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Transaktionen

0500 - Bank Sarasin & Cie AG

Verfügung 500/02 vom 17. August 2012

Öffentliches Kaufangebot von JSH S.A. an die Aktionäre von Bank Sarasin & Cie AG – Angebotsprospekt und Verwaltungsratsbericht

Sachverhalt:


A.
Bank Sarasin & Cie AG (Sarasin oder Zielgesellschaft) ist eine am 20. März 1987 gegründete Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts mit Sitz in Basel. Sarasin ist unter anderem im Bereich des Wertpapiergeschäftes und der damit zusammenhängenden Dienstleistungen sowie im Kommerzgeschäft tätig. Das im Handelsregister aktuell eingetragene Aktienkapital beträgt CHF 22'014'783.91 und ist eingeteilt in 56'571'428 Namenaktien A mit einem Nennwert von je CHF 0.07 (A-Aktie) sowie 51'585'097 Namenaktien B mit einem Nennwert von je CHF 0.35 (B‑Aktie). Die A-Aktien sind Stimmrechtsaktien. Die B-Aktien sind an der SIX Swiss Exchange AG (SIX) gemäss Main-Standard kotiert (SIX: BSAN).


B.
Bedeutende Aktionäre von Sarasin war die Eichbaum Holding AG, Basel, (Eichbaum), eine damalige Tochtergesellschaft zu 100 % von IPB Holding B.V., Utrecht, (IPB), die von Coöperatieve Centrale Raiffeisen-Boerenleenbank B.A. Amsterdam (Rabobank), Niederlande, beherrscht wird. Die Beteiligung von Eichbaum an Sarasin umfasste alle 56'571'428 A-Aktien und 15'429 B‑Aktien, entsprechend 18.01 % des Aktienkapitals und 52.32 % der Stimmrechte an Sarasin. IPB selber hielt 17'645'554 B-Aktien, entsprechend 28.05 % des Aktienkapitals und 16.31 % der Stimmrechte an Sarasin. Insgesamt umfasste die direkte und indirekte Beteiligung von IPB an Sarasin alle 56'571'428 A-Aktien und 17'660'983 B-Aktien, entsprechend 46.07 % des Aktienkapitals und 68.63 % der Stimmrecht an Sarasin (Rabobank-Beteiligung).


C.
JSH S.A. (JSH oder Anbieterin) ist eine am 21. Juni 2011 gegründete Aktiengesellschaft luxemburgischen Rechts mit Sitz in Luxemburg. JSH ist eine über J. Safra Holdings International (Luxembourg) S.A., J. Safra Holdings Luxembourg Sàrl, SIB Management Holding (Bahamas) Ltd., und Comtel Holding Ltd. (Comtel) letztlich von Joseph Y. Safra beherrschte Gesellschaft. Zweck von JSH sind unter anderem das Halten von Beteiligungen und alle anderen Formen von Kapitalanlagen, der Erwerb oder die Übertragung von Effekten jeglicher Art sowie die Verwaltung, Kontrolle und Bewirtschaftung ihres Portfolios. Ihr Aktienkapital umfasst EUR 31'000. JSH ist nicht kotiert.


D.
Am 25. November 2011 haben Comtel und B. Safra Luxembourg S.A., Luxemburg (B. Safra), zwei von Joseph Y. Safra direkt beherrschte Gesellschaften, einen Vertrag (sog. Share Purchase Agreement oder Aktienkaufvertrag) mit IPB sowie Rabobank abgeschlossen, mit dem sich B. Safra verpflichtete, von IPB die Rabobank-Beteiligung zu kaufen. Der Aktienkaufvertrag stand unter anderem unter der aufschiebenden Bedingung der Zustimmung diverser Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden in der Schweiz und im Ausland. Die letzte Zustimmung einer Behörde erfolgte am 30. Juli 2012. Sodann haben Sarasin und B. Safra am 25. November 2011 eine Transaktionsvereinbarung (Transaction Agreement oder Transaktionsvereinbarung) abgeschlossen, über deren Inhalt – soweit erforderlich – in den einzelnen Erwägungen einzugehen ist.


E.
Mit Verfügung vom 22. Dezember 2011 (Verfügung 500/01) stellte die Übernahmekommission fest, dass Sarasin und B. Safra einschliesslich die von ihr direkt und indirekt kontrollierten und sie direkt oder indirekt beherrschenden Gesellschaften, seit dem 25. November 2011 in gemeinsamer Absprache handeln, dass aber die Best Price Rule auf echte Kommissionsgeschäfte, auf gewisse Delta-Hedging-Geschäfte und auf bestehende Mitarbeiterbeteiligungsprogramme von Sarasin keine Anwendung findet.


F.
Am 24. Januar 2012 haben Sarasin und Comtel einen Vertrag abgeschlossen, worin sich Sarasin verpflichtete, 678'308 B-Aktien zu einem Preis von CHF 27.59 je B-Aktie an Comtel zu verkaufen. Der Verkauf wurde am 27. Januar 2012 vollzogen.


G.
Am 2. Juli 2012 verpflichtete sich Rabobank gegenüber B. Safra dazu, die Eichbaum zu veranlassen, eine ausserordentliche Generalversammlung von Sarasin Ende Juli 2012 zwecks teilweiser Neubesetzung des Verwaltungsrats zu beantragen. B. Safra verpflichtete sich, dass die neuen Verwaltungsräte bis zum Vollzug des Aktienkaufvertrags ohne Genehmigung von Rabobank nicht über wesentliche Gegenstände entscheiden und die neuen Verwaltungsräte zu veranlassen, aus dem Verwaltungsrat von Sarasin wieder zurücktreten, falls der Aktienkaufvertrag bis Ende August 2012 oder einem anderen gegenseitig vereinbarten Datum nicht vollzogen würde.


H.
Am 31. Juli 2012 vormittags trat B. Safra ihre Rechte als Käuferin der Rabobank-Beteiligung unter dem Aktienkaufvertrag an Comtel ab. Sodann wurde das Share Purchase Agreement am 31. Juli 2012 vormittags vollzogen (Closing). Comtel hielt damit die Rabobank-Beteiligung (vgl. Sachverhalt lit. B), die Beteiligung aus dem Aktienkaufvertrag mit Sarasin vom 24. Januar 2012 (vgl. Sachverhalt lit. F) sowie 1'893'067 B-Aktien, die Comtel auf dem Markt erworben hatte (vgl. Angebotsprospekt, Ziffer 3.6), insgesamt also 56'571'428 A-Aktien und 20'232'358 B-Aktien, entsprechend 50.15 % des Aktienkapitals und 71.01 % der Stimmrechte an Sarasin.


I.
Am 31. Juli 2012 nachmittags fand die ausserordentliche Generalversammlung von Sarasin statt, anlässlich derer der Verwaltungsrat teilweise neu besetzt wurde. Der neue Verwaltungsrat von Sarasin setzt sich nach der ausserordentlichen Generalversammlung zusammen aus Pierre-Alain Bracher (Präsident), Philippe Dupont, Hans-Rudolf Hufschmid (Vizepräsident), Sergio Penchas, Jacob J. Safra, Sipko N. Schat, Marcelo Szerman und Dagmar G. Wöhrl. Christoph Ammann, Peter Derendinger und Pim W. Mol traten aus dem Verwaltungsrat von Sarasin aus.


J.
Nach der ausserordentlichen Generalversammlung vom 31. Juli 2012 stellte JSH nach Börsenschluss die Publikation der Voranmeldung für ein Pflichtangebot für alle sich im Markt befindlichen B-Aktien den elektronischen Medien zu und publizierte diese am 6. August 2012 in den Printmedien. Als Angebotspreis wurden CHF 27 in bar je B-Aktie offeriert.


K.
Comtel übertrug am 31. Juli 2012 ihre gesamte Beteiligung an Sarasin (vgl. Sachverhalt lit. H) über verschiedene Holdinggesellschaften letztlich auf J. Safra Holding AG (JSH AG) zum Preis von CHF 27 je B-Aktie. Die Übertragung auf JSH wurde mit der Eintragung der Sacheinlage im Handelsregister des Kantons Basel-Stadt am 2. August 2012 abgeschlossen.


L.
Mit Eingabe vom 6. August 2012 beantragte die Anbieterin unter anderem, es sei ihr zu gestatten, die Angebotsfrist auf zehn Börsentage zu verkürzen, da die beiden Voraussetzungen gemäss Art. 14 Abs. 3 UEV erfüllt seien.


M.
Der Angebotsprospekt, das Angebotsinserat, der Verwaltungsratsbericht und die Fairness Opinion wurden der Übernahmekommission vor der Publikation zur Prüfung unterbreitet.


N.
Der monatliche Median des täglichen Handelsvolumen der börslichen Transaktionen der B-Aktie war in allen zwölf der Voranmeldung vorausgehenden vollständigen Monaten grösser als 0.04 % des handelbaren Teils des Beteiligungspapiers (Free Float). Die B-Aktie wurde an jedem der 253 Börsentage gehandelt.


O.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Raymund Breu (Vorsitzender), Lionel Aeschlimann, Thomas Rufer und Luc Thévenoz gebildet.

 

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1.  Voranmeldung

[1] Eine Anbieterin kann gemäss Art. 5 Abs. 1 UEV ein Angebot vor der Veröffentlichung des Angebotsprospekts voranmelden. Die daran anknüpfenden Rechtswirkungen ergeben sich aus Art. 7 UEV.

[2] Im vorliegenden Fall enthielt die am 31. Juli 2012 nach Börsenschluss den elektronischen Medien zugestellte Voranmeldung sämtliche gemäss Art. 5 Abs. 2 UEV geforderten Angaben. Die Publikation in den Printmedien erfolgte rechtzeitig innerhalb von drei Börsentagen am 6. August 2012. Gemäss Art. 8 Abs. 2 UEV entfaltet die Voranmeldung ihre Rechtswirkungen somit auf den 31. Juli 2012.

2.  Anwendbarkeit der Bestimmungen über Pflichtangebote

[3] Nach Art. 32 Abs. 1 BEHG muss derjenige, welcher direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Beteiligungspapiere erwirbt und damit zusammen mit den Papieren, die er bereits besitzt, den Grenzwert von 33 1/3 Prozent der Stimmrechte einer Zielgesellschaft überschreitet, für alle kotierten Beteiligungspapiere der Gesellschaft ein Angebot unterbreiten.

[4] Die Angebotspflicht wird ausgelöst, weil Comtel – und indirekt auch Joseph Y. Safra – mit dem Vollzug des Aktienkaufvertrags, mit dem sie am 31. Juli 2012 insgesamt 50.15 % des Aktienkapitals und 71.01 % der Stimmrechte an Sarasin hielt (vgl. Sachverhalt lit. H), den Grenzwert gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG überschritten hat. Das Angebot untersteht somit den Bestimmungen über Pflichtangebote.

[5] Im vorliegenden Fall hat Comtel am 31. Juli 2012 die Beteiligung an Sarasin erworben und über verschiedene Holdinggesellschaften letztlich auf ihre indirekte Tochtergesellschaft JSH AG übertragen (vgl. Sachverhalt lit. K). Derartige konzerninterne Übertragungen führen zu einer Überschreitung des Grenzwerts von 33 1/3 % der Stimmrechte bei jeder involvierten Tochtergesellschaft. Da JSH stellvertretend für die gesamte Safra-Gruppe ein Pflichtangebot unterbreitet, benötigen die Tochtergesellschaften, welche den Grenzwert überschreiten, keine Ausnahme von der Angebotspflicht. Die konzerninterne Übertragungen haben demnach vorliegend keine weiteren Konsequenzen.

3.  Gegenstand des Angebots

[6] Das öffentliche Angebot bezieht sich auf alle sich im Publikum befindenden B-Aktien von Sarasin, abzüglich der B-Aktien, die von JSH und den mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen, inklusive Sarasin und ihren Tochtergesellschaften, gehalten werden. Das Angebot bezieht sich nicht auf A-Aktien, da diese bereits vollumfänglich von JSH AG gehalten werden. Überdies erstreckt sich das Angebot auf B-Aktien, die bis zum Ende der Nachfrist ausgegeben werden (vgl. Angebotsprospekt, Ziffer 2.2). Die Anbieterin erfüllt damit die Anforderungen gemäss Art. 9 Abs. 2 UEV.

4.  Handeln in gemeinsamer Absprache

[7] Für Personen, die im Hinblick auf ein Angebot in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe mit der Anbieterin handeln, gilt Art. 10 Abs. 1 und 2 BEHV-FINMA sinngemäss (Art. 11 Abs. 1 UEV). Sie haben die Pflichten nach Art. 12 UEV einzuhalten, was von der Prüfstelle zu überprüfen ist.

[8] Joseph Y. Safra sowie alle direkt oder indirekt durch diesen kontrollierte Gesellschaften handeln in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin (vgl. Angebotsprospekt Ziffer 3.3.).

[9] Mit Verfügung 500/01 vom 22. Dezember 2011 hat die Übernahmekommission bereits festgestellt, dass Sarasin, einschliesslich die von ihr direkt und indirekt kontrollierten Gesellschaften, sowie B. Safra, einschliesslich die von ihr direkt und indirekt kontrollierten und sie kontrollierenden Gesellschaften, im Hinblick auf das bevorstehende Übernahmeangebot ab dem 25. November 2011 aufgrund des abgeschlossenen Transaktionsvereinbarung in gemeinsamer Absprache handeln (vgl. Sachverhalt lit. D und E).

[10] Die Anbieterin hat nach Art. 19 Abs. 1 lit. d UEV die in gemeinsamer Absprache mit ihr handelnden Personen im Angebotsprospekt offen zu legen. Ziffer 3.3 enthält die diesbezüglichen Angaben. In Bezug auf die in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handelnden Personen entspricht der Angebotsprospekt damit den gesetzlichen Anforderungen.

5.  Einhaltung der Bestimmungen über den Mindestpreis

5.1 Allgemein

[11] Gemäss Art. 32 Abs. 4 BEHG muss der Preis des Angebots mindestens dem Börsenkurs entsprechen und darf höchstens 25 % unter dem höchsten Preis liegen, den der Anbieter und die mit ihm in gemeinsamer Absprache handelnden Personen in den zwölf letzten Monaten für Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft bezahlt haben (Preis des vorausgegangenen Erwerbs). Gemäss Art. 40 Abs. 2 BEHV-FINMA entspricht der Börsenkurs dem volumengewichteten Durchschnittskurs der börslichen Abschlüsse der letzten 60 Börsentage vor Veröffentlichung des Angebots bzw. der Voranmeldung (Volume-Weighted Average Price, VWAP).

5.2 Börsenkurs

[12] Der VWAP der B-Aktien während der letzten 60 Börsentage vor der Publikation der Voranmeldung am 31. Juli 2012 betrug CHF 26.32. Die B-Aktien wurden im gleichen Zeitraum an allen Börsentagen gehandelt.

[13] Gemäss UEK-Rundschreiben Nr. 2 sind die B-Aktien als liquid zu qualifizieren (vgl. Sachverhalt lit. N).

5.3 Preis des vorausgegangenen Erwerbs

[14] Während der letzten zwölf Monate vor der Publikation der Voranmeldung vom 31. Juli 2012 haben die Anbieterin und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen, mit Ausnahme von Sarasin, insgesamt 20'232'358 B-Aktien zu höchstens CHF 36 gekauft (vgl. Angebotsprospekt, Ziffer 3.6). Davon wurden 15'429 B-Aktien der Zielgesellschaft indirekt über den Kauf von Eichbaum-Aktien erworben (vgl. Sachverhalt lit. B). Hinsichtlich dieser B-Aktien ist Art. 32 Abs. 4 BEHG in Verbindung mit Art. 42 BEHV-FINMA zu beachten. In einem solchen Fall eines indirekten Erwerbs im Sinne von Art. 30 BEHV-FINMA in Verbindung mit Art. 9 Abs. 3 lit. c BEHV-FINMA hat die Anbieterin im Angebotsprospekt gestützt auf Art. 42 BEHV-FINMA den auf die Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft entfallenden Anteil des bezahlten Preises offenzulegen. Der Kaufpreis betrug für die Aktien von Eichbaum insgesamt CHF 407'869'725.60. Der Preis für die Aktien von Eichbaum entspricht einem Kaufpreis von CHF 7.20 für jede von Eichbaum gehaltene A-Aktie bzw. CHF 36 für jede von ihr gehaltene B-Aktie von Sarasin. Die Bewertung dieses Anteils wurde durch die Prüfstelle geprüft.

[15] Im selben Zeitraum wurden durch die Anbieterin und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen, mit Ausnahme von Sarasin, keine Options- oder Wandelrechte (zum Bezug oder Erwerb von B-Aktien) oder sonstige Finanzinstrumente von Sarasin gekauft oder verkauft.

[16] Ab dem 25. November 2011 bis zur Voranmeldung des Angebots am 31. Juli 2012 kaufte Sarasin als in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handelnde Person (vgl. Sachverhalt lit. E) keine B-Aktien und verkaufte am Markt 694'607 B-Aktien, entsprechend 1.10 % des Aktienkapitals und 0.64 % der Stimmrechte an Sarasin. Zudem verkaufte sie an Comtel 678'308 B‑Aktien (vgl. Sachverhalt lit. F). Schliesslich handelte Sarasin zwischen dem 25. November 2011 und 5. März 2012 mit Finanzinstrumenten, bei welchen B-Aktien unterlegt waren, wobei der implizite Wert der B-Aktien immer unter CHF 36 je B-Aktie lag. Die Prüfstelle hat dies bestätigt.

[17] Der Angebotspreis von CHF 27 liegt 25 % unter dem im Rahmen des vorausgegangenen Erwerbs bezahlten Höchstpreises von CHF 36.

5.4 Ergebnis

[18] Der Angebotspreis von CHF 27 liegt über dem VWAP von CHF 26.32 und 25 % unter dem im Rahmen des vorausgegangenen Erwerbs bezahlten Höchstpreises von CHF 36. Somit sind die Bestimmungen über den Mindestpreis gemäss Art. 32 Abs. 4 BEHG eingehalten. Die Prüfstelle hat dies in ihrem Bericht bestätigt.

6.  Best Price Rule

[19] Gemäss Art. 10 Abs. 1 UEV müssen ein Anbieter und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen, die von der Veröffentlichung des Angebots bis sechs Monate nach Ablauf der Nachfrist Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwerben, diesen Preis allen Empfängern des Angebots anbieten (Best Price Rule). Die Best Price Rule ist auch auf den Erwerb von Finanzinstrumenten anwendbar (Art. 10 Abs. 2 UEV). Die Prüfstelle hat die Einhaltung dieser Regel zu bestätigen (Art. 28 Abs. 1 lit. d UEV).

[20] Seit der Publikation der Voranmeldung am 31. Juli 2012 haben die Anbieterin und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen keine B-Aktien gekauft und keine Options- oder Wandelrechte oder sonstige Finanzinstrumente von Sarasin gekauft, verkauft oder ausgeübt, mit Ausnahme der in der Verfügung 500/01 genannten Geschäfte von Sarasin, welche von der Einhaltung der Best Price Rule ausgenommen wurden (vgl. Sachverhalt lit. E). Die Prüfstelle hat in ihrem Bericht die Einhaltung der Best Price Rule bis zum 15. August 2012 bestätigt (vgl. Angebotsprospekt, Ziffer 7).

7.  Bedingung

[21] Nach Art. 7 Abs. 1 UEV muss der Anbieter innerhalb von sechs Wochen nach der Voranmeldung einen Angebotsprospekt veröffentlichen, der den Konditionen der Voranmeldung entspricht. Nach Abs. 2 dürfen Änderungen vorgenommen werden, wenn sie sich gesamthaft gesehen zugunsten der Empfänger auswirken. Ein Pflichtangebot darf ausser aus wichtigen Gründen nicht an Bedingungen geknüpft werden (Art. 36 Abs. 1 BEHV-FINMA).

[22] Das vorliegende Pflichtangebot steht unter der Bedingung, dass kein Urteil, keine Verfügung und keine andere behördliche Anordnung erlassen wird, welche dieses Kaufangebot oder dessen Durchführung verbietet oder für unzulässig erklärt (Angebotsprospekt, Ziffer 2.7).

[23] Diese Bedingung gilt bis zum Ablauf der (allenfalls verlängerten) Angebotsfrist. Gemäss Art. 36 Abs. 2 lit. a BEHV-FINMA ist eine solche Bedingung auch bei Pflichtangeboten zulässig (vgl. Verfügung 495/03 vom 28. Februar 2012 in Sachen Uster Technologies AG, Erw. 7).

8.  Bericht des Verwaltungsrats

8.1 Stellungnahme des Verwaltungsrats

[24] Der Verwaltungsratsbericht ist ein zentrales Element eines jeden Angebots. Dem Verwaltungsrat fällt nämlich die Rolle zu, sich im Interesse der Aktionäre eine eigene, von den spezifischen Interessen des jeweiligen Anbieters und von den eigenen Interessen unabhängige Meinung zu bilden und alsdann seine Überlegungen und Schlussfolgerungen im Verwaltungsratsbericht den Aktionären zur Kenntnis zu bringen. Ratio Legis der Bestimmung über die Pflicht zur Erstellung eines Verwaltungsratsberichts ist unter anderem, dass diejenigen Personen ihre Stellungnahme zum Angebot abgeben und somit dem Aktionär wichtige Informationen für seine Entscheidung hinsichtlich Annahme oder Ablehnung des Angebots liefern, welche aufgrund ihrer Funktion das Angebot und seine Auswirkungen auf die Gesellschaft und ihre Aktionäre am besten beurteilen können (vgl. Verfügung 304/01 vom 8. Januar 2007 in Sachen Serono S.A., Erw. 6.1.1).

[25]  Vorliegend wurde der Verwaltungsrat von Sarasin am 31. Juli 2012 letztlich durch Joseph Y. Safra neu gewählt (vgl. Sachverhalt lit. I). Damit stellt sich die Frage, ob der bisherige oder der neue Verwaltungsrat zum Angebot Stellung zu nehmen hat. Im Unterschied zu den öffentlichen Kaufangeboten von Serono S.A. und GNI Global Net International AG (vgl. Empfehlung  304/01 vom 8. Januar 2007 in Sachen Serono S.A., Erw. 6.1.1 und Empfehlung 314/04 vom 12. Juli 2007 in Sachen GNI Global Net International AG, Erw. 4.1), in denen jeweils der gesamte Verwaltungsrat zurückgetreten war, wurden bei Sarasin die bisherigen Verwaltungsräte Sipko N. Schat, Hans-Rudolf Hufschmid und Dagmar G. Wöhrl wieder gewählt. Sie konnten ihre Überlegungen und Schlussfolgerungen zum Angebot mit ihrer Erfahrung als bisherige Verwaltungsräte von Sarasin in den Verwaltungsratsbericht einbringen. Die Kontinuität im Verwaltungsrat von Sarasin ist durch diese drei wiedergewählten Verwaltungsräte sichergestellt, weshalb nicht der bisherige Verwaltungsrat, sondern der am 31. Juli 2012 neu gewählte Verwaltungsrat zum Angebot Stellung zu nehmen hat.

[26] Der gesamte, neu gewählte Verwaltungsrat von Sarasin verzichtete darauf, den Aktionären zu empfehlen, das Angebot anzunehmen oder es zurückzuweisen. Stattdessen hat er die Vor- und Nachteile des Angebots dargelegt.

8.2 Interessenkonflikte

[27] Der Verwaltungsrat von Sarasin setzt sich seit der ausserordentlichen Generalversammlung vom 31. Juli 2012 aus Pierre-Alain Bracher (Präsident), Philippe Dupont, Hans-Rudolf Hufschmid (Vizepräsident), Sergio Penchas, Jacob J. Safra, Sipko N. Schat, Marcelo Szerman und Dagmar G. Wöhrl zusammen. Der Verwaltungsratsbericht enthält in Ziffer 6 die von Art. 32 UEV geforderten Angaben zu den Interessenkonflikten. Demnach befinden sich alle aufgeführten Verwaltungsräte zumindest in einem potentiellen Interessenkonflikt. Da Dagmar G. Wöhrl zwar mit den Stimmen von der Anbieterin gewählt wurde, ansonsten aber über keine besonderen Verbindungen zur Anbieterin verfügt (vgl. Verwaltungsratsbericht, Ziffer 6.2), ist sie tatsächlich unabhängig. Für die Bildung eines Ausschuss von unabhängigen Verwaltungsräten sind gemäss Praxis mindestens zwei Verwaltungsräte nötig (Empfehlung 200/01 vom 30. Juni 2004 in Sachen Scintilla AG, Erw. 6.2.2.3). Im vorliegenden Fall ist lediglich Dagmar G. Wöhrl tatsächlich unabhängig, so dass der Verwaltungsrat von Sarasin keinen Ausschuss von unabhängigen Verwaltungsräten bilden konnte.

8.3 Fairness Opinion

[28] Zur Beurteilung des vorliegenden Angebots wurde Lazard GmbH (Lazard oder Expertin) mit der Prüfung der finanziellen Angemessenheit des öffentlichen Kaufangebots beauftragt (Fairness Opinion). Mit Verfügung 508/01 vom 13. April 2012 hat die Übernahmekommission festgestellt, dass Lazard für die Erstellung von Fairness Opinions im Rahmen öffentlicher Kauf- und Tauschangebote besonders befähigt ist. Diese Befähigung besteht nach wie vor.

[29] Lazard hat das Eigenkapital von Sarasin unter Anwendung von drei primären Methoden bewertet: Das Dividenden-Diskontierungs-Modell ergab unter Verwendung entsprechender Sensitivitätsanalysen eine Wertbandbreite pro B-Aktie von CHF 18.93 bis CHF 24.54. Diese Bandbreite wird durch die Analyse vergleichbarer Unternehmen mit einer hergeleiteten Wertbandbreite zwischen CHF 14.56 und CHF 22.27 pro B-Aktie bestätigt. Die Analyse vorangegangener Transaktionen zeigt eine grössere Wertbandbreite zwischen CHF 14.71 und CHF 34.22 pro B-Aktie, so dass die Expertin zum Schluss kam, dass diese Transaktionen aus verschiedenen Gründen nur beschränkt vergleichbar sind und die Resultate somit von geringerer Bedeutung sind. Insgesamt erachtet die Expertin den Angebotspreis von CHF 27 je B-Aktie aus finanzieller Sicht als finanziell angemessen.

[30] Die von Lazard für ihre Meinungsbildung verwendeten Informationen und Bewertungsmethoden, die Bewertungsannahmen und die angewandten Parameter sowie deren Herleitung sind in der Fairness Opinion offengelegt, so dass die Angebotsempfänger die Einschätzung der Expertin nachvollziehen und ihren Entscheid über die Annahme oder Ablehnung des Angebots in Kenntnis der Sachlage treffen können. Die Fairness Opinion ist damit transparent, plausibel und nachvollziehbar und damit im Sinne von Art. 30 Abs. 5 UEV hinreichend begründet.

8.4 Jahres- oder Zwischenabschluss

[31] Der letzte von der Zielgesellschaft publizierte Zwischenabschluss ist derjenige per 30. Juni 2012 und liegt damit im Zeitpunkt des Ablaufs der Angebotsfrist nicht mehr als sechs Monate zurück. In Bezug auf die Angaben über wesentliche Veränderungen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie der Geschäftsaussichten von Sarasin entspricht der Bericht den Anforderungen gemäss Praxis der Übernahmekommission (vgl. hierzu Verfügung 410/01 vom 29. Mai 2009 in Sachen Quadrant AG, Erw. 7.1).

8.5 Übrige Informationen

[32] In Bezug auf die Offenlegung weiterer Informationen entspricht der Bericht des Verwaltungsrats den gesetzlichen Anforderungen.

9.  Verkürzung der Angebotsfrist

[33] Gemäss Art. 14 Abs. 3 UEV muss das Angebot mindestens 20 Börsentage offen bleiben. Diese Frist kann auf Gesuch des Anbieters bis auf zehn Börsentage verkürzt werden, wenn der Anbieter vor der Veröffentlichung des Angebots die Mehrheit der Stimmrechte der Zielgesellschaft besitzt und der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft im Angebotsprospekt veröffentlicht wird.

[34] Die Anbieterin stellte am 6. August 2012 ein Gesuch, mit dem sie sinngemäss geltend macht, es sei die Angebotsfrist auf zehn Börsentage zu verkürzen. Da JSH seit dem 31. Juli 2012 zusammen mit den anderen von Joseph Y. Safra beherrschten Gesellschaften 71.01 % der Stimmrechte an Sarasin hält (vgl. Sachverhalt lit. H) und der Bericht des Verwaltungsrats von Sarasin im Angebotsprospekt veröffentlicht wird, sind die geforderten Voraussetzungen gemäss Art. 14 Abs. 3 UEV für eine Verkürzung der Angebotsfrist erfüllt. Demnach kann dem Gesuch entsprochen werden.

10.    Publikation

[35] Die vorliegende Verfügung wird zusammen mit der Verfügung 500/01 am Tag der Publikation des Angebotsprospekts auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht (Art. 33a BEHG in Verbindung mit Art. 65 Abs. 1 UEV).

11.    Gebühr

[36] Das Angebot umfasst 31'277'654 B-Aktien zum Angebotspreis von CHF 27. Der Wert des gesamten Angebots liegt somit bei CHF 844'496'658. Daraus ergibt sich eine Gebühr von CHF 221'950 (Art. 69 Abs. 2 und 3 UEV).

 

Die Übernahmekommission verfügt:

  1. Das öffentliche Kaufangebot von JSH S.A. an die Aktionäre von Bank Sarasin & Cie AG entspricht den gesetzlichen Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote.
  2. Diese Verfügung wird am Tag der Publikation des Angebotsprospekts zusammen mit der Verfügung 500/01 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
  3. Die Gebühr zu Lasten von JSH S.A. beträgt CHF 221'950.

 

Der Vorsitzende:

 

Dr. Raymund Breu

 

Diese Verfügung geht an die Parteien:

-    Bank Sarasin & Cie AG, vertreten durch Dr. Daniel Daeniker, Homburger AG, Zürich.

-    JSH S.A., vertreten durch Dr. Jacques Iffland, Lenz & Staehelin, Genf.

Diese Verfügung geht zur Kenntnisnahme an:

-    KPMG AG (Prüfstelle).

Rechtsmittelbelehrung:

Beschwerde (Art. 33c des Börsengesetzes, SR 954.1):

Gegen diese Verfügung und die Verfügung 500/01 vom 22. Dezember 2011 kann innerhalb von fünf Börsentagen Beschwerde bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA), Einsteinstrasse 2, CH - 3003 Bern erhoben werden. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach Eröffnung der Verfügung per Telefax oder auf elektronischem Weg zu laufen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 33c Abs. 2 BEHG und Art. 52 VwVG zu genügen.

 

Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):

Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens 2 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV) und am Verfahren bisher nicht teilgenommen hat, kann gegen die vorliegende Verfügung und die Verfügung 500/01 vom 22. Dezember 2011 Einsprache erheben.

 

Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission (Selnaustrasse 30, Postfach, CH - 8021 Zürich,
counsel@takeover.ch, Telefax: +41 58 499 22 91) innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung der Verfügung einzureichen. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach der Veröffentlichung zu laufen.

 

Die Einsprache muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der
Beteiligung gemäss Art. 56 UEV enthalten.