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0075 - Zurich Financial Services

Empfehlung Zurich Financial Services vom 13. Oktober 2000

Ausnahme von der Pflicht der Crest International Nominees Limited, London, zur Unterbreitung eines öffentlichen Kaufangebotes an die Aktionäre der New Zurich Financial Services (künftig Zurich Financial Services), Zürich

A.
Die Zurich Financial Services Group (Zurich-Gruppe) wird gegenwärtig durch zwei Holdinggesellschaften beherrscht: Zurich Allied AG (Zurich Allied), mit Sitz in Zürich, und Allied Zurich p.l.c. (Allied Zurich), mit Sitz in London. Die bestehende Gruppenstruktur präsentiert sich wie folgt:

B.
Die Zurich-Gruppe beabsichtigt, eine Reorganisation durchzuführen. Dabei soll die heutige Doppelholdingstruktur durch eine einfache Holdingstruktur mit Einheitsaktien ersetzt werden. In diesem Hinblick wurde am 26. April 2000 eine Gesellschaft unter dem Namen New Zurich Financial Services mit einem Aktienkapital von CHF 100'000 gegründet. Am 16. Oktober 2000 wird sie mit der Zurich Allied gemäss Art. 748 OR fusionieren. Die New Zurich Financial Services wird zu diesem Zeitpunkt die Firma Zurich Financial Services übernehmen, während die heutige Zurich Financial Services in Zurich Group Holding umbenannt wird. Weiter werden am 16. Oktober 2000 im Rahmen eines sog. "Scheme of Arrangement" nach englischem Recht (section 425 Companies Act 1985) alle Aktien der Allied Zurich mittels eines Gerichtsverfahrens kraftlos erklärt. Diese kraftlos erklärten Titel werden der künftigen Zurich Financial Services und/oder einem von ihr benannten Berechtigten zugeteilt. Das Aktienkapital der künftigen Zurich Financial Services wird durch Sacheinlage in Form dieser Aktien erhöht und die neu geschaffenen Aktien werden den früheren Aktionären der Allied Zurich zugeteilt. Die Aktien der künftigen Zurich Financial Services werden ab 17. Oktober 2000 an der Börse gehandelt.

Nach durchgeführter Transaktion wird sich die Zurich-Gruppe wie folgt präsentieren:

C.
Die an die ehemaligen Aktionäre der Allied Zurich ausgegebenen Aktien der künftigen Zurich Financial Services werden von der Crest International Nominees Limited, London, (Crest International) einer Tochtergesellschaft der britischen Settlement-Organisation Crest Co, treuhänderisch gehalten. Ihre Stimmrechte werden ausschliesslich gemäss den Instruktionen der wirtschaftlich Berechtigten ausgeübt. Zum Nachweis ihrer Ansprüche werden die ehemaligen Allied Zurich-Aktionäre Bestätigungen in Form von sog. "Crest Depository Interests" (CDIs) erhalten. Unter anderem sparen die britischen Aktionäre der künftigen Zurich Financial Services auf diese Weise die Kosten für die Aufbewahrung der Titel durch eine im Ausland domizilierte Settlement-Organisation, welche in casu die schweizerische SIS SegaInterSettle AG wäre. Die britischen Aktionäre sind jedoch jederzeit berechtigt, ihre CDIs gegen Zurich Financial Services-Aktien umzutauschen.

D.
Nach Durchführung der geplanten Reorganisation wird die Crest International mehr als 331/3% der Stimmrechte treuhänderisch halten. Deshalb hat sie mit Gesuch vom 10. Oktober 2000 die Übernahmekommission ersucht, sie von der Pflicht zur Unterbreitung eines öffentlichen Kaufangebotes an die Aktionäre der Zurich Financial Services zu befreien. Noch gleichentags lud der Präsident der Übernahmekommission den Verwaltungsrat der Zurich Financial Services ein, unter analoger Anwendung von Art. 29 Abs. 1 BEHG einen Bericht betreffend die ersuchte Ausnahme einzureichen. Mit Schreiben vom 12. Oktober 2000 sprach sich der Verwaltungsrat der Zurich Financial Services für das Gewähren einer Ausnahme aus.

E.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Herrn Hans Caspar von der Crone (Präsident), Herrn Alfred Spörri und Herrn Peter Hügle gebildet.

 

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Grund zur Ausnahmegewährung

1.1 Gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG muss diejenige Person, welche direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Beteiligungspapiere erwirbt und dabei zusammen mit den Papieren, die sie bereits besitzt, den Grenzwert von 331/3 % der Stimmrechte der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, überschreitet, ein Angebot für alle kotierten Beteiligungspapiere der Gesellschaft unterbreiten.

Im vorliegenden Fall wird die Crest International im Rahmen der beabsichtigten Umstrukturierung der Zurich-Gruppe ca. 43 % der Stimmrechte der Zurich Financial Services erwerben, wodurch eine Angebotspflicht ausgelöst wird.

1.2 Nach Art. 32 Abs. 2 BEHG und Art. 34 Abs. 1 BEHV-EBK kann ein angebotspflichtiger Erwerber aus wichtigen Gründen von der Pflicht zur Unterbreitung eines Angebots befreit werden. Ein wichtiger Grund liegt namentlich vor, wenn der Grenzwert von 331/3 % der Stimmrechte zwar überschritten wird, jedoch kein Kontrollwechsel vorliegt (Verfügung der EBK vom 23. Juni 2000 in Sache Esec Holding AG, E. 3b cc).

Diese Bedingung ist im vorliegenden Fall erfüllt. Crest International wird zwar den Grenzwert von 331/3 % der Stimmrechte an der Zurich Financial Services überschreiten, wird aber ihre Beteiligung treuhänderisch auf Rechnung und Weisung einer grossen Anzahl von unter einander nicht verbundenen wirtschaftlich Berechtigten halten, ohne über irgendeinen Einfluss über die Stimmrechtsausübung zu verfügen. Da diese Grenzwertüberschreitung mit keinem Kontrollwechsel verbunden ist, kann die ersuchte Ausnahme gewährt werden.

2. Auflage

Nach ständiger Praxis der Übernahmekommission wird die Ausnahmegewährung gestützt auf Art. 34 Abs. 3 BEHV-EBK mit der Auflage für die Zielgesellschaft verbunden, die Stellungnahme ihres Verwaltungsrates zu veröffentlichen, mit welcher sie sich dem Ausnahmegesuch angeschlossen hat. Diese Massnahme ist notwendig, um den Aktionären der Zielgesellschaft das Ausüben ihres Einspracherechts nach Art. 34 Abs. 4 BEHV-EBK in Kenntnis der Sachlage Gebrauch zu ermöglichen. Betreffend die Veröffentlichung dieser Stellungnahme findet Art. 32 UEV-UEK sinngemäss Anwendung. Die künftige Zurich Financial Services hat dabei die Stellungnahme ihres Verwaltungsrates mindestens in einer deutsch- und einer französischsprachigen Zeitung zu publizieren in einer Art, die eine nationale Verbreitung gewährleistet. Weiter hat sie die Stellungnahme zumindest einem der bedeutenden elektronischen Medien, welche Börseninformationen verbreiten, zuzustellen (Art. 32 Abs. 3 UEV-UEK). Die Publikation hat am Tag der Bekanntgabe der Ausnahmegewährung im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) zu erfolgen und den Wortlaut von Art. 34 Abs. 4 BEHV-EBK wiederzugeben (siehe Empfehlungen in Sachen Banque cantonale de Genève vom 29. Mai 2000, E. 3, und Robert Bosch GmbH, Siemens Aktiengesellschaft und Netstal-Maschinen AG vom 14. Juli 2000, E. 2).

Im vorliegenden Fall wird die Ausnahmegewährung voraussichtlich am 17. Oktober 2000 im SHAB publiziert werden (siehe E. 3 unten). Der Bericht des Verwaltungsrates ist folglich auch am diesem Tag zu veröffentlichen.

3. Publikation

Die vorliegende Empfehlung wird in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 BEHG am ersten Börsentag nach Eröffnung an den Parteien – d.h. am 16. Oktober 2000 – auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht. Die Befreiung von der Angebotspflicht wird im SHAB am 17. Oktober 2000 publiziert.

4. Gebühr

In Anwendung von Art. 23 Abs. 5 BEHG und Art. 62 Abs. 6 UEV-UEK wird für die Gewährung der vorliegenden Ausnahme von der Pflicht zur Unterbreitung eines Angebotes eine Gebühr erhoben. Der Ausschuss setzt die Gebühr auf CHF 15'000.-- fest.


Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:

  1. Der Crest International Nominees Limited wird für den Fall des Erwerbs einer beherrschenden Beteiligung an der künftigen Zurich Financial Services eine Ausnahme von der Pflicht gewährt, den Aktionären der künftigen Zurich Financial Services ein Angebot zu unterbreiten.

  2. Diese Ausnahmegewährung wird mit der Auflage für die künftige Zurich Financial Services verbunden, eine Zusammenfassung der Stellungnahme ihres Verwaltungsrates zu veröffentlichen, in welcher sie sich für die Erteilung dieser Ausnahme ausgesprochen hat. Die Publikation muss am 17. Oktober 2000 mindestens in einer deutsch- und einer französischsprachigen Zeitung erfolgen in einer Art, die eine nationale Verbreitung gewährleistet, und den Wortlaut von Art. 34 Abs. 4 BEHV-EBK wiedergeben. Die Stellungnahme des Verwaltungsrates muss zumindest einem der bedeutenden elektronischen Medien, welche Börseninformationen verbreiten, zugestellt werden.

  3. Diese Empfehlung wird am 16. Oktober 2000 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

  4. Die Gebühr beträgt CHF 15'000.--.

 

Der Präsident des Ausschusses:

Hans Caspar von der Crone

 

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.


Mitteilung an:

  • Crest International Nominees Limited, durch ihren Vertreter,
  • New Zurich Financial Services (künftig Zurich Financial Services), durch ihren Vertreter,
  • EBK.