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Transaktionen

0292 - SCHMOLZ + BICKENBACH AG

Empfehlung II in Sachen SCHMOLZ + BICKENBACH AG vom 10. Oktober 2006 - Fristerstreckungsgesuch

Gesuch der SCHMOLZ + BICKENBACH KG (Düsseldorf/DE) und der SCHMOLZ + BICKENBACH Finanz AG (Wil/SG) um Feststellung des Nichtbestehens einer Pflicht zur Unterbreitung eines öffentlichen Kaufangebots gemäss Art. 32 BEHG an die Inhaber von Be-teiligungspapieren der SCHMOLZ + BICKENBACH AG (Emmen) - Fristerstreckungsgesuch

A.
Die SCHMOLZ + BICKENBACH AG (vormals Swiss Steel AG; „S+B AG“ oder „Zielgesellschaft“) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Emmen. Sie verfügt über ein Aktienkapital von CHF 188'691'390, eingeteilt in 18'869'139 Aktien, wovon 13'773'094 Namenaktien zu je CHF 10 Nennwert im SWX Local Caps der SWX Swiss Exchange („SWX“) kotiert sind. Die restlichen 5'096'045 Inhaberaktien zu je CHF 10 Nennwert sind nicht kotiert.

B.
Mehrheitsaktionärin der S+B AG ist die SBGE Stahl Holding AG, Bronschhofen/SG („SBGE“), welche zum heutigen Zeitpunkt 7'524'981 Namenaktien sowie sämtliche 5'096'045 nicht kotierten Inhaberaktien der S+B AG hält. Die gesamte Beteiligung der SBGE an der S+B AG beträgt somit rund 67% (Stimm- und Wertrechte).

C.
Die SBGE wird zu 80% indirekt über die SCHMOLZ + BICKENBACH Stahlcenter AG, Wil/SG („S+B Stahlcenter AG“, vormals Schmolz + Bickenbach AG), von der SCHMOLZ + BICKENBACH KG, Düsseldorf/DE („S+B KG“) gehalten. Die anderen 20% werden indirekt über die Gebuka AG, Neuheim/ZG („Gebuka“), durch Dr. Gerold Büttiker, Feldbach/ZH, gehalten.

Die S+B Stahlcenter AG und die Gebuka sind durch einen Aktionärbindungsvertrag („ABV“) datierend vom 6. Januar 2004 verbunden, welcher durch einen Zusatz vom 13. Mai 2005 abgeändert wurde. Neben gegenseitigen Kaufs- und Vorkaufsrechten regelt der ABV, dass die S+B Stahlcenter AG und die Gebuka (zusammen die „Poolaktionäre“ bzw. der „Aktionärspool“) eine ihrem Anteil an der SBGE entsprechende Anzahl Verwaltungsräte für die S+B AG ernennen können, wobei der Gebuka mindestens ein Sitz zukommt und die S+B Stahlcenter AG berechtigt ist, den Präsidenten vorzuschlagen. Der ABV statuiert, das Organisationsreglement der SBGE müsse vorsehen, dass Beschlüsse des Verwaltungsrats der SBGE über die Besetzung des Verwaltungsrates der S+B AG, die Instruktion dieser Verwaltungsratsmitglieder und die Beschlüsse über die Vertretung der Aktienstimmen in der Generalversammlung der S+B AG einstimmig zu treffen sind. Dies wurde im Organisationsreglement der SBGE denn auch gemäss den Vorgaben des ABV festgehalten.

Die aktuellen gesellschaftsrechtlichen Beteiligungsverhältnisse können zusammengefasst wie folgt dargestellt werden:



D.
Die SCHMOLZ + BICKENBACH Gruppe (bestehend aus der S+B KG einschliesslich ihres Komplementärs und ihrer Kommanditisten, sowie ihrer direkten und indirekten Tochtergesellschaften, einschliesslich der S+B Stahlcenter AG), beabsichtigt nun, im Rahmen einer Sacheinlage den überwiegenden Geschäftsumfang ihrer derzeitigen Aktivitäten in die S+B AG einzubringen. Im Folgenden werden die wesentlichen Transaktionsschritte kurz erörtert. Auf die Details der beabsichtigten Transaktion (nachfolgend insgesamt die „Transaktion“) wird – soweit erforderlich – im Rahmen der rechtlichen Erwägungen näher eingegangen.

D.1
Bei den einzubringenden Unternehmensteilen handelt es sich um die Distributions- und Weiterverarbeitungsgesellschaften des SCHMOLZ + BICKENBACH Konzerns, welche unter der Holdinggesellschaft SCHMOLZ + BICKENBACH Distributions GmbH, Deutschland („S+B Distributions GmbH) zusammengefasst und anschliessend mittels Sacheinlage in die S+B AG eingebracht werden sollen. Ferner soll die neu erworbene Ugitech Gruppe zusammen mit einigen weiteren Gesellschaften unter der SCHMOLZ + BICKENBACH France S.A.S, Frankreich („S+B France S.A.S.“) gebündelt und durch die S+B Stahlcenter AG in die SCHMOLZ + BICKENBACH Finanz AG, Wil/SG („S+B Finanz AG“) und von dort ebenfalls mittels Sacheinlage in die S+B AG eingebracht werden.

D.2
Die Einbringung der Gesellschaften wird gegen Ausgabe von S+B AG Aktien erfolgen. Aus diesem Grund soll das Aktienkapital der S+B AG unter Ausschluss des Bezugsrechts der bisherigen Aktionäre von bisher CHF 188'691'390 (wovon 137'730'940 an der SWX kotiert sind) auf CHF 300'000'000 erhöht werden. Die Sacheinlage erfolgt zunächst durch Ausgabe von nicht kotierten Inhaberaktien unter Ausschluss der Bezugsrechte der bisherigen Aktionäre. Es ist beabsichtigt, sämtliche ausstehenden Inhaberaktien bis spätestens am 30. November 2006 in Namenaktien umzuwandeln. Die neuen Namenaktien sollen anschliessend an der SWX kotiert werden. Nach Abschluss der Transaktion soll das Aktienkapital somit aus 30'000'000 an der SWX kotierten Namenaktien zu je CHF 10 bestehen.

D.3
Sämtliche im Zusammenhang mit der Umsetzung der Transaktion notwendigen Generalversammlungsbeschlüsse seitens der S+B AG wurden anlässlich der ausserordentlichen Generalversammlung vom 20. September 2006 gefällt. Unter anderem haben die Aktionäre anlässlich dieser Generalversammlung eine Änderung der Firma Swiss Steel AG in SCHMOLZ+BICKENBACH AG beschlossen. Die Änderung der Firma wurde am 21. September 2006 ins Handelsregister des Kantons Luzern eingetragen.

E.
Durch die Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts der bisherigen Aktionäre reduziert sich die bisherige Beteiligung der SBGE von 67% auf 42%. Die neu hinzukommenden Aktionäre der S+B AG, die S+B KG und die S+B Finanz AG, sind zu 100% dem SCHMOLZ + BICKENBACH Konzern zuzurechnen. Nach Abschluss der Transaktion soll die heutige S+B AG die Muttergesellschaft des grössten Teils des SCHMOLZ + BICKENBACH Konzerns sein und ihr Aktienkapital wird wie folgt gehalten werden: 42% von der SBGE, 10% von der S+B KG, 27% von der S+B Finanz AG und 21% von den Publikumsaktionären. Zusammenfassend lassen sich die Beteiligungsverhältnisse nach der beabsichtigten Transaktion wie folgt darstellen:



F.
Mit Eingabe vom 8. September 2006, ergänzt am 22. September 2006, haben die S+B KG und die S+B Finanz AG (zusammen „die Gesuchstellerinnen“) bei der Übernahmekommission ein Gesuch eingereicht mit folgendem Antrag:

„Es sei im Rahmen einer Präsidialauskunft festzustellen, dass die geplante Einbringung (mittels Sacheinlage) der SCHMOLZ + BICKENBACH Distributions GmbH durch die SCHMOLZ + BICKENBACH KG, Düsseldorf/DE und der SCHMOLZ + BICKENBACH France S.A.S durch die SCHMOLZ + BICKENBACH Finanz AG, Wil/SG, in die Swiss Steel AG, Emmen, gegen Ausgabe von Swiss Steel Aktien, keine Angebotspflicht i.S.v. Art. 32 Abs. 1 BEHG auslöst.

Eventualiter sei den Gesuchstellern im Hinblick auf die bevorstehende Transaktion eine Ausnahmebewilligung i.S.v. Art. 32 Abs. 2 BEHG i.V.m. Art. 34 BEHV-EBKzu erteilen.“

G.
Am 19. September 2006 bzw. am 27. September 2006 (ergänzte Version) hat der Verwaltungsrat der S+B AG bei der Übernahmekommission eine Stellungnahme zum Rechtsbegehren der Gesuchstellerinnen vom 8. September bzw. 22. September 2006 eingereicht. Darin hielt der Verwaltungsrat der S+B AG im Wesentlichen fest, dass er das Rechtsbegehren der Gesuchstellerinnen unterstütze.

H.
Am 3. Oktober 2006 hat die Übernahmekommission eine Empfehlung erlassen, mit der festgestellt wurde, dass die S+B KG im Falle einer Durchführung der geplanten Einbringung (mittels Sacheinlage) der S+B Distributions GmbH durch die S+B KG und der S+B France S.A.S durch die S+B Finanz AG in die S+B AG gegen Ausgabe von S+B AG Aktien, verpflichtet ist, ein Angebot für alle kotierten Beteiligungspapiere der S+B AG zu unterbreiten. Diese Empfehlung wurde den Gesuchstellerinnen und der Zielgesellschaft am gleichen Tag eröffnet.

I.
Am 5. Oktober 2006 haben die Gesuchstellerinnen der Übernahmekommission bezüglich der geplanten Transaktion Änderungsvorschläge im Hinblick auf eine Besprechung mit der Übernahmekommission eingereicht. Ein definitiver neuer Sachverhalt samt allen wesentlichen Dokumenten sowie ein formelles Gesuch um Erlass einer diesbezüglichen Empfehlung liegen der Übernahmekommission zur Zeit noch nicht vor.

J.
Am 9. Oktober 2006 reichten die Gesuchstellerinnen bei der Übernahmekommission ein Gesuch ein, mit dem Antrag, es sei ihnen die Frist zur Ablehnung der Empfehlung der Übernahmekommission vom 3. Oktober 2006 (s. oben lit. H) um zusätzliche 13 Börsentage bis zum 27. Oktober 2006 zu erstrecken. Begründet wird das Fristerstreckungsgesuch damit, dass die Gesuchstellerinnen der Übernahmekommission einen neuen Sachverhalt präsentiert hätten und beabsichtigten, gestützt darauf bei der Übernahmekommission eine neue Ausnahmebewilligung zu beantragen. Des Weitern wird geltend gemacht, die Gesuchstellerinnen möchten sich bis zur erneuten Stellungnahme der Übernahmekommission sämtliche Möglichkeiten offen halten.

K.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Herrn Hans Rudolf Widmer (Präsident), Frau Maja Bauer-Balmelli und Frau Susan Emmenegger gebildet.


Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Ablehnen einer Empfehlung der Übernahmekommission

Art. 5 Abs. 1 UEV-UEK sieht vor, dass Parteien, die eine Empfehlung ablehnen möchten, dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden müssen. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern (Art. 5 Abs. 1 letzter Satz UEV-UEK).

2. Gründe für eine Fristerstreckung

2.1 Ein Fristerstreckungsgesuch kann nur bei Vorliegen zureichender sachlicher Gründe bewilligt werden. Damit die Übernahmekommission aufgrund der konkreten Umstände feststellen kann, ob zureichende Gründe gegeben sind, muss das Fristerstreckungsgesuch begründet sein, das heisst es muss eine genaue Darstellung der massgebenden Umstände enthalten. Ein Gesuchsteller muss die vorgebrachten Verlängerungsgründe überdies beweisen oder mindestens glaubhaft machen.

Die Gründe für die nachgesuchte Fristerstreckung müssen sachlicher Natur und stichhaltig, in anderen Worten so beschaffen sein, dass sie nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung als geeignet angesehen werden können, die rechtzeitige Vornahme der Ablehnungshandlung gemäss Art. 5 UEV-UEK zu hindern.

2.2 Die Gesuchstellerinnen bringen in ihrem Fristerstreckungsgesuch als Grund vor, dass sie sich bis zur erneuten Stellungnahme der Übernahmekommission sämtliche Möglichkeiten offen halten möchten. Der Wunsch, sich „sämtliche Möglichkeiten offen halten“ zu wollen, ist kein zureichender und stichhaltiger Grund im oben genannten Sinne, der eine Fristerstreckung rechtfertigen würde. Das Gesuch um Fristerstreckung wird somit mangels Vorliegen eines zureichenden Erstreckungsgrundes abgelehnt.

3. Publikation

Die vorliegende Empfehlung wird gemäss art. 23 Abs. 3 BEHG im Anschluss an ihre Eröffnung an die Parteien auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

4. Gebühr

In Anwendung von Art. 23 Abs. 5 BEHG und Art. 62 Abs. 6 UEV-UEK wird eine Gebühr erhoben. Der Ausschuss setzt die Gebühr auf CHF 3'000 fest. Die Gesuchstellerinnen haften hierfür solidarisch.


Die Übernahmekommission erlässt folgende Empfehlung:

  1. Der Antrag von SCHMOLZ + BICKENBACH KG (Düsseldorf/DE) und SCHMOLZ + BICKENBACH Finanz AG (Wil/SG) um Erstreckung der in Art. 5 UEV-UEK statuierten Frist zur Ablehnung einer Empfehlung wird abgelehnt.
  2. Die vorliegende Empfehlung wird im Anschluss an ihre Eröffnung an die Parteien auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
  3. Die Gebühr zu Lasten der SCHMOLZ + BICKENBACH KG (Düsseldorf/DE) und der SCHMOLZ + BICKENBACH Finanz AG (Wil/SG) beträgt CHF 3'000, unter solidarischer Haftung.

Der Präsident:

Hans Rudolf Widmer

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.

Mitteilung an:

  • SCHMOLZ + BICKENBACH KG , durch ihren Vertreter
  • SCHMOLZ + BICKENBACH Finanz AG (Wil/SG) , durch ihren Vertreter
  • SCHMOLZ + BICKENBACH AG, Emmen, durch ihren Vertreter
  • Eidgenössische Bankenkommission