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Transaktionen

0627 - EFG International AG

Verfügung 627/01 vom 22. Februar 2016

Gesuch von EFG Bank European Financial Group SA und von Banco BTG Pactual S.A. betreffend Feststellung des Nichtbestehens der Angebotspflicht, eventualiter Ausnahme von der Angebotspflicht bezüglich EFG International AG

Sachverhalt:

A.
EFG International AG (EFGI) ist die schweizerische Holdinggesellschaft einer international tätigen Private-Banking- und Vermögensverwaltungsgruppe. Die Aktien von EFGI sind an SIX Swiss Exchange kotiert. Das Aktienkapital von EFGI beträgt CHF 75'347'717. Es ist eingeteilt in 150'695'434 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 0.50 (EFGI-Aktien). EFGI verfügt zusätzlich über ein Partizipationskapital in der Höhe von CHF 200'730. Dieses ist eingeteilt in 13'382 Namenpartizipationsscheine mit einem Nennwert von je CHF 15.00. Diese Namenpartizipationsscheine sind nicht kotiert. Die Statuten der EFGI enthalten weder eine Opting-out noch eine Opting-up Klausel.

B.
EFG Bank European Financial Group SA (EFG Group) ist die Hauptaktionärin von EFGI. Sie hält 82'545'117 EFGI-Aktien. Das entspricht rund 54.8% der Stimmrechte an EFGI. Die „Latsis Family Interests“ kontrolliert indirekt die EFG Group und EFGI.

Die Beteiligungsstruktur der EFGI präsentiert sich folgendermassen:


C.
Der Verwaltungsrat von EFGI besteht nach Art. 26 der EFGI-Statuten aus mindestens fünf Mitgliedern. Diese werden jeweils für ein Jahr einzeln von der Generalversammlung gewählt. Es ist keine Maximalzahl an Verwaltungsratsmitgliedern vorgesehen.

Gegenwärtig gehören elf Personen dem Verwaltungsrat von EFGI an. Drei davon vertreten die EFG Group. Acht Mitglieder des Verwaltungsrates sind von EFG Group unabhängig. Zwei dieser acht Mitglieder waren in den letzten beiden Jahren innerhalb der EFGI-Gruppe beschäftigt. Deshalb gelten diese beiden Mitglieder nicht als unabhängig im Sinne des FINMA-Rundschreibens 2008/24 „Überwachung und interne Kontrolle Banken“ vom 20. November 2008 (FINMA-RS 08/24). Das FINMA-RS 08/24 verlangt, dass der Verwaltungsrat mindestens zu einem Drittel aus Mitgliedern bestehen sollte, „welche die Unabhängigkeitskriterien nach Rz 20 – 24 erfüllen“ (FINMA-RS 08/24 Rz 18). Sechs Mitglieder des Verwaltungsrates der EFGI erfüllen die Unabhängigkeitskriterien des FINMA-RS 08/24 vollständig.

D.
Banco BTG Pactual S.A. (BTG) ist eine Aktiengesellschaft nach brasilianischem Recht. Die Aktien der BTG sind an der BM&FBovespa in São Paulo (BBTG11:BZ) und an der NYSE Euronext Amsterdam zum Handel zugelassen. BTG ist im Investmentbanking und in der Vermögensverwaltung aktiv und steht unter der Aufsicht der brasilianischen Zentralbank. Das Aktienkapital von BTG beträgt 7'180'525'408.36 brasilianische Reais. Es ist eingeteilt in (i) 2'815'805'442 Stammaktien, (ii) 575'649'224 Vorzugsaktien Class A und (iii) 815'805'404 Vorzugsaktien Class B. BTG Pactual G7 Holding S.A. (G7) hält 59.62% der Stimmrechte an BTG. G7 wiederum wird von sieben Teilhabern gehalten, die alle Exekutivfunktionen innerhalb der BTG-Gruppe wahrnehmen.

E.
Die BSI AG (BSI) ist eine Schweizer Bank mit Sitz in Lugano. BSI ist die Konzernobergesellschaft der BSI-Gruppe. Die hauptsächliche Geschäftstätigkeit der BSI-Gruppe besteht in der Vermögensverwaltung für private und institutionelle Kunden. Sie beschäftigt rund 1'900 Mitarbeiter. Per 31. Dezember 2014 beliefen sich die verwalteten Kundenvermögen der BSI-Gruppe auf rund CHF 92 Milliarden.

F.
Am 15. September 2015 erwarb BTG sämtliche Aktien der BSI. BTG hält ihre hundertprozentige Beteiligung an BSI indirekt über die BSI Holdings AG (BSI Holdings). BSI Holdings ist eine Holdinggesellschaft, deren einziges Aktivum die 100%-ige Beteiligung an BSI ist. Die Aktien von BSI Holdings werden ihrerseits von BTGP-BSI Limited mit Sitz in London (BTGP) gehalten. Die BSI Holdings und die BSI-Gruppe stehen unter der konsolidierten Aufsicht der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA.

Die Beteiligungsstruktur der BTG-Gruppe ist wie folgt:

 

G.
BTG und ihre direkten und indirekten Tochtergesellschaften halten zurzeit keine EFGI-Aktien. Sie beabsichtigen zudem nicht, vor dem Vollzug der nachfolgend geschilderten Transaktion, EFGI-Aktien zu erwerben.

H.
EFGI und BTG stehen in fortgeschrittenen Verhandlungen über den Kauf der BSI durch die EFGI. Der Verkauf der BSI-Beteiligung an die EFGI soll indirekt erfolgen. Die englische Holdinggesellschaft BTGP (BTGP) soll dabei alle Aktien der BSI Holdings, deren einziges Aktivum sämtliche Aktien der BSI sind, auf die EFGI übertragen. Als Alternative prüft BTG derzeit ebenfalls, die Aktien von BTGP an EFGI zu verkaufen. Kauf und Verkauf entweder der BSI Holdings oder der BTGP wird in einem Aktienkaufvertrag zwischen BTG als Verkäuferin und EFGI als Käuferin geregelt (der Aktienkaufvertrag).

Der Vollzug dieser Transaktion ist u.a. davon abhängig, dass verschiedene bankregulatorische Bewilligungen und auch wettbewerbsrechtliche Freistellungen gewährt werden. Nach Angaben von EFG Group und BTG (gemeinsam die Parteien) werden sich diese bemühen, die benötigten Bewilligungen und Freistellungen innerhalb von etwa sechs Monaten zu erhalten, nachdem der Aktienkaufvertrag unterzeichnet worden sein wird.

I.
Der Kaufpreis für die Aktien der BSI Holdings soll durch EFGI teilweise in bar und teilweise in neu auszugebenden EFGI-Aktien bestehen. Die für den Aktientausch benötigten EFGI-Aktien sollen durch eine Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts der EFGI-Aktionäre zugunsten der BTG oder der BTGP und gegen Einlage eines Teils der Aktien der BSI Holdings geschaffen werden. Zur Finanzierung der Barkomponente plant EFGI, eine weitere Kapitalerhöhung mit Barliberierung durchzuführen.

Diese Kapitalerhöhungen würden dazu führen, dass BTG nach Vollzug der Transaktion eine Beteiligung von ungefähr 20 – 30% der Stimmrechte an EFGI hält. Die Beteiligung der EFG Group an EFGI dagegen würde sich von gegenwärtig 54.8% auf rund 38% der Stimmrechte reduzieren.

J.
Die folgenden Kapitalmassnahmen sind geplant, um den Kaufpreis zu finanzieren:

- Ungefähr ein Drittel des Kaufpreises soll durch neue EFGI-Aktien abgegolten werden. Diese sollen mittels Einlage eines Teils der BSI Holdings liberiert werden.
-
Etwa zwei Drittel des Kaufpreises sollen in bar abgegolten werden. Die dafür notwendigen Mittel stammen zum einen aus bestehenden Reserven von EFGI. Zum anderen sollen sie mit einer Barkapitalerhöhung beschafft werden, die sich aus zwei Tranchen zusammensetzt:

 

 

 

 

  • In der ersten Tranche wird das Bezugsrecht der bestehenden Aktionäre gewahrt.
  • Die zweite Tranche ist dagegen für einen oder mehrere strategische Investoren reserviert (PIPE-Tranche). Die PIPE-Tranche soll dem oder den strategischen Investoren nach Vollzug der Transaktion eine Beteiligung von zwischen null und 20 Prozent vermitteln. Die möglichen Auswirkungen einer solchen Beteiligung von einem oder mehreren strategischen Investoren auf die Angebotspflicht i.S.v. Art. 135 FinfraG bilden nicht Gegenstand der vorliegenden Verfügung.

Sofern die PIPE-Tranche nicht oder nicht vollständig bei einem oder mehreren strategischen Investoren platziert werden kann, wird die entsprechende Finanzierungslücke durch die Ausgabe von zusätzlichen neuen EFGI-Aktien geschlossen. Diese Aktien würden von BTG oder BTGP mittels Einlage von weiteren BSI-Aktien oder von Aktien von BSI Holding liberiert. Die Sacheinlagekapitalerhöhung würde in diesem Fall also vergrössert. Gegebenenfalls würde sich die Barkomponente entsprechend reduzieren. Maximal rund die Hälfte des gesamten Kaufpreises für die BSI oder die BSI Holdings würde dann durch neue EFGI-Aktien abgegolten. Dabei soll die Beteiligung von BTG oder von BTGP an EFGI unmittelbar nach Vollzug der Transaktion in keinem Fall mehr als 30% des Kapitals und der Stimmrechte betragen.

- Zusätzliches Kernkapital soll gemäss Basel III emittiert werden (AT1 Kapital). BTG verpflichtet sich dabei, eine allfällige Finanzierungslücke, die entstehen kann, weil das Bezugsrechtsangebot nicht durchgeführt wird, weil es scheitert oder weil damit zu wenig Mittel beschafft werden können, auszugleichen, indem BTG in das AT1 Kapital investiert.

K.
Die erwähnten Kapitalerhöhungen würden aller Voraussicht nach an der ordentlichen Generalversammlung der EFGI vom 29. April 2016 zur Abstimmung vorgelegt. Auch denkbar ist, dass eine ausserordentliche Generalversammlung der EFGI zu einem früheren oder zu einem späteren Zeitpunkt stattfindet und über die Kapitalerhöhungen abstimmt.

An der Generalversammlung der EFGI wird BTG nicht stimmen können. Zu diesem Zeitpunkt hat BTG nämlich noch keine Aktien an EFGI.

L.
Sofern die Transaktion vollzogen wird, wird BTG direkt oder indirekt rund 20 bis maximal 30% des Aktienkapital und der Stimmrechte der EFGI halten. Die Beteiligung der EFG Group an EFGI wird sich dann von 54.8% der Stimmrechte auf rund 38% reduzieren. In keinem Fall wird EFG Group dabei weniger als 33 1/3% des Kapitals und der Stimmrechte der EFGI halten.

Nachdem die Transaktion vollzogen ist, wird sich die Beteiligungsstruktur der EFGI voraussichtlich wie folgt präsentieren:

 

M.
Der Aktienkaufvertrag wird zwischen BTG oder BTGP als Verkäuferin und EFGI als Käuferin abgeschlossen (vgl. lit. H oben). EFG Group ist nicht Partei des Aktienkaufvertrags. Sie wird unter diesem weder berechtigt noch verpflichtet.

Um sicherzustellen, dass die Transaktion nicht daran scheitert, dass die Generalversammlung von EFGI die dafür erforderlichen Kapitalerhöhungen ablehnt, soll EFG Group diesbezüglich mit einem Vertrag eingebunden werden. Das dafür vorgesehene Letter Agreement (Letter Agreement) soll zeitgleich mit dem Aktienkaufvertrag abgeschlossen werden. Es endet, unmittelbar nachdem die Transaktion vollzogen wurde.

Im Letter Agreement verpflichtet sich EFG Group gegenüber EFGI auf der einen Seite und BTG oder BTGP auf der anderen Seite dazu, die folgenden Handlungen entweder vorzunehmen oder zu unterlassen:

- Während der Laufzeit des Letter Agreement wird EFG Group keine ihrer EFGI-Aktien veräussern.
- EFG Group wird die Finanzierung der Transaktion unterstützen, indem sie im Bezugsrechtsangebot ihre Bezugsrechte ausübt und EFGI-Aktien zeichnet. Soweit das Bezugsrechtsangebot nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang durchgeführt werden kann, wird EFG Group in einer Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss (zusätzliche) EFGI-Aktien zeichnen.
- EFG Group wird an der oder an den Generalversammlungen der EFGI, an welchen vor dem Vollzugstag über die verschiedenen Kapitalerhöhungen, namentlich über die Sacheinlagekapitalerhöhung, über das Bezugsrechtsangebot sowie über die PIPE-Transaktion, abgestimmt werden soll, für die entsprechenden Beschlüsse stimmen.
- EFG Group wird an der oder an den Generalversammlungen der EFGI vor dem Vollzugstag für die Wahl von einem oder zwei Mitgliedern des Verwaltungsrates der EFGI, welche von BTG oder von BTGP vorgeschlagen wurden, stimmen. Die vorgeschlagenen Kandidaten müssen dabei die einschlägigen FINMA-Anforderungen erfüllen. Dabei stehen diese Wahlen unter dem Vorbehalt, dass die Transaktion vollzogen wird. Die neuen Verwaltungsräte dürfen ihr Amt erst am Vollzugstag antreten. Ob BTG oder BTGP einen oder zwei Verwaltungsräte der EFGI nominieren kann, hängt von deren Beteiligungshöhe an der EFGI am Vollzugstag ab. Hält BTG oder BTGP am Vollzugstag 25% oder mehr aller EFGI-Aktien, so kann sie zwei Mitglieder bezeichnen. Liegt ihre Beteiligung am Vollzugstag unter 25%, steht BTG oder BTGP nur ein Sitz zu.
- EFG Group wird das Pre-Emption Agreement (vgl. dazu lit. N nachfolgend) rechtzeitig vor dem Vollzugstag unterzeichnen, damit EFGI diese Vereinbarung – wie im Aktienkaufvertrag vorgesehen – am Vollzugstag an BTG oder an BTGP übergeben kann.

Das Letter Agreement soll direkt mit der Unterzeichnung in Kraft treten. Es endet automatisch mit dem Vollzug des Aktienkaufs oder, falls der Aktienkauf nicht vollzogen wird, mit der Beendigung des Aktienkaufvertrages gemäss dessen Bestimmungen.

N.
Weiter ist vorgesehen, dass EFG Group und BTG am Vollzugstag der Transaktion eine weitere Vereinbarung unterzeichnen. Dabei handelt es sich um ein Pre-Emption Agreement (Pre-Emption Agreement). Damit wird EFG Group ein Vorhandrecht an den durch BTG gehaltenen EFGI-Aktien eingeräumt. Ausserdem wird damit die Wahl des oder der von BTG nominierten Vertreter(s) in den Verwaltungsrat von EFGI geregelt.

Im Einzelnen regelt das Pre-Emption Agreement Folgendes:

- Notifikationsrecht von EFG Group im Falle einer Accelerated Bookbuilding-Transaktion: Falls BTG beabsichtigt, alle oder einen Teil der von BTG gehaltenen EFGI-Aktien über ein Accelerated Bookbuilding oder eine ähnliche Transaktion (ABB-Transaktion) zu veräussern, muss BTG EFG Group 20 Tage vor Durchführung der ABB-Transaktion über ihre Absichten informieren.
- Vorhandrecht: Falls BTG beabsichtigt, alle oder einen Teil der von ihr gehaltenen EFGI-Aktien in einer privaten Transaktion, d.h. weder über die Börse noch mittels einer ABB-Transaktion, an einen Dritten zu veräussern, so muss BTG EFG Group vorgängig zur Abgabe einer Offerte zu dem von BTG angegebenen Preis einladen (Vorhandrecht). Falls EFG Group eine Offerte abgibt, kann BTG diese annehmen oder von einem Verkauf absehen. Sofern EFG Group keine Offerte unterbreitet, kann BTG die entsprechenden EFGI-Aktien zum angegebenen Preis innerhalb einer bestimmten Frist an einen Dritten veräussern.
- Verpfändungsverbot: BTG darf ihre EFGI-Aktien nur im Zusammenhang mit einer Kreditaufnahme oder der Ausstellung einer Garantie verpfänden, sofern der Kreditgeber oder der Garantiesteller gegenüber EFG Group erklärt, dass im Verwertungsfall EFG Group ein Vorhandrecht an den EFGI-Aktien zusteht.
- EFGI-Verwaltungsrat: BTG kann einen oder zwei Vertreter für den EFGI-Verwaltungsrat nominieren und EFG Group verpflichtet sich, in der Generalversammlung den bzw. die vorgeschlagenen BTG-Vertreter zu wählen. Ob BTG dabei einen oder zwei Verwaltungsräte der EFGI nominieren kann, hängt von ihrer Beteiligungshöhe an EFGI am Vollzugstag ab. Bei einer Beteiligung von 25% oder mehr aller EFGI-Aktien kann BTG zwei Mitglieder bezeichnen. Liegt die Beteiligung am Vollzugstag darunter, steht BTG nur ein Sitz zu. Zusätzlich wird im Pre-Emption Agreement vereinbart, dass der EFGI-Verwaltungsrat jederzeit mehrheitlich aus Verwaltungsräten bestehen soll, welche die Unabhängigkeitskriterien der FINMA für Bank-Verwaltungsräte erfüllen.

O.
Noch offen ist, wie sich der Verwaltungsrat von EFGI unmittelbar nach dem Vollzug der Transaktion zusammensetzen wird. Folgende Varianten sind dabei denkbar:

- Sollte BTG nur ein Mitglied nominieren können, wäre es denkbar, dass sämtliche bisherigen Mitglieder im Verwaltungsrat verbleiben. Das wären die drei EFG Group-Vertreter und acht von EFG Group unabhängige Mitglieder. Allerdings gelten zwei dieser acht Mitglieder nicht als unabhängig im Sinne des FINMA-RS 2008/24, da sie in den letzten zwei Jahren in der EFGI-Gruppe beschäftigt waren. Zusätzlich zum BTG-Vertreter würde dann ein unabhängiges Mitglied hinzu gewählt, damit sich der Verwaltungsrat mehrheitlich aus unabhängigen Mitgliedern im Sinne des FINMA-RS 2008/24 zusammensetzt.
- Sollte BTG hingegen zwei Mitglieder nominieren können, könnte der Verwaltungsrat um zusätzliche unabhängige Mitglieder aufgestockt werden, damit der Verwaltungsrat mehrheitlich aus unabhängigen Mitgliedern im Sinne des FINMA-RS 2008/24 besteht.

Wie auch immer die Anzahl der Mitglieder, die BTG nominieren kann, ausfallen wird: Der Verwaltungsrat von EFGI wird gemäss Pre-Emption Agreement jederzeit mehrheitlich aus unabhängigen Mitgliedern im Sinne des FINMA-RS 2008/24 zusammengesetzt sein.

Das Pre-Emption Agreement soll am Vollzugstag, d.h. am Closing, des Kaufs der Aktien der BSI Holdings unterzeichnet werden und sodann unmittelbar in Kraft treten. Es endet automatisch, wenn die Beteiligung einer Partei unter die Grenze von fünf Prozent der EFGI-Aktien fällt.

P.
Im geschilderten Zusammenhang stellten die Parteien bei der Übernahmekommission am 9. Februar 2016 ein Gesuch um Feststellung des Nichtbestehens der Angebotspflicht, eventualiter um Gewährung einer Ausnahme von der Angebotspflicht (Gesuch). Die entsprechenden Anträge lauten:

  1. „Es sei festzustellen, dass der Abschluss des nachfolgend beschriebenen Letter Agreement einerseits und des nachfolgend beschriebenen Pre-Emption Agreement andererseits keine Pflicht der EFG Bank European Financial Group SA und/oder der Banco BTG Pactual S.A. sowie deren jeweiligen kontrollierenden direkten und indirekten Aktionäre auslöst, ein öffentliches Kaufangebot für alle Namenaktien der EFG International AG zu unterbreiten.
  2. Eventualiter sei der EFG Bank European Financial Group SA und der Banco BTG Pactual S.A. sowie deren jeweiligen kontrollierenden direkten und indirekten Aktionären eine Ausnahme von der Pflicht zur Unterbreitung eines öffentlichen Kaufangebots für sämtliche sich im Publikum befindlichen Namenaktien der EFG International AG zu gewähren.
  3. Die Publikation der Verfügung der Übernahmekommission sei aufzuschieben bis zur öffentlichen Ankündigung der Transaktion.“

Q.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Susan Emmenegger (Präsidentin), Jean-Luc Chenaux und Thomas Rufer gebildet.

 

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1.  Pflicht zur Unterbreitung eines Angebots nach Art. 135 FinfraG im Allgemeinen

[1] Die Statuten von EFGI enthalten kein Opting out i.S.v. Art. 125 Abs. 3 oder 4 FinfraG. Somit sind die Vorschriften über Pflichtangebote gemäss Art. 135 f. FinfraG anwendbar.

[2] Nach Art. 135 Abs. 1 Satz 1 FinfraG muss derjenige, welcher direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Beteiligungspapiere erwirbt und damit zusammen mit den Papieren, die er bereits besitzt, den Grenzwert von 33 1/3 Prozent der Stimmrechte einer Zielgesellschaft überschreitet, ein Angebot für alle kotierten Beteiligungspapiere der Gesellschaft unterbreiten.

[3] Gemäss Art. 33 FinfraV-FINMA gilt Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA für Personen, die angebotspflichtige Beteiligungen an einer Zielgesellschaft im Hinblick auf deren Beherrschung in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe erwerben. Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA bestimmt, dass in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe handelt, wer seine Verhaltensweise im Hinblick auf den Erwerb oder die Veräusserung von Beteiligungspapieren oder die Ausübung von Stimmrechten mit Dritten durch Vertrag, durch andere organisierte Vorkehren oder von Gesetzes wegen abstimmt.

[4] Die Parteien halten fest, dass der Wortlaut der in Art. 33 FinfraV-FINMA enthaltenen Bestimmung, wie sie seit dem 1. Januar 2016 in Kraft ist, im Vergleich zu der ehemaligen Vorschrift des Art. 31 aBEHV-FINMA geändert wurde. Insbesondere taucht in Art. 33 FinfraV-FINMA das Wort „sinngemäss“ beim Verweis auf Art. 12 FinfraV-FINMA nicht mehr auf. Zudem wird auf den Begriff der „handelnden Erwerbspersonen“ verzichtet. Es stellt sich die Frage, ob damit eine materielle Änderung von Art. 33 FinfraV-FINMA verbunden ist.

[5] Die Parteien führen diesbezüglich aus, dass aus dem Erläuterungsbericht der FINMA vom 20. August 2015 zum Verordnungsentwurf der ausdrückliche Wille des Verordnungsgebers hervorging, die „bisherige Rechtslage zu bewahren“ (Erläuterungsbericht FINMA vom 20. August 2015, S. 35). Der Wille des Verordnungsgebers sei trotz des geänderten und leider verunglückten Wortlauts von Art. 33 FinfraV-FINMA dahin gegangen, die vormalige Rechtslage unter Art. 31 aBEHV-FINMA nicht zu ändern. Dass das Wort „sinngemäss“ gestrichen wurde, müsse auf einen Zufall zurückzuführen sein. Eine inhaltliche Änderung sei damit weder beabsichtigt noch bewirkt worden.

[6] Den Parteien ist darin zuzustimmen, dass der Wegfall des Worts „sinngemäss“ im Rahmen der Verweisung von Art. 33 FinfraV-FINMA auf Art. 12 FinfraV-FINMA keine inhaltliche Änderung des Gruppenbegriffs bewirkt. Die Verweisung bildet eine abkürzende Figur der Gesetzgebungstechnik: Man verzichtet darauf, Regelungselemente zu wiederholen, und erklärt stattdessen eine (andere) Norm für anwendbar. Solche Referenznormen kommen nie unmittelbar, sondern immer nur „sinngemäss“ bzw. analog zur Anwendung (vgl. Lieber, Zürcher Kommentar, N 19, 32, 35 f. zu Art. 7 ZGB). Mit anderen Worten: Die sinngemässe Anwendung des offenlegungsrechtlichen Gruppenbegriffs auf den Gruppenbegriff im Beherrschungskontext ergibt sich bereits aus der Verweisungsdogmatik (dazu ausführlich Sonja Blaas, Entstehung und Nachweis der angebotspflichtigen Gruppe, Diss. Bern 2016, Zweiter Teil, § 2, III., im Erscheinen). Entsprechend ist mit dem Wegfall des Wortes „sinngemäss“ aus Art. 33 FinfraV-FINMA keine materielle Änderung dieser Norm verbunden. Das erwähnte Ergebnis wird durch die Materialien zum Revisionsprozess zusätzlich gestützt. Obwohl der Begriff „sinngemäss“ in Art. 33 FinfraV-FINMA bereits in der Anhörungsvorlage der FINMA fehlte, hielt diese im dazu verfassten Erläuterungsbericht ausdrücklich fest, dass die bisherige Rechtslage bewahrt werden soll (Erläuterungsbericht FINMA vom 20. August 2015, S. 35).

[7] Dasselbe gilt auch für die zweite redaktionelle Änderung, die im Zuge der Revision bei der Umschreibung der angebotspflichtigen Gruppe vorgenommen wurde. So spricht die neue Bestimmung des Art. 33 FinfraV-FINMA nicht mehr von „in gemeinsamer Absprache (...) handelnden Erwerbspersonen“, sondern nunmehr von „Personen, die (...) in gemeinsamer Absprache (...) erwerben“. Der Begriff der „handelnden Erwerbspersonen“ zeichnete sich nicht durch inhaltliche Klarheit aus. Es erstaunt deshalb nicht, dass man ihn im Zuge der Neufassung aus dem Verordnungstext verbannt hat. Die intendierte Verbesserung, die sich erst in der endgültigen Fassung der Verordnung findet, hat allerdings den Nachteil, dass man nunmehr mit Blick auf den Wortlaut schliessen könnte, der Gruppentatbestand setze einen gemeinsamen Erwerb voraus. Im schweizerischen Übernahmerecht gilt aber seit je, dass eine angebotspflichtige Gruppe auch dann entstehen kann, wenn bestehende Aktionäre eine koordinierte Stimmrechtsausübung vereinbaren (vgl. Verfügung 446/01 vom 30. Juni 2010 i.S. Advanced Digital Broadcast, E. 1, Rn 3; Empfehlung 242/01 vom 3. Juni 2005 i.S. Forbo Holding AG, E. 3.2). Ein Erwerb im Sinne eines Stimmenzukaufs ist mithin nicht erforderlich. Das gilt weiterhin, da nichts darauf hindeutet, dass mit dieser Neuformulierung eine Änderung der bisherigen Rechtslage beabsichtigt wurde.

2.  Pflicht zur Unterbreitung eines Angebots nach Art. 135 FinfraG im vorliegenden Fall

2.1 Angebotspflicht durch den Abschluss des Letter Agreement am Signing

[8] Die Parteien führen in ihrer Eingabe vom 9. Februar 2016 aus, dass mit dem Abschluss des vorübergehend gültigen Letter Agreement, der gleichzeitig mit dem Aktienkaufvertrag vorgesehen ist, EFG Group und BTG kein Handeln in gemeinsamer Absprache i.S.v. Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA begründen. Nach Auffassung der Parteien setzt dies voraus, „dass die beteiligten Personen jeweils Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft halten.“ Wenn hingegen eine Partei beteiligt ist, die selbst keine Aktien oder Beteiligungsderivate an der Zielgesellschaft hält, sei eine Gruppenbildung ausgeschlossen. Damit entstehe vorliegend mit dem Abschluss des Letter Agreement keine angebotspflichtige Gruppe, weil BTG beim Abschluss dieser Vereinbarung keine EFGI-Aktien halte und auch nicht beabsichtige, vor dem Vollzugstag EFGI-Aktien zu erwerben.

[9] Die UEK hat sich in ihrer bisherigen Praxis nicht ausdrücklich zur Frage geäussert, ob ein Nichtaktionär Mitglied einer angebotspflichtigen Gruppe sein kann. Sie hat aber in der Verfügung in Sachen Hammer Retex AG eine Gruppenbildung zwischen der angebotspflichtigen Person und ihrer als Anbieterin eingesetzten Tochtergesellschaft bejaht, obwohl letztere im Moment der Auslösung der Angebotspflicht weder direkt noch indirekt eine Beteiligung an der Zielgesellschaft hielt (Verfügung 406/01 vom 17. März 2009 i.S. Hammer Retex Holding AG, Sachverhalt lit. E, E. 2 sowie Angebotsprospekt, Abschnitt C, Ziff. 5). In der Literatur ist die Frage der Gruppenmitgliedschaft von Nichtaktionären umstritten. Nach der einen Meinung ist die Bildung einer organisierten Gruppe zu verneinen, wenn die Gruppenmitglieder nicht bereits Aktien besitzen. (vgl. für das Offenlegungsrecht: Rudolf Tschäni, Gruppen im Offenlegungsrecht, in: Rolf Sethe et al. (Hrsg.), Festschrift für Rolf H. Weber zum 60. Geburtstag, Bern 2011, S. 322 m.H. auf den Jahresbericht der Offenlegungstelle 2009, S. 90 f.). Nach der anderen Meinung kann auch ein Nichtaktionär Mitglied einer Gruppe sein, weil man auch in anderer Weise als durch das Halten einer Beteiligung einen Beitrag zur Erreichung der Ziele der Gruppe leisten kann (Jakob Höhn, „Acting in concert“ im schweizerischen Übernahmerecht: die Begriffe „Handeln in gemeinsamer Absprache“ und „organisierte Gruppe“, in: G. Zindel et al. (Hrsg), Wirtschaftsrecht in Bewegung, Zürich 2008, S. 31). Ausführlich sodann Blaas, a.a.O., Zweiter Teil, § 2, II., 2. [Nichtaktionär als Gruppenmitglied]. Für den Bereich des Offenlegungsrechts: Jan Hendrik Hoffmann/Hans Caspar von der Crone, Das Handeln in gemeinsamer Absprache und die organisierte Gruppe im Offenlegungsrecht, SZW 2011, S. 316).

[10] Die Verpflichtungen der EFG Group im Letter Agreement erschöpfen sich in einer zeitlich beschränkten Veräusserungsbeschränkung hinsichtlich der EFGI-Aktien, in der Unterstützung der Finanzierung der vorgesehenen Transaktion und der entsprechenden Kapitalerhöhungsbeschlüsse, in der Verpflichtung zur zeitgerechten Unterzeichnung des Pre-Emption Agreement und schliesslich in der Verpflichtung, die Wahl von ein bis zwei BGT-Vertretern in den Verwaltungsrat von EFGI zu unterstützen. Mit Ausnahme der letzten Verpflichtung, die in das Pre-Emption Agreement überführt wird, regelt das Letter Agreement die Schaffung der notwendigen Rahmenbedingungen für den Vollzug der Transaktion und das zeitgleich abzuschliessende Pre-Emption Agreement. Da die (vollzogene) Transaktion und deren rechtliche Strukturierung durch das Pre-Emption Agreement nicht zu einer angebotspflichtigen Gruppe führen (siehe E. 2.3 nachfolgend), erübrigt sich die Frage, ob in den entsprechenden Vorbereitungshandlungen eine kontrollrelevante Gruppenabsprache zu erblicken ist.

[11] Im Ergebnis ist festzuhalten, dass mit dem Abschluss des Letter Agreement keine angebotspflichtige Gruppe i.S.v. Art. 33 FinfraV-FINMA entsteht.

2.2 Angebotspflicht durch den Abschluss des Pre-Emption Agreement am Closing

2.2.1 Allgemeines

[12] Gemäss Praxis des Bundesgerichts agieren in gemeinsamer Absprache handelnde Personen dann im Hinblick auf die Beherrschung der Zielgesellschaft, wenn die abgestimmte Verhaltensweise „eine Beherrschung der Zielgesellschaft ermöglicht und aufgrund der Umstände darauf zu schliessen ist, dass eine Beherrschung angestrebt wird“ (BGE 130 II 540, E. 6.5.7). Kann der bisherige Kontrollaktionär die Zielgesellschaft gestützt auf die Absprache nicht mehr alleine, sondern nur gemeinsam mit einer anderen Partei kontrollieren, ist eine angebotspflichtige Gruppe anzunehmen (vgl. Empfehlung 0198/91 vom 4. Juni 2004 i.S. Vontobel Holding AG, E. 2.2.3; Empfehlung 0080/01 vom 8. Dezember 2000 i.S. Kühne & Nagel AG, E. 1.3).

[13] Vorliegend wird sich auf Grund der Transaktion der Stimmrechtsanteil von EFG Group von rund 54% auf rund 38%, höchstens aber auf die über der Angebotsschwelle liegenden 33 1/3% reduzieren. BTG wird ihrerseits einen Stimmrechtsanteil von 20% bis 30% halten. Der Aufbau einer solchen Beteiligung lässt für sich alleine nicht auf eine gemeinsame Beherrschungsabsicht der involvierten Parteien schliessen, denn EFG Group behält weiterhin die Kontrollmehrheit an EFGI (vgl. Empfehlung 0148/01 vom 8. November 2002 i.S. Jelmoli Holding AG, E. 2.2; Empfehlung 0080/01 vom 8. Dezember 2000 i.S. Kühne & Nagel AG, E. 1.3). Allerdings kann auch im Falle einer Kontrollmehrheit ein Kontrollwechsel stattfinden, wenn andere Absprachen bewirken, dass die Kontrolle nur noch gemeinsam mit anderen Aktionären ausgeübt werden kann (vgl. Verfügung 446/01 vom 30. Juni 2010 i.S. Advanced Digital Broadcast Holdings SA, Rn 10, 11). Daher gilt es, das Pre-Emption Agreement auf einen solchen Kontrollwechsel hin zu untersuchen.

2.2.2 Notifikationsrecht, Vorhandrecht und Verpfändungsverbot

[14] Im vorliegenden Fall erfasst die Absprache der Parteien gemäss Pre-Emption Agreement den einseitigen Erwerb von Beteiligungsrechten. So ist im der Übernahmekommission zugestellten Vertragsentwurf ein bloss einseitiges Vorhandrecht von EFG Group gegenüber BTG vorgesehen. Das Vorhandrecht gilt ferner nur, falls BTG deren EFGI-Aktien ganz oder teilweise in einer privaten Transaktion veräussern möchte. Das Vorhandrecht gilt hingegen nicht bei Verkäufen über die Börse oder in einer ABB-Transaktion. Ausserdem bestehen gemäss den Parteien keine weitergehenden Absprachen, wie z.B. Kauf-, Verkaufs-, Vorkaufs- oder Mitverkaufsrechte oder Veräusserungsverbote bzw. Halteverpflichtungen.

[15] Ebenso besteht ein Notifikationsrecht von EFG Group für den Fall einer Accelerated Bookbuilding-Transaktion. Schliesslich sieht das Pre-Emption Agreement auch in gewissen Fällen ein Verpfändungsverbot für BTG vor.

[16] Ein einseitiges Vorhandrecht für sich allein genommen kann keine angebotspflichtige Gruppe i.S.v. Art. 33 FinfraV-FINMA entstehen lassen. Dies gilt ebenso für das Notifikationsrecht und das Verpfändungsverbot (vgl. Empfehlung 0039/01 vom 5. Mai 1999 i.S. Selecta Group, E. 2 und 3). Es gilt nun zu prüfen, ob das gleiche für die im Pre-Emption Agreement enthaltene Stimmrechtsabsprache gilt.

2.2.3 Wahl von einem oder zwei Vertretern von BTG in den Verwaltungsrat der EFGI

[17] Das Pre-Emption Agreement sieht die Verpflichtung von EFG Group vor, ein bis zwei von BTG bezeichnete Personen in den Verwaltungsrat von EFGI zu wählen. Weitere Stimmbindungen sind im Pre-Emption Agreement nicht vorgesehen. Namentlich enthält das Pre-Emption Agreement keine Vetorechte zugunsten der Parteien und keine Vereinbarungen im Hinblick auf die Meinungsbildung oder Beschlussfassung im Verwaltungsrat von EFGI oder in Bezug auf die strategische Ausrichtung der kombinierten Gruppe oder schliesslich auf strategische Entscheidungen in der Zukunft. Gemäss Angaben der Parteien bestehen auch ausserhalb des Pre-Emption Agreement keinerlei Vereinbarungen, welche – mit Ausnahme der Wahl von maximal zwei Vertretern von BTG in den Verwaltungsrat von EFGI gemäss Pre-Emption Agreement – die Ausübung der Stimmrechte seitens der Parteien einschränken würden (Eingabe der Parteien, N 41).

[18] Zwar ist die Verpflichtung von EFG Group, durch ihre Stimmabgabe in der Generalversammlung dafür zu sorgen, dass BTG über zwei Vertreter im Verwaltungsrat von EFGI verfügt, grundsätzlich geeignet, die Führung des Unternehmens zu beeinflussen. Allerdings behält EFG Group einen Mindestanteil von über 33 1/3% und verfügt deshalb aufgrund der gesetzlichen Vermutung in Art. 135 FinfraG über eine (angebotspflichtige) Kontrollmehrheit. Entsprechend nimmt EFG Group weiterhin eine beherrschende Stellung an der Generalversammlung von EFGI ein und kann alle übrigen Verwaltungsräte von EFGI bestimmen (vgl. Empfehlung 0148/01 vom 8. November 2002 i.S. Jelmoli Holding AG, E. 2.2; Empfehlung 0080/01 vom 8. Dezember 2000 i.S. Kühne & Nagel International AG, E. 1.3). Die Statuten von EFGI sehen eine Mindestzahl von fünf Verwaltungsräten vor. Eine Maximalzahl ist nicht vorgesehen. Mit Blick auf die statutarische Mindestzahl bestimmt die EFG Group nach wie vor die Mehrzahl der Verwaltungsräte. Dass auf Grund der regulatorischen Vorgaben (vgl. FINMA-RS 08/24 Rz 19) zusätzliche unabhängige Verwaltungsratsmitglieder zu wählen sind, ist auf Grund der bestehenden Kontrollmehrheit der EFG Group im vorliegenden Fall nicht entscheidend.

[19] Im Ergebnis wird BTG durch die Zusage der (ein bis zwei Mitglieder umfassenden) Vertretung im Verwaltungsrat von EFGI kein wesentlicher Einfluss auf die beherrschende Stellung von EFG Group eingeräumt, die zu einer gemeinsamen Führung der EFGI führen würde. Folglich wird mit dieser Absprache keine angebotspflichtige Gruppe begründet.

[20] Insgesamt ist festzuhalten, dass der von den Parteien vorgebrachte Sachverhalt aus objektiver Sicht keine gemeinsame Beherrschung von EFGI durch EFG Group und BGT bewirkt. Wird das Pre-Emption Agreement in der Form, wie es der Übernahmekommission vorgelegt worden ist, unterzeichnet, entsteht dadurch zwischen EFG Group und BGT keine angebotspflichtige Gruppe i.S.v. Art. 33 FinfraV-FINMA. Eine Angebotspflicht i.S.v. Art. 135 Abs. 1 FinfraG wird dadurch nicht ausgelöst.

2.3 Fazit

[21] Aus den obigen Erwägungen folgt, dass der Abschluss des beschriebenen Letter Agreement einerseits und des beschriebenen Pre-Emption Agreement andererseits keine Pflicht von EFG Group und/oder von BTG sowie deren jeweiligen kontrollierenden direkten und indirekten Aktionären, auslöst, ein öffentliches Kaufangebot für alle EFGI-Aktien zu unterbreiten.

3.  Auflage im Hinblick auf Veränderungen des Sachverhalts

[22] Die Übernahmekommission kann gestützt auf Art. 41 Abs. 3 Satz 1 FinfraV-FINMA die Gewährung einer Ausnahme von der Angebotspflicht mit Auflagen verbinden. Diese Möglichkeit gilt analog in Verfahren, in denen sich die Übernahmekommission zum Bestehen oder Nichtbestehen einer Angebotspflicht äussert (Empfehlung 0198/01 vom 4. Juni 2004 i.S. Vontobel Holding AG, Rz 3.1).

[23] Im vorliegenden Fall kommt die Übernahmekommission zum Schluss, dass der Abschluss des Letter Agreement einerseits und des Pre-Emption Agreement andererseits keine Angebotspflicht von EFG Group und/oder von BTG auslösen. Diese Einschätzung gilt allein bezüglich des konkret beurteilten Sachverhaltes. Im Hinblick auf mögliche Veränderungen des Sachverhaltes wird die vorliegende Verfügung deshalb mit der Auflage an die Parteien verbunden, der Übernahmekommission Änderungen in den relevanten vertraglichen Vereinbarungen im Zusammenhang mit EFGI umgehend zu melden. Die Übernahmekommission behält sich entsprechend vor, den Fall neu zu beurteilen, falls sich der relevante Sachverhalt, der dieser Verfügung zu Grunde liegt, ändert.

4.  Publikation

[24] Wenn bei der Übernahmekommission ein Gesuch um Gewährung einer Ausnahme von der Angebotspflicht oder um Feststellung des Nichtbestehens einer Angebotspflicht eingereicht wird, eröffnet sie ein Verfahren und lädt die Parteien ein, eine Stellungnahme abzugeben (Art. 61 Abs. 1 UEV). Bevor die Verfügung eröffnet wird, kann die Zielgesellschaft eine Stellungnahme ihres Verwaltungsrates vorlegen, die sie gleichzeitig mit der Verfügung der Übernahmekommission veröffentlichen möchte (Art. 61 Abs. 1bis UEV). Nach Art. 61 Abs. 3 UEV muss die Zielgesellschaft diese allfällige Stellungnahme ihres Verwaltungsrates (lit. a) und das Dispositiv der Verfügung der Übernahmekommission (lit. b) veröffentlichen. Zudem veröffentlicht die Zielgesellschaft den Hinweis, innert welcher Frist und unter welchen Voraussetzungen ein qualifizierter Aktionär Einsprache gegen die Verfügung der Übernahmekommission erheben kann (Art. 61 Abs. 3 lit. c UEV). Auf diese Veröffentlichung sind die Art. 6 UEV betreffend die Sprachwahl und Art. 7 UEV bezüglich der Modalitäten der Publikation anwendbar (Art. 61 Abs. 4 UEV).

[25] Im vorliegenden Fall nahm der Verwaltungsrat von EFGI gemäss Schreiben vom 18. Februar 2016 Kenntnis vom vorliegenden Gesuch und verzichtete auf eine Stellungnahme i.S.v. Art. 61 Abs. 1bis UEV.

[26] Sodann waren zu dem Zeitpunkt, in welchem das Gesuch eingereicht wurde, die Verhandlungen der Parteien über die Transaktion noch im Gang. Die Parteien beantragten in diesem Zusammenhang, dass die Veröffentlichung der Verfügung „bis zur Ankündigung der Transaktion“ aufgeschoben wird (Eingabe der Parteien, N 49).

[27] Auf Grund der Interessen der Parteien, dass die Transaktion in der Verhandlungsphase geheim bleibt, bewilligt die Übernahmekommission, dass die Publikation der vorliegenden Verfügung bis zur öffentlichen Ankündigung der Transaktion aufgeschoben wird.

[28] Diese Verfügung wird sodann gemäss Art. 61 Abs. 2 UEV nach der öffentlichen Ankündigung der Transaktion auf der Webseite der Übernahmekommission veröffentlicht. Zudem wird EFGI verpflichtet, das Dispositiv der Verfügung der Übernahmekommission und den Hinweis auf die Möglichkeit der qualifizierten Aktionäre, Einsprache gegen diese Verfügung zu erheben, innerhalb von spätestens zwei Börsentagen nach der öffentlichen Ankündigung der Transaktion in Anwendung von Art. 61 Abs. 3 und 4 UEV zu veröffentlichen.

5.  Gebühr

[29] Gemäss Art. 118 FinfraV wird für die Prüfung von Gesuchen betreffend das Bestehen einer Angebotspflicht eine Gebühr erhoben. Vorliegend erscheint eine Gebühr von CHF 40'000 zulasten EFG Group, BTG und deren jeweiligen kontrollierenden direkten und indirekten Aktionären als angemessen. EFG Group, BTG und deren jeweilige kontrollierende direkte und indirekte Aktionäre haften hierfür solidarisch.

 

Die Übernahmekommission verfügt:

  1. Es wird festgestellt, dass der Abschluss des beschriebenen Letter Agreement einerseits und des beschriebenen Pre-Emption Agreement andererseits keine Pflicht von EFG Bank European Financial Group SA und/oder von Banco BTG Pactual S.A. sowie deren jeweiligen kontrollierenden direkten und indirekten Aktionären auslöst, ein öffentliches Kaufangebot für alle Namenaktien von EFG International AG zu unterbreiten.
  2. EFG Bank European Financial Group SA und/oder Banco BTG Pactual S.A. sowie deren jeweilige kontrollierende direkte und indirekte Aktionäre werden verpflichtet, Änderungen der relevanten vertraglichen Vereinbarungen im Zusammenhang mit EFG International AG umgehend der Übernahmekommission zu melden.
  3. Die Publikation der vorliegenden Verfügung wird bis zur öffentlichen Ankündigung der Transaktion aufgeschoben.
  4. EFG International AG wird verpflichtet, das Dispositiv der vorliegenden Verfügung und den Hinweis auf das Einspracherecht qualifizierter Aktionäre innerhalb von spätestens zwei Börsentagen nach der öffentlichen Ankündigung der Transaktion gemäss Art. 6 und 7 UEV zu veröffentlichen.
  5. Diese Verfügung wird nach der öffentlichen Ankündigung der Transaktion auf der Webseite der Übernahmekommission veröffentlicht.
  6. EFG Bank European Financial Group SA, Banco BTG Pactual S.A. und deren jeweiligen kontrollierenden direkten und indirekten Aktionären wird eine Gebühr in der Höhe von insgesamt CHF 40'000 auferlegt, für die sie solidarisch haften.

 

Die Präsidentin des Ausschusses:

Susan Emmenegger

 

Diese Verfügung geht an:

-    EFG Bank European Financial Group SA, vertreten durch Thomas M. Brönnimann, Niederer Kraft & Frey AG;

-    Banco BTG Pactual S.A., vertreten durch Hans-Jakob Diem, Lenz & Staehelin;

-    EFG International AG, Andreas Müller.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Beschwerde (Art. 140 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes, SR 958.1):

Diese Verfügung kann innert einer Frist von fünf Börsentagen bei der der Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA, Laupenstrasse 27, CH-3003 Bern, angefochten werden. Die Anfechtung hat schriftlich zu erfolgen und ist zu begründen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 52 VwVG zu genügen.

 

Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):

Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens drei Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV) und am Verfahren bisher nicht teilgenommen hat, kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben. Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung des Dispositivs der vorliegenden Verfügung einzureichen. Sie muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der Beteiligung gemäss Art. 56 Abs. 3 und 4 UEV enthalten (Art. 58 Abs. 4 UEV).