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0847 - Datacolor AG

Verfügung 847/01 vom 21. Juli 2023

Öffentliches Kaufangebot von Werner O. Dubach an die Aktionäre der Datacolor AG –Voranmeldung, Angebotsprospekt und Bericht des Verwaltungsrats

Sachverhalt:

A.
Datacolor AG (Datacolor oder die Zielgesellschaft) ist eine im Handelsregister des Kantons Zug eingetragene Aktiengesellschaft mit Sitz in Risch, Zug (UID: CHE-103.432.684). Datacolor ist ein auf Farbmanagement und Farbkommunikationstechnologie spezialisiertes Unternehmen, das digitale Lösungen und Systeme für die Farbmessung, Farbabstimmung, Qualitätskontrolle und Farbkommunikation anbietet. Datacolor bezweckt im Wesentlichen den Erwerb, das Halten, die Verwaltung und die Veräusserung von Beteiligungen an anderen Unternehmungen jeder Art im In- und Ausland. Die Gesellschaft kann Dienstleistungen für Gruppengesellschaften erbringen, insbesondere in den Bereichen Management und Finanzierung.

Das Aktienkapital von Datacolor beträgt CHF 168'044 und ist eingeteilt in 168'044 voll liberierte Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 1.00 (Datacolor-Aktien). Die Zielgesellschaft selbst hält 7'288 eigene Datacolor-Aktien, entsprechend rund 4.34% des Aktienkapitals. Die Datacolor-Aktien sind an der SIX Swiss Exchange AG (SIX) im Wertpapiersegment Swiss Shares kotiert (ISIN: CH0008531045; Valorennummer: 853104; Valorensymbol: DCN). Die Statuten der Datacolor enthalten weder eine Opting up- noch eine Opting out-Klausel.

Die Datacolor-Aktien sind derzeit keine liquiden Beteiligungspapiere im Sinne des Rundschreibens Nr. 2 der Übernahmekommission (UEK): Liquidität im Sinne des Übernahmerechts vom 26. Februar 2010 (UEK-Rundschreiben Nr. 2).

B.
Werner O. Dubach (Werner Dubach oder Anbieter) ist seit 1970 bei Datacolor tätig und seit 1998 deren Verwaltungsratspräsident. Gemäss der Datenbank der SIX Exchange Regulation betreffend bedeutende Aktionäre hält Werner Dubach per 3. Juli 2023 als wirtschaftlich berechtigte Person i.S.v. Art. 10 Abs. 1 FinfraV-FINMA 140'712 Datacolor-Aktien, was rund 83.74% der Stimmrechte der Datacolor entspricht.

C.
Am 19. Juni 2023 teilte Ernst & Young AG, Zürich (Prüfstelle oder Ernst & Young), der UEK mit, dass sie mit der Prüfung des geplanten öffentlichen Kaufangebots von Werner Dubach für alle sich im Publikum befindenden Datacolor-Aktien nach Art. 26 ff. UEV beauftragt worden sei und legte gegenüber der UEK dar, dass sie die Voraussetzungen an die Unabhängigkeit i.S.v. Art. 26 Abs. 2 UEV erfülle.

D.
Am 3. Juli 2023 nach Handelsschluss der SIX wurde die Voranmeldung zum Angebot von Werner Dubach für alle sich im Publikum befindlichen Datacolor-Aktien veröffentlicht (Voranmeldung). Gemäss Voranmeldung bietet der Anbieter als Angebotspreis CHF 760.00 netto in bar für jede Datacolor-Aktie. Das Angebot von Werner Dubach soll sich gemäss Voranmeldung auf sämtliche Datacolor-Aktien beziehen, welche sich am Datum der Publikation der Voranmeldung nicht im Eigentum von Werner Dubach oder der Zielgesellschaft befinden. Der Angebotsprospekt wird gemäss Voranmeldung voraussichtlich am oder um den 27. Juli 2023 veröffentlicht werden. Nach Ablauf der Karenzfrist von zehn Börsentagen soll das Angebot von Werner Dubach voraussichtlich 25 Börsentage offen sein, d. h. voraussichtlich vom 14. August 2023 bis zum 15. September 2023, 16.00 Uhr MESZ. Der Anbieter beabsichtigt nach Vollzug des Angebots die Dekotierung der Datacolor-Aktien von der SIX.

E.
Der Angebotsprospekt, der Bericht des Verwaltungsrats und die Fairness Opinion von IFBC AG, Zürich (IFBC), wurden auf Verlangen der UEK vom 5. Juli 2023 (act. 12) vor der Publikation der UEK zur Prüfung unterbreitet.

F.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus der Präsidentin Mirjam Eggen, Lionel Aeschlimann und Hans-Peter Wyss gebildet.

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1.  Voranmeldung

[1] Ein Anbieter kann gemäss Art. 5 Abs. 1 UEV ein Angebot vor der Veröffentlichung des Angebotsprospekts voranmelden. Die daran anknüpfenden Rechtswirkungen ergeben sich aus Art. 8 UEV.

[2] Vorliegend wurde die Voranmeldung am 3. Juli 2023 nach Handelsschluss an der SIX in Übereinstimmung mit Art. 7 UEV in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht. Die Voranmeldung enthielt sämtliche nach Art. 5 Abs. 2 UEV erforderlichen Informationen und entfaltete ihre Wirkungen somit an diesem Tag.

[3] Nach Art. 8 Abs. 1 UEV muss der Anbieter innerhalb von sechs Wochen nach der Voranmeldung einen Angebotsprospekt veröffentlichen.

[4] Sofern die Veröffentlichung des Angebotsprospekts wie derzeit vom Anbieter beabsichtigt am 27. Juli 2023 (bzw. spätestens am 14. August 2023) erfolgt, ist die sechswöchige Frist gemäss Art. 8 Abs. 1 UEV eingehalten.

2.  Gegenstand des Angebots

[5] Das Angebot von Werner Dubach erstreckt sich auf sämtliche Datacolor-Aktien, welche sich am Datum der Publikation der Voranmeldung nicht im Eigentum von Werner Dubach oder der Zielgesellschaft befinden. Überdies erstreckt sich das Angebot von Werner Dubach auch auf Datacolor-Aktien, die bis zum Ende der Nachfrist aus (allfälligen) Finanzinstrumenten stammen, wobei jedoch per Datum dieser Verfügung keine solchen Finanzinstrumente bestehen, die bis zum Ende der Nachfrist zur Ausgabe von weiteren Datacolor-Aktien führen könnten.

[6] Der Anbieter erfüllt damit die Anforderungen gemäss Art. 9 Abs. 2 UEV.

3.  Handeln in gemeinsamer Absprache i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV

3.1 Grundsatz

[7] Für Personen, die im Hinblick auf ein Angebot in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe mit dem Anbieter handeln, gilt Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA sinngemäss (Art. 11 Abs. 1 UEV). Nach Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA handelt in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe, wer seine Verhaltensweise im Hinblick auf den Erwerb oder die Veräusserung von Beteiligungspapieren oder die Ausübung von Stimmrechten mit Dritten durch Vertrag oder andere organisierte Vorkehren abstimmt. In gemeinsamer Absprache mit dem Anbieter i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV handelnde Personen haben zudem die Pflichten nach Art. 12 UEV einzuhalten, was von der Prüfstelle zu überprüfen ist.

[8] Gemäss Praxis der UEK handeln Personen im Hinblick auf ein Angebot in gemeinsamer Absprache mit dem Anbieter i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV, die ihr Verhalten hinsichtlich des Unterbreitens eines öffentlichen Kaufangebots und dessen Bedingungen koordiniert und sich über das Angebot und dessen Bedingungen geeinigt haben (Verfügung 844/03 vom 12. Juni 2023 in Sachen GAM Holding AG, Rn 7; Verfügung 822/01 vom 14. Juli 2022 in Sachen Bobst Group AG, Rn 13). Zudem handeln alle vom Anbieter direkt oder indirekt beherrschten Gesellschaften und Personen sowie, ab dem Datum einer zwischen dem Anbieter und der Zielgesellschaft abgeschlossenen Transaktionsvereinbarung, die Zielgesellschaft und alle Personen und Gesellschaften, die direkt oder indirekt von der Zielgesellschaft beherrscht werden, mit dem Anbieter in gemeinsamer Absprache i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV (Verfügung 823/01 vom 25. Juli 2022 in Sachen Valora Holding AG, Rn 8; Verfügung 805/02 vom 24. Februar 2022 in Sachen Bank Linth LLB AG, Rn 19).

[9] Vorliegend handeln Datacolor und alle von Datacolor (direkt oder indirekt) beherrschten Gesellschaften und Personen sowie alle anderen von Werner Dubach (direkt oder indirekt) beherrschten Gesellschaften und Personen in gemeinsamer Absprache mit dem Anbieter i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV.

3.2 Offenlegung im Angebotsprospekt

[10] Der Anbieter hat nach Art. 19 Abs. 1 lit. d UEV die in gemeinsamer Absprache mit ihr handelnden Personen im Angebotsprospekt offen zu legen.

[11] Der Angebotsprospekt enthält in Abschnitt C, Ziff. 2 die gemäss Art. 19 Abs. 1 lit. d UEV erforderlichen Angaben. Gemäss Abschnitt C, Ziff. 2 des Angebotsprospekts handeln Datacolor und alle von Datacolor (direkt oder indirekt) kontrollierten Gesellschaften und Personen in gemeinsamer Absprache mit dem Anbieter Werner Dubach i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV. Ebenfalls in gemeinsamer Absprache mit Werner Dubach handelt sodann auch die AK Anne Keller Consulting GmbH, an welcher Werner Dubach 100% der Stammanteile hält.

3.3 Fazit

[12] In Bezug auf die in gemeinsamer Absprache mit dem Anbieter i.S.v. Art. 11 Abs. 1 UEV handelnden Personen entspricht der Angebotsprospekt somit den gesetzlichen Anforderungen.

4.  Nicht-Anwendbarkeit der Mindestpreisvorschriften

4.1 Anwendungsbereich der Mindestpreisvorschriften

[13] Art. 135 Abs. 2 FinfraG i.V.m. Art. 42 – 47 FinfraV-FINMA sehen einerseits für Pflichtangebote, d.h. für Angebote, die unterbreitet werden müssen, weil eine Person den Grenzwert von 33 ⅓% der Stimmrechte überschreitet (Art. 135 Abs. 1 FinfraG), einen Mindestpreis vor (Mindestpreisvorschriften). Gemäss Art. 9 Abs. 6 UEV finden die Mindestpreisvorschriften andererseits sodann auch auf alle Angebote Anwendung, bei denen der Erwerber – im Fall eines erfolgreichen Angebots – so viele Aktien erwirbt, dass er zusammen mit einer allfälligen bereits vorher existierenden Beteiligung den Grenzwert von 33 ⅓% der Stimmrechte überschreitet (sog. Kontrollwechsel-Angebot).

4.2 Kein Pflicht- oder Kontrollwechsel-Angebot

[14] Bei der Datacolor handelt es sich um eine mehrheitlich von Werner Dubach kontrollierte Gesellschaft (vgl. Sachverhalt lit. B). Bei dem Angebot von Werner Dubach handelt es sich demzufolge weder um ein Pflicht- noch um ein Kontrollwechsel-Angebot.

4.3 Fazit

[15] Aufgrund der Tatsache, dass es sich beim Angebot von Werner Dubach weder um ein Pflichtangebot noch um ein Kontrollwechsel-Angebot handelt, finden die Mindestpreisvorschriften auf das Angebot von Werner Dubach keine Anwendung.

[16] Aufgrund der Nicht-Anwendbarkeit der Mindestpreisvorschriften ist im vorliegenden Fall — ungeachtet der illiquiden Datacolor-Aktien (Sachverhalt lit. A) — keine Unternehmensbewertung durch die Prüfstelle i.S.v. Art. 42 Abs. 4 FinfraV-FINMA notwendig.

5.  Best Price Rule und Bestätigung der Prüfstelle

[17] Gemäss Art. 10 Abs. 1 UEV müssen der Anbieter und die mit ihm in gemeinsamer Absprache handelnden Personen, die von der Veröffentlichung des Angebots bis sechs Monate nach Ablauf der Nachfrist Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwerben, diesen Preis allen Empfängern des Angebots anbieten (Best Price Rule).

[18] Die Prüfstelle hat die Einhaltung der Best Price Rule zu bestätigen (Art. 28 Abs. 1 lit. d UEV). Es wird Ernst & Young hierfür eine Frist von einem Monat angesetzt, beginnend mit dem Ende des für die Best Price Rule relevanten Zeitraums von sechs Monaten nach Ablauf der Nachfrist.

6.  Bedingungen

[19] Nach Art. 8 Abs. 1 UEV muss der Anbieter innerhalb von sechs Wochen nach der Voranmeldung einen Angebotsprospekt veröffentlichen, der den Konditionen der Voranmeldung entspricht.

[20] Vorliegend entspricht die Bedingung des Angebotsprospekts (vgl. Angebotsprospekt, Abschnitt B, Ziff. 5) derjenigen der Voranmeldung.

[21] Gemäss den allgemeinen Grundsätzen ist eine Bedingung bei freiwilligen Angeboten wie dem vorliegenden zulässig, wenn der Anbieter an ihr ein begründetes Interesse hat (Art. 13 Abs. 1 erster Satz UEV), die Bedingung nicht potestativ (Art. 13 Abs. 2 UEV), genügend klar bestimmt und nicht unlauter ist (Art. 1 UEV).

[22] Das Angebot von Werner Dubach steht unter der Bedingung, dass kein Gericht und keine Behörde einen Entscheid oder eine Verfügung erlassen hat, die den Vollzug dieses Angebots verhindert, verbietet oder für unzulässig erklärt.

[23] Diese Bedingung ist gemäss Praxis der UEK bis zum Vollzug des Angebots von Werner Dubach zulässig (vgl. Verfügung 844/03 vom 12. Juni 2023 in Sachen GAM Holding AG, Rn 47; Verfügung 822/02 vom 2. September 2022 in Sachen Bobst Group AG, Rn 21).

7.  Bedeutende Aktionäre des Anbieters

[24] Gemäss Art. 19 Abs. 1 lit. b UEV hat der Angebotsprospekt Informationen zur Identität der Aktionärinnen und Aktionäre oder der Aktionärsgruppen, die über mehr als drei Prozent der Stimmrechte am Anbieter verfügen, sowie zum Prozentsatz ihrer Beteiligung zu enthalten. Anzugeben sind die direkt haltenden Aktionäre und die allenfalls wirtschaftlich Berechtigten (vgl. Art. 10 Abs. 1 FinfraV-FINMA sowie Verfügung 823/01 vom 25. Juli 2022 in Sachen Valora Holding AG, Rn 64 ff.).

[25] Der Angebotsprospekt enthält die diesbezüglichen Angaben in Abschnitt A sowie C, Ziff. 3.

8.  Bericht des Verwaltungsrats der Datacolor

[26] Gemäss Art. 132 Abs. 1 FinfraG hat der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft einen Bericht zu veröffentlichen, in dem er zum Angebot Stellung nimmt. Die darin abgegebenen Informationen müssen wahr und vollständig sein. Der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft hat nach Art. 30 Abs. 1 UEV sämtliche Informationen zu enthalten, die notwendig sind, damit die Angebotsempfänger ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können (vgl. dazu im Einzelnen auch die 30 ff. UEV).

8.1 Interessenkonflikte und Empfehlung

8.1.1 Anforderungen gemäss UEV

[27] Gemäss Art. 32 Abs. 1 UEV hat der Bericht des Verwaltungsrats auf allfällige Interessenkonflikte von Mitgliedern des Verwaltungsrats oder der obersten Geschäftsleitung hinzuweisen. Im Bericht des Verwaltungsrats ist gemäss Art. 32 Abs. 2 UEV speziell darauf hinzuweisen, ob die einzelnen Mitglieder des Verwaltungsrats vertragliche Vereinbarungen oder andere Verbindungen mit dem Anbieter eingegangen sind (lit. a), auf Antrag des Anbieters gewählt wurden (lit. b), wiedergewählt werden sollen (lit. c), Organ oder Arbeitnehmer des Anbieters oder einer Gesellschaft sind, die mit dem Anbieter in wesentlichen Geschäftsbeziehungen steht (lit. d) sowie ihr Mandat nach Instruktionen des Anbieters ausüben (lit. e). Der Bericht des Verwaltungsrats muss insbesondere auch auf die (finanziellen) Folgen hinweisen, die das Angebot für die einzelnen Mitglieder des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung hat (Art. 32 Abs. 3 UEV). Der Bericht hat zudem offenzulegen, ob die Mandate der Mitglieder des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung zu gleichwertigen Bedingungen weitergeführt werden oder allenfalls die neuen Konditionen aufzuführen. Die entsprechenden Angaben müssen des Weiteren individuell erfolgen (Verfügung 822/02 vom 2. September 2022 in Sachen Bobst Group AG, Rn 28; Verfügung 805/02 vom 24. Februar 2022 in Sachen Bank Linth LLB AG, Rn 48 m.H.).

[28] Gemäss Praxis der UEK begründet der Umstand, dass ein Mitglied des Verwaltungsrats mit den Stimmen eines beherrschenden Aktionärs gewählt wurde, die Vermutung eines Interessenkonflikts mit Blick auf dieses Mitglied des Verwaltungsrats (Verfügung 822/02 vom 2. September 2022 in Sachen Bobst Group AG, Rn 27; Verfügung 805/02 vom 24. Februar 2022 in Sachen Bank Linth LLB AG, Rn 49 m.H.). Hat die Zielgesellschaft einen Mehrheitsaktionär, so befinden sich selbst faktisch unabhängige Mitglieder des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft zumindest in einem potenziellen Interessenkonflikt (Verfügung 805/02 vom 24. Februar 2022 in Sachen Bank Linth LLB AG, 49 m.H.). Ein Interessenkonflikt wird sodann nach Art. 32 Abs. 2 lit. b UEV vermutet, wenn ein Mitglied des Verwaltungsrats auf Antrag des Anbieters gewählt wurde.

[29] Die Vermutung, dass ein Interessenkonflikt vorliegt, kann widerlegt werden, indem entweder der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft oder das betroffene Mitglied ihres Verwaltungsrats den Nachweis seiner Unabhängigkeit erbringt. In der Praxis geschieht das regelmässig durch die Abgabe einer Negativbestätigung im Bericht des Verwaltungsrats selbst (Verfügung 805/02 vom 24. Februar 2022 in Sachen Bank Linth LLB AG, Rn 50 m.H.). Auch kann ein Mitglied des Verwaltungsrats laut Praxis der UEK unabhängig sein, obwohl es vom Anbieter gewählt worden ist, wenn dieses ein nicht exekutives Mitglied ist und nebst der Wahl keine anderen Hinweise i.S.v. Art. 32 Abs. 2 UEV vorliegen, welche darauf hindeuten, dass ein Interessenkonflikt vorliegt (Verfügung 805/02 vom 24. Februar 2022 in Sachen Bank Linth LLB AG, Rn 50 m.H.).

[30] Wenn Interessenkonflikte vorliegen, hat der Bericht des Verwaltungsrats nach Art. 32 Abs. 4 UEV Rechenschaft über die Massnahmen abzugeben, welche die Zielgesellschaft getroffen hat, um zu vermeiden, dass sich diese Interessenkonflikte zum Nachteil der Empfänger des Angebots auswirken. Massnahmen i.S.v. Art. 32 Abs. 4 UEV können insbesondere (i) der Ausstand der vom Interessenkonflikt betroffenen Mitglieder des Verwaltungsrats, (ii) die Bildung eines Ausschusses bestehend aus den unabhängigen Mitgliedern des Verwaltungsrats, um das Angebots zu beurteilen und den Bericht des Verwaltungsrats auszuarbeiten, oder (iii) die Prüfung der finanziellen Angemessenheit des öffentlichen Angebots in einer von einem unabhängigen Dritten erstellten Fairness Opinion sein (vgl. Verfügung 822/02 vom 2. September 2022 in Sachen Bobst Group AG, Rn 28; Verfügung 805/02 vom 24. Februar 2022 in Sachen Bank Linth LLB AG, Rn 51 m.H.).

[31] Der Bericht des Verwaltungsrats kann unter Angabe des Abstimmungsverhältnisses empfehlen, das Angebot anzunehmen oder es zurückzuweisen. Er kann aber auch die Vor- und Nachteile des Angebots darlegen, ohne eine Empfehlung abzugeben (Art. 30 Abs. 3 und 4 UEV).

8.1.2 Ausführungen im Bericht des Verwaltungsrats der Datacolor

[32] Der Verwaltungsrat der Datacolor setzt sich derzeit aus fünf Mitgliedern zusammen: Werner Dubach (Präsident des Verwaltungsrats), Dr. Jvo Grundler (Vizepräsident des Verwaltungsrats), Prof. Dr. Hans Peter Wehrli, Thomas Studhalter und Hanno Elbraechter. Der Verwaltungsrat hat für die Beratung und Beschlussfassung über das Angebot einen Ausschuss bestehend aus Dr. Jvo Grundler, Prof. Dr. Hans Peter Wehrli, Thomas Studhalter und Hanno Elbraechter (der Ausschuss des Verwaltungsrats).

[33] Mit Blick auf potenzielle Interessenkonflikte führt der Bericht des Verwaltungsrats der Datacolor aus, dass Werner Dubach, der Präsident dieses Verwaltungsrats und zugleich Anbieter ist, mit Blick auf sein öffentliches Kaufangebot einem Interessenkonflikt unterliegt und daher bei der Beratung und Beschlussfassung des Verwaltungsrats über das Angebot in den Ausstand getreten ist (Angebotsprospekt Abschnitt G, Ziff. 3.1).

[34] Jvo Grundler, Prof. Dr. Hans Peter Wehrli, Thomas Studhalter und Hanno Elbraechter hätten zwar aufgrund der Beteiligung des Anbieters von 83.74% der Stimmrechte der Datacolor grundsätzlich einen potenziellen Interessenkonflikt, doch seien sie aus diversen Gründen unabhängig (Angebotsprospekt Abschnitt G, Ziff. 3.1).

[35] Um die Beurteilung des Angebots und seine Empfehlung an die Angebotsempfänger, das Angebot anzunehmen, zu unterstützen und insbesondere, um die finanzielle Angemessenheit des Angebotspreises zu bestätigen, hat sodann der Ausschuss des Verwaltungsrats IFBC als besonders befähigte und unabhängige Expertin beauftragt, eine Fairness Opinion zu erstellen (Angebotsprospekt Abschnitt G, Ziff. 2.2; zur Fairness Opinion Ziff. 8.2nachfolgend). Unter Berücksichtigung der bei IFBC in Auftrag gegebenen Fairness Opinion, welche einen integrierenden Bestandteil des Berichts des Verwaltungsrats bildet, hat sodann der Ausschuss des Verwaltungsrats einstimmig beschlossen, den Aktionären der Datacolor das Angebot von Werner Dubach zur Annahme zu empfehlen (vgl. dazu Angebotsprospekt, Abschnitt G, Ziff. 1).

8.1.3 Würdigung der Ausführungen im Bericht des Verwaltungsrats der Datacolor

[36] Jvo Grundler, Prof. Dr. Hans Peter Wehrli, Thomas Studhalter und Hanno Elbraechter bilden im vorliegenden Fall den Ausschuss des Verwaltungsrats der Datacolor, der sich mit dem Angebot befasst. Werner Dubach ist diesbezüglich in den Ausstand getreten. Des Weiteren haben Dr. Jvo Grundler, Prof. Dr. Hans Peter Wehrli, Thomas Studhalter und Hanno Elbraechter eine entsprechende Negativbestätigung im Bericht des Verwaltungsrats abgegeben. Die Frage, ob sich Dr. Jvo Grundler vorliegend in einem Interessenkonflikt aufgrund der Tatsache befindet, dass er den Anbieter vertritt, kann offen gelassen werden, weil sich dieser mögliche Interessenkonflikt nicht zum Nachteil der Angebotsempfänger auswirkt, da sich der Verwaltungsrat bei der Beurteilung des Angebots auf eine Fairness Opinion stützt (vgl. dazu Verfügung 756/02 vom 20. April 2020 in Sachen Pargesa Holding SA, Rn 31).

[37] Vor dem Hintergrund, dass eine Fairness Opinion bei IFBC eingeholt wurde (vgl. dazu Ziff. 8.2 nachfolgend), genügen die Ausführungen betreffend Interessenkonflikte im Bericht des Verwaltungsrats der Datacolor den Anforderungen nach Art. 32 UEV und der entsprechenden Praxis der UEK.

[38] Der Bericht des Verwaltungsrats enthält ausserdem die gemäss Art. 30 ff. UEV erforderlichen Informationen, darunter insbesondere die mit Blick auf Art. 32 UEV relevanten Angaben bezüglich der Mitglieder des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung der Datacolor.

8.2 Fairness Opinion

[39] Wie hiervor erwähnt, hat der Verwaltungsrat der Datacolor IFBC als unabhängige Expertin mit der Erstellung einer Fairness Opinion zur Angemessenheit des Angebotspreises beauftragt.

[40] IFBC hat für die Beurteilung der finanziellen Angemessenheit des öffentlichen Kaufangebots Wertüberlegungen und Analysen hinsichtlich Datacolor durchgeführt (vgl. zum Vorgehen und zur Bewertungsmethodik insbesondere S. 21 ff. der Fairness Opinion von IFBC).

[41] Zwecks Bewertung der Zielgesellschaft hat sich IFBC in erster Linie auf die sog. Discounted-Cashflow-Methode (DCF-Methode) abgestützt und hat auf dieser Grundlage eine Wertbandbreite von CHF 673.30 bis CHF 762.70 je Datacolor-Aktie ermittelt, wobei der resultierende Wert pro Datacolor-Aktie per 3. Juli 2023 CHF 715.60 betrug.

[42] Zur Plausibilisierung der DCF-Methode wendete IFBC zudem die Trading sowie Transaction Multiples an und berücksichtigte die Erkenntnisse aus der Aktienkursanalyse. Die Bewertung mittels Trading Multiples ergab einen durchschnittlichen Wert je Datacolor-Aktie von CHF 722.80 bis CHF 973.10 (Mittelwert CHF 846.50). Basierend auf der Transaction-Multiples-Bewertung resultierte ein Wert je Datacolor-Aktie von CHF 649.60 mit einer Wertbandbreite von CHF 587.60 bis CHF 811.10. Da Datacolor eine Marktnische bedient und da die Verfügbarkeit an vergleichbaren Unternehmen und Transaktionen eingeschränkt ist, erachtete IFBC die Aussagekraft der Multiples-Bewertungen als eingeschränkt. Der Kurs der Datacolor-Aktie (CHF 750.00) und der 60-Tage-volume-weighted average price (VWAP) dieser Aktie (CHF 660.50) lagen laut IFBC unter dem von Werner Dubach offerierten Preis von CHF 760.00. Jedoch waren diese Kurse wegen der Illiquidität der Datacolor-Aktie nicht aussagekräftig (vgl. Fairness Opinion von IFBC, S. 37).

[43] Basierend auf die dargestellten Überlegungen beurteilte IFBC das öffentliche Kaufangebot von Werder Dubach mit einem Angebotspreis von CHF 760.00 je Datacolor-Aktie aus finanzieller Sicht als angemessen und fair (vgl. Fairness Opinion von IFBC, S. 40).

[44] Die von IFBC verwendeten Informationen und Bewertungsmethoden, die Bewertungsannahmen und die angewandten Parameter sowie deren Herleitung sind in der Fairness Opinion Die Angebotsempfänger können die Einschätzung von IFBC nachvollziehen und ihren Entscheid über die Annahme oder Ablehnung des Angebots von Werner Dubach in Kenntnis der Sachlage treffen. Die Fairness Opinion von IFBC ist damit transparent, plausibel und nachvollziehbar sowie i.S.v. Art. 30 Abs. 5 UEV hinreichend begründet.

8.3 Keine Abwehrmassnahmen

[45] Gemäss Art. 132 Abs. 2 FinfraG darf der Verwaltungsrat von der Veröffentlichung des Angebots bis zur Veröffentlichung des Ergebnisses keine Rechtsgeschäfte beschliessen, mit denen der Aktiv- oder Passivbestand der Gesellschaft in bedeutender Weise verändert würde. Gegebenenfalls ist im Bericht des Verwaltungsrats anzugeben, welche Abwehrmassnahmen die Zielgesellschaft zu ergreifen beabsichtigt oder bereits ergriffen hat (Art. 31 Abs. 2 UEV).

[46] Gemäss Bericht des Verwaltungsrats sind dem Verwaltungsrat keine Abwehrmassnahmen bekannt, die gegen das Kaufangebot ergriffen worden wären, und er beabsichtigt auch nicht, Abwehrmassnahmen zu ergreifen (vgl. Angebotsprospekt Abschnitt G, Ziff. 6).

8.4 Jahres- oder Zwischenabschluss

[47] Gemäss Praxis der UEK dürfen zwischen dem Bilanzstichtag des letzten veröffentlichten Jahres- oder Zwischenabschlusses der Zielgesellschaft und dem Ende der Angebotsfrist nicht mehr als sechs Monate vergangen sein. Zudem hat der Verwaltungsrat Angaben über wesentliche Änderungen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie der Geschäftsaussichten zu machen, die seit der letzten Veröffentlichung des Jahres- oder Zwischenabschlusses eingetreten sind (Verfügung 822/02 vom 2. September 2022 in Sachen Bobst Group AG, Rn 38; Verfügung 805/02 vom 24. Februar 2022 in Sachen Bank Linth LLB AG, Rn 63).

[48] Der Geschäftsbericht der Datacolor mit Stichtag 30. September 2022 wurde am 17. November 2022 veröffentlicht, der Halbjahresbericht mit Stichtag 31. März 2023 am 5. Mai 2023. Der Halbjahresbericht 2023 enthält eine Bilanz sowie eine Erfolgs- und Mittelflussrechnung und entspricht somit grundsätzlich den Anforderungen an einen Zwischenabschluss gemäss geltender Praxis (vgl. Verfügung 726/02 vom 10. Mai 2019 in Sachen Panalpina Welttransport (Holding) AG, Rn 48). Damit werden zwischen dem Bilanzstichtag des letzten Abschlusses, also dem 31. März 2023, und dem Ende der Angebotsfrist, das voraussichtlich am September 2023 erfolgt (vgl. Angebotsprospekt, Abschnitt L), weniger als sechs Monate vergangen sein.

[49] Der Bericht des Verwaltungsrats bestätigt zudem, dass sich seit dem 5. Mai 2023 keine wesentlichen Veränderungen in der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage oder in den Geschäftsaussichten der Zielgesellschaft ergeben haben.

[50] Der Bericht des Verwaltungsrats entspricht insoweit den gesetzlichen Anforderungen.

8.5 Übrige Informationen

[51] In Bezug auf die Offenlegung weiterer Informationen entspricht der Bericht des Verwaltungsrats den gesetzlichen Anforderungen.

9.  Publikation

[52] Die vorliegende Verfügung wird nach der Publikation des Angebotsprospekts auf der Website der UEK veröffentlicht ( Art. 138 Abs. 1 FinfraG i.V.m. Art. 65 Abs.1 UEV).

10.            Gebühr

[53] Gemäss Art. 117 2 FinfraV wird die Gebühr im Verhältnis zum Wert der Transaktion berechnet. Hierfür sind sämtliche vom Angebot erfassten Titel (Beteiligungspapiere und/oder Finanzinstrumente) sowie jene Titel zu berücksichtigen, welche in den zwölf Monaten vor der Veröffentlichung des Angebots erworben wurden (Verfügung 844/03 vom 12. Juni 2023 in Sachen GAM Holding AG, Rn 71). Nach Art. 117 Abs. 3 Satz 1 FinfraV beträgt die Gebühr mindestens CHF 50'000 und höchstens CHF 250'000.

[54] Der Wert des Angebots von Werner Dubach liegt bei CHF15'206'840. Daraus ergibt sich gestützt auf Art. 117 Abs. 2 und 3 FinfraV die Minimalgebühr von CHF 50'000 zu Lasten des Anbieters.

 

 

Die Übernahmekommission verfügt:

1. Das öffentliche Kaufangebot von Werner O. Dubach an die Aktionäre der Datacolor AG entspricht den gesetzlichen Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote.

2. Diese Verfügung wird nach der Publikation des Angebotsprospekts auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

3. Die Gebühr zu Lasten von Werner O. Dubach beträgt CHF 50'000.

 

 

Die Präsidentin:

Mirjam Eggen

 

 

Diese Verfügung geht an die Parteien:

- Werner O. Dubach, vertreten durch Dr. Jvo Grundler, Bratschi AG, Zürich;

- Datacolor AG.

 

Mitteilung an:

 

- Ernst & Young AG (Prüfstelle).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Beschwerde (Art. 140 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes, SR 958.1):

Diese Verfügung kann innert einer Frist von fünf Börsentagen bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA, Laupenstrasse 27, CH-3003 Bern, angefochten werden. Die Anfechtung hat schriftlich zu erfolgen und ist zu begründen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 52 VwVG zu genügen.

 

Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):

Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens drei Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV) und am Verfahren bisher nicht teilgenommen hat, kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben. Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung der vorliegenden Verfügung einzureichen. Sie muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der Beteiligung gemäss Art. 56 Abs. 3 und 4 UEV enthalten (Art. 58 Abs. 3 UEV).