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0124 - Bank Sarasin & Cie

Empfehlung II in Sachen Bank Sarasin & Cie vom 13. Juni 2002

Gesuch der Herren Dr. Beat A. Sarasin, Dr. Georg F. Krayer, Conrad P. Schwyzer, Peter E. Merian, Andreas R. Sarasin, Dr. Philip R. Baumann, Eric G. Sarasin, Hans-Rudolf Hufschmid, Franz K. von Meyenburg, Guy E. Monson und der Eichbaum Holding AG, Basel, einerseits sowie der IPB Holding B.V., Utrecht und der Coöperatieve Centrale Raiffeisen-Boerenleenbank B.A., Utrecht, und Eindhoven, andererseits um Feststellung der Auswirkungen des von ihnen vereinbarten Optionspreises auf den Mindestpreis eines allfälligen öffentlichen Kaufangebots

A.
Die Bank Sarasin & Cie (Sarasin) ist eine Kommanditaktiengesellschaft mit Sitz in Basel. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 44'000'000, eingeteilt in 550'000 Namenaktien A (A-Aktie) mit einem Nennwert von je CHF 20 und 330'000 Namenaktien B (B-Aktie) mit einem Nennwert von je CHF 100. Die B-Aktien sind an der SWX Swiss Exchange kotiert.

Mehrheitsaktionärin der Sarasin ist die Eichbaum Holding AG (Eichbaum) mit Sitz in Basel. Sie hält 550'000 A-Aktien sowie 150 B-Aktien, was 25.034% des Aktienkapitals und 62.52% der Stimmrechte der Sarasin entspricht. Sämtliche Aktien der Eichbaum werden von den Herren Dr. Beat A. Sarasin, Dr. Georg F. Krayer, Conrad P. Schwyzer, Peter E. Merian, Andreas R. Sarasin, Dr. Philip R. Baumann, Eric G. Sarasin, Hans-Rudolf Hufschmid, Franz K. von Meyenburg und Guy E. Monson gehalten. Die genannten Herren sind die unbeschränkt haftenden Teilhaber von Sarasin (Teilhaber) und bilden als solche von Gesetztes wegen die Verwaltung der Gesellschaft (Art. 765 Abs. 1 OR).

B.
Die IPB Holding B.V. (IPB) ist eine unter dem Recht der Niederlande inkorporierte Gesellschaft mit Sitz in Utrecht, welche im gänzlichen Besitz der Coöperatieve Centrale Raiffeisen-Boerenleenbank B.A. (Rabobank) steht, einer Bank-Genossenschaft holländischen Rechts mit Sitz in Utrecht und Eindhoven.

C.
Am 3. März 2002 haben IPB und Rabobank einerseits sowie die Teilhaber, Eichbaum und Sarasin andererseits (die Gesuchsteller) ein aufschiebend bedingtes „Transaction Agreement“ unterzeichnet. U.a. räumten darin die Teilhaber der IPB gegen Zahlung eines bestimmten Optionspreises durch Rabobank eine Call Option auf den Erwerb sämtlicher Aktien der Eichbaum – und damit indirekt auf die 62.52% der Stimmrechte an Sarasin – ein. Diese Option kann jederzeit zwischen der Vertragserfüllung und dem 30. Juni 2009 ausgeübt werden.

D.
Mit Schreiben vom 11. März 2002 reichten sowohl die Vertreter der Teilhaber und der Eichbaum wie auch die Vertreter der IPB und Rabobank der Übernahmekommission ein Gesuch ein mit dem Antrag, es sei festzustellen, dass die genannten Parteien keine Gruppe im Sinne von Art. 32 BEHG und Art. 27 BEHV-EBK bilden. Eventualiter sei festzustellen, dass den Gesuchstellern eine Ausnahme von der Pflicht zur Unterbreitung eines öffentlichen Kaufangebots zu gewähren sei.

E.
Mit Empfehlung vom 26. März 2002 bejahte die Übernahmekommission das Bestehen einer Gruppe im Sinne von Art. 27 BEHV-EBK. Sie hielt sodann fest, dass innerhalb dieser Gruppe die Kontrolle nach wie vor bei den Teilhabern liege, weshalb den Gesuchstellern bis zur Ausübung der Call Option eine Ausnahme im Sinne von Art. 34 Abs. 1 BEHV-EBK gewährt werden könne. Die Kommission führte ferner aus, dass eine allenfalls in der Optionsprämie enthaltene Kontrollprämie im Fall eines öffentlichen Kaufangebots bei der Bestimmung des den Inhabern der kotierten B-Aktien zu bezahlenden Mindestpreises berücksichtigt werden müsse. Insofern wurde die erwähnte Ausnahmegewährung u.a. mit der Auflage verbunden, dass die Gesuchsteller der Übernahmekommission bis spätestens am 30. April 2002 die genaue Zusammensetzung des Optionspreises darzulegen hätten.

F.
Mit Eingabe vom 30. April 2002 liessen die Teilhaber und die Eichbaum der Übernahmekommission ein Gutachten von Prof. Dr. Heinz Zimmermann, Head Departement of Finance am wirtschaftswissenschaftlichen Zentrum der Universität Basel betreffend die genaue Zusammensetzung der Optionsprämie zukommen mit dem Gesuch, es seien in einer Empfehlung die Auswirkungen des Optionspreises auf den Mindestpreis eines allfälligen öffentlichen Angebots darzulegen. Diesem Gesuch schlossen sich die Vertreter der IPB und Rabobank gleichentags an.

G.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Herrn Hans Caspar von der Crone (Präsident), Frau Maja Bauer-Balmelli und Herrn Raymund Breu gebildet.


Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Einbezug des Optionspreises in die Mindestpreisberechnung

1.1 Kommt es zur Ausübung der im Sachverhalt erwähnten Call Option, wird der den Teilhabern bezahlte Preis für ihre über die Eichbaum gehaltenen A-Aktien von Sarasin die Basis bilden für die Berechnung des gesetzlichen Mindestpreises, den IPB bzw. Rabobank den Inhabern der kotierten B-Aktien im Rahmen des Pflichtangebots wird zahlen müssen.

1.2 Beim Call-Optionspreis handelt es sich grundsätzlich um eine Gegenleistung für den Erwerb des Rechts, zu einem bestimmten Zeitpunkt eine feste Anzahl Beteiligungspapiere zu einem bestimmten oder bestimmbaren Preis erwerben zu können. Solange es sich beim Optionspreis tatsächlich um einen reinen Optionspreis handelt, ist er daher nicht in die Mindestpreisberechnung einzubeziehen. Beinhaltet der Optionspreis hingegen bereits eine Anzahlung auf den der Option zugrunde liegenden Basistitel, so ist dieser Teil des Optionspreises als Kontrollprämie zu qualifizieren und zum späteren Ausübungspreis hinzuzurechnen.

Aufgrund der vom Gesetzgeber geforderten Gleichbehandlung aller Inhaber verschiedener Beteiligungspapiere (Art. 32 Abs. 5 BEHG i.V.m. Art. 38 Abs. 2 BEHV-EBK) stellt sich damit die Frage, wie hoch derjenige Teil der Optionsprämie ist, der den Teilhabern dafür bezahlt wird, dass die IPB bzw. Rabobank mit der Ausübung der Call Option die Kontrolle über Sarasin erwerben kann.

1.3 Für den Erwerb der Option auf die Aktien der Eichbaum und damit auf alle A-Aktien über sieben Jahre vereinbarten die Parteien einen Optionspreis von CHF 162'000'000.

Gemäss der von den Gesuchstellern eingereichten Expertise entfallen vom vereinbarten Optionspreis CHF 66'000'000 auf den Zeitwert der Option und CHF 96'000'000 auf eine Prämie für die Stimmenmehrheit und damit die Kontrolle über Sarasin. Es besteht keine Veranlassung, die in diesem Gutachten gemachten Ausführungen in Zweifel zu ziehen. Aus den dargelegten Gründen ist damit die Kontrollprämie von CHF 96'000'000 bei einem späteren öffentlichen Angebot im Rahmen der Mindestpreisberechnung im Sinne von Art. 32 Abs. 4 BEHG zu berücksichtigen. Nicht massgeblich ist in diesem Zusammenhang hingegen der Zeitwert der Option von CHF 66'000'000, weil dieser Betrag nicht für die Beteiligungspapiere, sondern dafür bezahlt wird, dass die Verkäufer ihre Beteiligungspapiere während der Optionsfrist nicht anderweitig verkaufen.

2. Publikation

Die vorliegende Empfehlung ist in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 BEHG am ersten Börsentag nach Eröffnung an die Gesuchsteller, d.h. am 14. Juni 2002, auf der Website der Übernahmekommission zu veröffentlichen.

3. Gebühr

In Anwendung von Art. 23 Abs. 5 BEHG und Art. 62 Abs. 6 UEV-UEK erhebt die Übernahmekommission für die Prüfung der Anfrage eine Gebühr. Der Ausschuss setzt die Gebühr auf CHF 15'000 fest.


Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:

  1. Der gestützt auf das „Transaction Agreement“ vom 3. März 2002 zwischen den Herren Dr. Beat A. Sarasin, Dr. Georg F. Krayer, Conrad P. Schwyzer, Peter E. Merian, Andreas R. Sarasin, Dr. Philip R. Baumann, Eric G. Sarasin, Hans-Rudolf Hufschmid, Franz K. von Meyenburg, Guy E. Monson, der Eichbaum Holding AG, der IPB Holding B.V. und der Coöperatieve Centrale Raiffeisen-Boerenleenbank B.A. vereinbarte Optionspreis von CHF 162'000'000 besteht aus einem Zeitwert von CHF 66'000'000 und einer Kontrollprämie von CHF 96'000'000. Beim Ausüben der Option wird die Kontrollprämie von CHF 96'000'000 zum Ausübungspreis hinzugerechnet bzw. im Rahmen der Berechnung des Mindestpreises im Sinne von Art. 32 Abs. 4 BEHG berücksichtigt werden. Dies gilt nicht für den auf den Optionspreis entfallenden Zeitwert von CHF 66'000'000.

  2. Diese Empfehlung wird am 14. Juni 2002 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

  3. Die Gebühr zu Lasten der Herren Dr. Beat A. Sarasin, Dr. Georg F. Krayer, Conrad P. Schwyzer, Peter E. Merian, Andreas R. Sarasin, Dr. Philip R. Baumann, Eric G. Sarasin, Hans-Rudolf Hufschmid, Franz K. von Meyenburg, Guy E. Monson, der Eichbaum Holding AG, der IPB Holding B.V. und der Coöperatieve Centrale Raiffeisen-Boerenleenbank B.A. beträgt CHF 15'000. Die Gesuchsteller haften hierfür solidarisch.

 

Der Präsident des Ausschusses:

Hans Caspar von der Crone

 

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.


Mitteilung an:

  • Dr. Beat A. Sarasin, Dr. Georg F. Krayer, Conrad P. Schwyzer, Peter E. Merian, Andreas R. Sarasin, Dr. Philip R. Baumann, Eric G. Sarasin, Hans-Rudolf Hufschmid, Franz K. von Meyenburg, Guy E. Monson und Eichbaum Holding AG, durch ihre Vertreter, 
  • IPB Holding B.V. und Coöperatieve Centrale Raiffeisen-Boerenleenbank B.A., durch ihre Vertreter, 
  • die EBK.