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0863 - Swiss Steel Holding AG

Verfügung 863/01 vom 14. Februar 2024

Gesuch von Swiss Steel Holding AG mit Blick auf die Feststellung der Wirksamkeit einer geplanten Opting out-Bestimmung in den Statuten von Swiss Steel Holding AG

A.
Swiss Steel Holding AG (die Gesellschaft oder Swiss Steel; ehemals Schmolz + Bickenbach AG) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Luzern (HR-Firmennummer CHE-101.417.171). Zweck der Gesellschaft sind Erwerb, Verwaltung und Veräusserung von Beteiligungen, insbesondere im Stahlbereich, Beteiligungen an Handels-, Industrie- und Dienstleistungsunternehmen sowie an Holdinggesellschaften im In- und Ausland und Erwerb, Belastung und Veräusserung von Grundeigentum. Das Aktienkapital der Gesellschaft beträgt CHF 458'828'620.65 und ist eingeteilt in 3'058'857'471 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 0.15 (die Swiss Steel-Aktien). Die Swiss Steel-Aktien sind an der SIX Swiss Exchange kotiert (Symbol: STLN; ISIN: CH0005795668; Valorennummer: 579566). Swiss Steel verfügt weder über ein Kapitalband noch über bedingtes Kapital.

Die Statuten von Swiss Steel enthalten weder eine Opting out- noch eine Opting up-Bestimmung.

B.
Gemäss der Datenbank der SIX Exchange Regulation betreffend bedeutende Aktionäre halten per 14. Februar 2024 folgende Aktionäre (alle drei gemeinsam die Hauptaktionäre) bedeutende Beteiligungen an Swiss Steel:

    •  
Seit dem 15. Juni 2023 hält Martin Haefner indirekt über BigPoint Holding AG als wirtschaftlich berechtigte Person i.S.v. Art. 10 Abs. 1 FinfraV-FINMA 1'001'284'739 Swiss Steel-Aktien, was 32.73% der Stimmrechte von Swiss Steel entspricht.

    •  
Seit dem 9. März 2021 hält die Aktonärsgruppe bestehend aus Liwet Holding AG und ComplexProm Joint Stock Company als wirtschaftlich berechtigte Person i.S.v. Art. 10 Abs. 1 FinfraV-FINMA 507'123'333 Swiss Steel-Aktien, was 25.00% der Stimmrechte von Swiss Steel entspricht.

    •  
Seit dem 15. Juni 2023 hält Peter Spuhler indirekt über PCS Holding AG als wirtschaftlich berechtigte Person i.S.v. Art. 10 Abs. 1 FinfraV-FINMA 622'676'856 Swiss Steel-Aktien, was 20.36% der Stimmrechte von Swiss Steel entspricht.

 

C.
Mit Verfügung des Übernahme- und Staatshaftungsausschusses der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA vom 6. Dezember 2019 in Sachen Schmolz + Bickenbach AG et al. wurde Martin Haefner und BigPoint Holding AG im Zusammenhang mit der Durchführung der am 2. Dezember 2019 beschlossenen Kapitalherabsetzung und gleichzeitigen Kapitalerhöhung der Schmolz + Bickenbach AG eine Ausnahme von der Angebotspflicht nach Art. 136 Abs. 1 lit. e FinfraG gewährt (Verfügung des Übernahme- und Staatshaftungsausschusses der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA vom 6. Dezember 2019 in Sachen Schmolz + Bickenbach AG et al., Dispositiv-Ziff. 2). Diese Sanierungsausnahme wurde unter der Auflage erteilt, dass Martin Haefner und BigPoint Holding AG ein Pflichtangebot nach Art. 135 FinfraG unterbreiten müssen, sofern am 31. Dezember 2024 ihre Beteiligung (direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten) noch über dem Grenzwert von 33⅓% der Stimmrechte an der Schmolz + Bickenbach AG (ob ausübbar oder nicht) liegt (Verfügung des Übernahme- und Staatshaftungsausschusses der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA vom 6. Dezember 2019 in Sachen Schmolz + Bickenbach AG et al., Dispositiv-Ziff. 3).

D.
Mit Eingabe vom 12. Januar 2024 gelangte Swiss Steel an die Übernahmekommission (UEK) und stellte folgende Anträge in deren Gesuch (das Gesuch; act. 1/1):

«1. Es sei festzustellen, dass die den Aktionären der [Swiss Steel] zu unterbreitende Statutenbestimmung betreffend Opting out übernahmerechtlich gültig sei.

2. Es sei festzustellen, dass BigPoint Holding AG, PCS Holding AG und die Aktionärsgruppe bestehend aus Liwet Holding AG und ComplexProm Joint Stock Company bei der Abstimmung über die Einführung der Opting out-Bestimmung als «Minderheitsaktionäre» gelten und folglich deren Stimmen bei der Ermittlung der «Zustimmung der Mehrheit der Minderheit» mitzuzählen sind.

3. Die Publikation der Verfügung der Übernahmekommission sei aufzuschieben bis zur Ankündigung der Kapitalerhöhung durch [Swiss Steel].»

Auf die Begründung dieser Anträge wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen.

E.
Gemäss Gesuch konnte das im Jahr 2019 eingeleitete Sanierungs- und Restrukturierungsprogramm der Swiss Steel-Gruppe trotz Erreichung wichtiger Etappenziele bis dato nicht vollständig abgeschlossen werden. Zwar hätten die im Januar 2020 und im März 2021 durchgeführten Kapitalerhöhungen im Umfang von brutto CHF 325 Mio. bzw. brutto CHF 247 Mio. massgeblich geholfen, die Swiss Steel-Gruppe zu stabilisieren. Dennoch hätten schwierige Marktbedingungen insbesondere in Deutschland und Frankreich, hohe Energiepreise und geopolitische Herausforderungen in den vergangenen Monaten dazu geführt, dass die Sanierung der Swiss Steel-Gruppe mehr Zeit erfordere. Mit Medienmitteilung vom 18. September 2023 musste die Swiss Steel-Gruppe ihren Ausblick für das Geschäftsjahr 2023 zurücknehmen (act. 1/1, Rn 6).

F.
Gemäss den Angaben im Gesuch ist aufgrund des schwierigen Marktumfelds die Liquidität der Swiss Steel-Gruppe erneut auf ein kritisches Niveau gefallen. Swiss Steel führe daher «zurzeit intensive Gespräche mit den kreditgebenden Banken und anderen Kreditgebern über die Bedingungen der bestehenden Kredite und neue Überbrückungskredite» und befinde sich «mit den Hauptaktionären im Gespräch über die Möglichkeit der Aufnahme zusätzlicher Eigenmittel» (act. 1/1, Rn 7).

G.
Swiss Steel prüft zurzeit nach eigenen Angaben die Möglichkeit einer Kapitalerhöhung, die «spätestens im März/April 2024 vollzogen werden muss» (act. 1/1, Rn 8). Die Kapitalerhöhung soll als sog. Harmonika ausgestaltet werden (d.h. Herabsetzung des Nennwerts jeder Swiss Steel-Aktie und gleichzeitige ordentliche Kapitalerhöhung durch Ausgabe neuer Aktien mindestens im Umfang des unmittelbar zuvor herabgesetzten Aktienkapitals). Laut Swiss Steel liegen die Eckpunkte der geplanten Kapitalerhöhung im Zeitpunkt des Gesuchs nicht vor. Einziger Fixpunkt sei, dass die Kapitalerhöhung mindestens CHF 200-300 Mio. (unter anderem abhängig von der Realisierung bestimmter Desinvestitionen im 1. Quartal 2024) einbringen müsse, damit die Liquidität gesichert sei (act. 1/1, Rn 8).

H.
Laut Swiss Steel steht der Verwaltungsrat der Swiss Steel seit mehreren Wochen im engen Austausch mit den Hauptaktionären, um deren Bereitschaft auszuloten, eine Kapitalerhöhung zu unterstützen. Die Gespräche, die gemäss den Angaben im Gesuch der Verwaltungsrat initiiert habe und vorantreibe, erörterten v.a. die Fragen, (i) wieviel Eigenkapital unter Berücksichtigung der Unsicherheiten des Business Plans, der strukturell schwachen Bilanz und der Verhandlungsmacht der kreditgebenden Banken notwendig sei, (ii) welches Mass an Verwässerung ein Aktionär, der an der Kapitalerhöhung nicht teilnehmen wird, hinnehmen müsse und (iii) wie verhindert werden könne, dass ein Hauptaktionär im Zuge der Kapitalerhöhung i.S.v. Art. 135 Abs. 1 FinfraG angebotspflichtig werde (act. 1/1, Rn 9).

I.
Nach den Angaben von Swiss Steel ist deren Verwaltungsrat der Auffassung, dass eine Kapitalerhöhung nur realisierbar ist, wenn die Frage der Angebotspflicht (bzw. deren Vermeidung) vorgängig geklärt ist. Diese Kapitalerhöhung werde ausserdem «nur mit einem weiteren Engagement[…] eines oder mehrerer Hauptaktionäre gelingen». Der Verwaltungsrat ist daher der Überzeugung, dass eine Kapitalerhöhung verbunden mit der Aufnahme einer (transaktionsspezifischen) Opting out-Bestimmung in die Statuten von Swiss Steel die beste Lösung für die Swiss Steel-Gruppe und ihre Stakeholder sei, und er beabsichtigt deshalb, den Aktionären der Swiss Steel anlässlich der geplanten ausserordentlichen Generalversammlung eine Kapitalerhöhung zusammen mit einer (transaktionsspezifischen) Opting out-Bestimmung zur Abstimmung vorzulegen (act. 1/1, Rn 10).

J.
Die Opting out-Bestimmung würde diejenigen Aktionäre von Swiss Steel, die im Zuge der geplanten Kapitalerhöhung den Grenzwert von 33⅓% der Stimmrechte von Swiss Steel überschreiten, von der Angebotspflicht befreien. Der Statutentext, den der Verwaltungsrat der ausserordentlichen Generalversammlung zur Abstimmung vorzulegen plant, hat folgenden Wortlaut (act. 1/1, Rn 12):

«Art. […]

Für den Fall und sofern ein Aktionär der Gesellschaft sowie Personen oder Gesellschaften (ob eingetragen oder nicht), die diesen Aktionär kontrollieren, unter gemeinsamer Kontrolle wie dieser Aktionär stehen oder in gemeinsamer Absprache mit diesem Aktionär handeln, durch Zeichnung oder Erwerb von Namenaktien der Gesellschaft im Zuge der im Jahr 2024 durchzuführenden ordentlichen Kapitalerhöhung den Grenzwert von 33⅓% der Stimmrechte der Gesellschaft überschreiten, sind dieser Aktionär sowie die Personen oder Gesellschaften, die diesen Aktionär kontrollieren, unter gemeinsamer Kontrolle wie dieser Aktionär stehen oder in gemeinsamer Absprache mit diesem Aktionär handeln, von der Pflicht zur Unterbreitung eines öffentlichen Übernahmeangebots gemäss Artikel 135 des Bundesgesetzes über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel vom 19. Juni 2015 (FinfraG) befreit.»

K.
In der Einladung zur ausserordentlichen Generalversammlung beabsichtigt der Verwaltungsrat zum Traktandum betreffend die Opting out-Bestimmung die folgenden Ausführungen aufzunehmen (act. 1/1, Rn 13):

«Die Durchführung der ordentlichen Kapitalerhöhung gemäss Traktandum […] steht unter der Bedingung, dass die Generalversammlung auch der Aufnahme der Opting out Bestimmung in die Statuten der Gesellschaft gemäss Traktandum […] zustimmt. Aufgrund der Erfahrungen aus den beiden Kapitalerhöhungen 2020 und 2021 und den diesen vorangegangenen übernahmerechtlichen Verfahren betreffend Gewährung einer Sanierungsausnahme (vgl. UEK­Verfahren 0750/01 und 0750/02) steht für den Verwaltungsrat fest, dass eine Kapitalerhöhung nur realisierbar sein wird, wenn die Frage der Angebotspflicht (bzw. deren Vermeidung) geklärt ist, zumal aufgrund der schwierigen finanziellen Lage der Swiss Steel Group und der Risiken eines Investments in [Swiss Steel] davon ausgegangen werden muss, dass eine Kapitalerhöhung nur mit einem weiteren Engagements [recte: Engagement] eines oder aller Hauptaktionäre gelingen wird und sich daher ihre Kapital- und Stimmenteile [recte: Stimmanteile] an der [Swiss Steel], abhängig von den individuellen Investitionsbeträgen, erhöhen werden. BigPoint Holding AG hat im Vorfeld dieser Einladung gegenüber dem Verwaltungsrat erklärt, dass sie an einer Kapitalerhöhung nur teilnehmen werde, sofern sie nicht angebotspflichtig wird (zur Absichtserklärung von BigPoint Holding AG siehe auch die Ausführungen zur ordentlichen Kapitalerhöhung unter Traktandum […]). Gemäss Einschätzung des Verwaltungsrats ist die Aufnahme der Opting out Bestimmung in die Statuten von grösstem Interesse der Gesellschaft, der Aktionäre und aller übrigen «stakeholdern» [recte: «Stakeholder»] und ist ein zwingender Bestandteil der geplanten Kapitalerhöhung, die für den Fortbestand der Gesellschaft dringend notwendig ist.

Gemäss Art. 135 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten- und Derivatehandel vom 19. Juni 2015 (FinfraG) muss ein Aktionär (oder eine Gruppe von gemeinsam handelnden Aktionären), der Aktien einer börsenkotierten Gesellschaft (Zielgesellschaft) erwirbt – sei es bestehende Aktien über die Börse oder neue Aktien im Rahmen einer Kapitalerhöhung oder auf andere Weise – und dabei unter Berücksichtigung der Aktien, die er bereits besitzt, den Grenzwert von 33⅓% der Stimmrechte (ob ausübbar oder nicht) dieser Zielgesellschaft überschreitet, allen anderen Aktionären ein öffentliches Angebot zum Erwerb aller Aktien dieser Zielgesellschaft zu einem Preis unterbreiten, der nicht unter einem bestimmten, in Artikel 135 FinfraG festgelegten Mindestpreis liegen darf. Der Mindestpreis ist der höhere der beiden folgenden Preise: (i) der höchste Preis, den der angebotspflichtige Aktionär in den vorangegangenen zwölf Monaten vor der Unterbreitung des Angebots direkt oder indirekt für Aktien der Zielgesellschaft bezahlt hat, und (ii) der aktuelle Börsenkurs der Aktien der Zielgesellschaft (wie er in Übereinstimmung mit der anwendbaren gesetzlichen Bestimmung ermittelt wird). Die Aufnahme einer Opting out-Klausel in die Statuten der Zielgesellschaft würde den Aktionär, der 33⅓% oder mehr der Stimmrechte der Zielgesellschaft erwirbt, von der Pflicht zur Unterbreitung eines öffentlichen Angebots befreien und gleichzeitig das Recht der anderen Aktionäre ausschliessen, ihre Aktien an der Zielgesellschaft im Falle eines Kontrollwechsels (d.h. ein Aktionär überschreitet den Grenzwert von 33⅓% der Stimmrechte) zum Mindestpreis (oder zu einem höheren Preis, falls der angebotspflichtigen [recte: angebotspflichtige] Aktionär von sich aus einen höheren Preis offeriert) dem angebotspflichtigen Aktionär anzudienen.

Folgen der beantragten Opting out-Klausel: Die unter Traktandum […] beantragte Opting out-Klausel bedeutet, dass jeder Aktionär der Gesellschaft (sowie jede Person oder Gesellschaft, die den betreffenden Aktionär kontrollieren, unter gemeinsamer Kontrolle wie der betreffende Aktionär stehen oder in gemeinsamer Absprache mit dem betreffenden Aktionär handeln) von der zuvor beschriebenen Angebotspflicht gemäss Art. 135 Abs. 1 FinfraG befreit ist (d.h. nicht angebotspflichtig wird), falls er im Zuge der unter Traktandum […] beantragten Kapitalerhöhung den Grenzwert von 33⅓% der Stimmrechte der Gesellschaft überschreitet. Aufgrund diverser Gespräche, die der Verwaltungsrat mit den drei Hauptaktionären der Gesellschaft im Hinblick auf die Kapitalerhöhung geführt hat, geht der Verwaltungsrat davon aus, dass BigPoint Holding AG (und evtl. ein weiterer Hauptaktionär) im Zuge der Kapitalerhöhung den Grenzwert von 33⅓% der Stimmrechte überschreiten wird. Die Opting out-Klausel würde daher dazu führen, dass BigPoint Holding AG (und evtl. ein weiterer Hauptaktionär) den übrigen Aktionären kein Angebot zum Erwerb ihrer Aktien unterbreiten muss, sofern diese im Zuge der Kapitalerhöhung den Grenzwert von 33⅓% der Stimmrechte überschreitet. Der Verwaltungsrat geht ferner davon aus, dass BigPoint Holding AG sowie die anderen Hauptaktionäre weiterhin der Gesellschaft als langfristig orientierte Investoren zur Seite stehen und dass sich durch das Überschreiten des Grenzwerts durch BigPoint Holding AG (und evtl. durch einen weiteren Hauptaktionär) an der strategischen Ausrichtung der Gesellschaft mittelfristig nichts ändern wird. Die Zusammensetzung des Verwaltungsrates gemäss Art. 11 der Statuten und das darin geregelte Nominierungsrecht derjenigen Aktionäre, die mehr als 17.5% (Ziff. 5) bzw. mehr als 35% (Ziff. 6) des Aktienkapitals und der Stimmrechte halten, bleibt unverändert. BigPoint ist zurzeit im Verwaltungsrat nicht vertreten und hat gegenüber dem Verwaltungsrat bisher nicht erklärt, nach Abschluss der Kapitalerhöhung im Verwaltungsrat vertreten sein zu wollen.

Die beantragte Opting out-Klausel wirkt aber nicht allgemein für jegliche mögliche (zukünftige) Überschreitungen des Grenzwerts, sondern ist in ihrem Anwendungsbereich beschränkt auf die Kapitalerhöhung gemäss Traktandum […]. Die Opting out-Klausel ist in diesem Sinne "transaktionsspezifisch", d.h. die Klausel dispensiert nur Aktionäre (einschliesslich der zuvor genannten Personen und Gesellschaften) von der Angebotspflicht, soweit diese ihm [recte: im] Rahmen der Kapitalerhöhung gemäss Traktandum […] Aktien zeichnen und/oder erwerben und (gegebenenfalls zusammen mit Aktien, die sie vor der Kapitalerhöhung bereits halten) dabei den Grenzwert von 33⅓% der Stimmrechte der Gesellschaft überschreiten. Wird der Grenzwert ausserhalb dieser Kapitalerhöhung überschritten (z.B. durch ein Erwerbsgeschäft, das nach Abschluss der Kapitalerhöhung stattfindet), greift die Opting out-Klausel nicht und der betreffende Aktionär wird angebotspflichtig. Ebenso wird ein Aktionär (oder ein Dritter, der noch keine Aktien der Gesellschaft hält) angebotspflichtig, der von einem in Anwendung der Opting out-Klausel dispensierten Aktionär später Aktien erwirbt und dabei den Grenzwert von 33⅓% der Stimmrechte der Gesellschaft überschreitet. Schliesslich werden Aktionäre, die zuvor in Anwendung der Opting out-Klausel von der Angebotspflicht dispensiert wurden, angebotspflichtig, wenn sie ihre Beteiligung auf unter 33⅓% der Stimmrechte reduzieren und anschliessend wieder auf über 33⅓% der Stimmrechte erhöhen.

Die Beschlussfassung über diesen Antrag unterliegt nach der Praxis der Übernamekommission [recte: Übernahmekommission] der Zustimmung der Mehrheit der an der Generalversammlung vertretenen Stimmen und der Mehrheit der vertretenen Stimmen der Minderheitsaktionäre. Gestützt auf die Praxis der Übernahmekommission qualifizieren alle Aktionäre der Gesellschaft als «Minderheitsaktionäre».»

L.
Gemäss Angaben im Gesuch plant der Verwaltungsrat von Swiss Steel, die oben in Sachverhalt lit. K dargestellten Informationen an der geplanten ausserordentlichen Generalversammlung zu wiederholen und Fragen der Aktionäre zu den Folgen der Aufnahme der beantragten Opting out-Bestimmung in die Statuten von Swiss Steel umfassend zu beantworten (act. 1/1, Rn 14 und 23).

M.
Mit Sekretariatsauskunft i.S.v. Art. 55 Abs. 5 UEV vom 17. Januar 2024 teilte das Sekretariat der UEK Swiss Steel bezüglich Antrag Ziff. 2 des Gesuchs mit, dass BigPoint Holding AG, PCS Holding AG und die Aktionärsgruppe bestehend aus Liwet Holding AG und ComplexProm Joint Stock Company von der geplanten Opting out-Bestimmung materiell begünstigt würden und daher mit Blick auf die Sonderabstimmung der Mehrheit der Minderheit nicht als «Minderheitsaktionäre» zu betrachten seien. Folglich wären deren Stimmen bei der Ermittlung der «Zustimmung der Mehrheit der Minderheit» nicht mitzuzählen (die Sekretariatsauskunft; act. 2).

Vor diesem Hintergrund wurde Swiss Steel Gelegenheit gegeben, ihr Gesuch entsprechend anzupassen (act. 2).

N.
Am 18. Januar 2024 teilte Swiss Steel der UEK mit, dass sie am Antrag Ziff. 2 ihres Gesuchs festhalte. Die UEK bat Swiss Steel daraufhin um eine schriftliche Stellungnahme zur Sekretariatsauskunft (act. 7).

O.
Am 24. Januar 2024 fragte die UEK bei Swiss Steel nach, wann die schriftliche Stellungnahme zur Sekretariatsauskunft eintreffen wird, und setzte ihr hierzu eine Frist bis am 26. Januar 2024, 10:00 Uhr (act. 7).

Zudem verlangte die UEK, dass Swiss Steel ihr innerhalb derselben Frist mitteilt, auf wessen Vorschlag jedes Mitglied des Verwaltungsrates von Swiss Steel gewählt worden ist (act. 7).

P.
Auf Begehren von Swiss Steel vom 24. Januar 2024 erstreckte die UEK die vorerwähnte Frist zur Stellungnahme bis am 31. Januar 2024, 16:00 Uhr (act. 8).

Q.
Am 31. Januar 2024 reichte Swiss Steel ihre Stellungnahme zur Sekretariatsauskunft ein (act. 9).

Swiss Steel teilte der UEK im Hinblick auf die Abhängigkeitsverhältnisse im Verwaltungsrat von Swiss Steel mit, dass der Verwaltungsratspräsident Jens Alder sowie die Verwaltungsratsmitglieder Emese Weissenbacher, Mario Rossi und Michael Schwarzkopf unabhängig seien. Das Verwaltungsratsmitglied David Metzger sei ein Vertreter von Liwet Holding AG und die Verwaltungsratsmitglieder Barend Fruithof und Oliver Streuli seien Vertreter von PCS Holding AG (act. 9).

R.
Am 5. Februar 2024 forderte die UEK Swiss Steel auf, ihr die Protokolle der letzten vier Sitzungen des Verwaltungsrates von Swiss Steel bis am 8. Februar 2024, 09:00 Uhr, einzureichen (act. 10).

Sodann teilte die UEK Swiss Steel mit, dass sie Peter Spuhler / PCS Holding AG, Martin Haefner / BigPoint Holding AG sowie die Aktionärsgruppe bestehend aus Liwet Holding AG und ComplexProm Joint Stock Company als Auskunftspersonen zu ihren konkreten Absichten im Zusammenhang mit der geplanten Kapitalerhöhung und der allfälligen Überschreitung des Schwellenwerts von 33⅓% der Stimmrechte an Swiss Steel anhören will. Zu diesem Zweck bat sie Swiss Steel, ihr eine schriftliche Stellungnahme seitens dieser drei Aktionäre bis am 8. Februar 2024, 09:00 Uhr, einzureichen oder ihr bis am 6. Februar 2024, 11:00 Uhr, die Kontaktdaten dieser drei Aktionäre bzw. deren Vertreter zukommen zu lassen (act. 10).

S.
Am 6. Februar 2024 übermittelte Swiss Steel der UEK die Kontaktdaten der Vertreter der Hauptaktionäre (act. 11).

T.
Am 6. Februar 2024 wandte sich die UEK per E-Mail an Peter Spuhler / PCS Holding AG, Martin Haefner / BigPoint Holding AG und die Aktionärsgruppe bestehend aus Liwet Holding AG und ComplexProm Joint Stock Company und forderte diese als Auskunftspersonen auf, der UEK jeweils separat ihre konkreten Absichten im Hinblick auf die von Swiss Steel geplante ausserordentliche Generalversammlung und Kapitalerhöhung mitzuteilen. Den drei genannten Auskunftspersonen wurde dazu eine Frist bis am 8. Februar 2024, 10:00 Uhr, angesetzt (act. 12, 13 und 14).

U.
Am 8. Februar 2024 übermittelte Swiss Steel die Protokolle der letzten fünf Sitzungen ihres Verwaltungsrates und wies dabei auf die vertrauliche Natur diverser Informationen hin (act. 16 und 20). Aus dem Protokoll der Sitzung des Verwaltungsrates von Swiss Steel vom 13. Dezember 2023 geht hervor, dass der Vorschlag einer Kapitalerhöhung verbunden mit der Einführung einer Opting out-Bestimmung auf BigPoint Holding AG zurückging und in diesem Zusammenhang auch die Alternative einer Sanierungsausnahme erwogen wurde. Dabei wurde der Einführung einer Opting out-Bestimmung der Vorzug gegeben, da hierüber die Aktionäre entscheiden können und kein Risiko einer Befristung bestehe (vgl. act. 16/1, Rn 1: «As there is currently only the proposal of [BigPoint Holding AG] for a capital increase at hand, the Company must proceed with this proposal to secure its financial needs. One of the conditions of [BigPoint Holding AG] is to receive an unlimited exemption from the mandatory takeover offer which is possible by amending the articles of association with an opting-out clause, or an application for a restructuring exemption at the take-over commission (UEK). Both options require an approval from UEK. [BigPoint Holding AG] accepts an exemption specific for this capital increase. An opting-out is the preferred route, since the shareholders can decide, and a UEK ruling carries the risk of a time-limit which would not be accepted by [BigPoint Holding AG].»).

V.
Am 8. Februar 2024 gingen die Stellungnahmen von Peter Spuhler / PCS Holding AG, Martin Haefner / BigPoint Holding AG und der Aktionärsgruppe bestehend aus Liwet Holding AG und ComplexProm Joint Stock Company als Auskunftspersonen bei der UEK ein (act. 17 – 19).

W.
In ihrer Stellungnahme als Auskunftspersonen teilten Martin Haefner und BigPoint Holding AG der UEK mit, dass sie «grundsätzlich bereit» seien, Swiss Steel «auch im Rahmen der nunmehr geplanten und dringend notwendigen Rekapitalisierung wieder finanziell zu unterstützen.» BigPoint Holding AG beabsichtige daher, «eine Backstop-Zusage zur Zeichnung der in der geplanten Kapitalerhöhung auszugebenden Aktien abzugeben und an der Generalversammlung für die unausweichliche Kapitalerhöhung zu stimmen. BigPoint strebt nicht danach, die Schwelle von 33⅓% der Stimmrechte von Swiss Steel zu durchschreiten. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich dies nicht vermeiden lassen wird. Dementsprechend nimmt BigPoint ein Durchschreiten in Kauf. Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass BigPoint in der Folge kein Pflichtangebot unterbreiten muss» (act. 17).

X.
In ihrer Stellungnahme als Auskunftsperson teilte Liwet Holding AG der UEK mit, «[she] does not plan to increase its share participation in [Swiss Steel]. The position of Liwet [Holding AG] is, however, one of reserved […] constructive support. Liwet [Holding AG] recognizes that the company urgently requires significant new funds, likely also in the form of equity». Zudem informierte Liwet Holding AG die UEK, dass sie «has no intention and is not prepared to exceed the threshold of 33⅓% of the voting rights of [Swiss Steel], neither on its own nor jointly with [ComplexProm Joint Stock Company] nor jointly with any other shareholder» (act. 18/1).

In ihrer Stellungnahme als Auskunftsperson teilte ComplexProm Joint Stock Company der UEK mit, «[she] does not plan and is not prepared to exceed the threshold of 33⅓% of the voting rights of [Swiss Steel], neither on its own nor jointly with [Liwet Holding AG] nor jointly with any other shareholder. Apart from the information that Liwet [Holding AG] has shared with [ComplexProm Joint Stock Company] that BigPoint Holding AG might exceed the 33⅓% of the voting rights, [ComplexProm Joint Stock Company] is not aware of any intentions of other shareholders» (act. 18/2).

Y.
In ihrer Stellungnahme als Auskunftspersonen teilten Peter Spuhler und PCS Holding AG der UEK Folgendes mit: «Aufgrund von Auslandsabwesenheiten und vor dem Hintergrund, dass wir uns in Bezug auf die Swiss Steel Holding AG im Prozess der Entscheidfindung befinden und verschiedene Handlungsoptionen evaluieren, sehen wir uns zum jetzigen Zeitpunkt als nicht in der Lage, die gestellten Fragen konkret zu beantworten» (act. 19/1).

Z.
Am 8. Februar 2024 liess die UEK Swiss Steel die eingegangenen Stellungnahmen der Hauptaktionäre von Swiss Steel als Auskunftspersonen zukommen (act. 21).

AA.
Am 8. Februar 2024 fragte die UEK bei Peter Spuhler / PCS Holding AG nach, wann sie Klarheit über ihr Stimmverhalten an der geplanten Generalversammlung von Swiss Steel haben werden (act. 22).

BB.
Mit Eingabe vom 14. Februar 2024 informierten Peter Spuhler / PCS Holding AG die UEK, dass der Prozess der Entscheidfindung seitens Peter Spuhler / PCS Holding AG aller Voraussicht nach erst nach Erhalt und Prüfung der Einladung zur geplanten Generalversammlung abgeschlossen werden könne (act. 23).

CC.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus der Präsidentin Mirjam Eggen, Jean-Luc Chenaux und Beat Fellmann gebildet.

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1.  Feststellungsinteresse

[1] Für Verfahren vor der UEK gelten unter Vorbehalt der Bestimmungen gemäss Art. 139 Abs. 2 – 5 FinfraG die Normen des VwVG (Art. 139 Abs. 1 FinfraG). Nach Art. 25 Abs. 1 VwVG kann über den Bestand, den Nichtbestand oder den Umfang öffentlich-rechtlicher Rechte oder Pflichten auf Begehren eine Feststellungsverfügung erlassen werden. Einem Begehren um Erlass einer solchen Verfügung ist gemäss Art. 25 Abs. 2 VwVG zu entsprechen, wenn der Gesuchsteller ein schutzwürdiges Interesse daran nachweist. Gemäss Praxis ist ein übernahmerechtliches Feststellungsinteresse gegeben, wenn für den Gesuchsteller eine direkte und aktuelle Unklarheit über die Rechtslage besteht, die mittels einer Feststellungsverfügung geklärt werden kann (Verfügung 849/01 vom 15. August 2023 in Sachen Schaffner Holding AG, Rn 1; Verfügung 843/01 vom 3. Mai 2023 in Sachen Von Roll Holding AG, Rn 1; Verfügung 825/01 vom 27. Juli 2022 in Sachen MCH Group SA, Rn 1).

[2] Im vorliegenden Fall hat Swiss Steel ein schutzwürdiges, direktes und aktuelles Interesse, mögliche Unsicherheiten über die übernahmerechtliche Gültigkeit und Wirksamkeit der beabsichtigten Opting out-Bestimmung vor der im Frühjahr 2024 geplanten ausserordentlichen Generalversammlung der Swiss Steel (vgl. Sachverhalt lit. I) zu klären, soweit dies möglich ist. Auf das Gesuch wird somit eingetreten.

 

2.  Ausführungen der Zielgesellschaft

[3] Im Rahmen ihres Antrags Ziff. 1 beantragt Swiss Steel, dass festgestellt wird, dass die beabsichtigte Opting out-Bestimmung übernahmerechtlich gültig ist (vgl. Sachverhalt lit. D). Swiss Steel macht dabei geltend, dass die für die nachträgliche Einführung der beabsichtigten Opting out-Bestimmung notwendigen Voraussetzungen gemäss Praxis der UEK erfüllt seien, sofern (i) die Aktionäre von Swiss Steel transparent über die Einführung der beabsichtigten Opting out-Bestimmung informiert und (ii) die für eine Statutenänderung erforderliche Mehrheit sowie die Mehrheit der Minderheitsaktionäre an einer voraussichtlich im März oder April 2024 stattfindenden ausserordentlichen Generalversammlung der Einführung der Opting out-Bestimmung zustimmen würden.

[4] In ihrem Gesuch führt Swiss Steel dazu namentlich aus, was folgt:

    •  
Der Verwaltungsrat von Swiss Steel beabsichtige, die Aktionäre in der Einladung zur ausserordentlichen Generalversammlung umfassend über die Hintergründe und Folgen der Einführung einer transaktionsspezifischen Opting out-Bestimmung zu informieren. Swiss Steel macht dabei geltend, dass jeder Aktionär in der Lage sein werde, «eine bewusste Entscheidung über die Einführung eines transaktionsspezifischen Opting out mit Blick auf die [Swiss Steel] treffen» zu können (act. 1/1, Rn 23). Auch beabsichtige Swiss Steel, diese Informationen an der ausserordentlichen Generalversammlung zu wiederholen und allfällige Fragen der Aktionäre hierzu zu beantworten (act. 1/1, Rn 23).

    •  
Swiss Steel ist der Auffassung, dass alle Aktionäre von Swiss Steel als stimmberechtigte Minderheitsaktionäre im Sinne der Praxis der UEK gelten (act. 1/1, Rn 25 und 28 f.; act. 9/1). Swiss Steel macht dabei zum ersten geltend, dass kein Aktionär mehr als 33⅓% der Stimmrechte von Swiss Steel halte (act. 1/1, Rn 29; act. 9/1, Rn 1). Zum zweiten habe kein Aktionär von Swiss Steel die Einführung der transaktionsspezifischen Opting out-Bestimmung beantragt (act. 1/1, Rn 29; act. 9/1, Rn 1).

    •  
Swiss Steel ist ferner der Auffassung, dass es keinen Anlass gebe, die Praxis der UEK betreffend die Voraussetzungen der Gültigkeit einer nachträglichen Opting out-Bestimmung «zu verschärfen, dass zusätzlich die Stimmen jener Aktionär [recte: Aktionäre] nicht zur «Mehrheit der Minderheit» mitgezählt werden dürfen, die vermutungsweise ein Sonderinteresse am Opting out haben könnten» (act. 9/1, Rn 2). Swiss Steel macht weiter geltend, dass die der Generalversammlung zur Abstimmung vorzulegende Opting out-Bestimmung transaktionsspezifisch sei. Kein Aktionär von Swiss Steel und namentlich keiner der Hauptaktionäre habe ein «Sonderinteresse» an der geplanten Opting out-Bestimmung, «weil ihm in der Zukunft kein Paketzuschlag bzw. Übergewinn zu Lasten der Publikumsaktionäre in Aussicht steht» (act. 9/1, Rn 3). Laut Swiss Steel gehe es mit der Einführung der Opting out-Bestimmung «in erster Linie um die Ermöglichung einer Kapitalzufuhr durch einen oder mehrere Hauptaktionäre zwecks Sicherung des Fortbestands der Swiss Steel Group im Interesse aller [Swiss Steel]-Aktionäre» (act. 9/1, Rn 6).

    •  
Ein Interessengegensatz zwischen den Haupt- und den Publikumsaktionären bestehe nicht darin, dass die transaktionsspezifische Opting out-Bestimmung dem oder denjenigen Hauptaktionär(en), welche(r) die Angebotsschwelle von 33⅓% der Stimmrechte im Rahmen der geplanten Kapitalerhöhung nicht überschreiten werde bzw. werden, ermögliche, seine bzw. ihre Aktien später dem oder einem der Kontrollaktionär(e) mit einer Prämie verkaufen zu können, ohne dass dieser ein Pflichtangebot unterbreiten müsste. Ein solcher Verkauf sei zwar nicht ausgeschlossen, aber weder aus ökonomischer noch rechtlicher Sicht zu erwarten (act. 9/1, Rn 5). Ein Kontrollaktionär, der die Swiss Steel mit mehr als einem Drittel, möglicherweise mit mehr als der Hälfte der Stimmen kontrollieren würde, hätte kein Interesse daran, die Aktien der anderen Hauptaktionäre mit einer Prämie zu kaufen. Eine Prämie rechtfertige sich nur dann, wenn sie dazu verhelfe, die Kontrolle zu erlangen. Es sei zu beachten, «dass ein Hauptaktionär gegen die Einführung des Opting out stimmen könnte» (act. 9/1, Rn 8). Swiss Steel befinde sich «in einer finanziell äusserst schwierigen und komplexen Situation, in welcher die Hauptaktionäre – wie öffentlich bekannt ist – sich über das weitere Vorgehen nicht einig» seien (act. 9/1, S. 4 i.f.). Schliesslich sei «ein Entzug des Stimmrechts» ein «schwerwiegender Eingriff in die Eigentumsgarantie und die Wirtschaftsfreiheit», deren «Notwendigkeit» weder «gegeben» noch «gerechtfertigt» sei (act. 9/1, Rn 7).

 

 

3.  Voraussetzungen für die Einführung eines nachträglichen Opting out

[5] Angebotspflichtig i.S.v. Art. 135 Abs. 1 Satz 1 FinfraG wird, wer direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Beteiligungspapiere erwirbt und mit den Papieren, die er bereits besitzt, den Grenzwert von 33⅓% der Stimmrechte, ob ausübbar oder nicht, an der Zielgesellschaft überschreitet. Hauptzweck der Angebotspflicht gemäss Art. 135 Abs. 1 Satz 1 FinfraG ist der Schutz der Minderheitsaktionäre. Diese sollen im Falle veränderter Kontrollverhältnisse, d.h. im Falle der Übernahme der Kontrolle über die Zielgesellschaft durch einen (neuen) Mehrheitsaktionär oder durch eine Aktionärsgruppe, die Möglichkeit erhalten, aus ihrer Investition auszusteigen (Verfügung 782/01 vom 19. März 2021 in Sachen VT5 Acquisition Company AG, Rn 79 m.H.).

[6] Gemäss Art. 125 Abs. 1 FinfraG können Gesellschaften vor der Kotierung ihrer Beteiligungspapiere in ihren Statuten festlegen, dass ein Übernehmer nicht zu einem öffentlichen Kaufangebot verpflichtet ist (Opting out). Überdies kann gemäss Art. 125 Abs. 4 FinfraG ein Opting out auch nach der Kotierung («jederzeit») in die Statuten aufgenommen werden, «sofern dies nicht eine Benachteiligung der Aktionäre im Sinne von Art. 706 OR bewirkt.»

[7] Gemäss Praxis der UEK ist eine selektive Opting out-Bestimmung, die sich nur auf einen bestimmten Kreis von Begünstigten oder nur auf eine bestimmte Transaktion bezieht, zulässig. Mit einer solchen selektiven Opting out-Bestimmung verzichten die Aktionäre nur partiell, nämlich mit Blick auf einen bestimmten Kreis von Begünstigten oder auf eine gewisse Transaktion, auf ihr gesetzliches, von der Angebotspflicht in Art. 135 bzw. 163 FinfraG statuiertes Ausstiegsrecht. Eine selektive Opting out-Bestimmung bewirkt einen weniger starken Eingriff in die Aktionärsrechte als eine allgemeine Opting out-Bestimmung und wird folglich unter dem Aspekt des Anlegerschutzes grundsätzlich als zulässig erachtet (vgl. Verfügung 782/01 vom 19. März 2021 in Sachen VT5 Acquisition Company AG, Rn 82 m.H.; Verfügung 765/01 vom 13. Juli 2020 in Sachen MCH Group AG, Rn 16 f.).

[8] Formell selektiv ist eine Opting out-Bestimmung, wenn der Name des dadurch «Begünstigten» in den Statuten explizit genannt wird. Materiell selektiv ist eine Opting out-Bestimmung, wenn die Statutenbestimmung zwar nicht explizit auf einen bestimmten «Begünstigten» lautet, aber gleichwohl im Hinblick auf eine bestimmte Transaktion oder zugunsten einer bestimmten Person eingeführt wurde und damit in ihren materiellen Auswirkungen selektiv ist (vgl. Verfügung 440/01 vom 4. Juni 2010 in Sachen COS Computer Systems AG, Rn 5; Verfügung 490/01 vom 22. September 2011 in Sachen LEM Holding SA, Rn 4, wonach « [u]ne clause d’opting out est formellement sélective si la personne qui en bénéficie est expressément identifiée dans les statuts. […] Une clause d’opting out est matériellement sélective si son texte ne mentionne pas expressément un bénéficiaire mais qu’il s'avère qu’elle a été introduite en vue d’une transaction déterminée ou en faveur d’une personne déterminée, et qu’elle ne déploiera ainsi pas matériellement ses effets en faveur de tous les actionnaires.»; ebenfalls Verfügung 745/01 vom 25. Oktober 2019 in Sachen LEM Holding SA, Rn 13).

[9] Gemäss Praxis der UEK ist eine nachträgliche (selektive) Opting out-Bestimmung übernahmerechtlich gültig, wenn

    •  
die Aktionäre transparent über die Einführung der Opting out-Bestimmung und deren Folgen informiert werden (Transparenz); und

    •  
die Aktionäre transparent über die Einführung der Opting out-Bestimmung und deren Folgen informiert werden (Transparenz); und

 

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so wird vermutet, dass die Opting out-Bestimmung keine Benachteiligung der Minderheitsaktionäre i.S.v. Art. 125 Abs. 4 FinfraG und Art. 706 OR bewirkt. Diese Vermutung kann umgestossen werden, sofern besondere und aussergewöhnliche Um-stände vorliegen (vgl. Verfügung des Übernahme- und Staatshaftungsausschusses der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA vom 16. Oktober 2020 in Sachen MCH Group AG, Rn 35; Verfügung 765/01 vom 13. Juli 2020 in Sachen MCH Group AG, Rn 8 m.w.H.). Dabei wird allerdings nicht ohne Not in die Entscheidung der Generalversammlung eingegriffen.

4.  Transparenz

4.1 Grundsatz

[10] Eine Opting out-Bestimmung genügt dem Erfordernis der Transparenz, wenn die Absichten des Antragstellers, welcher die Opting out-Bestimmung einführen möchte, sowie die Absichten eines allenfalls die Zielgesellschaft kontrollierenden Aktionärs offengelegt werden. Zudem sind die Konsequenzen einer Opting out-Bestimmung aufzuführen, dies sowohl im Allgemeinen als auch mit Bezug auf die betreffende Gesellschaft. Der Antragsteller hat ausserdem Auskunft über die Gründe seines Vorschlags, über die vorgesehene Transaktion sowie über den daraus allenfalls resultierenden Kontrollwechsel zu geben. Diese Informationen sind den Aktionären bereits mit der Einladung zur Generalversammlung mitzuteilen und müssen an der Generalversammlung wiederholt werden (Verfügung 843/01 vom 3. Mai 2023 in Sachen Von Roll Holding AG, Rn 6 m.w.H.).

4.2 Würdigung

[11] Im vorliegenden Fall beabsichtigt der Verwaltungsrat von Swiss Steel, die Aktionäre in der Einladung zur geplanten ausserordentlichen Generalversammlung über die Hintergründe und Folgen der Einführung einer transaktionsspezifischen Opting out-Bestimmung zu informieren (vgl. Sachverhalt lit. K).

[12] Den Aktionären von Swiss Steel soll dabei erklärt werden, weshalb der Verwaltungsrat ihnen eine Opting out-Bestimmung vorschlägt und welche Konsequenzen die Opting out-Bestimmung im Allgemeinen und mit Bezug auf Swiss Steel haben wird, und zwar sowohl hinsichtlich ihrer unmittelbaren Wirkungsweise als auch hinsichtlich der Governance von Swiss Steel und deren mittelfristiger strategischen Ausrichtung nach Anwendung der Opting out-Bestimmung (vgl. Sachverhalt lit. K). Jeder Aktionär sollte dadurch in der Lage sein, eine bewusste Entscheidung über die Einführung einer transaktionsspezifischen Opting out-Bestimmung mit Blick auf Swiss Steel treffen zu können.

[13] Auch beabsichtigt der Verwaltungsrat von Swiss Steel gemäss Angaben im Gesuch, diese Informationen an der geplanten ausserordentlichen Generalversammlung zu wiederholen und dort ebenfalls allfällige Fragen der Aktionäre zu beantworten (vgl. Sachverhalt lit. L). Diese Informationen genügen daher den übernahmerechtlichen Anforderungen an die Transparenz, sofern der Verwaltungsrat zusätzlich in der Einladung zur Generalversammlung sowie anlässlich der Generalversammlung über die Absichten der Hauptaktionäre (vgl. Sachverhalt lit. W – Y), soweit bekannt, informiert.

4.3 Zwischenfazit

[14] Vor dem Hintergrund der Ausführungen hiervor erachtet die UEK das Erfordernis der Transparenz als erfüllt, wenn die Aktionäre von Swiss Steel in der Einladung zur Generalversammlung sowie anlässlich der Generalversammlung im beschriebenen Rahmen über die einzuführende transaktionsspezifische Opting out-Bestimmung und über die Absichten der Hauptaktionäre, soweit bekannt, informiert werden.

5.  Zustimmung der Mehrheit der Minderheit

5.1 Grundsatz

[15] Eine nachträglich eingeführte Opting out-Bestimmung ist im Grundsatz gültig, wenn (i) die Mehrheit der an der Generalversammlung vertretenen Stimmen und (ii) die Mehrheit der Minderheitsaktionäre (Mehrheit der Minderheit) an der Generalversammlung dem entsprechenden Antrag zustimmen. Um das Abstimmungsergebnis der Mehrheit der Minderheit zu ermitteln, genügt grundsätzlich eine gesonderte Auszählung (Verfügung des Übernahme- und Staatshaftungsausschusses der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA vom 16. Oktober 2020 in Sachen MCH Group AG, Rn 58 f. und 62; vgl. auch Verfügung 843/01 vom 3. Mai 2023 in Sachen Von Roll Holding AG, Rn 6). Daneben gelten zusätzlich allfällige statutarische Quoren, welche bei der betreffenden Gesellschaft im Fall einer Statutenänderung zu beachten sind.

5.2 Stimmberechtigung als Minderheitsaktionär bei der Ermittlung der «Mehrheit der Minderheit»

[16] Als Minderheitsaktionär gilt gemäss Praxis der UEK namentlich, wer weder direkt noch indirekt noch in gemeinsamer Absprache mit anderen einen Anteil von 33⅓% der Stimmrechte an der Zielgesellschaft hält, noch den Antrag auf Einführung der Opting out-Bestimmung beim Verwaltungsrat gestellt hat (vgl. Verfügung des Übernahme- und Staatshaftungsausschusses der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA vom 16. Oktober 2020 in Sachen MCH Group AG, Rn 46; vgl. auch Verfügung 843/01 vom 3. Mai 2023 in Sachen Von Roll Holding AG, Rn 6; Verfügung 765/01 vom 13. Juli 2020 in Sachen MCH Group AG, Rn 14 m.w.H.).

[17] Nicht als Minderheitsaktionär gilt hingegen, wer durch eine Opting out-Bestimmung direkt begünstigt wird (vgl. nicht publ. Verfügung 817/01 [Verfügung 817/01] vom 10. Juni 2022, Rn 32: «Als von der einzuführenden formell selektiven Opting up-Klausel begünstigte Person ist [XY (anonymisiert)] im Rahmen der Sonderabstimmung der Mehrheit der Minderheitsaktionäre nicht stimmberechtigt. Die Stimmrechte des [XY (anonymisiert)] sind somit nicht mitzuzählen, wenn das Abstimmungsergebnis der «Mehrheit der Minderheit» gesondert ausgezählt wird.»).

[18] Ebenfalls nicht als Minderheitsaktionär gilt schliesslich auch, wer im Hinblick auf die Einführung einer Opting out-Bestimmung in gemeinsamer Absprache mit einem Aktionär handelt, welcher seinerseits nicht zur Minderheit zu zählen ist (vgl. hierzu Verfügung 518/01 vom 11. Oktober 2012 in Sachen Advanced Digital Broadcast Holdings AG, Rn 23: « L’actionnaire qui demande l’introduction d’une clause d’opting out entend en principe tirer un avantage d’une telle clause, si bien qu’il convient de considérer que ses intérêts ne sont pas alignés avec ceux des autres actionnaires. Il en va de même de tout actionnaire avec qui l’actionnaire requérant l'introduction de la clause agit de concert. » [Hervorhebung hinzugefügt] und Verfügung 817/01, Rn 34 f.: «Zum anderen führen die aufgeführten Bedingungen aber auch dazu, dass weder […] noch der […] frei sind, ihre Stimmrechte im Hinblick auf die Abstimmung über das Opting up nach eigenem Ermessen auszuüben. Die beiden gegenseitig bedingten Commitment Agreements […] bewirken vielmehr mindestens einen indirekten Zwang […] in der kommenden Sonderabstimmung für die Annahme der selektiven Opting up-Klausel […] zu stimmen. […] handelt im Hinblick auf die Einführung des Opting up somit auf Grund der Commitment Agreements nicht frei, sondern in gemeinsamer Absprache mit [...]. Damit gilt […] nicht als Minderheitsaktionär für die Sonderabstimmung der «Mehrheit der Minderheit».»).

[19] Entscheidendes Kriterium für die Beantwortung der Frage, ob ein Aktionär bei der Ermittlung der «Mehrheit der Minderheit» als Minderheitsaktionär zu qualifizieren ist, ist dabei die typischerweise unterschiedliche Interessenlage in Bezug auf die Einführung der Opting out-Bestimmung: Während Aktionäre, die durch die Opting out-Bestimmung begünstigt werden, ein eigenes, direktes Interesse an deren Einführung haben, sind die übrigen (Minderheits-)Aktionäre typischerweise an einem Angebot zum Mindestpreis interessiert, welches infolge der Einführung der Opting out-Bestimmung möglicherweise entfällt. Auf dieses zentrale Unterscheidungsmerkmal wurde bereits mit der Verfügung 518/01 vom 11. Oktober 2012 in Sachen Advanced Digital Broadcast Holdings AG, Rn 16 ff. hingewiesen, mit welcher die nach wie vor geltende Praxis zur Gültigkeit einer nachträglich eingeführten Opting out-Bestimmung (d.h. namentlich die beiden Voraussetzungen der Transparenz und der Zustimmung der «Mehrheit der Minderheit») begründet wurde. In Rn 23 dieser Verfügung heisst es unter dem Titel « Définition du cercle des actionnaires minoritaires» hierzu «Le deuxième vote (ou le deuxième décompte des voix) vise à connaître l'opinion majoritaire des actionnaires qui subissent un préjudice potentiel du fait de l'introduction de la clause d'opting out. [Hervorhebung hinzugefügt] Il convient donc de définir avec précision qui sont ces actionnaires. Tout actionnaire disposant d’une participation de contrôle bénéficie de l’introduction d’une clause d’opting out puisque celle-ci lui permettra s’il le souhaite de céder cette participation sans que l’acquéreur ne soit tenu de présenter une offre obligatoire aux autres actionnaires. […] ces droits de vote ne doivent donc pas être comptés parmi les voix des minoritaires. L’actionnaire qui demande l’introduction d’une clause d’opting out entend en principe tirer un avantage d’une telle clause, si bien qu’il convient de considérer que ses intérêts ne sont pas alignés avec ceux des autres actionnaires. Il en va de même de tout actionnaire avec qui l’actionnaire requérant l’introduction de la clause agit de concert. C’est pourquoi leurs droits de vote ne doivent pas être comptés parmi les voix des actionnaires minoritaires» (vgl. zur Entwicklung der Praxis und zum entscheidenden Abgrenzungskriterium der unterschiedlichen Interessenlage zwischen demjenigen, der von der Opting out-Bestimmung begünstigt wird und den übrigen (Minderheits-)Aktionären auch Luc Thévenoz/Lukas Roos, Opting out, Mergers &Acquisitions XVII, 2015, S. 45).

5.3 Würdigung

[20] Vorliegend werden die Hauptaktionäre in der geplanten Opting out-Bestimmung zwar nicht namentlich genannt. Es handelt sich insofern nicht um eine formell selektive Opting out-Bestimmung, wie es im Sachverhalt der Fall war, welcher der nicht publ. Verfügung 817/01 (vgl. oben Rn [17]) zugrunde lag. Aufgrund der schwierigen finanziellen Lage der Zielgesellschaft geht die Zielgesellschaft indes davon aus, dass diese Kapitalerhöhung nur zustande kommt, sofern einer oder mehrere der Hauptaktionäre daran teilnehmen und dass infolgedessen damit zu rechnen ist, dass der bzw. die betreffende(n) Hauptaktionär(e) die angebotspflichtige Schwelle gemäss Art. 135 Abs. 1 FinfraG überschreiten wird bzw. werden. Infolgedessen befindet sich die Zielgesellschaft zurzeit im Gespräch mit den Hauptaktionären über deren Beteiligung an der geplanten Kapitalerhöhung (vgl. Sachverhalt lit. F und H sowie Rn [4]).

[21] Demnach ist die Opting out-Bestimmung angesichts der konkreten Umstände in Bezug auf die begünstigten Personen zwar nicht formell, wohl aber materiell selektiv: Die Opting out-Bestimmung soll gemäss Angaben der gesuchstellenden Gesellschaft im Zusammenhang mit der geplanten Kapitalerhöhung eingeführt werden. Diese wiederum kann mit hoher Wahrscheinlichkeit nur mit der Zustimmung eines oder mehrerer dieser Hauptaktionäre gelingen. Entsprechend ist unstreitig, dass die Opting out-Bestimmung zu Gunsten der Hauptaktionäre eingeführt werden soll, um diese vor einer allfälligen Angebotspflicht infolge einer möglichen Schwellenüberschreitung im Rahmen der Kapitalerhöhung zu schützen. Die Hauptaktionäre werden somit in casu von der materiell selektiven Opting out-Bestimmung genauso begünstigt, wie dies bei einer ausdrücklichen, namentlichen Nennung – also bei einer diesbezüglich formell selektiven Opting out-Bestimmung – der Fall wäre. Die Interessenlage der Hauptaktionäre hinsichtlich der Einführung der geplanten Opting out-Bestimmung in die Statuten der Zielgesellschaft unterscheidet sich vor diesem Hintergrund massgeblich von derjenigen der übrigen (Publikums-)Aktionäre (vgl. hierzu Luc Thévenoz/Lukas Roos, Opting out, Mergers & Acquisitions XVII, 2015, Band 160, S. 45).

[22] An diesem Ergebnis ändert auch der Umstand nichts, dass die Hauptaktionäre gegenüber der UEK unterschiedliche Absichten in Bezug auf die geplante Kapitalerhöhung geäussert haben: Während Martin Haefner / BigPoint Holding AG mitteilen, dass sie grundsätzlich bereit seien, eine Backstop-Zusage zur Zeichnung der neu auszugebenden Aktien abzugeben und dabei davon ausgingen, dass dies zu einer Überschreitung der Schwelle von 33⅓% der Stimmen an Swiss Steel führen könne (vgl. Sachverhalt lit. W), gibt die Aktionärsgruppe bestehend aus Liwet Holding AG und CopmplexProm Joint Company an, dass sie grundsätzlich nicht plane, ihre Beteiligung an Swiss Steel zu erhöhen und den Schwellenwert von 33⅓% der Stimmrechte zu überschreiten (vgl. Sachverhalt lit. X). Peter Spuhler / PCS Holding AG ihrerseits haben verlauten lassen, dass ihr Prozess der Entscheidfindung aller Voraussicht nach erst nach Erhalt und Prüfung der GV-Einladung abgeschlossen werden könne (vgl. Sachverhalt lit. Y und AA f.). Bei diesen Mitteilungen handelt es sich indes nicht um verbindliche Commitments. Insbesondere halten die drei Hauptaktionäre ihre Absichten weder gegenüber den Aktionären noch gegenüber der Zielgesellschaft in verbindlicher Weise fest (vgl. Sachverhalt lit. K und act. 1/1, Rn 13). Die Hauptaktionäre bleiben somit frei, ihre diesbezügliche Meinung zu ändern (insofern diese überhaupt bereits gebildet wurde), namentlich wenn der Ausgabepreis et al. der neu auszugebenden Aktien feststeht. Die Erklärungen schliessen m.a.W. nicht aus, dass jeder der Hauptaktionäre anlässlich der geplanten Kapitalerhöhung den Schwellenwert von 33⅓% der Stimmrechte überschreiten und von der Opting out-Bestimmung profitieren könnte. Damit zeigen die Äusserungen der Hauptaktionäre ebenso wie die diesbezüglichen Aussagen der Zielgesellschaft, dass unter den Hauptaktionären noch keine endgültige Klarheit besteht, wer in welcher Form an der Kapitalerhöhung partizipieren und von der Opting out-Bestimmung profitieren bzw. nicht profitieren wird. Die Äusserungen der Hauptaktionäre vermögen somit nichts an der Feststellung zu ändern, dass die Opting out-Bestimmung im Zusammenhang mit der geplanten Kapitalerhöhung für die Hauptaktionäre eingeführt werden soll und daher als materiell selektiv zu qualifizieren ist.

[23] Die gesuchstellende Gesellschaft wendet in diesem Zusammenhang ein, dass derjenige oder diejenigen Hauptaktionär(e), welche(r) die Angebotsschwelle von 33⅓% der Stimmrechte im Rahmen der geplanten Kapitalerhöhung nicht überschreiten wird bzw. werden, kein (eigenes) Interesse an der Einführung einer Opting out-Bestimmung hätte(n), da ihm bzw. ihnen (auch) diese Opting out-Bestimmung nicht ermöglichen würde, ihr Aktienpaket dem kontrollierenden Hauptaktionär mit einer Prämie zu verkaufen und ein solcher Verkauf zudem weder aus ökonomischer noch rechtlicher Sicht zu erwarten sei (vgl. oben Rn [4]).

[24] Hierzu ist Folgendes zu sagen: In Bezug auf die Beurteilung der Interessenlage ist ausschlaggebend, dass die Opting out-Bestimmung die Hauptaktionäre begünstigen soll, damit jeder von ihnen für den Fall einer Überschreitung der Angebotsschwelle von 33⅓% der Stimmrechte im Rahmen der geplanten Kapitalerhöhung nicht angebotspflichtig wird. Es ist nicht zusätzlich vorauszusetzen, dass diejenigen Hauptaktionäre, welche diese Schwelle nicht überschreiten, beabsichtigen, ihre Aktienpakte dem (infolge der Kapitalerhöhung) neu kontrollierenden Hauptaktionär zu verkaufen. Anzufügen ist, dass die Opting out-Bestimmung – entgegen den Ausführungen der gesuchstellenden Gesellschaft – durchaus die Chance erhöht, dass der kontrollierende Hauptaktionär die Pakete der anderen Hauptaktionäre zu einem späteren Zeitpunkt erwerben wird, da ein solcher Erwerb für den kontrollierenden Aktionär, der die Angebotsschwelle von 33⅓% der Stimmrechte im Rahmen der geplanten Kapitalerhöhung bereits überschritten hat, keine Angebotspflicht mehr auslösen würde.

[25] Vorliegend kommt hinzu, dass in Bezug auf die geplante Kapitalerhöhung und die damit verbundenen allfälligen Konsequenzen für die künftige Beherrschung der Zielgesellschaft ein wesentliches Informationsgefälle zwischen den Hauptaktionären und den übrigen Aktionären besteht, wobei die Hauptaktionäre zudem auch auf Art und Umfang der Kapitalerhöhung Einfluss nehmen können: Die Kapitalerhöhung wurde von einem der Hauptaktionäre, BigPoint Holding AG, vorgeschlagen (vgl. Sachverhalt lit. G und act. 16/1, Ziff. 1) und wird zurzeit von der Zielgesellschaft mit diesen Hauptaktionären besprochen (vgl. VR-Protokoll vom 13.12.2023; act. 16/1). Nach Angaben der gesuchstellenden Gesellschaft stellen zudem zwei der Hauptaktionäre Vertreter im Verwaltungsrat der Zielgesellschaft (vgl. Sachverhalt lit. Q). Bei dieser Ausgangslage ist davon auszugehen, dass die Hauptaktionäre einen wesentlichen Einfluss auf die geplante Kapitalerhöhung bzw. die Art und Weise deren Durchführung nehmen können (z.B. ob ein Entzug der Bezugsrechte traktandiert werden soll). Demgegenüber müssen die übrigen Aktionäre über die Einführung der geplanten Opting out-Bestimmung und die damit zusammenhängende Kapitalerhöhung entscheiden, obwohl sie im Zeitpunkt der diesbezüglichen Generalversammlung wesentliche Eckpunkte der geplanten Kapitalerhöhung noch nicht kennen: Weder wissen diese Aktionäre, welcher der Hauptaktionäre künftig die Zielgesellschaft beherrschen wird, noch haben sie Kenntnis über sämtliche Modalitäten der Kapitalerhöhung. Dieses Informationsgefälle zwischen den Hauptaktionären und den übrigen Aktionären sowie die Einflussmöglichkeit von ersteren rechtfertigt es zusätzlich, die Hauptaktionäre nicht den Minderheitsaktionären zuzurechnen.

[26] In Bezug auf BigPoint Holding AG kommt im Weiteren hinzu, dass dieser Aktionär zwar nicht den formellen Antrag auf die Einführung der Opting out-Bestimmung stellt. BigPoint Holding AG hat aber dem Verwaltungsrat der Zielgesellschaft die geplante Kapitalerhöhung vorgeschlagen (vgl. act. 16/1), was die Einführung der entsprechenden Opting out-Bestimmung voraussetzt, da die Kapitalerhöhung wegen der wirtschaftlich schwierigen Situation der Zielgesellschaft wie gesehen nur mithilfe eines oder mehrerer der Hauptaktionäre durchgeführt werden kann und dies auch nur dann, wenn für den bzw. die betreffenden Hauptaktionäre hieraus keine Angebotspflicht entsteht. Damit nimmt BigPoint Holding AG im Ergebnis (auch) in Bezug auf die Einführung der Opting out-Bestimmung die Rolle eines Antragsstellers ein.

[27] Gemäss dem Protokoll der Sitzung des Verwaltungsrates von Swiss Steel vom 13. Dezember 2023 wurde auch die Alternative einer Sanierungsausnahme erwogen, wobei der Einführung einer Opting out-Bestimmung der Vorzug gegeben wurde, da hierüber die Aktionäre entscheiden können und kein Risiko einer allfälligen Befristung bestehe (vgl. Sachverhalt lit. U). Voraussetzung für die Gewährung einer Sanierungsausnahme wäre gemäss konstanter Praxis das Vorliegen eines Sanierungsbedarfs, die Eignung der Sanierungsmassnahme und die Subsidiarität der Sanierungsausnahme. Aus Sicht der Minderheitsaktionäre würde dieses Vorgehen den Vorteil aufweisen, dass im Fall einer Sanierungsausnahme deren materiell- und verfahrensrechtliche Voraussetzungen sicherstellen, dass tatsächlich eine Sanierungssituation vorliegt, die Sanierungsausnahme geeignet ist und nur subsidiär erteilt wird, während dies bei der Einführung einer Opting out-Bestimmung weder Voraussetzung ist noch behördlich überprüft wird (vgl. hierzu Lukas Roos, Sanierungsausnahem und selektives Opting out/up – ein Vergleich, SZW 2023 S. 327, 333 f.). Umso wichtiger erscheint es, dass der wichtigste Schutzmechanismus der Minderheitsaktionäre anlässlich der Einführung einer Opting out-Bestimmung – also die Zustimmung der Mehrheit der Minderheit – nicht durch eine (allzu) weit gefasste Definition der Minderheitsaktionäre illusorisch wird. Andernfalls würde der Minderheitsschutz bei der Einführung einer Opting out-Bestimmung im Vergleich zur Gewährung einer Sanierungsausnahme nur ungenügend gewährleistet.

[28] Im Weiteren ist auch das Argument von Swiss Steel bezüglich des Verstosses gegen die Eigentumsgarantie und die Wirtschaftsfreiheit (vgl. Rn 4) nicht einschlägig: Entgegen der Behauptung von Swiss Steel behalten die Hauptaktionäre das Recht, über die Einführung der statutarischen Opting-out-Bestimmung abzustimmen. Die Ausübung ihrer Stimmrechte wird dabei nicht berührt (vgl. Art. 692 OR). Aus übernahmerechtlicher Sicht werden ihre Stimmen nur (aber immerhin) bei der zweiten Stimmenauszählung nicht berücksichtigt. Dies dient dazu, die Mehrheitsmeinung der Aktionäre zu ermitteln, die durch die Einführung der Opting-out-Bestimmung potenziell beeinträchtigt werden. Der Ausschluss der Stimmen der Hauptaktionäre von der zweiten Auszählung kann unter diesen Umständen nicht als Verstoss gegen die Eigentumsgarantie und die Wirtschaftsfreiheit angesehen werden.

[29] Schliesslich war sich Swiss Steel auch des Umstandes bewusst, dass die Hauptaktionäre unter Umständen nicht als Minderheitsaktionäre im Sinne der Praxis der UEK gelten würden. Dies geht aus dem Protokoll des Verwaltungsrates von Swiss Steel vom 4. Januar 2024 hervor: «The Company is of the opinion that all shareholders including [BigPoint Holding AG] fall under this definition as [BigPoint Holding AG] has not asked for the opting out clause and has a shareholding below 33⅓%. As this view could be challenged, the purpose of this part of the motion to UEK is to obtain legal certainty as to who can vote on the opting out in the General Meeting» (act. 16/3, Ziff. 4 S. 4, Hervorhebung hinzugefügt). Aus dem erwähnten Zitat wird ersichtlich, dass Swiss Steel bereits anfangs Januar 2024 darüber im Bild war, dass das von ihr geplante Vorgehen rechtlich angezweifelt werden konnte. Im Übrigen hat die UEK auch in der Sekretariatsauskunft vom 17. Januar 2024 auf diesen Umstand hingewiesen (vgl. act. 2 und 20/1, Rn 7, sowie Sachverhalt lit. M).

5.4 Zwischenfazit

[30] Nach Gesagtem ist erstellt, dass die Hauptaktionäre von der materiell selektiven Opting out-Bestimmung begünstigt werden. Sie sind daher nicht zu den Minderheitsaktionären zu zählen.

[31] Demnach ist Antrag Ziff. 2 abzuweisen und festzustellen, dass die Hauptaktionäre, also BigPoint Holding AG, PCS Holding AG und die Aktionärsgruppe bestehend aus Liwet Holding AG und ComplexProm Joint Stock Company bei der Abstimmung über die Einführung der Opting out-Bestimmung nicht als Minderheitsaktionäre gelten und folglich deren Stimmen bei der Ermittlung der «Zustimmung der Mehrheit der Minderheit» nicht mitzuzählen sind.

6.  Keine besonderen Umstände

[32] Sind die Voraussetzungen der Transparenz und der doppelten Mehrheit erfüllt, wird – wie in Rn  [9] erwähnt – vermutet, dass die Opting out-Bestimmung keine Benachteiligung der Minderheitsaktionäre i.S.v. Art. 125 Abs. 4 FinfraG i.V.m. Art. 706 OR bewirkt.

[33] Im vorliegenden Fall sind derzeit keine besonderen und aussergewöhnlichen Umstände ersichtlich, welche es gemäss dem derzeitigen Kenntnisstand der UEK rechtfertigen würden, in den Entscheid der Minderheitsaktionäre von Swiss Steel einzugreifen, welchen die Aktionäre an der geplanten ausserordentlichen Generalversammlung fällen werden.

7.  Fazit

[34] Angesichts der Ausführungen in Erw. 3 – 6 hiervor kann festgestellt werden, dass die geplante Opting out-Bestimmung, über welche an einer voraussichtlich im März oder April 2024 durchzuführenden ausserordentlichen Generalversammlung von Swiss Steel abgestimmt werden soll, nur dann übernahmerechtlich gültig ist, sofern klar gestellt wird, dass an der Abstimmung der «Mehrheit der Minderheit» über die Einführung der beabsichtigten Opting out-Bestimmung die Stimmrechte von BigPoint Holding AG, PCS Holding AG und der Aktionärsgruppe bestehend aus Liwet Holding AG und ComplexProm Joint Stock Company nicht mitzuzählen sind.

[35] Der Antrag Ziff. 1 wird dementsprechend gutgeheissen, sofern (i) die Aktionäre von Swiss Steel über die Einführung der Opting Out-Bestimmung und deren Folgen und über die Absichten der Hauptaktionäre, soweit bekannt, transparent im Sinne der Erwägungen hiervor informiert werden und (ii) die Mehrheit der vertretenen Stimmen und die Mehrheit der vertretenen Stimmen der Minderheitsaktionäre an der geplanten Generalversammlung der gesuchstellenden Gesellschaft der entsprechenden Statutenbestimmung zustimmen.

[36] Der Antrag Ziff. 2 von Swiss Steel wird abgewiesen.

8.  Publikation

[37] Wird bei der UEK ein Gesuch, beispielsweise für die Gewährung einer Ausnahme von der Angebotspflicht, eingereicht, so eröffnet die UEK ein Verfahren und lädt die Parteien zur Abgabe einer Stellungnahme ein (Art. 61 Abs. 1 UEV). Vor der Eröffnung der Verfügung kann die Zielgesellschaft eine Stellungnahme ihres Verwaltungsrates vorlegen, die sie gleichzeitig mit der Verfügung der UEK veröffentlichen möchte (Art. 61 Abs. 1bis UEV). Die Zielgesellschaft veröffentlicht sodann (a) die allfällige Stellungnahme ihres Verwaltungsrates, (b) das Dispositiv der Verfügung der UEK und (c) den Hinweis, innert welcher Frist und unter welchen Bedingungen ein qualifizierter Aktionär Einsprache gegen die Verfügung der UEK erheben kann (Art. 61 Abs. 3 UEV). Die Art. 6 f. UEV sind auf diese Veröffentlichung anwendbar (Art. 61 Abs. 4 UEV).

[38] Im vorliegenden Fall beantragt Swiss Steel im Rahmen ihres Antrags Ziff. 3, dass die Verfügung der UEK erst nach der Ankündigung der Kapitalerhöhung durch Swiss Steel zu publizieren sei.

[39] Antrag Ziff. 3 von Swiss Steel wird insoweit stattgegeben, als die Publikation der vorliegenden Verfügung auf der Website der UEK frühestens zeitgleich mit der Ankündigung der geplanten Kapitalerhöhung durch Swiss Steel erfolgt.

[40] Swiss Steel wird verpflichtet, das Dispositiv der vorliegenden Verfügung sowie den Hinweis auf das Einspracherecht der qualifizierten Aktionäre von Swiss Steel zu veröffentlichen.

[41] Die vorliegende Verfügung wird anschliessend gestützt auf Art. 138 Abs. 1 Satz 2 FinfraG nach der Veröffentlichung von Swiss Steel auf der Website der UEK publiziert.

[42] Wird die vorliegende Verfügung nicht veröffentlicht, entfalten die Feststellungen betreffend die geplante Opting out-Bestimmung gemäss Erw. 7 hiervor ausschliesslich im Zusammenhang mit der in dieser Verfügung beschriebenen Transaktion Rechtswirkung.

9.  Gebühr

[43] Gemäss Art. 118 Abs. 1 Satz 1 FinfraV erhebt die UEK für Entscheide in anderen Übernahmesachen, wie beispielsweise über Gesuche betreffend eine Ausnahme von der Angebotspflicht, eine Gebühr. Die Gebühr beträgt je nach Umfang und Schwierigkeit des Falles bis zu CHF 50'000 (Art. 118 Abs. 2 FinfraV).

[44] Angesichts des Umfangs und der bedeutenden Schwierigkeit des vorliegend behandelten Falles wird gestützt auf Art. 118 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 FinfraV eine Gebühr von CHF 50'000 zu Lasten von Swiss Steel erhoben.

 

Die Übernahmekommission verfügt:

1. Auf Grund der der Übernahmekommission vorliegenden Akten wird festgestellt, dass die den Aktionären von Swiss Steel Holding AG zu unterbreitende Statutenbestimmung betreffend Opting out übernahmerechtlich gültig ist, sofern (i) die Aktionäre von Swiss Steel Holding AG über die Einführung der Opting out-Bestimmung und deren Folgen und über die Absichten von PCS Holding AG, BigPoint Holding AG und der Aktionärsgruppe bestehend aus Liwet Holding AG und ComplexProm Joint Stock Company, soweit bekannt, transparent informiert werden und (ii) die Mehrheit der vertretenen Stimmen und die Mehrheit der vertretenen Stimmen der Minderheitsaktionäre an der geplanten Generalversammlung von Swiss Steel Holding AG der entsprechenden Statutenbestimmung zustimmen.

2. Es wird festgestellt, dass bei der Abstimmung über die Einführung der in Dispositiv-Ziff. 1 hiervor referenzierten Opting out-Bestimmung an einer Generalversammlung der Swiss Steel Holding AG die Stimmen von PCS Holding AG, BigPoint Holding AG und der Aktionärsgruppe bestehend aus Liwet Holding AG und ComplexProm Joint Stock Company bei der Ermittlung der «Mehrheit der Minderheit» nicht mitzuzählen sind.

3. Die vorliegende Verfügung ist frühestens zeitgleich mit Ankündigung der von Swiss Steel Holding AG geplanten Kapitalerhöhung durch Swiss Steel Holding AG zu veröffentlichen.

4. Swiss Steel Holding AG wird verpflichtet, das Dispositiv der vorliegenden Verfügung sowie den Hinweis auf das Einspracherecht der qualifizierten Aktionäre gemäss Art. 6 und 7 UEV zu veröffentlichen.

5. Diese Verfügung wird nach der Veröffentlichung von Swiss Steel Holding AG gemäss Dispositiv-Ziff. 4 hiervor auf der Website der Übernahmekommission publiziert.

6. Wird die vorliegende Verfügung nicht veröffentlicht, entfalten die Dispositiv-Ziff. 1 und 2 hiervor ausschliesslich im Zusammenhang mit der im Rahmen der vorliegenden Verfügung beschriebenen Transaktion Rechtswirkung.

7.

Die Gebühr zu Lasten von Swiss Steel Holding AG beträgt CHF 50'000.

 

 

 

Die Präsidentin:

Mirjam Eggen

 

 

Diese Verfügung geht an:

- Swiss Steel Holding AG, vertreten durch Dr. Philippe Weber und Thomas Brönnimann, Niederer Kraft Frey AG.

 

 

 

Beschwerde (Art. 140 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes, SR 958.1):

Diese Verfügung kann innert einer Frist von fünf Börsentagen bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA, Laupenstrasse 27, CH-3003 Bern, angefochten werden. Die Anfechtung hat schriftlich zu erfolgen und ist zu begründen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 52 VwVG zu genügen.

 

Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):

Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens drei Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV) und am Verfahren bisher nicht teilgenommen hat, kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben. Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung der vorliegenden Verfügung einzureichen. Sie muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der Beteiligung gemäss Art. 56 Abs. 3 und 4 UEV enthalten (Art. 58 Abs. 3 UEV).