SWISS TAKEOVER BOARD

Transaktionen

0871 - GAM Holding AG

Verfügung 871/01 vom 19. April 2024

Gesuch von Rock Investment SAS betreffend die Gewährung einer Sanierungsausnahme von der Angebotspflicht bezüglich GAM Holding AG

A.
GAM Holding AG (GAM oder Zielgesellschaft) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich (UID: CHE-107.908.786). GAM ist ein unabhängiger globaler Vermögensverwalter, der seinen Kunden Anlagelösungen in den drei Geschäftsbereichen Investment Management, Wealth Management und Fund Management Services anbietet. Gemäss Handelsregistereintrag beträgt das Aktienkapital CHF 7'984'127, eingeteilt in 159'682'531 Namenaktien zum Nennwert von je CHF 0.05 (GAM-Aktie[n]). GAM verfügt über ein Kapitalband von CHF 7'185'714.55 (untere Grenze) und CHF 8'782'538.55 (obere Grenze). Die GAM-Aktien sind an der SIX Swiss Exchange (SIX) gemäss International Reporting Standard kotiert (Symbol: GAM; ISIN: CH0102659627; Valorennummer: 10265962). Die Statuten von GAM enthalten weder ein Opting out noch ein Opting up.

B.
Gemäss der Datenbank der SIX Exchange Regulation betreffend bedeutende Aktionäre halten per 16. April 2024 folgende Aktionäre mehr als 3% der Stimmrechte an GAM:

    •  
Xavier Niel, Paris, Michael Golan, Tel Aviv, Anthony Maarek, Paris, Albert Saporta, Geneva, und Bruellan Holding SA, Crans-Montana, halten über Newgame SA (Newgame) und Rock Investment SAS (Rock oder Gesuchstellerin; alle zusammen die Newgame Investorengruppe) einen Stimmrechtsanteil von 27.13%;

    •  
Silchester International Investors LLP, London, Grossbritannien, hält einen Stimmrechtsanteil von 9.7%;

    •  
Christopher Brown, New York, USA, hält einen Stimmrechtsanteil von 5%;
    •  
Opus Chartered Issuances S.A., Compartment 476, 2543, Luxemburg, hält einen Stimmrechtsanteil von 3.41%;

    •  

Solas Capital Management, LLC, Connecticut, USA, hält einen Stimmrechtsanteil von 3.18%;

    •  
Mario J. Gabelli, Rye, New York, USA, hält einen Stimmrechtsanteil von 3.02%.

 

C.
Am 18. Juli 2023 veröffentlichte Newgame die Voranmeldung eines öffentlichen Übernahmeangebots für 28'000'000 sich im Publikum befindende GAM-Aktien, entsprechend 17.5% des Aktienkapitals und der Stimmrechte von GAM (Teilangebot von Newgame). Am 17. August 2023 wurde der Angebotsprospekt zum Teilangebot von Newgame veröffentlicht (vgl. hierzu Verfügung 853/01 vom 31. August 2023 in Sachen GAM Holding AG).

D.
Mit Ad hoc-Mitteilung vom 29. August 2023 teilte GAM mit, dass der Verwaltungsrat von GAM mit Newgame und Rock eine Vereinbarung über eine sofortige kurzfristige Finanzierung von CHF 20 Millionen zur Deckung des Liquiditätsbedarfs von GAM getroffen habe.

E.
Mit Ad hoc-Mitteilung vom 26. September 2023 teilte GAM mit, dass Rock die Absicht bekannt gegeben habe, GAM einen Mix aus kurz- und langfristiger Finanzierung bis zu einem erhöhten Gesamtbetrag von CHF 100 Millionen zur Verfügung zu stellen. Rock habe bereits eine kurzfristige Finanzierung von bis zu CHF 20 Millionen bereitgestellt, um den unmittelbaren Liquiditätsbedarf von GAM zu decken. Diese zusätzliche Unterstützung stehe unter dem Vor­behalt, dass die von Newgame vorgeschlagenen Verwaltungsratsmitglieder an der ausser­ordentlichen Generalversammlung von GAM am 27. September 2023 (aoGV) gewählt würden, sei aber nicht vom Ergebnis anderer aoGV-Vorschläge abhängig.

F.
Mit Ad hoc-Mitteilung vom 27. September 2023 informierte GAM über die Ergebnisse der aoGV. Demnach stimmten die Aktionäre von GAM den Anträgen 1 und 2 betreffend Wahlen der von Newgame vorgeschlagenen Verwaltungsratsmitglieder in den Verwaltungsrat und in den Vergütungsausschuss von GAM zu, sie lehnten jedoch die weiteren Anträge 3 und 4 betreffend Schaffung von bedingtem Kapital und Erhöhung des Kapitalbandes ab.

G.
Mit Ad hoc-Mitteilung vom 19. Oktober 2023 teilte GAM mit, dass GAM eine Vereinbarung über CHF 100 Millionen mit Rock abgeschlossen habe, um die langfristige finanzielle Stabilität des Unternehmens zu sichern. Die Vereinbarung zwischen GAM und Rock umfasse eine Finanzierung in Höhe von bis zu CHF 100 Millionen (Facilities Agreement, Kredit[fazilität] oder Rock-Kredit). Der Kredit habe eine Laufzeit bis zum 30. Juni 2025 mit der Möglichkeit zur Verlängerung um weitere zwölf Monate [Anm.: Gemäss dem Facilities Agreement ist eine solche Verlängerung allerdings nur mit der Zustimmung von Rock möglich].

H.
Am 27. Oktober 2023 teilte Newgame das definitive Endergebnis zum Teilangebot von Newgame mit. Demnach erhöhte sich die Beteiligung von Newgame zum Ende der Nachfrist (unter Annahme des Vollzugs des Teilangebots von Newgame) auf 27.13% der Stimmrechte an GAM.

I.
Mit Ad hoc-Mitteilung vom 27. März 2024 gab GAM die Finanzergebnisse 2023 bekannt. Demnach betrug der IFRS-Nettoverlust nach Steuern CHF 82.1 Millionen (2022: CHF 290.0 Millionen) und der operative Verlust vor Steuern CHF 49.5 Millionen (2022: CHF 42.5 Millionen). Das verwaltete Vermögen im Bereich Investment Management betrug CHF 19.3 Milliarden (31. Dezember 2022: CHF 23.2 Milliarden). Im Weiteren wurde folgender Antrag zur Stärkung der Bilanz mitgeteilt: An der Generalversammlung am 15. Mai 2024 (GV vom 15. Mai 2024) werde eine Kapitalerhöhung von bis zu CHF 100 Millionen beantragt, um die langfristige Stabilität von GAM zu fördern und um die Wachstumsstrategie zu unterstützen ([Sanierungs]-Kapitalerhöhung).

J.
Am 28. März 2024 reichte Rock ein Gesuch (inklusive Restructuring Outline vom 28. März 2024 sowie weiterer Beilagen) bei der Übernahmekommission (UEK) ein (das Gesuch) und stellte folgende Anträge:

«1. Rock Investment SAS and each of the persons and entities acting in concert with it as of the date hereof are granted an exemption under Article 136 para. 1 let. e FinMIA from the duty to make an offer under Article 135 FinMIA in relation to the listed equity securities of GAM Holding AG, without conditions and for an unlimited period of time, in connection with the transaction described in this request.

2. The decision of the Takeover Board in this matter is to be published as agreed with GAM Holding AG.»

Im Rahmen ihres Gesuchs erläuterte die Gesuchstellerin im Hinblick auf die im Zusammenhang mit der beabsichtigten Kapitalerhöhung beantragte Sanierungsausnahme das Sanierungskonzept von GAM im Sinne von UEK-Rundschreiben Nr. 5: Sanierungsausnahme / Sanierungskonzept der Zielgesellschaft (nachfolgend das UEK-RS Nr. 5; das Sanierungskonzept der GAM nachfolgend das Sanierungskonzept). Demnach stellt sich das von der Gesuchstellerin vorgelegte Sanierungskonzept im Wesentlichen wie folgt dar (kursiv wiedergegeben; Hervorhebungen nicht im Original):

4.1 Description of the Situation

4.1.1 GAM's diminishing income and the need for investment and cost cutting

GAM Holding AG and its subsidiaries (the "GAM Group") have experienced difficulties since 2018, which have caused its level of income to diminish substantially. For various reasons, measures to correct course have either not been successful or not been implemented. In 2023, these difficulties culminated in GAM facing a serious risk of insolvency owing to a lack of liquidity. … GAM is now addressing these issues head-on. To do so, it needs to invest in the more profitable parts of its business and cut costs (in particular to reduce complexity and refocus on strategic priorities). As an example, GAM is developing its activities in the field of alternative investments and this requires hiring new employees specialized in the field and incurring marketing expenses to promote these new capabilities. Given GAM's current level of income, these investments can only very partly be financed by cost-cutting measures. Further, cutting costs is often a medium-term exercise, as (somewhat counterintuively) it tends to be costly in the short term. Terminating leases before their stated expiration date will for example typically trigger the payment of penalties. In the financial industry, making employees redundant will also routinely trigger severance payments due to the relevant employees.

4.1.2 Rock and the Credit Facility

Rock is controlled by NJJ Holding SAS ("NJJ"), the personal holding company of Mr. Xavier Niel. Rock is also the controlling shareholder of Newgame SA ("Newgame"), which launched a successful partial tender offer for GAM in 2023. Neither Rock, NJJ nor Newgame is a commercial lender. These entities are invested in various companies, but they do so through equity rather than debt. To enter into the Credit Facility, Rock made an exception to its policy, which was justified by the need to provide urgent funding to GAM due to its critical situation as described above.

The maximum aggregate amount of the loans under the Credit Facility (CHF 100 million) was set taking into account GAM's cash requirements, as they were also expressed publicly by the Company. The loans under the Credit Facility are all becoming due for repayment, together with accrued and unpaid interest, in June 2025. The Credit Facility contemplates a possibility to extend the maturity date by one year, but only if Rock agrees to it. As explained above, Rock is not a commercial lender. Rock being an investment company with limited personnel, it lacks the ability to monitor complex debt transactions. For this reason, Rock has no intention to extend the maturity of the loan. A loan extension would, in any event, be of limited help to GAM. For GAM's clients, the fact that GAM has borrowed significant amounts that will be very difficult to repay is a material issue. Extending the maturity of the loans means the issue will continue to affect GAM's ability to attract and retain clients through these challenging times.

4.1.3 Identification of a need for restructuring / liquidity planning

GAM is not at risk of overindebtedness, but it is facing liquidity issues, as illustrated in Appendix 2. As shown therein, unless it receives external funding, GAM will not be in a position to repay the loans when they become due for repayment in June 2025. GAM therefore needs to implement a significant funding transaction if it is to avoid bankruptcy.

4.2 Explanation of the chosen measure and alternatives considered

4.2.1 Capital increase

To repay / replace the Credit Facility, GAM plans to issue new shares through an ordinary capital increase pursuant to Article 650 CO, which shall take the form of a rights offering. Through the capital increase, GAM aims to raise sufficient proceeds to repay / replace the loans under the Credit Facility. Given the Credit Facility is for an aggregate amount of CHF 100 million, it is expected that the capital increase would be for a similar amount. To implement the capital increase, GAM will distribute pre-emptive rights to all existing shareholders. If existing shareholders exercise these rights and pay the purchase price for the new shares, they will preserve their position in the Company and will not be diluted by the capital increase.

4.2.2 Backstop from Rock

Both GAM and Rock hope that all shareholders will exercise their pre-emptive rights in full, because this would allow these shareholders to participate in GAM's turnaround in a decisive way and means that they will benefit from it. There can however be no assurance that this will happen. To the contrary, it must be expected that not all shareholders will wish to re-invest in GAM. This can be partly compensated by making preemptive rights tradable, meaning that shareholders can sell them to investors willing to invest in GAM, but this is also likely to be insufficient.

For the capital increase to be successful, it is therefore necessary to have a backstop, meaning that an investor must commit to purchase all shares not taken up in the rights offering. […] Rock is prepared to commit to such a backstop and to acquire all GAM shares that will not have been purchased in the capital increase. Assuming (a) the new shares are issued at a price of CHF 0.261 per share, (b) the gross proceeds of the offering are CHF 100 million and (c) no shareholder exercises its pre-emptive rights, Rock and the persons and entities acting in concert with it (the "Investor Group") would hold a maximum of 78.6% of GAM's share capital after the transaction.

4.2.3 Timing

The repayment of the loans under the Credit Facility is due in slightly more than a year. The capital increase planned by GAM will however take significant time to prepare: the offering will need to be based on a prospectus approved in accordance with the Financial Services Act and Rock will need to obtain regulatory approvals for the potential threshold crossings resulting from its backstop commitment, which can take many months. Further, GAM is already now receiving questions from key clients and prospects, who are asking how GAM intends to repay its loans given its current level of income.

For these reasons, GAM plans to ask shareholders to approve an ordinary capital increase on the occasion of GAM's 2024 annual general meeting, to be held on 15 May 2024. Given regulatory approvals are unlikely to have been obtained before the summer, the rights offering could be implemented after the publication of GAM's half-year financial statements as of and for the six-month period ended 30 June 2024, i.e. possibly in September or October 2024.

4.2.4 Description of alternative measures considered

GAM has considered various alternatives to the one described above, including:

1. A rights offering without a backstop from Rock. This measure was contemplated for the first time in the second half of 2022, as GAM was looking for strategic options. Ultimately, the advisors with whom GAM was working at the time advised that it would be extremely difficult to find enough investors willing to commit sufficient capital to GAM. The efforts required to get to this point would also be extremely costly, because the capital increase would need to be extensively marketed. It is also uncertain whether any investor would have been willing to invest 10% or more of GAM's share capital due to the regulatory clearances needed, which would have further complicated such a transaction.

2. A capital increase without pre-emptive rights. Instead of a rights offering, GAM could have sought shareholder permission to set-off the loans under the Credit Facility with the issuance of new shares to Rock and to cancel the preemptive rights of existing shareholders. While this would have been a cost-effective way to repay of the loans, it would have resulted in a high level of dilution for existing shareholders.

3. New debt. Rather than issuing shares, GAM could have sought to obtain a new loan to repay the loans under the Credit Facility. Such a measure would have been extremely complicated to put in place, for the following reasons:

a. It is unclear whether there would be any commercial lender prepared to lend to GAM in the current situation of the Company. Rock agreed to do so, but only as an emergency measure and taking into account that Rock (together with Newgame) are strategic investors in GAM.

b. Even if there would be a lender prepared to replace Rock, the conditions of the loan would reflect (e.g. in terms of interest rate and covenants) that GAM does not currently generate enough income to repay the loan.

c. Generally, a high level of debt is perceived negatively by GAM Group's clients, who fear that this is putting a significant burden on the business which is responsible for managing their assets. Issuing new shares is thus preferable to debt.

For the reasons set out above, the alternative measures contemplated have not been considered suitable or executable.

K.
Mit Eingabe vom 28. März 2024 bestätigte die Zielgesellschaft, dass der Verwaltungsrat von GAM Kenntnis vom Antrag im Gesuch und der darin beschriebenen Transaktion habe. Der Verwaltungsrat habe den Antrag und die damit zusammenhängende Transaktion bei mehreren Gelegenheiten erörtert. Der Verwaltungsrat sei der Ansicht, dass die Transaktion die Bilanz des Unternehmens stärken, die langfristige Stabilität des Geschäfts erhöhen und die Umsetzung der Wachstumsstrategie von GAM unterstützen werde. Am 26. März 2024 hätten die nicht in einem Interessenskonflikt befindlichen Mitglieder des Verwaltungsrats daher beschlossen, das Gesuch zu unterstützen.

L.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus der Präsidentin Mirjam Eggen, Jean-Luc Chenaux, Beat Fellmann und Mario Rossi gebildet.

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1.  Angebotspflicht

[1] Nach Art. 135 Abs. 1 Satz 1 FinfraG ist zur Unterbreitung eines Angebots für alle kotierten Beteiligungspapiere einer Publikumsgesellschaft verpflichtet, wer direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Beteiligungspapiere dieser Gesellschaft erwirbt und damit zusammen mit den bereits gehaltenen Beteiligungspapieren den Grenzwert von 33⅓% der Stimmrechte, ob ausübbar oder nicht, überschreitet. Die Angebotspflicht bezweckt den Schutz der Minderheitsaktionäre vor einem für sie nachteiligen Kontrollwechsel, indem diesen eine Ausstiegsmöglichkeit zu festgelegten Bedingungen gewährt wird (Verfügung des Übernahme- und Staatshaftungsausschusses der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA vom 6. Dezember 2019 in Sachen Schmolz + Bickenbach AG et al. [Verfügung der FINMA vom 6. Dezember 2019], Rn 34; Verfügung 865/01 vom 8. März 2024 in Sachen Swiss Steel Holding AG, Erw. 1; Verfügung 825/01 vom 27. Juli 2022 in Sachen MCH Group AG, Rn 21).

[2] Die Gesuchstellerin bzw. die mit ihr verbundene Newgame Investorengruppe hält gegenwärtig 27.13% der Stimmrechte an GAM (vgl. Sachverhalt lit. B). Gemäss der Struktur der geplanten Kapitalerhöhung sollen die Bezugsrechte gewahrt bleiben, wobei zudem ein Bezugsrechtehandel stattfinden soll. Dabei wird sich die Gesuchstellerin zu einem Backstop verpflichten (Backstop-Verpflichtung), d.h. zur Zeichnung sämtlicher von den übrigen Aktionären von GAM nicht bezogenen GAM-Aktien. Diese Backstop-Verpflichtung kann dazu führen, dass die Beteiligung der Gesuchstellerin an GAM nach dem Vollzug der Sanierungskapitalerhöhung den Grenzwert von 33 1/3% der Stimmrechte an GAM überschreitet wird. Die Gesuchstellerin beantragt für diesen Fall die Gewährung einer Ausnahme von der Angebotspflicht gestützt auf Art. 136 Abs. 1 lit. e FinfraG.

2.  Ausnahme von der Angebotspflicht beim Erwerb zu Sanierungszwecken

2.1 Grundsatz

[3] Die UEK kann in berechtigten Fällen Ausnahmen von der Angebotspflicht gewähren, namentlich wenn gemäss Art. 136 Abs. 1 lit. e FinfraG Beteiligungspapiere zu Sanierungszwecken erworben werden. Die Sanierungsausnahme soll Investoren privilegieren, welche bereit sind, die Gesellschaft in einer prekären Finanzlage zu unterstützen (Verfügung des Übernahme- und Staatshaftungsausschusses der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA vom 18. Mai 2021 in Sachen Swiss Steel Holding AG [Verfügung der FINMA vom 18. Mai 2021], Rn 28; Verfügung 825/01 vom 27. Juli 2022 in Sachen MCH Group AG, Rn 23). Die Gewährung einer Sanierungsausnahme setzt eine Interessenabwägung voraus und beruht auf der Wertung, dass das Interesse (auch der Minderheitsaktionäre) am Fortbestand des Unternehmens gegenüber dem Interesse der Minderheitsaktionäre an der Veräusserung ihrer Titel im Rahmen eines Pflichtangebots überwiegt (Verfügung der FINMA vom 6. Dezember 2019, Rn 35. Die FINMA weist in diesem Zusammenhang unter Verweis auf BSK-FinfraG-Hofstetter/Schilter-Heuberger/Brönnimann, Art. 136 N 2 und Art. 135 N 10 darauf hin, dass „[a]ufgrund der einschneidenden Rechtsfolgen der Angebotspflicht … Ausnahmen im Zweifel zu gewähren [sind].“ Die zitierten Autoren vertreten an den erwähnten Fundstellen die Meinung, dass die mit einer Angebotspflicht verbundenen Konsequenzen einschneidend seien, weshalb zum einen eine Angebotspflicht bzw. das Bestehen einer Gruppe insb. im Zweifelsfall nur zurückhaltend anzunehmen sei und zum andern Ausnahmen eher grosszügig zu gewähren seien, unter Vorbehalt von Umgehungsgeschäften).

[4] Die Gewährung einer Sanierungsausnahme i.S.v. Art. 136 Abs. 1 lit. e FinfraG setzt voraus, dass ein Sanierungsbedarf bei der Gesellschaft besteht (Verfügung der FINMA vom 6. Dezember 2019, Rn 36; Verfügung 825/01 vom 27. Juli 2022 in Sachen MCH Group AG, Rn 25). Ferner müssen die gewählten Sanierungsmassnahmen nach dem normalen Lauf der Dinge mit vernünftiger Wahrscheinlichkeit geeignet sein, den Fortbestand der betroffenen Gesellschaft zu sichern (sog. Sanierungseignung; Verfügung der FINMA vom 6. Dezember 2019, Rn 40; Verfügung 825/01 vom 27. Juli 2022 in Sachen MCH Group AG, Rn 25). Schliesslich ist die Sanierungsausnahme subsidiär zu gewähren (sog. Subsidiarität; Verfügung der FINMA vom 6. Dezember 2019, Rn 43; Verfügung 825/01 vom 27. Juli 2022 in Sachen MCH Group AG, Rn 25).

[5] Mit Blick auf die hiervor genannten Voraussetzungen für die Gewährung einer Sanierungsausnahme hat die UEK das UEK-RS Nr. 5 erlassen, welches die Rechtssicherheit für die Marktteilnehmer erhöhen soll, indem es ausführt, welche Informationen die UEK im Grundsatz benötigt, um ein Gesuch um Erteilung einer Sanierungsausnahme zu beurteilen. Damit sollen Gesuchsteller und Zielgesellschaft in die Lage versetzt werden, rechtzeitig die entsprechenden Informationen aufzubereiten, damit die Prüfung eines entsprechenden Gesuchs durch die UEK möglichst rasch erfolgen kann (vgl. Lukas Roos, Sanierungsausnahme und selektives Opting out/up – ein Vergleich, SZW 3/2023 327, S. 328, Fn 4). Gemäss UEK-RS Nr. 5, Rn 1, hat die Zielgesellschaft der UEK ein sog. Sanierungskonzept einzureichen. Dieses Sanierungskonzept muss die finanzielle Situation der Zielgesellschaft darstellen und die Ursachen dafür erläutern (UEK-RS Nr. 5, Rn 2). Ferner muss darin die Höhe des Sanierungsbedarfs quantitativ dargestellt werden und der Sanierungsbedarf ist zu begründen (UEK-RS Nr. 5, Rn 3). Zudem müssen die Details der gewählten Sanierungsmassnahme und der geplanten Kapitalerhöhung erläutert werden (UEK-RS Nr. 5, Rn 4). Schliesslich ist darzulegen, welche Massnahmen als Alternativen zum gewählten Sanierungskonzept geprüft und verworfen oder erfolgslos durchgeführt wurden (UEK-RS Nr. 5, Rn 5).

[6] Mit der Gewährung von Ausnahmen können Auflagen verbunden werden, wobei der erwerbenden Person insbesondere Verpflichtungen für die Zukunft auferlegt werden können (Art. 41 Abs. 3 FinfraV-FINMA; Verfügung der FINMA vom 18. Mai 2021, Rn 31; Verfügung der FINMA vom 6. Dezember 2019, Rn 59; Verfügung 825/01 vom 27. Juli 2022 in Sachen MCH Group AG, Rn 64; vgl. zum Ganzen des Weiteren auch Urs Schenker, Schweizerisches Übernahmerecht, Bern 2009, S. 420 f.).

2.2 Aufbau

[7] Nachfolgend werden zunächst die in Voraussetzungen für die Gewährung einer Sanierungsausnahme gemäss Art. 136 Abs. 1 lit. e FinfraG untersucht, d.h. der Sanierungsbedarf (Erw. 2.3), die Sanierungseignung (Erw. 2.4) und die Subsidiarität der gewährten Sanierungsmassnahme (Erw. 2.5). Anschliessend wird geprüft, ob die Sanierungsausnahme allenfalls mit einer Auflage i.S.v. Art. 41 Abs. 3 FinfraV-FINMA verknüpft werden soll (Erw. 2.6), bevor abschliessend ein Fazit gezogen wird (Erw. 2.7).

2.3 Sanierungsbedarf

[8] Wird eine Sanierungsausnahme i.S.v. Art. 136 Abs. 1 lit. e FinfraG beantragt, muss geprüft werden, ob ein Sanierungsbedarf der Gesellschaft besteht. Dabei wird von einem betriebswirtschaftlichen Sanierungsbegriff ausgegangen. Demnach muss der wirtschaftlich notleidenden Zielgesellschaft eine existenzgefährdende Schwäche anhaften bzw. es müssen Risiken bestehen, die den Fortbestand der Gesellschaft gefährden. Dabei braucht nicht abgewartet zu werden, bis eine Unterbilanz, eine Überschuldung oder die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft effektiv eintritt (Verfügung der FINMA vom 6. Dezember 2019, Rn 36).

[9] In der Praxis wurde das Vorliegen eines Sanierungsbedarfs u.a. in folgenden Fällen bejaht: Bestehen einer Anzeigepflicht nach Art. 725 Abs. 1 OR (Anzeige eines Kapitalverlusts; Verfügung 606/01 vom 11. Juni 2015 in Sachen Züblin Immobilien Holding AG, Erw. 2.1); die Revisionsstelle gibt die Einschätzung ab, dass die Gesellschaft aller Wahrscheinlichkeit nach innerhalb kurzer Zeit in eine Überschuldung (vgl. Art. 725 Abs. 2 OR) geraten würde oder bereits geraten ist (Verfügung 709/01 vom 27. November 2018 in Sachen Leclanché S.A., Erw. 2.1); die Gesellschaft hat „insbesondere eine prekäre Liquidität“ (Verfügung 544/01 vom 13. August 2013 in Sachen Leclanché S.A.); die Gesellschaft weist einen hohen Verschuldungsgrad auf und wird mit grosser Wahrscheinlichkeit ihre aus Finanzierungsverträgen resultierenden Verpflichtungen per nächsten Stichtag nicht erfüllen können (Verfügung der FINMA vom 6. Dezember 2019, Rn 37: Ferner hatten die Gesuchsteller aufgezeigt, dass sie auf eine Stärkung des Eigenkapitals angewiesen waren, insbesondere um den Verschuldungsgrad zu senken, weitergehende Verzichte der Banken erhältlich zu machen und ihre Liquidität zu erhalten). Hingegen begründet blosser Bedarf an Eigenkapital für sich alleine keinen Sanierungsbedarf, sondern es ist zusätzlich eine die Existenz gefährdende Schwäche vorauszusetzen (Verfügung 535/01 vom 24. Mai 2013 in Sachen Schmolz + Bickenbach AG, Erw. 2.1, Rn 5-6 und Erw. 2.2, Rn 8-10).

[10] Vorliegend konnte die Gesuchstellerin darlegen, das sich GAM in einer schwierigen finanziellen Situation befindet, welcher Restrukturierungen erforderlich macht: Gemäss dem Jahresabschluss von GAM 2023 betrug der IFRS-Nettoverlust nach Steuern CHF 82.1 Millionen (2022: CHF 290.0 Millionen) und der operative Verlust vor Steuern CHF 49.5 Millionen (2022: CHF 42.5 Millionen). Die verwalteten Vermögen im Bereich Investment Management betrugen CHF 19.3 Milliarden (31. Dezember 2022: CHF 23.2 Milliarden; vgl. Sachverhalt lit. I).

[11] Im Weiteren konnte die Gesuchstellerin aufzeigen, dass GAM neue Mittel aufnehmen muss, um das Darlehen unter der Kreditfazilität zurückzuzahlen. GAM habe unter der Kreditfazilität per 31. Dezember 2023 einen Betrag von CHF 36 Millionen in Anspruch genommen, welcher sich per 29. Februar 2024 auf CHF 48 Millionen erhöht habe. Die Gesuchstellerin geht davon aus, dass GAM bis zum 30 Juni 2025, u.a. als Folge der notwendigen Restrukturierung, die gesamte Kreditfazilität von CHF 100 Millionen in Anspruch nehmen muss. Da Rock, welche von ihrer Zweckbestimmung her kein Kreditinstitut sei, einer Verlängerung der Kreditfazilität über den 30. Juli 2025 hinaus nicht zustimmen werde, drohe per Juni 2025 die Zahlungsunfähigkeit.

[12] Die Tatsache, dass GAM neue Mittel aufnehmen muss, um das Darlehen unter der Kreditfazilität per Juni 2025 zurückzuzahlen, um die Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden sowie die in Sachverhalt lit. I beschriebenen finanziellen Schwierigkeiten von GAM – namentlich der Umstand der fortdauernden Verluste – belegen, dass aus betriebswirtschaftlicher Sicht ein Sanierungsbedarf besteht. Die Voraussetzung des Sanierungsbedarfs (vgl. UEK-RS Nr. 5, Rn 3) ist damit im vorliegenden Fall erfüllt.

2.4 Sanierungseignung

[13] Die gewählten Sanierungsmassnahmen müssen nach dem normalen Lauf der Dinge mit vernünftiger Wahrscheinlichkeit geeignet sein, den Fortbestand der betroffenen Gesellschaft zu sichern. Dabei ist jede Massnahme als geeignet zu betrachten, welche dazu dient, bei einer wirtschaftlich notleidenden Unternehmung eine anhaftende, existenzgefährdende Schwäche zu beheben und die Ertragskraft wieder herzustellen. Es wird hingegen nicht verlangt, dass eine Garantie für den langfristigen Erfolg der Sanierungsmassnahme besteht. Wenn ausgewiesen ist, dass die Fortführung der Geschäftstätigkeit gefährdet ist, wird grundsätzlich angenommen, dass die von der Generalversammlung getroffenen Massnahmen zur Verbesserung der gegenwärtigen finanziellen Situation zweckmässig sind (Verfügung der FINMA vom 6. Dezember 2019, Rn 40).

[14] Die Gesuchstellerin führt hierzu aus, die geplante Kapitalerhöhung im Betrag von CHF 100 Millionen sei eine geeignete Restrukturierungsmassnahme. Der Restrukturierungsbedarf von GAM ergebe sich aus den unzureichenden Erträgen, die einerseits eine Inanspruchnahme der Kreditfazilität (möglicherweise bis zum Höchstbetrag von CHF 100 Millionen) erforderlich machen würden, aber andererseits die Rückzahlung der Kredite unter der Kreditfazilität unmöglich machen würden. Durch die geplante Kapitalerhöhung werde GAM genügend externe Mittel erhalten, um die Darlehen unter der Kreditfazilität zurückzuzahlen. Die geplante Kapitalerhöhung sei daher eine geeignete Restrukturierungsmassnahme, da sie dem liquiditätsbezogenen Restrukturierungsbedarf von GAM entspreche.

[15] Die Gesuchstellerin konnte aufzeigen, dass die geplante Kapitalerhöhung geeignet ist, GAM die benötigten flüssigen Mittel zuzuführen, das Darlehen unter der Kreditfazilität zurückzuzahlen und die Eigenkapitalquote zu verbessern. Die Durchführung der Transaktion ist damit geeignet, die finanzielle Situation der GAM zu verbessern. Die Voraussetzung der Sanierungseignung ist damit gegeben.

2.5 Subsidiarität der Sanierungsmassnahme

[16] Gemäss dem Grundsatz, dass eine Sanierungsausnahme subsidiär ist, soll eine solche Ausnahme von der Angebotspflicht grundsätzlich erst gewährt werden, wenn andere Sanierungsmassnahmen, die ohne einen Kontrollwechsel durchgeführt werden können, bereits (erfolgslos) ergriffen wurden oder von vornherein als aussichtlos erscheinen. Die Sanierungsausnahme soll nach ihrem Sinn und Zweck (erst) in einer Situation gewährt werden, in welcher sich ohne eine solche Ausnahme kaum ein Investor finden liesse (Verfügung der FINMA vom 6. Dezember 2019, Rn 43; Verfügung 825/01 vom 27. Juli 2022 in Sachen MCH Group AG, Erw. 3.3.4, Rn 57; auch Lukas Roos, op. cit., SZW 3/2023 327, S. 329 f.). Dabei reicht es grundsätzlich aus, dass die im konkreten Einzelfall «vorgeschlagene Vorgehensweise aus heutiger Sicht als die erfolgversprechendste und realistischste Option erscheint» (Verfügung der FINMA vom 6. Dezember 2019, Rn 57).

[17] Die Gesuchstellerin führt hierzu Folgendes aus: Die Alternative, ein neues Darlehen aufzunehmen, um das Darlehen der Kreditfazilität zurückzuzahlen, sei äusserst kompliziert: Es sei unklar, ob ein kommerzieller Kreditgeber bereit wäre, GAM in der derzeitigen Situation des Unternehmens ein neues Darlehen zu gewähren. Rock habe sich hierzu bereit erklärt, allerdings nur als Notmassnahme und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Rock (zusammen mit der Newgame Investorengruppe) strategische Investoren von GAM seien. In den Jahren 2022 und 2023 hätten JP Morgan und die UBS, die von GAM beauftragt worden seien, das Unternehmen bei der Prüfung von Umstrukturierungsmassnahmen zu unterstützen, die Möglichkeit geprüft, dass GAM sich Kapital von einer Bank leihen könnte, seien dabei aber zum Schluss gekommen, dass dies nicht durchführbar sei. Die UBS hätte auch die Möglichkeit eines High Leverage Financing untersucht, aber diese Bemühungen seien nicht erfolgreich gewesen, da UBS kein kommerzielles Angebot von einem potenziellen Kreditgeber erhalten habe, der bereit gewesen sei, eine solche Transaktion durchzuführen. Selbst wenn sich nun ein Kreditgeber finden liesse, der bereit wäre, Rock zu ersetzen, so würden die Darlehensbedingungen (z.B. in Bezug auf Zinssatz und Auflagen) widerspiegeln, dass GAM derzeit nicht genügend Erträge erwirtschafte, um das Darlehen zurückzuzahlen. Käme hinzu, dass eine hohe Verschuldung von den Kunden der GAM-Gruppe im Allgemeinen als negativ empfunden werde, da sie befürchten könnten, dass dies eine erhebliche Belastung für das Unternehmen darstelle, das für die Verwaltung ihrer Vermögenswerte verantwortlich sei. Die Ausgabe neuer Aktien sei daher einer Verschuldung vorzuziehen.

[18] Die Gesuchstellerin hat, u.a. unter Hinweis auf die Abklärungen durch JP Morgan und die UBS in den Jahren 2022 und 2023 (vgl. Rn 17), aufgezeigt, dass GAM verschiedene Massnahmen geprüft hat, um GAM zu sanieren. Dabei erscheint insbesondere eine Refinanzierung der Kreditfazilität über CHF 100 Mio. am Kapitalmarkt derzeit nicht bzw. — wenn überhaupt — nur unter sehr nachteiligen Konditionen möglich.

[19] In diesem Zusammenhang ist insbesondere von Bedeutung, dass gemäss der geplanten Kapitalerhöhung die Bezugsrechte der Aktionäre von GAM gewahrt werden und zudem ein Bezugsrechtehandel stattfinden soll. Damit kann jeder Aktionär von GAM im Verhältnis zu seiner bestehenden Aktienbeteiligung an der Kapitalerhöhung teilnehmen und einer Verwässerung seiner Beteiligung vorbeugen, wenn er dies möchte.

[20] Nach Gesagtem kann somit festgestellt werden, dass die Voraussetzung der Subsidiarität der gewählten Sanierungsmassnahme im vorliegenden Fall erfüllt ist.

2.6 Keine Auflage nach Art. 41 Abs. 3 FinfraV-FINMA

[21] Nach Art. 41 Abs. 3 FinfraV-FINMA können mit der Gewährung von Ausnahmen von der Angebotspflicht Auflagen verbunden werden. Dies kann namentlich angezeigt sein, wenn es entweder im Sinne der Verhältnismässigkeit angebracht erscheint oder wenn unangemessene Ergebnisse vermieden werden sollen. Insbesondere können dabei der erwerbenden Person Verpflichtungen für die Zukunft auferlegt werden. So kann die Gewährung einer Ausnahme mit einer Befristung verbunden werden (Verfügung der FINMA vom 18. Mai 2021, Rn 31; Verfügung der FINMA vom 6. Dezember 2019, Rn 59; vgl. hierzu auch zuletzt Verfügung 865/01 vom 8. März 2024 in Sachen Swiss Steel Holding AG, Erw. 1.3.5. m.w.N.). Auf alle Fälle müssen die erlassenen Auflagen dem Schutz der Minderheitsaktionäre dienen sowie sachgerecht und verhältnismässig sein (Verfügung der FINMA vom 18. Mai 2021, Rn 31).

[22] Die Gesuchstellerin führt hierzu aus, dass eine Auflage eine sehr nachteilige Wirkung hätte. Bei der geplanten Kapitalerhöhung gehe Rock mit dem Backstop ein sehr hohes Risiko ein, indem sich Rock bereit erkläre, einen noch zu bestimmenden Betrag zu investieren (der jedoch bis zu CHF 100 Millionen betragen könne), während andere Aktionäre eine Investition abgelehnt hätten, vermutlich weil sie zum Schluss gekommen seien, dass eine solche Investition zu riskant sei oder wahrscheinlich keine ausreichenden Erträge abwerfe. Rock sei jedoch bereit, sich zu einem Backstop zu verpflichten, sofern keine Bedingungen gemäss Art. 41 Abs. 3 FinfraV-FINMA auferlegt werde.

[23] Angesichts der Tatsache, dass GAM auf die rasche Einschiessung erheblicher finanzieller Eigenmittel angewiesen ist, welche über den Backstop der Gesuchstellerin sichergestellt werden, erscheint eine Befristung bzw. generell eine Auflage vorliegend als ein zu starker Eingriff, der zudem den Backstop von Rock und damit den Erfolg der Sanierungskapitalerhöhung als solche, in Frage stellen würde. Dementsprechend wäre es vorliegend weder sachgerecht noch verhältnismässig, die Sanierungsausnahme mit einer Auflage i.S.v. Art. 41 Abs. 3 FinfraV-FINMA zu verbinden.

[24] Demnach wird die Sanierungsausnahme ohne Auflage i.S.v. Art. 41 Abs. 3 FinfraV-FINMA gewährt.

2.7 Fazit

[25] Nach Gesagtem erfüllt die geplante Sanierungskapitalerhöhung mit Wahrung der Bezugsrechte und einem Bezugsrechtehandel die Voraussetzungen des Sanierungsbedarfs, der Sanierungseignung und der Subsidiarität. Die Sanierungsausnahme kann zudem ohne Auflage i.S.v. Art. 41 Abs. 3 FinfraV-FINMA gewährt werden.

[26] In Gutheissung von Antrag Ziff. 1 wird somit Rock und den mit Rock in gemeinsamer Absprache handelnden Personen und Gesellschaften im Zusammenhang mit der im Rahmen der vorliegenden Verfügung beschriebenen Kapitalerhöhung eine Ausnahme gemäss Art. 136 Abs. 1 lit. e FinfraG von der Angebotspflicht i.S.v. Art. 135 Abs. 1 Satz 1 FinfraG in Bezug auf GAM ohne Auflagen gewährt.

3.  Publikation und Stellungnahme der Zielgesellschaft (Antrag Ziff. 2)

[27] Nach Art. 61 Abs. 3 UEV veröffentlicht die Zielgesellschaft die allfällige Stellungnahme ihres Verwaltungsrates (lit. a) und das Dispositiv der Verfügung der UEK (lit. b). Zudem veröffentlicht die Zielgesellschaft den Hinweis, innert welcher Frist und unter welchen Voraussetzungen ein qualifizierter Aktionär Einsprache gegen die Verfügung der UEK erheben kann (Art. 61 Abs. 3 lit. c UEV). Art. 6 und 7 UEV sind auf diese Veröffentlichung anwendbar (Art. 61 Abs. 4 UEV).

[28] Die Gesuchstellerin beantragt mit Antrag Ziff. 2, dass die Publikation der Verfügung der UEK bis zur öffentlichen Ankündigung der Kapitalerhöhung durch GAM aufzuschieben sei.

[29] Demnach hat GAM eine allfällige Stellungnahme ihres Verwaltungsrates, das Dispositiv der vorliegenden Verfügung und den Hinweis auf die Möglichkeit der qualifizierten Aktionäre, Einsprache gegen diese Verfügung zu erheben, in Anwendung von Art. 61 Abs. 3 und 4 UEV zu veröffentlichen.

[30] Die vorliegende Verfügung wird somit im Nachgang zu deren Veröffentlichung durch GAM gemäss Art. 61 Abs. 3 und 4 UEV auf der Website der UEK publiziert.

4.  Gebühr

[31] Gemäss Art. 126 Abs. 5 FinfraG kann die UEK von den Parteien in Verfahren in Übernahmesachen Gebühren erheben.

[32] Nach Art. 118 Abs. 1 FinfraV erhebt die UEK eine Gebühr, wenn sie in anderen Übernahmesachen entscheidet, insbesondere über das Bestehen einer Angebotspflicht. Die Gebühr beträgt je nach Umfang und Schwierigkeit des Falles bis zu CHF 50'000 (Art. 118 Abs. 2 FinfraV).

[33] Für die Prüfung des vorliegenden Gesuchs wird angesichts von Komplexität und Umfang der zu beurteilenden Sach- und Rechtsfragen eine Gebühr in der Höhe von CHF 40'000 zulasten der Gesuchstellerin erhoben.


Die Übernahmekommission verfügt:

1. Rock Investment SAS und den mit Rock Investment SAS in gemeinsamer Absprache handelnden Personen und Gesellschaften wird im Zusammenhang mit der im Rahmen der vorliegenden Verfügung beschriebenen Kapitalerhöhung eine Ausnahme gemäss Art. 136 Abs. 1 lit. e FinfraG von der Angebotspflicht i.S.v. Art. 135 Abs. 1 Satz 1 FinfraG in Bezug auf die kotierten Beteiligungspapiere der GAM Holding AG ohne Auflagen gewährt.

2. GAM Holding AG veröffentlicht das Dispositiv der vorliegenden Verfügung und den Hinweis auf die Möglichkeit der qualifizierten Aktionäre, Einsprache gegen diese Verfügung zu erheben, in Anwendung von Art. 61 Abs. 3 und 4 UEV.

3. Die vorliegende Verfügung wird im Nachgang zu der Veröffentlichung gemäss Dispositiv-Ziff. 2 hiervor und der öffentlichen Ankündigung der im Rahmen der vorliegenden Verfügung beschriebenen Kapitalerhöhung durch GAM Holding AG auf der Website der Übernahmekommission publiziert.

4. Wird die vorliegende Verfügung nicht veröffentlicht, entfaltet die Dispositiv-Ziff. 1 ausschliesslich im Zusammenhang mit der im Rahmen der vorliegenden Verfügung beschriebenen Kapitalerhöhung Rechtswirkung.

5.

Die Gebühr zulasten der Rock Investment SAS beträgt CHF 40'000.

 

 

Die Präsidentin:

Mirjam Eggen

 

 

Diese Verfügung geht an die Parteien:

- GAM Holding AG;

- Rock Investment SAS, vertreten durch Dr. Jacques Iffland und Ariel Ben Hattar, Lenz & Staehelin AG;

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Beschwerde (Art. 140 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes, SR 958.1):

Diese Verfügung kann innert einer Frist von fünf Börsentagen bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA, Laupenstrasse 27, CH-3003 Bern, angefochten werden. Die Anfechtung hat schriftlich zu erfolgen und ist zu begründen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 52 VwVG zu genügen.

Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):

Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens drei Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV) und am Verfahren bisher nicht teilgenommen hat, kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben. Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung der vorliegenden Verfügung einzureichen. Sie muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der Beteiligung gemäss Art. 56 Abs. 3 und 4 UEV enthalten (Art. 58 Abs. 3 UEV).