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Transaktionen

0124 - Bank Sarasin & Cie

Empfehlung in Sachen Bank Sarasin & Cie vom 13. Oktober 2003

Gesuch der Herren Dr. Beat A. Sarasin, Dr. Georg F. Krayer, Conrad P. Schwyzer, Peter E. Merian, Andreas R. Sarasin, Dr. Philip R. Baumann

A.
Die Bank Sarasin & Cie AG („Sarasin“ bzw. „Zielgesellschaft“) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Basel. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 61'155'330. Es ist eingeteilt in 550’000 Namenaktien A (A-Aktie) mit einem Nennwert von je CHF 20 und 501'553 Namenaktien B (B-Aktie) mit einem Nennwert von je CHF 100. Jede A-Aktie und jede B-Aktie vermittelt unabhängig von ihrem Nennwert ein Stimmrecht, d.h. bei den A-Aktien handelt es sich um Stimmrechtsaktien im Sinne von Art. 693 Abs. 1 OR. Die B-Aktien sind an der SWX Swiss Exchange kotiert, die A-Aktien sind nicht kotiert.

B.
Die Eichbaum Holding AG („Eichbaum“) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Basel. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 4'000'000 und ist eingeteilt in 4'000 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 1000. Sämtliche Aktien der Eichbaum werden von den Herren Dr. Beat A. Sarasin, Dr. Georg F. Krayer, Conrad P. Schwyzer, Peter E. Merian, Andreas R. Sarasin, Dr. Philip R. Baumann, Eric G. Sarasin, Hans-Rudolf Hufschmid, Franz K. von Meyenburg und Guy E. Monson (alle zusammen „die Eichbaumaktionäre“) gehalten.

C.
Die Eichbaum ist Mehrheitsaktionärin von Sarasin. Sie hält sämtliche 550'000 A-Aktien sowie 150 B-Aktien der Gesellschaft, was 18.2% des Aktienkapitals und 52.3% der Stimmrechte der Sarasin entspricht.

D.
Die IPB Holding B.V. („IPB“) ist eine unter dem Recht der Niederlande inkorporierte Gesellschaft mit Sitz in Utrecht, welche im gänzlichen Besitz der Coöperatieve Centrale Raiffeisen-Boerenleenbank B.A. („Rabobank“) steht, einer Bank-Genossenschaft holländischen Rechts mit Sitz in Utrecht und Eindhoven.

E.
Die IPB hält 171'553 B-Aktien an Sarasin, was einer Beteiligung von 16.3% der Stimmrechte und 28% des Kapitals entspricht. Die Beteiligung besteht seit Mitte 2002 und geht zurück auf einen Vertrag (sog. „Transaction Agreement“), den die Eichbaumaktionäre einerseits sowie die IPB und die Rabobank andererseits am 3. März 2002 geschlossen haben. Die Vertragsparteien vereinbarten damals eine Beteiligung der IPB an Sarasin (welche seinerzeit noch eine Kommanditaktiengesellschaft nach Art. 764 ff. OR war und zunächst in eine Aktiengesellschaft nach Art. 620 OR umgewandelt wurde), wobei hierfür im Wesentlichen das Privat Banking Geschäft der Rabobank in die Zielgesellschaft eingebracht wurde gegen die Ausgabe von 171'553 neuen B-Aktien an IPB. Abgesehen von dieser Beteiligungsnahme sowie den für ihre Umsetzung notwendigen Rechten und Pflichten der Vertragsparteien beinhaltet das Transaction Agreement auch eine Vereinbarung über den möglichen Erwerb sämtlicher Eichbaum Aktien durch die IPB und damit der indirekt gehaltenen Mehrheitsbeteiligung der Eichbaumaktionäre an Sarasin. Die Eichbaumaktionäre haben hierfür der IPB gegen Zahlung eines Optionspreises von CHF 162 Mio. das Recht eingeräumt, jederzeit bis am 30. Juni 2009 sämtliche Aktien der Eichbaum – und damit indirekt die Mehrheitsbeteiligung an Sarasin – zu erwerben. Der Ausübungspreis wird im Zeitpunkt der Ausübung der Option aufgrund einer Bewertung der Eichbaum und Sarasin anhand einer festgelegten Formel berechnet, kann jedoch einen bereits bei Unterzeichnung der Vereinbarung bestimmten Betrag nicht übersteigen. Zwecks Sicherstellung des Vollzugs im Falle der Optionsausübung sind gemäss einem zwischen den Vertragsparteien am 27./28. Juni 2003 geschlossenen „Escrow Agreement“ sämtliche Eichbaum Aktien sowie die durch die Eichbaum gehaltenen A-Aktien an Sarasin bei einem Treuhänder zu fiduziarischem Eigentum hinterlegt (vgl. für weitere Einzelheiten zum damaligen Sachverhalt die Empfehlung I der Übernahmekommission in Sachen Bank Sarasin & Cie vom 26. März 2002 sowie die Empfehlung II in Sachen Bank Sarasin & Cie vom 13. Juni 2002).

F.
Mit der soeben genannten Empfehlung I vom 26. März 2002 stellte die Übernamekommission einerseits fest, dass die Eichbaumaktionäre zusammen mit der Eichbaum, der IPB und der Rabobank aufgrund der im Transaction Agreement getroffenen Vereinbarungen eine Gruppe im Sinne von Art. 27 BEHV-EBK bilden. Mangels Vorliegen eines Kontrollwechsels bei Sarasin gewährte die Übernahmekommission den genannten Personen jedoch eine Ausnahme von der Pflicht, den Aktionären von Sarasin ein öffentliches Übernahmeangebot zu unterbreiten. Die Ausnahme ist bis am 30. Juni 2009 befristet und besteht unter der Auflage, dass die Parteien jegliche Änderung der vertraglichen Vereinbarung hinsichtlich Sarasin umgehend der Übernahmekommission mitzuteilen haben. Die Kommission behielt sich für den Fall wesentlicher Änderungen eine Neubeurteilung der Situation vor.

G.
Mit Eingabe vom 25. September 2003 gelangten die Empfänger der Ausnahme vom 26. März 2002 sowie die Herren Rolf M. Wittendorfer und Matthias Hassels (nachfolgend alle zusammen „die Gesuchsteller“) an die Übernahmekommission mit dem Begehren, es sei festzustellen, dass die Übertragung von 2% der Aktien der Eichbaum an zwei Mitarbeiter der Bank Sarasin & Cie AG zu bestimmten Konditionen zu keinen wesentlichen Veränderungen in Bezug auf die Weiterdauer der Gewährung der Ausnahme der Gesuchsteller von der Pflicht zur Unterbreitung eines Kaufangebots gemäss Empfehlung I vom 26. März 2002 führe.

H.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Herrn Hans Caspar von der Crone (Präsident), Frau Maja Bauer-Balmelli und Herrn Raymund Breu gebildet.


Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Ausgangslage

1.1 In ihrer Empfehlung vom 26. März 2002 hatte die Übernahmekommission in einem ersten Schritt die Frage zu beantworten, ob die in lit. F. des Sachverhalts genannten Personen eine Gruppe im Sinne von Art. 27 BEHV-EBK bildeten, was die Kommission bejahte. In einem zweiten Schritt prüfte die Kommission, ob die im Transaction Agreement vom 3. März 2002 getroffenen Vereinbarungen – im Wesentlichen diejenigen betreffend die Übernahme einer Beteiligung der IPB an der Zielgesellschaft, die Vertretung der IPB im Verwaltungsrat von Sarasin sowie die Einräumung des Optionsrechts zum Erwerb der Mehrheit der Stimmrechte an der Zielgesellschaft durch die IPB – zu einem Kontrollwechsel bei Sarasin führten und folglich die damaligen Gesuchsteller verpflichtet waren, den Aktionären der Zielgesellschaft ein Übernahmeangebot zu unterbreiten.

1.2 Die Kommission verneinte das Vorliegen eines Kontrollwechsels und gewährte folglich eine Ausnahme von der Angebotspflicht. Sie zog dabei im Wesentlichen in Erwägung, dass die Aktionäre der Eichbaum auch nach der Übernahme der Beteiligung von 18,2% der Stimmrechte an Sarasin durch die IPB über ihre Gesellschaft mehr als 50% der Stimmrechte der Zielgesellschaft halten. Weiter berücksichtigte sie, dass mit Ausnahme der Beschlüsse betreffend Kapitalerhöhung und Wahl von zwei Vertretern der IPB in den Verwaltungsrat der Sarasin die Eichbaumaktionäre in der Ausübung ihrer Stimmrechte frei sind. Die Eichbaumaktionäre haben zudem klare Mehrheiten im Verwaltungsrat und in der Geschäftsleitung der Zielgesellschaft. Das Transaction Agreement sah bzw. sieht zudem keine Vetorechtsbestimmungen zu Gunsten der IPB oder der Rabobank vor, gestützt auf welche es der IPB möglich wäre, das Fassen von Verwaltungsratsbeschlüssen oder das Stellen von Anträgen an die Generalversammlung der Sarasin zu verhindern.

2. Übertragung von 2% des Kapitals an der Eichbaum auf zwei Mitarbeiter der Zielgesellschaft

2.1 Aufgrund grosser Verdienste für die Zielgesellschaft sollen die beiden Sarasin Geschäftsleitungsmitglieder und langjährigen Mitarbeiter Rolf M. Wittendorfer und Matthias Hassels an der Eichbaum beteiligt werden. Dazu stellen die beiden Eichbaumaktionäre Beat A. Sarasin und Dr. Georg F. Krayer je 1% des Kapitals und der Stimmrechte zur Verfügung (insgesamt 80 Aktien der Eichbaum). Rolf M. Wittendorfer soll dabei 45 Eichbaum Aktien erhalten, was 1.125% des Kapitals und der Stimmrechte der Gesellschaft entspricht, und Matthias Hassels sollen 35 Aktien übertragen werden (0.875% des Kapitals und der Stimmrechte).

2.2 Sowohl Rolf M. Wittendorfer als auch Matthias Hassels werden Parteien des Transaction Agreements mit im Wesentlichen gleicher Rechtsstellung wie die bisherigen Eichbaumaktionäre. Ebenso werden sie Parteien des Escrow Agreements, d.h. ihre Eichbaum Aktien werden zwecks Sicherstellung des Vollzugs im Falle der Optionsausübung durch die IPB beim bisherigen Treuhänder zu fiduziarischem Eigentum hinterlegt. Rolf M. Wittendorfer und Matthias Hassels verpflichten sich zudem gegenüber den veräussernden Eichbaumaktionären Beat A. Sarasin und Dr. Georg F. Krayer, die Stimmrechte nach Instruktion des jeweiligen bisherigen Aktionärs auszuüben. Die Stimmbindung gilt während der Dauer des Transaction Agreements, also bis die IPB ihre Option zum Erwerb sämtlicher Eichbaum Aktien ausübt oder das Transaction Agreement am 30. Juni 2009 ausläuft.

3. Neue Gruppenmitglieder, aber keine wesentliche Änderung der Kontrollverhältnisse hinsichtlich Sarasin

Zunächst ist festzuhalten, dass Rolf M. Wittendorfer und Matthias Hassels mit dem Erwerb der Eichbaum Aktien sowie dem Beitritt zum Transaction Agreement und Escrow Agreement Mitglieder der bestehenden Gruppe nach Art. 27 BEHV-EBK werden. Es kann aber auch ohne weiteres festgestellt werden, dass der Erwerb der zur Diskussion stehenden Beteiligung durch Rolf M. Wittendorfer und Matthias Hassels an der Eichbaum zu keinen Änderungen der Beherrschungsverhältnisse bei der Zielgesellschaft führt, insbesondere verbleibt die Kontrolle über sämtliche Stimmrechte, die Eichbaum an Sarasin hält, bei den bisherigen Eichbaumaktionären. Die mit Empfehlung vom 26. März 2002 den damaligen Gesuchstellern gewährte Ausnahme von der Pflicht, den Aktionären von Sarasin ein öffentliches Übernahmeangebot zu unterbreiten, besteht folglich weiter. Neben den Gesuchstellern der Empfehlung vom 26. März 2002 erstreckt sich die Ausnahme künftig auch auf die beiden neuen Eichbaumaktionäre.

4. Weiterbestand der Auflage gemäss Ziff. 3 des Dispositivs der Empfehlung vom 26. März 2003

Festzuhalten bleibt, dass die Gesuchsteller weiterhin jegliche Änderung der vertraglichen Vereinbarung hinsichtlich Sarasin umgehend der Übernahmekommission mitzuteilen haben, welche sich für den Fall wesentlicher Änderungen eine Neubeurteilung der Situation vorbehält. Sollten die Zusammenarbeit bzw. die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien weitere Änderungen erfahren, wäre dies der Übernahmekommission wiederum umgehend zu melden und die Frage eines allfälligen Kontrollwechsels erneut zu prüfen. In jedem Fall gilt die gewährte Ausnahme nur bis zum Zeitpunkt, in dem IPB die Option ausübt.

5. Publikation

Die vorliegende Empfehlung wird in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 BEHG nach Eröffnung an die Gesuchsteller auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

6. Gebühr

In Anwendung von Art. 23 Abs. 5 BEHG und Art. 62 Abs. 6 UEV-UEK wird für die Gewährung der vorliegenden Ausnahme von der Pflicht zur Unterbreitung eines Angebotes eine Gebühr erhoben. Der Ausschuss setzt die Gebühr auf CHF 10'000 fest. Die Gesuchsteller haften hierfür solidarisch.


Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:

  1. Es wird festgestellt, dass die mit Empfehlung der Übernahmekommission vom 26. März 2002 in Sachen Sarasin & Cie festgestellte Gruppe im Sinne von Art. 27 BEHV-EBK nach dem Erwerb von insgesamt 80 Namenaktien der Eichbaum Holding AG durch die Herren Rolf M. Wittendorfer und Matthias Hassels aus den Herren Dr. Beat A. Sarasin, Dr. Georg F. Krayer, Conrad P. Schwyzer, Peter E. Merian, Andreas R. Sarasin, Dr. Philip R. Baumann, Eric G. Sarasin, Hans-Rudolf Hufschmid, Franz K. von Meyenburg, Guy E. Monson, Rolf M. Wittendorfer, Matthias Hassels sowie aus der Eichbaum Holding AG, der IPB Holding B.V. und der Coöperatieve Centrale Raiffeisen-Boerenleenbank B.A. besteht.

  2. Die mit Empfehlung vom 26. März 2002 den Herren Dr. Beat A. Sarasin, Dr. Georg F. Krayer, Conrad P. Schwyzer, Peter E. Merian, Andreas R. Sarasin, Dr. Philip R. Baumann, Eric G. Sarasin, Hans-Rudolf Hufschmid, Franz K. von Meyenburg, Guy E. Monson, der Eichbaum Holding AG, der IPB Holding B.V. und der Coöperatieve Centrale Raiffeisen-Boerenleenbank B.A. gewährte Ausnahme von der Pflicht, den Aktionären der Bank Sarasin & Cie ein öffentliches Kaufangebot zu unterbreiten, besteht – unter Einschluss von Rolf M. Wittendorfer und Matthias Hassels und hinsichtlich der Bank Sarasin & Cie AG (vormals Bank Sarasin & Cie) – weiter bis am 30. Juni 2009, unter Vorbehalt von Ziff. 3 dieses Dispositivs.

  3. Die gemäss Ziff. 2 dieses Dispositivs gewährte Ausnahme von der Pflicht, den Aktionären der Bank Sarasin & Cie AG ein öffentliches Kaufangebot zu unterbreiten, fällt bei Ausübung der Call Option durch IPB Holding B.V. dahin. Die Parteien haben zudem jegliche Änderung der vertraglichen Vereinbarung hinsichtlich Sarasin umgehend der Übernahmekommission mitzuteilen, welche sich für den Fall wesentlicher Änderungen eine Neubeurteilung der Situation vorbehält.

  4. Diese Empfehlung wird nach ihrer Eröffnung an die Gesuchsteller auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

  5. Die Gebühr zu Lasten der Herren Dr. Beat A. Sarasin, Dr. Georg F. Krayer, Conrad P. Schwyzer, Peter E. Merian, Andreas R. Sarasin, Dr. Philip R. Baumann, Eric G. Sarasin, Hans-Rudolf Hufschmid, Franz K. von Meyenburg, Guy E. Monson, Rolf M. Wittendorfer, Matthias Hassels, der Eichbaum Holding AG, der IPB Holding B.V. und der Coöperatieve Centrale Raiffeisen-Boerenleenbank B.A. Gesuchsteller beträgt CHF 10'000. Die Gesuchsteller haften hierfür solidarisch.

 

Der Präsident:

Hans Caspar von der Crone

 

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.


Mitteilung an:

  • Die Gesuchsteller (durch ihren Vertreter)
  • die EBK.