle Erwerbsrechte ausser der von Johnson & Johnson gehaltenen Wandelanleihe sowie alle weiteren von Dritten gehaltenen ESOP gewandelt oder ausgeübt und würden die neu ausgegebenen Aktien anschliessend im Handelsregister eingetragen, solle der Stimmrechtsanteil der Gesuchsteller rund 29.5% betragen. Selbst wenn lediglich die Gesuchsteller, nicht aber alle anderen Investoren ihre Erwerbsrechte wandeln oder ausüben würden, betrüge der Anteil der Gesuchsteller nach Eintrag der Wandlung der Wandelanleihe 2021 im Handelsregister 32.81% an Idorsia. Die finalen Platzierungsbedingungen würden auf alle Fälle am 28. Juli 2021 nach Börsenschluss mittels Accelerated Bookbuilding festgelegt (act. 9). Auf die weitere Begründung der Anträge der Gesuchsteller wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen.

L.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Thomas A. Müller (Präsident), Thomas Rufer und Franca Contratto gebildet.

 

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1.  Angebotspflicht infolge Wandlung der Wandelanleihe 2021 in Idorsia-Aktien

[1] Angebotspflichtig i.S.v. Art. 135 Abs. 1 Satz 1 FinfraG wird, wer direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Beteiligungspapiere erwirbt und mit den Papieren, die er bereits besitzt, den Grenzwert von 33 ⅓% der Stimmrechte (ob ausübbar oder nicht) an der Zielgesellschaft überschreitet.

[2] Die Statuten von Idorsia enthalten weder eine Opting out- noch eine Opting up-Klausel i.S.v. Art. 125 Abs. 3 oder 4 i.V.m. Art. 135 Abs. 1 Satz 2 FinfraG (vgl. Sachverhalt lit. A). Somit sind die Vorschriften über Pflichtangebote gemäss Art. 135 f. FinfraG im vorliegenden Fall anwendbar.

[3] Gemäss Art. 34 1 FinfraV-FINMA ist der Grenzwert für die Angebotspflicht gestützt auf die Stimmrechte gemäss dem Eintrag im Handelsregister zu berechnen. Somit ergibt sich der Grenzwert von 33 ⅓% der Stimmrechte gemäss Art. 135 Abs. 1 Satz 1 FinfraG durch die Gegenüberstellung der vom Erwerber gehaltenen Aktien respektive Stimmrechte (Zähler; vgl. Art. 34 Abs. 2 FinfraV-FINMA) im Verhältnis zur Gesamtzahl der Stimmrechte gemäss Eintrag im Handelsregister (Nenner; vgl. Art. 34 Abs. 1 FinfraV-FINMA). Liegt der aus dieser Gegenüberstellung resultierende Wert über 33 ⅓%, wird die Angebotspflicht gemäss Art. 135 Abs. 1 Satz 1 FinfraG ausgelöst (vgl. zuletzt Verfügung 790/01 vom 6. Juli 2021 in Sachen Peach Property Group AG, Rn 3 m.w.H.).

[4] Für das Überschreiten des Grenzwerts sind nach Art. 34 Abs. 2 FinfraV-FINMA mit Blick auf den Zähler sämtliche Beteiligungspapiere zu berücksichtigen, die im Eigentum der erwerbenden Person stehen oder ihr auf andere Weise Stimmrechte vermitteln, unabhängig davon, ob die Stimmrechte ausübbar sind oder nicht. Das hat zur Folge, dass bereits ausgegebene, aber noch nicht im Handelsregister eingetragene Aktien ebenfalls in die Berechnung einfliessen. Die Berechnung des Zählers gemäss Art. 34 Abs. 2 FinfraV-FINMA erfolgt a.W. auf Grund der effektiv vom Erwerber gehaltenen Stimmrechte (Verfügung 790/01 vom 6. Juli 2021 in Sachen Peach Property Group AG, Rn 4).

[5] Diese unterschiedlichen Berechnungsgrundlagen für Zähler und Nenner können zu einem Resultat führen, welches die wirtschaftliche Realität nicht korrekt reflektiert. Namentlich kann das dazu führen, dass ein Aktionär den gemäss Art. 135 Abs. 1 Satz 1 FinfraG massgeblichen Grenzwert von 33 ⅓% der im Handelsregister eingetragenen Stimmrechte einer Zielgesellschaft bloss vorübergehend und in einem technischen Sinn überschreitet, solange das erhöhte Aktienkapital noch nicht im Handelsregister eingetragen worden ist (vgl. zuletzt Verfügung 790/01 vom 6. Juli 2021 in Sachen Peach Property Group AG, Rn 9 m.H.).

[6] Demnach ist zu überprüfen, ob die von den Gesuchstellern beabsichtigte Teilnahme an der Privatplatzierung Aktien 2021 und die anschliessende Wandlung der Wandelanleihe 2021 sowie die vollständige Ausübung der ESOP und die vollständige Wandlung der Wandelanleihe 2018 zur Überschreitung der angebotspflichtigen Schwelle gemäss Art. 135 Abs. 1 Satz 1 FinfraG führen und damit eine Angebotspflicht auslösen kann.

[7] Im vorliegenden Fall halten die Gesuchsteller als grösste Aktionäre von Idorsia gegenwärtig 48'561'566 Idorsia-Aktien und somit 29.17% des Aktienkapitals und der Stimmrechte von Idorsia (vgl. Sachverhalt E). Im Fall der Teilnahme an der Privatplatzierung Aktien 2021, der vollständigen Wandlung der Wandelanleihe 2021 und der gleichzeitigen vollständigen Ausübung der ESOP und der vollständiger Wandlung der Wandelanleihe 2018 durch die Gesuchsteller und der Ausgabe der entsprechenden Anzahl Idorsia-Aktien aus dem bedingten Kapital, wird sich die Beteiligung der Gesuchsteller voraussichtlich auf maximal 59'772'703 Idorsia-Aktien erhöhen (vgl. act. 9). Im Detail hängt dies vom Platzierungspreis der Idorsia-Aktien bei der Privatplatzierung Aktien 2021 und vom Wandelpreis der Wandelanleihe 2021 ab. Im Verhältnis zum gegenwärtig im Handelsregister eingetragenen Aktienkapital von Idorsia entspricht dies einer Beteiligung von 35.90% (vgl. dazu act. 9). Diese Beteiligung der Gesuchsteller an Idorsia würde über der angebotspflichtigen Schwelle von 33 ⅓% liegen (vgl. Sachverhalt lit. H, insbesondere die dort abgebildete Tabelle, und neuerdings auch Sachverhalt lit. K). Erst mit der zeitlich später folgenden Eintragung im Handelsregister der im Rahmen der Wandlung der Wandelanleihe 2021 geschaffenen Idorsia-Aktien wird die Beteiligung der Gesuchsteller wieder auf einen Wert von unter 33 ⅓% der Stimmrechte an Idorsia sinken, nämlich auf 24.79% (unter der Annahme, dass alle anderen Inhaber der Wandelanleihe 2018 und der Wandelanleihe 2021 ebenfalls wandeln) bzw. auf 32.81% im Extremfall, dass ausser den Gesuchstellern kein anderer Investor der Wandelanleihe 2021 das Wandelrecht ausüben würde (vgl. act. 9).

[8] Nach Gesagtem würde die Wandlung der Wandelanleihe 2021 durch die Gesuchsteller eine vorübergehende Überschreitung der angebotspflichtigen Schwelle gemäss Art. 135 Abs. 1 Satz 1 FinfraG bewirken, weil der Grenzwert gemäss Art. 34 Abs. 1 FinfraV-FINMA gestützt auf die Gesamtzahl der Stimmrechte der Zielgesellschaft gemäss dem Eintrag im Handelsregister berechnet wird, selbst wenn auf Grund der zwischenzeitlichen Ausgabe neuer Aktien aus bedingtem Kapital das tatsächlich ausgegebene Aktienkapital der Zielgesellschaft bereits höher ist. Damit entstünde eine Angebotspflicht i.S.v. Art. 135 Abs. 1 Satz 1 FinfraG zu Lasten der Gesuchsteller.

2.  Ausnahme von der Angebotspflicht

[9] Die Gesuchsteller beantragen eine Ausnahme von der Angebotspflicht gemäss Art. 136 Abs. 1 lit. c FinfraG für den Fall, dass die Wandlung der Wandelanleihe 2021 – wie soeben in den Rn [6] bis [8] beschrieben – zu einer vorübergehenden Überschreitung der angebotspflichtigen Schwelle führen sollte.

[10] Zur Begründung führen sie aus, dass die allfällige Überschreitung des Schwellenwertes von 33 ⅓% der Stimmrechte an Idorsia nur deshalb erfolgen würde, weil als Bemessungsgrundlage die im Moment der Wandlung im Handelsregister eingetragene Anzahl Idorsia-Aktien herangezogen werde und nicht die sich nach der Wandlung tatsächlich im Umlauf befindliche Anzahl Idorsia-Aktien. Sobald die Eintragung der aus dem bedingtem Kapital geschaffenen Idorsia-Aktien im Handelsregister erfolgt sei, würden die Gesuchsteller die Schwelle von 33 ⅓% der Stimmrechte wieder unterschreiten.

[11] Der Grenzwert für die Berechnung der angebotspflichtigen Schwelle gemäss Art. 135 Abs. 1 Satz 1 FinfraG ist nach Art. 34 Abs. 1 FinfraV-FINMA gestützt auf die Gesamtzahl der Stimmrechte gemäss dem Eintrag im Handelsregister zu berechnen. Nach Art. 34 Abs. 2 FinfraV-FINMA berechnet sich die Höhe der Beteiligung des einzelnen Aktionärs hingegen auf der Basis von sämtlichen in seinem Eigentum stehenden Aktien. Das hat zur Folge, dass bereits ausgegebene aber noch nicht im Handelsregister eingetragene Aktien ebenfalls in diese Berechnung einfliessen. Diese unterschiedlichen Berechnungsgrundlagen können – wie dies im Fall der Wandlung der Wandelanleihe 2021 der Fall sein dürfte – zu einem Resultat führen, welches die wirtschaftliche Realität nicht korrekt reflektiert ( die Rn [3] – [5] oben sowie zuletzt die Verfügung 790/01 vom 6. Juli 2021 in Sachen Peach Property Group AG, Rn 9 m.w.H.).

[12] Gemäss Praxis der UEK kann bei einer derartigen – lediglich auf diese unterschiedlichen Berechnungsgrundlagen zurückzuführenden – vorübergehenden Überschreitung des Grenzwertes eine Ausnahme von der Angebotspflicht i.S.v. Art. 136 Abs. 1 lit. c FinfraG gewährt werden. Damit die Überschreitung noch als vorübergehend gelten kann, hat die Eintragung des neu geschaffenen Aktienkapitals im Handelsregister üblicherweise spätestens drei Monate nach der Wandlung zu erfolgen ( zuletzt Verfügung 790/01 vom 6. Juli 2021 in Sachen Peach Property Group AG, Rn 10 m.w.H.). Die UEK hat jedoch in einzelnen Fällen auch längere Perioden noch als vorübergehend eingestuft (vgl. Verfügung 790/01 vom 6. Juli 2021 in Sachen Peach Property Group AG, Erw. 2, wo die Überschreitung je nach Zeitpunkt der Wandlung bis zu sieben Monaten dauern konnte; Verfügung 641/01 vom 7. Oktober 2016 in Sachen Sulzer AG, Erw. 1.4.2 [180 Tage]).

[13] Im Zeitraum der Grenzwertüberschreitung darf gemäss der ständigen Praxis der UEK sodann auch kein wesentlicher Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausgeübt werden (vgl. Verfügung 790/01 vom 6. Juli 2021 in Sachen Peach Property Group AG, Rn 14 m.H.).

[14] Vorliegend werden die Gesuchsteller die angebotspflichtige Schwelle – wenn überhaupt – nur vorübergehend überschreiten, nämlich von der Wandlung der Wandelanleihe 2021 bis zur Eintragung der aus dem bedingtem Kapital geschaffenen Idorsia-Aktien im Handelsregister. Damit wäre diese Überschreitung nur technischer Natur im Sinne der in Rn [12] erwähnten Rechtsprechung. Den Gesuchstellern wird daher gestützt auf Art. 136 Abs. 1 lit. c FinfraG eine Ausnahme von der Angebotspflicht gewährt, da der Grenzwert für die Angebotspflicht nur vorübergehend überschritten wird.

[15] Diese Ausnahme von der Angebotspflicht steht unter der Bedingung, dass die Eintragung der neu geschaffenen Idorsia-Aktien im Handelsregister innerhalb von drei Monaten nach der technischen Überschreitung der angebotspflichtigen Schwelle erfolgt. Die Gesuchsteller werden zudem verpflichtet, die UEK innerhalb von fünf Börsentagen nach der Wandlung der Wandelanleihe 2021 über die Details dieser Wandlung sowie über die anschliessende Eintragung des Aktienkapitals im Handelsregister zu informieren.

3.  Veröffentlichung des Verwaltungsrates

[16] Wird bei der UEK ein Gesuch um Gewährung einer Ausnahme von der Angebotspflicht eingereicht, so eröffnet sie ein Verfahren und lädt die Parteien zur Abgabe einer Stellungnahme ein (Art. 61 Abs. 1 UEV). Vor der Eröffnung der Verfügung kann die Zielgesellschaft eine Stellungnahme ihres Verwaltungsrates vorlegen, die sie gleichzeitig mit der Verfügung der UEK veröffentlichen möchte (Art. 61 Abs. 1bis UEV). Die Zielgesellschaft veröffentlicht sodann (a) die allfällige Stellungnahme ihres Verwaltungsrates, (b) das Dispositiv der Verfügung der UEK und (c) den Hinweis, innert welcher Frist und unter welchen Bedingungen ein qualifizierter Aktionär Einsprache gegen die Verfügung der UEK erheben kann (Art. 61 Abs. 3 UEV).

[17] Im vorliegenden Fall hat Idorsia nach Kenntnisnahme des Gesuchs auf eine Stellungnahme i.S.v. Art. 61 Abs. 1bis UEV verzichtet.

[18] Idorsia ist verpflichtet, das Dispositiv der vorliegenden Verfügung sowie den Hinweis auf das Einspracherecht der qualifizierten Aktionäre zu veröffentlichen.

4.  Publikation

[19] In den so genannten übrigen Verfahren gemäss Art. 61 UEV ist die Zielgesellschaft verpflichtet, die Veröffentlichung gemäss Art. 61 Abs. 3 UEV (vgl. Rn [16]) vorzunehmen. Die Art. 6 und 7 UEV sind auf diese Veröffentlichung anwendbar (Art. 61 Abs. 4 UEV).

[20] Die vorliegende Verfügung wird im Nachgang zur Veröffentlichung von Idorsia auf der Webseite der UEK publiziert (vgl. Art. 138 Abs. 1 Satz 2 FinfraG). Dem prozessualen Antrag der Gesuchsteller wird damit statt gegeben.

5.  Gebühr

[21] Gemäss Art. 118 FinfraV wird für Entscheide in anderen Übernahmesachen, wie z.B. über Gesuche betreffend eine Ausnahme von der Angebotspflicht, eine Gebühr erhoben. Vorliegend wird eine Gebühr von CHF 20'000 zu Lasten der Gesuchsteller erhoben. Die Gesuchsteller haften solidarisch für diese Gebühr.



Die Übernahmekommission verfügt:

1. Jean-Paul Clozel und Martine Clozel werden von der Pflicht befreit, als Folge einer Wandlung der Wandelanleihe 2021 (derzeit im Umfang von maximal CHF 700 Mio.) den Aktionären von Idorsia Ltd ein öffentliches Übernahmeangebot zu unterbreiten. Diese Ausnahme von der Angebotspflicht wird unter der Bedingung gewährt, dass die Eintragung der neu geschaffenen Aktien von Idorsia Ltd im Handelsregister innert einer Frist von drei Monaten nach der Wandlung der Wandelanleihe 2021 durch Jean-Paul Clozel und Martine Clozel erfolgt.

2. Jean-Paul Clozel und Martine Clozel werden verpflichtet, die UEK innerhalb von fünf Börsentagen nach der Wandlung der Wandelanleihe 2021 über die Details dieser Wandlung sowie über die anschliessende Eintragung des Aktienkapitals von Idorsia Ltd im Handelsregister zu informieren.

3. Idorsia Ltd wird verpflichtet, das Dispositiv der vorliegenden Verfügung sowie den Hinweis auf das Einspracherecht qualifizierter Aktionäre gemäss Art. 6 und 7 UEV zu veröffentlichen.

4. Diese Verfügung wird nach der Veröffentlichung von Idorsia Ltd gemäss Dispositivziffer 3 hiervor auf der Webseite der Übernahmekommission veröffentlicht.

5. Die Gebühr zu Lasten von Jean-Paul Clozel und Martine Clozel beträgt unter solidarischer Haftung CHF 20'000.

 

 

Der Präsident:

Thomas A. Müller

 

 

Diese Verfügung geht an die Parteien:

- Jean-Paul Clozel und Martine Clozel, vertreten durch Philipp Haas und Julia Tolstova, Niederer Kraft Frey Ltd;

- Idorsia Ltd.

 

 

Beschwerde (Art. 140 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes, SR 958.1):

Diese Verfügung kann innert einer Frist von fünf Börsentagen bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA, Laupenstrasse 27, CH-3003 Bern, angefochten werden. Die Anfechtung hat schriftlich zu erfolgen und ist zu begründen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 52 VwVG zu genügen.

 

Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):

Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens drei Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV) und am Verfahren bisher nicht teilgenommen hat, kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben. Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung der vorliegenden Verfügung einzureichen. Sie muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der Beteiligung gemäss Art. 56 Abs. 3 und 4 UEV enthalten (Art. 58 Abs. 3 UEV).