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Transaktionen

0241 - Calida Holding AG

Empfehlung Calida Holding AG vom 13. Mai 2005

Gesuch der Brüder Erich, Daniel und Max Kellenberger und der Calida Holding AG, Oberkirch, um Feststellung des Nichtbestehens einer Angebotspflicht an die Aktionäre der Calida Holding AG

A.
Die Calida Holding AG („Calida“ oder „Zielgesellschaft“) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Oberkirch (LU). Ihr Aktienkapital beträgt CHF 15'150'000 und ist in 303'000 Namenaktien von je CHF 50 Nennwert eingeteilt. Die Namenaktien sind an der SWX Swiss Exchange („SWX“) kotiert. Die Generalversammlung vom 4. Mai 2005 hat eine genehmigte Kapitalerhöhung im Betrag von CHF 7.5 Mio. beschlossen. Der Verwaltungsrat ist ermächtigt, das Aktienkapital bis zum 4. Mai 2007 zu erhöhen durch Ausgabe von höchstens 150'000 voll zu liberierenden Namenaktien à CHF 50 Nennwert.

B.
Die Hauptaktionäre der Calida sind die Brüder Erich Kellenberger, Sempach Stadt, Daniel Kellenberger, Herrliberg, und Max Kellenberger, San Francisco (USA), (zusammen „Gebrüder Kellenberger“ oder „Gruppe Kellenberger“; zusammen mit Calida die „Gesuchsteller“), welche als vertraglich gebundene Gruppe – unter Einbezug der Aktien, welche durch die von ihnen beherrschte Dama AG gehalten werden – gegenwärtig rund 137'322 Namenaktien oder rund 45.32 Prozent der Stimmrechte an der Calida halten. Ein weiterer bedeutender Aktionär ist Marco Vögele, Bäch, welcher rund 37'000 Namenaktien oder rund 12.2 Prozent der Stimmrechte der Calida hält. Beide Hauptaktionäre sind im Verwaltungsrat der Calida vertreten, die Gebrüder Kellenberger durch Erich Kellenberger. Gemäss Angaben der Gesuchsteller bestehen keinerlei Absprachen oder Vereinbarungen mit Marco Vögele.

C.
Die Gesellschaft plant die Akquisition von zwei Gesellschaften. Um zusätzliche Eigenmittel zu schaffen, ist eine Kapitalerhöhung möglichst rasch im Anschluss an diese Transaktion geplant. In einem ersten Schritt sollen deshalb im Rahmen eines Private Placements bei einem begrenzten Kreis von institutionellen Investoren unmittelbar nach Abschluss des Kaufvertrags und der öffentlichen Ankündigung der Transaktion Aktien der Gebrüder Kellenberger platziert werden. In einem zweiten Schritt soll eine Kapitalerhöhung im Umfang der platzierten Aktien erfolgen. Allenfalls werden die Gebrüder Kellenberger und Marco Vögele zwecks Erhöhung des Free Floats zusätzlich maximal je 14'000 weitere Aktien (insgesamt maximal 28'000 Aktien) aus eigenen Beständen durch die Bank (vgl. lit. D) platzieren lassen.

D.
Damit im Rahmen des Private Placements bereits kotierte Aktien platziert werden können, sollen vorübergehend bis maximal 60'000 Aktien von einem oder mehreren Mitgliedern der Gruppe Kellenberger mittels einer Effektenleihe an die mit der Platzierung mandatierte Bank Lombard Odier Darier Hentsch & Cie („Bank“) ausgeliehen werden. In der Effektenleihevereinbarung ist vorgesehen, dass die Bank das Recht hat, bis maximal 60'000 Aktien auszuleihen, um sie anschliessend bei einem begrenzten Kreis von institutionellen Investoren zu platzieren, wobei das Stimmrecht an den ausgeliehenen Titeln, solange die Titel bei der Bank liegen und bis zum Feststellungsbeschluss des Verwaltungsrats über die Kapitalerhöhung, bei den bisherigen Hauptaktionären verbleibt. Gemäss Effektenleihevereinbarung können die Mitwirkungsrechte an den ausgeliehenen Aktien ab Feststellungsbeschluss nur durch die Bank ausgeübt werden, wobei sich diese verpflichtet, auf jegliche Ausübung zu verzichten.

Die Bank wird unmittelbar nach der Platzierung in Anrechnung an den Erlös aus der Platzierung im Rahmen einer Kapitalerhöhung aus dem anlässlich der ordentlichen Generalversammlung vom 4. Mai 2005 geschaffenen genehmigten Kapital eine Zahl von Aktien zeichnen und liberieren, welche derjenigen der definitiv platzierten Aktien entspricht. Die neu geschaffenen Aktien wird die Bank im Anschluss an deren Eintragung im Handelsregister dazu verwenden, um ihre Rückübertragungsverpflichtung unter der Effektenleihevereinbarung zu erfüllen. In der Effektenleihevereinbarung ist vorgesehen, dass das Stimmrecht an diesen Aktien ab Entstehen gemäss den Weisungen der Gebrüder Kellenberger ausgeübt wird.

Da die Erstellung eines Kotierungsprospektes zeitnah zur Platzierung der Aktien mittels Private Placement – und damit im Anschluss an die Akquisitionsverträge – nicht möglich ist, soll die Kotierung der ersten Tranche der neu geschaffenen Aktien zeitlich aufgeschoben werden. Zu diesem Zweck wird in Absprache mit der Zulassungsstelle der SWX für sämtliche Titel der gleichen Gattung vorübergehend eine zweite Aktienkategorie geschaffen, welche sich einzig durch die fehlende Dividendenberechtigung für das Jahr 2005 unterscheidet, jedoch über die gleichen Stimmrechte wie die kotierten Aktien verfügt. Wegen der fehlenden Dividendenberechtigung für das Jahr 2005 ist in Absprache mit der Zulassungsstelle der SWX vorgesehen, die zweite Aktienkategorie vorübergehend mit einer unterschiedlichen Valorennummer auszustatten. Die zweite Aktienkategorie soll spätestens per Ende 2005 wieder aufgehoben werden.

E.
Zusammenfassend präsentieren sich die Transaktionsstruktur und der Zeitplan wie folgt:

 

10.-17. Mai 2005

Präsentation bei ausgewählten Investoren/Road Shows

18. Mai 2005

Unterzeichnung des Platzierungsvertrags zwischen der Gesellschaft, der Bank und den Gebrüder Kellenberger

Unterzeichnung der Effektenleihevereinbarung zwischen den Gebrüder Kellenberger, Marco Vögele und der Bank

19. Mai 2005

Kontaktierung der Investoren/Platzierung der Aktien

Generierung der Anweisung der Gebrüder Kellenberger für die Ausleihe der Aktien

Generierung der Settlement-Anweisung (d.h. unwiderrufliche Lieferung der Aktien gegen Kaufpreis)

Allenfalls: Zeichnung und Einzahlung auf Kapitaleinzahlungskonto

Allenfalls: Feststellungsbeschluss des Verwaltungsrats

20. Mai 2005

Falls nicht bereits am 19. Mai: Zeichnung und Einzahlung auf Kapitaleinzahlungskonto

Falls nicht bereits am 19. Mai: Feststellungsbeschluss des Verwaltungsrats

Anmeldung und Eintragung der Kapitalerhöhung beim Handelsregister

Ad-hoc Meldung/Öffentliche Ankündigung der Kapitalerhöhung

24. Mai 2005

Valutamässige Buchung der Ausleihe der Aktien der Gebrüder Kellenberger an die Bank

Settlement (Lieferung der platzierten Aktien an die Investoren gegen entsprechende Gutschrift des Kaufpreises)

 

F.
Mit Schreiben vom 9. Mai 2005 reichten Calida und die Gebrüder Kellenberger der Übernahmekommission („UEK“) ein Gesuch mit folgenden Anträgen ein:

- Es sei festzustellen, dass bei termingerechtem Ablauf der Transaktion keine Unterschreitung des Schwellenwerts von 33 1/3 Prozent vorliege und somit keine Angebotspflicht i.S.v. Art. 32 Abs. 1 BEHG gegeben sei.

- Bei einer allfälligen Verzögerung in der Abwicklung der Kapitalerhöhung durch nicht vorhersehbare Gründe sei folgendes festzustellen:

- Es liege keine für die Zwecke von Art. 32 Abs. 1 BEHG relevante Unterschreitung des Schwellenwerts von 33 1/3 Prozent vor oder

- eventualiter, sofern die UEK von einer relevanten Unterschreitung des Schwellenwertes von 33 1/3 Prozent ausgehe, sei den Gebrüder Kellenberger eine Ausnahmebewilligung gemäss Art. 32 Abs. 2 BEHG i.V.m. Art. 34 Abs. 2 BEHV-EBK zu gewähren.

G.
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 9. Mai 2005 wurden die Mitglieder des Verwaltungsrats von Calida aufgefordert, zu den erwähnten Anträgen Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 10. Mai 2005 reichte der Verwaltungsrat der Calida der UEK fristgerecht seine Stellungnahme ein.

H.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Herrn Hans Caspar von der Crone (Präsident), Frau Claire Huguenin und Herrn Walter Knabenhans gebildet.

 

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Termingerechter Ablauf der Transaktion

1.1 Die Gebrüder Kellenberger sind eine vertraglich gebundene Gruppe und halten derzeit 45.32 Prozent der Stimmrechte an Calida. Es stellt sich nachfolgend die Frage, ob sie im Rahmen der geplanten Transaktion den Grenzwert von 33 1/3 Prozent der Stimmrechte – wenn auch nur vorübergehend – unter- und wieder überschreiten und aufgrund von Art. 32 Abs. 1 BEHG angebotspflichtig werden.

1.2 Der für das Auslösen einer Angebotspflicht relevante Grenzwert ist nach Art. 28 Abs. 1 BEHV-EBK gestützt auf die Gesamtzahl der Stimmrechte gemäss Eintrag im Handelsregister zu berechnen. Die für die Frage einer Angebotspflicht massgebliche Beteiligung des Erwerbers gemäss Art. 28 Abs. 2 BEHV-EBK umfasst sämtliche in seinem Eigentum stehende oder ihm Stimmrechte vermittelnde Beteiligungspapiere, ungeachtet dessen, ob die Stimmrechte ausübbar sind oder nicht. Diese unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen haben in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der Verwaltungsrat eine genehmigte Kapitalerhöhung durchführen will, zur Folge, dass einem Aktionär Stimmrechte aus bereits ausgegebenen, aber noch nicht im Handelsregister eingetragenen Aktien zugerechnet werden. Im Fall einer genehmigten Kapitalerhöhung entstehen die Stimmrechte nämlich bereits mit dem Feststellungs- und Statutenänderungsbeschluss des Verwaltungsrats gemäss Art. 652g Abs. 1 OR, also vor der Eintragung im Handelsregister (vgl. , Erw. 1.4).

1.3 Für den konkreten Fall bedeutet dies Folgendes: Der Verwaltungsrat der Calida wird aller Voraussicht nach am 19. Mai 2005 den Feststellungsbeschluss zur Kapitalerhöhung nach Art. 652g OR fällen und diesen Beschluss am 20. Mai 2005 zur Eintragung ins Handelsregister anmelden. Somit können die Stimmrechte der neuen Aktien (maximal 60'000) bereits am 19. Mai 2005, d.h. mit Feststellungsbeschluss, den Hauptaktionären zugerechnet werden. Gleichzeitig werden die Stimmrechte an den durch Private Placement platzierten, aber noch bei der Bank liegenden Aktien, gemäss Effektenleihevereinbarung der Bank übertragen und sistiert. Die Beteiligungs- und Stimmrechtsverhältnisse präsentieren sich demnach wie folgt:

 

Aktienkapital

Gebrüder Kellenberger

CHF in Mio.

Anzahl

Anzahl

Prozent

19. Mai 2005 (Feststellungsbeschluss)

15.15

303'000

137'322

45.32

20. Mai 2005 (Handelsregistereintrag)

18.15

363'000

137'322

37.83

Am 19. Mai 2005 (Feststellungsbeschluss) halten die Gebrüder Kellenberger somit 45.32 Prozent der Stimmrechte und nach Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister, voraussichtlich am 20. Mai 2005, 37.83 Prozent der Stimmrechte.

1.4 Aus dem oben Erörterten ist ersichtlich, dass solange der Feststellungsbeschluss des Verwaltungsrats – wie in der geplanten Transaktion vorgesehen – zeitlich vor dem definitiven Settlement (Lieferung der mittels Effektenleihe platzierten Aktien) stattfindet, die Gebrüder Kellenberger den Grenzwert von 33 1/3 Prozent zu keiner Zeit unterschreiten. Demzufolge liegt kein für Art. 32 Abs. 1 BEHG relevanter Sachverhalt vor, und es besteht keine Angebotspflicht.

2. Nicht termingerechter Ablauf der Transaktion

2.1 Sollte sich die Kapitalerhöhung, namentlich der Feststellungsbeschluss des Verwaltungsrats über die Kapitalerhöhung, aus irgendeinem Grunde verzögern und das definitive Settlement, d.h. die Lieferung der mittels Effektenleihe platzierten Aktien an die Investoren, zeitlich vorher stattfinden, würden die Gebrüder Kellenberger im Zeitraum zwischen dem Settlement der platzierten Aktien und der Fassung des Feststellungsbeschlusses des Verwaltungsrats den Grenzwert von 33 1/3 Prozent – wenn auch nur für kurze Zeit – unterschreiten, um ihn in der Folge wieder zu überschreiten. Ab dem Zeitpunkt der Lieferung der platzierten Aktien an die Investoren und somit dem Übergang der Stimmrechte von den Gebrüder Kellenberger an die Investoren werden die Gebrüder Kellenberger nämlich 77'322 Aktien bzw. 25.52 Prozent der Stimmrechte an Calida halten. Mit Feststellungsbeschluss werden sie wieder eine Beteiligung über 33 1/3 Prozent, nämlich von 37.83 Prozent der Stimmrechte halten.

2.2 Die Gesuchsteller beantragen der UEK, es sei festzustellen, dass bei nicht termingerechtem Ablauf der Transaktion keine für Art. 32 Abs. 1 BEHG relevante Unter- und wieder Überschreitung der 33 1/3 Prozent vorliege, da es sich lediglich um ein kurzfristiges Unterschreiten handle. Mit Eventualantrag sei ihr eine (nachträgliche) Ausnahme für eine temporäre Unterschreitung des Schwellenwerts von 33 1/3 Prozent zu gewähren.

2.3 Gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG muss diejenige Person, welche direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Beteiligungspapiere erwirbt und damit mit den Papieren, die sie bereits besitzt, den Grenzwert von 33 1/3 Prozent der Stimmrechte einer Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, überschreitet, ein Angebot für alle kotierten Beteiligungspapiere der Gesellschaft unterbreiten. Tritt der in Erw. 2.1 umschriebene Fall ein, so überschreiten die Gebrüder Kellenberger mit Feststellungsbeschluss des Verwaltungsrats über die Kapitalerhöhung den Grenzwert von 33 1/3 Prozent. Dies löst gemäss klarem Wortlaut von Art. 32 Abs. 1 BEHG eine Angebotspflicht aus. Das Unter- und wieder Überschreiten des Grenzwertes von 33 1/3 Prozent ist ein für Art. 32 Abs. 1 BEHG relevanter Sachverhalt, auch wenn die Unter- und nachträgliche Überschreitung innerhalb eines sehr kurzen Zeitraumes erfolgt. Die Gebrüder Kellenberger wären somit grundsätzlich angebotspflichtig im Sinne von Art. 32 BEHG.

2.4 Die UEK kann in berechtigten Fällen eine Ausnahme von der Angebotspflicht gewähren. Im Gesetz bzw. in der Verordnung werden Ausnahmetatbestände nicht abschliessend aufgezählt (Art. 32 Abs. 2 BEHG i.V.m. Art. 34 Abs. 2 BEHV-EBK).

Gemäss Art. 34 Abs. 1 BEHV-EBK kann in berechtigten Fällen ein angebotspflichtiger Erwerber von der Pflicht zur Unterbreitung eines Angebots befreit werden. Dies ist insbesondere dann möglich, wenn sich die Kontrollverhältnisse in Bezug auf die Zielgesellschaft nicht ändern (siehe Entscheid des Schweizerischen Bundesgerichts vom 2. Juli 2001 in Sachen Baumgartner Papiers Holding SA c. Übernahmekammer der Eidgenössischen Bankenkommission u.a., E. 5c; Empfehlung II der Übernahmekommission in Sachen Afipa SA vom 13. Juli 2001, Erw. 2.3, Empfehlung I in Sachen Sarasin vom 26.März 2002, Erw. 2.2).

Da die Gebrüder Kellenberger den für die Angebotspflicht relevanten Grenzwert von 33 1/3 Prozent der Stimmrechte von Calida nur kurzfristig unterschreiten, findet weder durch die Unterschreitung noch durch das nachträgliche Überschreiten eine Änderung der Kontrollverhältnisse statt. Die UEK kommt demzufolge zum Schluss, dass die beantragte Ausnahme zu gewähren ist, falls bei nicht termingerechtem Ablauf der Transaktion und der damit verbundenen Verzögerung der Kapitalerhöhung eine temporäre Unterschreitung des Schwellenwerts von 33 1/3 Prozent stattfinden sollte.

3. Stellungnahme des Verwaltungsrats der (potentiellen) Zielgesellschaft

3.1 Es ist grundsätzlich die Pflicht des Verwaltungsrats, sein Verhalten am Interesse der Gesellschaft und dadurch mittelbar am Interesse der Aktionäre auszurichten (Art. 717 Abs. 1 OR). Überdies hat der Verwaltungsrat die gesellschaftsrechtliche Pflicht, die Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln (Art. 717 Abs. 2 OR). Was das Verhalten und die Pflichten des Verwaltungsrats in (potentiellen) Übernahmesituationen anbelangt, so ergibt sich die Pflicht zur Gleichbehandlung der Aktionäre zusätzlich aus den Zweckartikeln des Börsengesetzes (Art. 1) und der Übernahmeverordnung der Übernahmekommission (Art. 1), welche die Gleichbehandlung als tragendes Prinzip erwähnen. Bei öffentlichen Kaufangeboten kommt der besondere Zweck des Schutzes der Minderheitsaktionäre einer börsenkotierten Gesellschaft hinzu (vgl. Botschaft zu einem Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. Februar 1993, Sonderdruck, S. 21). Obwohl die Interessen der Minderheitsaktionäre tangiert sein können, nehmen sie nicht automatisch an einem Verfahren vor der Übernahmekommission teil. Folglich steht ihnen gemäss Art. 55 Abs. 1 UEV-UEK der Anspruch auf rechtliches Gehör zu. Da die Anhörung jedes einzelnen Beteiligten aus praktischen Gründen nicht möglich ist, gewährt die Übernahmekommission in diesen Fällen dem Verwaltungsrat der betroffenen Gesellschaft das Recht zur Stellungnahme. Dieses Vorgehen rechtfertigt sich umso mehr, als aus dem oben Gesagten klar hervorgeht, dass es in einer (potentiellen) Übernahmesituation die gesetzliche Pflicht des Verwaltungsrats ist, die Interessen sämtlicher Aktionäre, zu wahren. Insofern hat der Verwaltungsrat der betroffenen (Ziel-)Gesellschaft nicht nur in einem Verfahren um Gewährung einer Ausnahmebewilligung gemäss Art. 32 Abs. 2 BEHG i.V.m. Art. 34 Abs. 2 BEHV-EBK die Pflicht, zum Gesuch Stellung zu nehmen, sondern er muss auch in einem Verfahren um Feststellung des Nichtbestehens einer Angebotspflicht zwecks Wahrung der Interessen der Aktionäre analog Art. 29 Abs. 1 BEHG zum Gesuch Stellung nehmen (, Erw. 1 und , Erw. 1).

3.2 Dabei finden auf die Stellungnahme des Verwaltungsrats die Bestimmungen zum Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft bei öffentlichen Kaufangeboten (Art. 29 Abs. 1 BEHG) sinngemäss Anwendung. Dies bedeutet, dass die Stellungnahme des Verwaltungsrats der (potentiellen) Zielgesellschaft in analoger Anwendung von Art. 31 Abs. 1 UEV-UEK auf allfällige Interessenkonflikte von Mitgliedern des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung und auf die Massnahmen hinzuweisen hat, die er ergriffen hat, um zu vermeiden, dass sich diese Interessenkonflikte zum Nachteil der Aktionäre auswirken.

3.3 Der Verwaltungsrat von Calida hat sich mit Stellungnahme vom 10. Mai 2005 zum Gesuch der Gesuchsteller vernehmen lassen. In seiner Stellungnahme hält er fest, dass er die Gutheissung des vorliegenden Gesuchs um Feststellung des Nichtbestehens einer Angebotspflicht bzw. um Gewährung einer Ausnahme unterstützt. In der Stellungnahme wird im Wesentlichen geltend gemacht, dass die geplante Transaktion im Interesse aller Aktionäre liege. Die Effektenleihe durch die Hauptaktionäre unterstütze die Gesellschaft bei der Platzierung dieser Aktien zu einem aus Sicht der Gesellschaft günstigen Zeitpunkt. Mit dieser Transaktionsstruktur könne vermieden werden, dass die gesamte Kapitalerhöhung in einem Zeitpunkt durchgeführt werden müsse, in dem allenfalls eine nicht auszuschliessende negative Entwicklung der Kapitalmärkte eingesetzt hat. Der Verwaltungsrat hält weiter fest, dass die Transaktion die Interessen der Minderheitsaktionäre nicht verletzen könne, da in Anbetracht der heutigen und der voraussichtlichen Aktionärsstruktur nach Abschluss der vorgesehenen Kapitalerhöhung ersichtlich sei, dass im vorliegenden Fall kein Kontrollwechsel geplant sei. Der Verwaltungsrat betont, dass durch die vorgesehene Transaktion die Beteiligung der Gebrüder Kellenberger zu Gunsten des Free Floats abnehme, so dass die Transaktion letztlich im Interesse der Minderheitsaktionäre liege.

3.4 Im Weiteren wird im Hinblick auf allfällige Interessenkonflikte darauf hingewiesen, dass allen beteiligten Verwaltungsräten bewusst sei, dass sie in erster Linie die Interessen der Gesellschaft und nicht die Interessen eines bestimmten Aktionärs zu vertreten hätten. Die Gebrüder Kellenberger hätten sich auf Anfrage der Gesellschaft bereit erklärt, zwecks Ermöglichung der von der Gesellschaft beabsichtigten Privatplatzierung Aktien aus ihrem Bestand der platzierenden Bank im Sinne einer Effektenleihe zur Verfügung zu stellen. Die im Rahmen der entsprechenden Effektenleihe ausgerichtete Entschädigung entspreche Marktkonditionen und werde überdies von den leihenden Aktionären direkt mit der platzierenden Bank ausgehandelt und von der letzteren getragen, d.h. diese müsse die aus der Effektenleihe anfallenden Leihgebühren – ohne Möglichkeit der Überwälzung auf die Gesellschaft – aus der ihr durch die Gesellschaft entrichteten prozentualen Platzierungskommission abdecken. Entsprechend dieser Ausgangslage sei keiner der Verwaltungsräte anlässlich der Stellungnahme zum vorliegenden Gesuch in den Ausstand getreten.

3.5 Der vorliegende Fall ist insofern speziell, als Calida nicht nur potentielle Zielgesellschaft ist, sondern zugleich auch Gesuchstellerin, die beantragt, dass die hier zur Diskussion stehende Transaktion keine Angebotspflicht auszulösen vermag bzw. eine Ausnahme zu gewähren sei. Der daraus resultierende Interessenkonflikt ergibt sich aus der Tatsache, dass die gesamte Transaktion grundsätzlich auf einem in den Verantwortungsbereich des Verwaltungsrats fallenden strategischen Entscheid – nämlich die Akquisition von zwei Gesellschaften (und die damit verbundenen Kapitalerhöhungen) – basiert. Diesem Interessenkonflikt lässt sich hier nicht sinnvoll mittels Massnahmen im Sinne von Art. 31 Abs. 1 UEV-UEK begegnen, welche im Hinblick auf eine „klassische“ Übernahmesituation erlassen worden sind.

3.6 Im Übrigen sind die Überlegungen und die Argumentation des Verwaltungsrats der Calida bei der Gutheissung des vorliegenden Gesuchs aus seiner Stellungnahme ersichtlich. Nachdem das Zustandekommen des Entscheids anlässlich der Abgabe dieser Stellungnahme und die Frage allfälliger Interessenkonflikte vom Verwaltungsrat der Calida in seiner Stellungnahme offengelegt worden sind, können die Minderheitsaktionäre im Falle einer Ausnahmegewährung im Sinne der Erwägungen 2 und einer damit verbundenen Veröffentlichung des Berichts des Verwaltungsrats in voller Kenntnis der Sachlage über die Ausübung ihres Einspracherechts nach Art. 34 Abs. 4 BEHV-EBK entscheiden.

4. Auflage für die Gesuchsteller: Veränderungen des Ablaufs der Transaktion

4.1 Die Übernahmekommission kann gestützt auf Art. 34 Abs. 3 BEHV-EBK die Gewährung einer Ausnahme von der Angebotspflicht mit Auflagen verbinden. Diese Möglichkeit gilt in analoger Anwendung der genannten Bestimmung auch in Verfahren nach Art. 35 Abs. 1 BEHV-EBK, in denen sich die Übernahmekommission im Einzelfall zum Bestehen (bzw. Nichtbestehen) einer Angebotspflicht äussert.

4.2 Im vorliegenden Fall kommt die Kommission zum Schluss, dass bei termingerechtem Ablauf der Transaktion (vgl. oben Erw. 1) keine Angebotspflicht im Sinne von Art. 32 Abs. 1 BEHG besteht. Diese Einschätzung der Sachlage gilt ausschliesslich mit Bezug auf den konkret beurteilten Sachverhalt.

4.3 Im Hinblick auf mögliche künftige Veränderungen des dem Gesuch zugrunde gelegten Sachverhalts, insbesondere bei nicht termingerechtem Ablauf der Transaktion im Sinne der Erwägungen 2, ist die vorliegende Empfehlung mit der Auflage an die Gesuchsteller zu verbinden, der Übernahmekommission diese Änderungen umgehend zu melden. Die UEK behält sich eine Neubeurteilung der Angelegenheit bei einer wesentlichen Änderung des dieser Empfehlung zugrundeliegenden Sachverhalts vor.

4.4 In jedem Fall gilt die gewährte Ausnahme nur bis zum Zeitpunkt des Handelsregistereintrags der Kapitalerhöhung. Das Unterschreiten von 33 1/3 Prozent ist der UEK in jedem Fall sofort anzuzeigen.

5. Auflage für Calida: Veröffentlichung des Berichts des Verwaltungsrats

5.1 Sollte die Transaktion nicht termingerecht ablaufen (vgl. dazu Erw. 2) und demzufolge die Ausnahmegewährung Geltung erlangen, wird die Ausnahmegewährung im vorliegenden Fall mit der Auflage für Calida verbunden, die Stellungnahme ihres Verwaltungsrats, mit der dieser die Gutheissung des vorliegenden Gesuchs unterstützt, zu veröffentlichen. Diese Massnahme solle den Inhabern von Beteiligungspapieren der Calida ermöglichen, in Kenntnis der Sachlage über die Ausübung des Einspracherechts nach Art. 34 Abs. 4 BEHV-EBK zu entscheiden.

5.2 Auf die Veröffentlichung der Stellungnahme findet Art. 32 UEV-UEK sinngemäss Anwendung (siehe ). Die Stellungnahme des Verwaltungsrats der Calida muss demnach zumindest in einer deutsch- und einer französischsprachigen Zeitung publiziert werden, und zwar in einer Art, die eine nationale Verbreitung sicherstellt. Weiter muss die Stellungnahme auch mindestens einem der bedeutenden elektronischen Medien, welche Börseninformationen verbreiten, zugestellt werden (Art. 32 Abs. 3 UEV-UEK). Die Publikation des Textes der Mitglieder des Verwaltungsrats hat am selben Tag wie die Bekanntgabe der Ausnahmegewährung im Schweizerischen Handelsamtsblatt („SHAB“), zu erfolgen und den Wortlaut von Art. 34 Abs. 4 BEHV-EBK wiederzugeben.

6. Publikation

6.1 Bei termingerechtem Ablauf der Transaktion (s. oben Erw. 1) wird die vorliegende Empfehlung in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 BEHG nach öffentlicher Bekanntgabe der Transaktion, frühestens nach Fassung des Feststellungsbeschlusses durch den Verwaltungsrat der Calida, auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

6.2 Sollte der Ablauf der Transaktion nicht termingerecht ablaufen (vgl. dazu Erw. 2) und demzufolge die Ausnahmegewährung Geltung erlangen, werden am selben Tag einerseits die vorliegende Empfehlung auf der Website der Übernahmekommission und andererseits die Befreiung von der Angebotspflicht im SHAB publiziert. Das entsprechende Datum der Publikation wird von der Übernahmekommission festgelegt.

7. Gebühr

In Anwendung von Art. 23 Abs. 5 BEHG und Art. 62 Abs. 6 UEV-UEK wird für die Gewährung der vorliegenden Ausnahme von der Pflicht zur Unterbreitung eines Angebotes eine Gebühr erhoben. Der Ausschuss setzt die Gebühr auf CHF 35'000 fest. Die Gesuchsteller haften hierfür solidarisch.


Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:

A. Bei termingerechtem Ablauf der Transaktion

1. Es wird festgestellt, dass Erich Kellenberger, Sempach Stadt, Daniel Kellenberger, Herrliberg, und Max Kellenberger, San Francisco (USA), bei termingerechtem Ablauf der Transaktion im Sinne der Erwägungen keine Pflicht haben, den Aktionären der Calida Holding AG, Oberkirch, ein öffentliches Kaufangebot im Sinne von Art. 32 Abs. 1 BEHG zu unterbreiten.

2. Bei termingerechtem Ablauf der Transaktion im Sinne der Erwägungen wird die vorliegende Empfehlung in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 BEHG nach öffentlicher Bekanntgabe der Transaktion, frühestens nach Fassung des Feststellungsbeschlusses durch den Verwaltungsrat der Calida Holding AG, Oberkirch, auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

B. Bei nicht termingerechtem Ablauf der Transaktion

3. Bei künftigen Veränderungen des dem Gesuch zugrunde gelegten Sachverhalts, insbesondere bei nicht termingerechtem Ablauf der Transaktion im Sinne der Erwägung 2, haben Erich Kellenberger, Sempach Stadt, Daniel Kellenberger, Herrliberg, und Max Kellenberger, San Francisco (USA), und Calida Holding AG, Oberkirch, der Übernahmekommission diese Änderungen umgehend zu melden.

4. Bei nicht termingerechtem Ablauf der Transaktion im Sinne der Erwägung 2 wird Erich Kellenberger, Sempach Stadt, Daniel Kellenberger, Herrliberg, und Max Kellenberger, San Francisco (USA), bis zum Zeitpunkt des Handelsregistereintrags der Kapitalerhöhung eine Ausnahme im Sinne von Art. 32 Abs. 1 i.V.m. Art. 34 Abs. 2 BEHV-EBK gewährt. Das Unterschreiten von 33 1/3 Prozent ist der UEK in jedem Fall sofort anzuzeigen.

5. Die Ausnahmegewährung im Sinne von Ziff. 4 des Dispositivs wird mit der Auflage für Calida Holding AG, Oberkirch, verbunden, die Stellungnahme ihres Verwaltungsrats, mit der dieser die Gutheissung des vorliegenden Gesuchs unterstützt, zu veröffentlichen. Der Zeitpunkt der Publikation wird von der Kommission festgelegt. Die Stellungnahme des Verwaltungsrats der Calida muss zumindest in einer deutsch- und einer französischsprachigen Zeitung publiziert werden, und zwar in einer Art, die eine nationale Verbreitung sicherstellt. Weiter muss die Stellungnahme auch mindestens einem der bedeutenden elektronischen Medien, welche Börseninformationen verbreiten, zugestellt werden (Art. 32 Abs. 3 UEV-UEK). Die Publikation des Textes der Mitglieder des Verwaltungsrats hat am selben Tag wie die Bekanntgabe der Ausnahmegewährung im Schweizerischen Handelsamtsblatt („SHAB“) zu erfolgen und den Wortlaut von Art. 34 Abs. 4 BEHV-EBK wiederzugeben.

6. Bei nicht termingerechtem Ablauf der Transaktion im Sinne der Erwägung 2 werden am selben Tag einerseits die vorliegende Empfehlung auf der Website der Übernahmekommission und andererseits die Befreiung von der Angebotspflicht im SHAB publiziert. Das entsprechende Datum der Publikation wird von der Übernahmekommission festgelegt.

C. Gebühren

7. Die Gebühr zu Lasten von Erich Kellenberger, Sempach Stadt, Daniel Kellenberger, Herrliberg, und Max Kellenberger, San Francisco (USA), sowie der Calida Holding AG, Oberkirch, beträgt CHF 35'000, unter solidarischer Haftung.

 

 

Der Präsident:

Hans Caspar von der Crone

 

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahme­kommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.

 

Mitteilung an:

  • Gebrüder Kellenberger, durch ihren Vertreter;
  • Calida Holding AG, durch ihren Vertreter;
  • die Eidgenössische Bankenkommission
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