SWISS TAKEOVER BOARD

Transaktionen

0225 - Forbo Holding AG

Empfehlung Forbo Holding AG vom 18. März 2005

Öffentliches Kaufangebot der AFB Investment S.A., Luxemburg, für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der Forbo Holding AG, Eglisau – Traktandierungsbegehren

A.
Die Forbo Holding AG („Forbo“ oder „Zielgesellschaft“ oder „Gesuchstellerin“) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Eglisau (ZH). Ihr Aktienkapital beträgt CHF 54'263'000, eingeteilt in 2'713'152 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 20. Forbo verfügt über ein bedingtes Aktienkapital von CHF 8'322'500 zur Ausgabe von 416'125 Namenaktien von je CHF 20 Nennwert. Die Namenaktien der Forbo sind an der SWX Swiss Exchange („SWX“) kotiert.

B.
Die AFB Investment S.A. („AFB Investment“ oder „Anbieterin“) ist eine Aktiengesellschaft luxemburgischen Rechts mit Sitz in Luxemburg-Stadt, Luxemburg, welche am 31. Dezember 2004 gegründet wurde. Das voll liberierte Aktienkapital der AFB Investment betrug am 3. März 2005 EUR 31'005, eingeteilt in 24'804 Aktien zu je EUR 1.25 Nennwert. Die AFB Investment wurde gegründet, um das vorliegende öffentliche Kaufangebot zu unterbreiten. Der hauptsächliche statutarische Zweck von AFB Investment besteht darin, Beteiligungen an anderen Gesellschaften zu halten, zu erwerben und zu veräussern.

Mit Ausnahme einer Aktie hält AFB Participations S.A., eine Gesellschaft luxemburgischen Rechts mit Sitz in Luxemburg-Stadt, sämtliche Aktien und Stimmrechte von AFB Investment. 90.31% des Kapitals und der Stimmrechte der AFB Participations S.A. wiederum werden durch CVC European Equity Partners III L.P, einen Beteiligungsfonds (Private Equity Fund) in Form einer Limited Partnership unter dem Recht der Cayman Islands mit Sitz in Grand Cayman („CVC“), gehalten. CVC wird durch CVC European Equity III General Partner L.P., Grand Cayman, Cayman Island, geführt. Diese wiederum wird von der CVC European Equity III Limited, St. Helier, Jersey, in deren Eigenschaft als General Partner geführt.

C.
Gemäss SHAB Nr. 20 vom 28. Januar 2005 hält Herr Michael Pieper, Hergiswil, zusammen mit Franke Holding AG, Aarburg, und Franke Beteiligungen I AG, Hergiswil, („Aktionärsgruppe um Pieper“) 20.07% der Stimmen und des Kapitals von Forbo.

D.
Gemäss SHAB Nr. 47 vom 24. Dezember 2004 besitzt Tweedy, Browne Company LLC, USA-New York, 239'160 Namenaktien, entsprechend 8,81% der Stimmen und des Kapitals der Zielgesellschaft. Gemäss SHAB Nr. 47 vom 8. März 2005 hält Herr Rudolf Maag, Binningen, 220'000 Namenaktien, entsprechend 8.1% der Stimmen und des Kapitals der Forbo.

E.
Am 25. Februar 2005 schlossen AFB Investment und Forbo ein Transaction Agreement („Transaction Agreement“) im Hinblick auf das Kaufangebot ab. Am 25. Februar 2005 abends wurde der Abschluss des Transaction Agreements zusammen mit der Ankündigung einer ausserordentlichen Generalversammlung für den 24. März 2005 durch Forbo mittels einer Medienmitteilung bekannt gegeben.

F.
Am 27. Februar 2005 stellte die Aktionärsgruppe um Pieper für die ausserordentliche Generalversammlung von Forbo vom 24. März 2005 ein Traktandierungsbegehren für im Wesentlichen folgende Traktanden:

1. Abschaffung der Stimmrechtsbegrenzung von 8% mit sofortiger Eintragung im Handelsregister im Falle der Annahme durch die ausserordentliche Generalversammlung (in jedem Falle, d.h. bei Vorliegen und Nichtvorliegen eines öffentlichen Kaufangebotes);

2. Zuwahl von mindestens vier neuen Verwaltungsräten in jedem Falle (bei angekündigtem Rücktritt des Forbo Verwaltungsrates, bei Vorliegen und Nichtvorliegen eines öffentlichen Kaufangebotes, bei Ablehnung oder Annahme der Aufhebung der Stimmrechtsbeschränkung).

G. 
Am 2. März 2005 reichte Forbo eine Eingabe mit folgendem Antrag ein:

Es sei im Rahmen einer Empfehlung festzustellen, ob Forbo Holding AG verpflichtet sei,

- an der ausserordentlichen Generalversammlung vom 24. März 2005 Wahlen durchzuführen und/oder andere geeignete Massnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass Bedingung (d) des möglichen Angebotes der AFB Investment S.A. oder eine entsprechende Bedingung eines allfälligen Konkurrenzangebots erfüllt werden kann;

- im Falle der Aufhebung der Vinkulierung durch die Generalversammlung die Statutenänderung sofort oder erst per Ende der Angebotsfrist beim Handelsregister zur Eintragung anzumelden.

- Eventualiter sei von der Übernahmekommission festzustellen oder darzulegen, welches unter Lauterkeits- und Gleichbehandlungsgrundsätzen die richtige Vorgehensweise ist.
 

H.
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 3. März 2005 wurden AFB Investment und die Aktionärsgruppe um Pieper von der Übernahmekommission aufgefordert, zur Eingabe von Forbo (vgl. oben lit. G) Stellung zu nehmen. AFB Investment und die Aktionärsgruppe um Pieper haben am 8. März 2005 fristgerecht ihre Stellungnahmen eingereicht. Auf die Stellungnahmen wird soweit erforderlich in den Erwägungen eingegangen.

I.
Ebenfalls am 3. März 2005 wurde von Forbo die Einladung zur ausserordentlichen Generalversammlung vom 24. März 2005 versandt und im SHAB publiziert. Darin wurde das Traktandierungsbegehren der Aktionärsgruppe um Pieper (vgl. oben lit. F) aufgenommen.

In seiner Einladung zur Generalversammlung hat der Verwaltungsrat von Forbo in seinen Erläuterungen der Traktanden und in seinen Anträgen zu denselben festgehalten, dass er die Zulässigkeit der von Michael Pieper verlangten sofortigen Eintragung der Statutenänderung ins Handelsregister im Falle des Vorliegens eines Übernahmeangebots unter den Aspekten des Übernahmerechts für fraglich halte. Er habe deshalb die Frage der Übernahmekommission zur Beurteilung vorgelegt und werde je nach Empfehlung dieser Behörde handeln, d.h. die Statutenänderung eventuell sofort eintragen oder dann bis kurz vor Ablauf der Angebotsfrist mit dem Eintrag zuwarten. Überdies äusserte sich der Verwaltungsrat in seiner Stellungnahme zu den Traktandierungsbegehren dahingehend, dass er auch die Zulässigkeit von Wahlen in den Verwaltungsrat während einem laufenden Übernahmeverfahren für fraglich halte und deshalb diese Frage der Übernahmekommission zur Beurteilung vorgelegt habe. Der Verwaltungsrat werde sich diesbezüglich nach der Empfehlung der Behörde verhalten.

J.
Am 4. März 2005 nach Börsenschluss veröffentlichte AFB Investment in den elektronischen Medien die Voranmeldung des öffentlichen Kaufangebots für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der Forbo.

K.
Die Übernahmekommission hat in ihrer Empfehlung in Sachen Forbo vom 7. März 2005 festgestellt, dass das öffentliche Kaufangebot der AFB Investment an die Aktionäre der Forbo unter Vorbehalt der Bedingung (a), Buchstabe A Ziff. 6 des Angebotsprospektes, welche noch nicht auf ihre Zulässigkeit hin überprüft worden sei, den Bestimmungen des Börsengesetzes entspreche. Am 10. März 2005 hat die Übernahmekommission sodann in einer zweiten Empfehlung in Sachen Forbo festgehalten, dass die Bedingung (a), Buchstabe A Ziff. 6 des Angebotsprospektes dem Börsengesetz entspreche und damit zulässig sei.

L.
Am 8. März 2005 erfolgte die landesweite Publikation des öffentlichen Kaufangebots der AFB Investment für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der Forbo.

M.
Am 14. März 2005 reichte Forbo – mit Verweis auf ihre Eingabe vom 2. März 2005 (vgl. oben lit. G) – bei der Übernahmekommission ein weiteres Schreiben ein, mit welchem die Zielgesellschaft die Übernahmekommission über ein Schreiben der Aktionärsgruppe um Pieper in Bezug auf die Stimmrechtsunterlagen bzw. Stimmrechtsanweisungen informierte. In ihrem Schreiben stellt Forbo die Frage, ob ein bestimmtes, eventuell stattfindendes Vorgehen der Aktionärsgruppe um Pieper, nämlich ein allfälliges Stellen gewisser Anträge an der ausserordentlichen Generalversammlung von Forbo, übernahmerechtlich zulässig und mit den Grundsätzen der Lauterkeit, Transparenz und Gleichbehandlung der Anbieter vereinbar sei. Des Weiteren wird festgehalten, Forbo wolle zusätzliche Anträge von Herrn Pieper deshalb nur zulassen, wenn die Übernahmekommission dies für zulässig erachtet. Auf den weiteren Inhalt dieses Schreibens wird soweit erforderlich in den Erwägungen eingegangen.

N.
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 15. März 2005 wurden AFB Investment und die Aktionärsgruppe um Pieper von der Übernahmekommission aufgefordert, zum Schreiben von Forbo (vgl. oben lit. M) Stellung zu nehmen. AFB Investment und Aktionärsgruppe um Pieper haben am 16. März 2005 fristgerecht ihre Stellungnahmen eingereicht. Auf die Stellungnahmen wird soweit erforderlich in den Erwägungen eingegangen.

O.
Zur Prüfung der Eingabe von Forbo wurde ein Ausschuss bestehend aus Frau Claire Huguenin (Präsidentin des Ausschusses), Herrn Thierry de Marignac und Herrn Raymund Breu gebildet.


Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:


1. Zuständigkeit der Übernahmekommission

1.1 Die Übernahmekommission ist gemäss Art. 23 Abs. 3 BEHG zuständig, die Einhaltung der Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote im Einzelfall zu überprüfen. Sie kann von Anbietern und Zielgesellschaften alle Auskünfte und Unterlagen einfordern. Sie erlässt gegenüber den Beteiligten Empfehlungen.

1.2 Mit dem von Forbo eingereichten Gesuch wird bei der Übernahmekommission beantragt, die Einhaltung der Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote im Rahmen des öffentlichen Kaufangebots der AFB Investment für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der Forbo zu überprüfen. Die Gesuchstellerin hat als Zielgesellschaft gemäss Art. 53 Abs. 1 UEV-UEK Parteistellung im Verfahren und überdies ein berechtigtes Interesse an der Klärung der in ihrer Eingabe gestellten Fragen. Die Übernahmekommission ist nach Art. 23 Abs. 3 BEHG somit für die Behandlung der Eingabe von Forbo zuständig.

2. Michael Pieper (bzw. die Aktionärsgruppe um Pieper) als Konkurrenzanbieter?

2.1 Eingabe der Gesuchstellerin

In ihrer Eingabe macht die Gesuchstellerin geltend, Herr Pieper habe zwar unbestrittenermassen bis heute kein formelles öffentliches Kaufangebot lanciert und unterstehe deshalb dem BEHG grundsätzlich nicht. Michael Pieper habe sich allerdings durch verschiedene Handlungen in einen laufenden Bieterprozess eingemischt, insbesondere indem er vom Verwaltungsrat aktiv den Abbruch des Bieterprozesses gefordert habe, durch Traktandierungsbegehren das Zustandekommen einer Konkurrenzofferte zu torpedieren versuche sowie in der Presse eine Kampagne gegen den Bieterprozess führe und bekannt gebe, seine Beteiligung notfalls bis 33.32% auszubauen. Es sei deshalb die Frage zu stellen, ob Michael Pieper durch sein bisheriges Verhalten nicht die Bestimmungen des Börsengesetzes zu umgehen versuche und bei seinen Handlungen nicht an die übernahmerechtlichen Grundsätze der Transparenz, Lauterkeit und Gleichbehandlung gebunden sein müsse. Die mögliche Bindung an die Grundsätze des Übernahmerechts wird im Wesentlichen damit begründet, dass Herr Pieper in diesem Prozess wirtschaftlich ein Konkurrenzangebot lanciert habe und somit ein Mitbewerber auf dem Unternehmenskontrollmarkt sei. Die Gesuchstellerin hält ferner in ihrer Eingabe fest: „Der Verwaltungsrat geht davon aus, dass Michael Pieper von der Übernahmekommission damit als „materieller Konkurrenzanbieter“, der ein schleichendes Teilangebot bis 33.32% zu nicht deklarierten Bedingungen lanciert hat, betrachtet werden könnte“.

2.2 Stellungnahme von AFB Investment bzw. CVC

AFB Investment unterstützt in ihrer Stellungnahme im Wesentlichen die Argumente der Gesuchstellerin. Sie geht insofern noch weiter als die Gesuchstellerin, als sie die von Michael Pieper in der Presse gemachte Aussage, dass er seine Beteiligung, falls nötig, auf 33.32% ausbauen werde und die anlässlich seines Rücktritts aus dem Forbo Verwaltungsrat in einer Pressemitteilung veröffentlichte Intention, „seine Beteiligungen an der Forbo möglicherweise über die gegenwärtig knapp 5% hinaus zu erhöhen“ als öffentliches Kaufangebot im Sinne von Art. 2 lit. e BEHG qualifiziert.

2.3 Stellungnahme der Aktionärsgruppe um Pieper

Die Aktionärsgruppe um Pieper betont in ihrer Stellungnahme, sie sei kein materieller Konkurrenzanbieter, sondern – wie Herr Pieper und die Aktionärsgruppe um Pieper wiederholt öffentlich erklärt hätten – lediglich ein Grossaktionär mit längerfristiger industrieller Ausrichtung, der aber keine Kontrollmehrheit anstrebe und demzufolge auch nicht gedenke, ein Übernahmeangebot zu machen. Die Aktionärsgruppe um Pieper habe sodann kein öffentliches Angebot lanciert und im Übrigen könnten sog. Creeping Tender Offer – wie Forbo in ihrer Eingabe zu Recht auch geltend mache – nicht als öffentliche Kaufangebote gelten. Damit unterstehe die Aktionärsgruppe um Pieper grundsätzlich nicht dem Börsengesetz. Es sei zwar unbestritten, dass Grossaktionäre und Personen, die kein formelles öffentliches Kaufangebot unterbreitet haben, in gewissen Phasen und Situationen Rechte und Pflichten unter dem BEHG treffen könnten. Das Gesetz regle diese Tatbestände, wie z.B. Transaktionsmeldungen während der Angebotsfrist, klar. „Bestimmungen, wonach sich ein Grossaktionär in Übernahmesituationen in seinen Aktionärs-, Abwehr- und Meinungsäusserungsfreiheitsrechten beschränken müsste, fehlen indessen. Solange kein Rechtsmissbrauch vorliegt, sind diese Rechte auch zu gewähren und zu schützen“, wird des Weiteren betont.

2.4 Beurteilung durch die Übernahmekommission

2.4.1 Art. 2 lit. e BEHG definiert öffentliche Kaufangebote als Angebote zum Kauf oder zum Tausch von Aktien, Partizipations- oder Genusscheinen oder anderen Beteiligungspapieren (Beteiligungspapiere), die sich öffentlich an Inhaber von Aktien oder anderer Beteiligungspapiere von den schweizerischen Gesellschaften richten, deren Beteiligungspapiere mindestens teilweise an einer Börse in der Schweiz kotiert sind.

Vorliegend stellt sich die Frage, wann von einem „Angebot“ im Sinne von Art. 2 lit. e BEHG ausgegangen werden muss. Dazu kann das Folgende festgehalten werden:

2.4.2 Selbst wenn man vor dem Hintergrund von Sinn und Zweck des Börsengesetzes von einer extensiven Auslegung des Begriffs „Angebot“ ausgeht, ist dennoch nicht jede öffentliche Ankündigung oder Pressemitteilung einer Absichtsäusserung zum Erwerb von Beteiligungspapieren als öffentliches Kaufangebot im Sinne von Art. 2 lit. e BEHG zu qualifizieren. Es muss sich vielmehr um eine genügend konkrete Aufforderung handeln, die bei den Inhabern von Beteiligungspapieren in der Regel zur Abgabe von Annahmeerklärungen führen würde respektive bei diesen auf eine solche Folge ausgerichtet ist (vgl. Thomas Reutter, Das bedingte Übernahmeangebot, Schriften zum Handels- und Wirtschaftsrecht 214, Zürich 2002, 52 und dort zit. Literatur; vgl. beispielsweise auch den City Code on Takeovers and Mergers, wo zwischen dem „announcement of a firm intention to make an offer“ in Rule 2.5 und dem „announcement of a possible offer“ in Rule 2.4 unterschieden wird).

2.4.3 Im vorliegenden Fall ist es offensichtlich, dass die öffentlichen Aussagen von Herrn Pieper (in concreto: „falls es nötig ist, werde ich meine Beteiligung auf 33.32 Prozent ausbauen“ und die „Intention, seine Beteiligungen an der Forbo möglicherweise über die gegenwärtig knapp 5% hinaus zu erhöhen“) keine genügend konkrete Aufforderungen an die Inhaber von Beteiligungspapieren zur Abgabe von Annahmeerklärungen sind. Ebensowenig sind seine Äusserungen als „standing in the market“, also als Bereitschaft, jederzeit von jedermann Titel zu übernehmen, zu verstehen. Die von Herrn Pieper gemachten Aussagen sind zu unverbindlich, zu relativierend und zu wenig konkret, als dass sie von den Inhabern von Beteiligungspapieren von Forbo als Aufforderung zur Abgabe von Annahmeerklärungen verstanden werden durften. Aufgrund dieser Äusserungen durfte kein Inhaber von Beteiligungspapieren berechtigt darauf vertrauen und davon ausgehen, dass Herr Pieper ihm allenfalls angediente Aktien auf jeden Fall erwerben würde.

Abschliessend kann somit festgehalten werden, dass es sich bei den von Herrn Pieper gemachten Äusserungen nicht um ein Angebot im Sinne von Art. 2 lit. e BEHG handelt.

2.4.4 Da Herrn Piepers Aussagen und Verhalten nicht als öffentliches Kaufangebot im Sinne von Art. 2 lit. e BEHG verstanden werden können, liegt per definitionem auch keine Konkurrenzofferte im Sinne des Börsengesetzes vor.

3. Lauterkeit und Transparenz des Traktandierungsbegehrens

3.1 Eingabe der Gesuchstellerin

Des Weiteren macht die Gesuchstellerin in ihrer Eingabe geltend, sie bezweifle, dass das von Michael Pieper eingereichte Traktandierungsbegehren den Grundsätzen von Lauterkeit und Transparenz entspreche. Gemäss Art. 47 Abs. 3 UEV-UEK müssten die Aktionäre, unabhängig von der Reihenfolge ihrer Lancierung, zwischen den verschiedenen Angeboten frei wählen können. Das Traktandierungsbegehren von Michael Pieper ziele hingegen darauf, dass er sofort vor Ablauf der Angebotsfrist die Kontrolle der Forbo übernehmen könne, womit er während der noch laufenden Angebotsfrist einen Entscheid der Aktionäre zwischen der Kontrollübernahme durch ihn und einem öffentlichem Kaufangebot herbeiführen wolle. Dieses Vorgehen widerspreche möglicherweise dem Grundsatz von Art. 50 Abs. 1 UEV-UEK, welcher  konkretisiere und vorsehe, dass die Aktionäre sich nicht vorzeitig für das eine oder andere Angebot entscheiden müssen und ihnen die gesetzliche Entscheidungsfrist eingeräumt wird. Ferner sei auch fraglich, ob das in Art. 50 Abs. 2 UEV-UEK statuierte Widerrufsrecht der Aktionäre bei Konkurrenzofferten durch das Vorgehen von Herrn Pieper noch gewährleistet sei.

3.2 Stellungnahme von AFB Investment bzw. CVC

Basierend auf der Annahme, dass die öffentlichen Aussagen von Michael Pieper als öffentliches Kaufangebot zu qualifizieren sind, macht AFB Investment geltend, das zeitlich spätere Angebot der AFB Investment gelte als konkurrierendes Angebot im Sinne von Art. 30 BEHG und Art. 47 Abs. 1 UEV-UEK. Gemäss Art. 30 Abs. 1 BEHG sei die Übernahmekommission damit berufen, dafür zu sorgen, dass sich die Aktionäre der Forbo bezüglich der Angebote frei entscheiden können. Insbesondere solle die Übernahmekommission darüber wachen, dass der Zeitplan der Transaktion so festgelegt werde, dass die Entscheidungsfreiheit der Aktionäre gewährleistet ist.

3.3 Stellungnahme der Aktionärsgruppe um Pieper

In ihrer Stellungnahme macht die Aktionärsgruppe um Pieper im Wesentlichen geltend, an der ausserordentlichen Generalversammlung stünden sich nicht konkurrierende Übernahmeofferten gegenüber, so dass es z.B. nicht darum gehen könne – wie in der Eingabe von Forbo verlangt – die Abstimmungsmodalitäten so auszugestalten, dass die ratio dieser Bestimmung gewahrt bleibe. Des Weiteren wird betont, die Aktionärsgruppe um Pieper nehme mit ihrem Traktandierungsbegehren und ihrer Stimmabgabe lediglich die ihr zustehenden Rechte wahr, die ihr als keine Kontrollmehrheit haltender oder anstrebender Grossaktionär gewährt werden. Die von der Aktionärsgruppe um Pieper gestellten Traktandierungsbegehren seien unbestrittenermassen gesellschaftsrechtlich zulässig und ermöglichten allen Aktionären an der ausserordentlichen Generalversammlung vom 24. März 2005, welche in Übernahmesituationen gemäss Omnipotenztheorie das oberste Organ der Gesellschaft sei, sich in freier Wahl zu Gunsten des heutigen Verwaltungsrats auszusprechen, der den Angebotsprozess bis heute begleitet habe und weiterbegleiten würde, oder zu Gunsten eines erneuerten Verwaltungsrates zu entscheiden. Selbst wenn die Beschlüsse der Generalversammlung eine Abwehrmassnahme darstellen würden, wären diese zulässig.

3.4 Beurteilung durch die Übernahmekommission

3.4.1 Sowohl die Gesuchstellerin als auch AFB Investment gehen in ihren Eingaben in Bezug auf die Lauterkeit und Transparenz des Traktandierungsbegehrens der Aktionärsgruppe um Pieper (vgl. oben Erw. 3.1) bzw. in Bezug auf die zu gewährleistende Entscheidungsfreiheit der Aktionäre und auf den von der Übernahmekommission in diesem Zusammenhang allenfalls festzulegenden Zeitplan (vgl. oben Erw. 3.2) von der grundsätzlichen Anwendbarkeit der Bestimmungen über konkurrierende Angebote aus. Da – wie oben erläutert – in diesem Fall keine konkurrierenden Angebote vorliegen, ist die Anwendbarkeit dieser Bestimmungen ausgeschlossen.

3.4.2 Soweit die Gesuchstellerin und AFB Investment die Tranktandierung als solche während eines öffentlichen Kaufangebots beanstanden, kann dazu das Folgende festgehalten werden: Das Traktandierungsrecht ist in Art. 699 Abs. 3 OR geregelt. Danach können ein Aktionär oder eine Gruppe von Aktionären, die Aktien im Nennwert von mindestens 1 Mio Franken (oder gemäss herrschender Lehre in Erweiterung des Wortlauts 10% des Aktienkapitals) vertreten, für die Generalversammlung die Traktandierung eines Verhandlungsgegenstandes verlangen. Bei diesem selbständigen Recht, ein Traktandum anzusetzen bzw. die Traktandenliste zu ergänzen, handelt es sich somit um ein aktienrechtliches Minderheitsrecht. Demzufolge ist die Beurteilungsgrundlage für die Zulässigkeit eines Traktandierungsbegehrens in formeller und materieller Hinsicht grundsätzlich im Aktienrecht und nicht im Börsen- bzw. Übernahmerecht zu suchen. Eine aktienrechtliche Unzulässigkeit wurde indessen weder von der Gesuchstellerin noch von AFB Investment geltend gemacht.

Es ist im Übrigen nicht ersichtlich, weshalb und inwiefern dieses aktienrechtliche Minderheitsrecht durch das Vorliegen eines öffentlichen Kaufangebots aufgehoben werden sollte. Vorbehältlich der börsenrechtlichen Pflichten, welchen Grossaktionäre mit über 5% der Stimmen in einem laufenden Übernahmeverfahren unterstehen (z.B. Meldung von Transaktionen gemäss Art. 31 UEV-UEK), ist es einem Aktionär nicht verwehrt, seine Aktionärsrechte auch während eines laufenden Übernahmeangebots auszuüben. Insbesondere darf er auch in Übernahmesituationen mittels Wahrnehmung seines Traktandierungsrechts der Generalversammlung Traktanden vorlegen. Ob das Traktandierungsbegehren sodann in formeller und materieller Hinsicht aktienrechtlich unzulässig oder rechtsmissbräuchlich ist bzw. zu aktienrechtlich unzulässigen Beschlüssen der Generalversammlung führt, ist keine Frage des Übernahmerechts.

3.4.3 Durch einen Aktionär mittels Traktandierung verlangte Beschlüsse der Generalversammlung während eines laufenden Kaufangebots müssen überdies umso mehr zulässig sein, als die Generalversammlung gemäss Art. 29 Abs. 2 Satz 2 BEHG sogar dazu befugt ist, in einem laufenden Kaufangebot Abwehrmassnahmen zu ergreifen. Aufgrund der Tatsache, dass es der Generalversammlung nicht verwehrt ist, auch während eines Übernahmeangebots rechtsgültig über Abwehrmassnahmen Beschluss zu fassen, kann festgehalten werden, dass die Generalversammlung der Forbo vom 24. März 2005 im vorliegenden Fall selbst dann über die traktandierten Fragen rechtsgültig Beschluss fassen könnte, wenn diese als Abwehrmassnahmen im Sinne von Art. 29 Abs. 2 BEHG bzw. Art. 35 UEV-UEK qualifiziert werden sollten. Vorbehalten bleiben dabei gemäss Art. 36 UEV-UEK allerdings Abwehrmassnahmen, die offensichtlich das Gesellschaftsrecht verletzen. Eine gesellschaftsrechtliche Unzulässigkeit der von der Aktionärsgruppe um Pieper anbegehrten Traktanden ist vorliegend allerdings nicht ersichtlich und wurde – wie bereits erwähnt – auch weder von der Gesuchstellerin noch von AFB Investment geltend gemacht.

Abschliessend kann somit festgehalten werden, dass die von Herrn Pieper respektive der Aktionärsgruppe um Pieper als Aktionäre – und nicht als Konkurrenzanbieter – durch die Geltendmachung seines/ihres Traktandierungsrechts beantragten Beschlüsse der Generalversammlung unter den Aspekten des Übernahmerechts nicht zu beanstanden sind.

4. Lauterkeit und Transparenz von zusätzlichen Anträgen

4.1 Art. 700 Abs. 4 OR sieht vor, dass es zur Stellung von Anträgen im Rahmen der Verhandlungsgegenstände und zu Verhandlungen ohne Beschlussfassung keiner vorgängigen Ankündigung bedarf. Es handelt sich dabei um ein Individualrecht, welches jedem einzelnen Aktionär zusteht.

4.2 Soweit die Gesuchstellerin die Übernahmekommission in ihrem Schreiben vom 14. März 2005 anfragt, ob das Stellen von zusätzlichen Anträgen durch Herrn Pieper übernahmerechtlich zulässig und mit den Grundsätzen der Lauterkeit, Transparenz und der Gleichbehandlung der Anbieter vereinbar sei und er solche allfälligen Anträge nur zulassen wolle, wenn die Übernahmekommission dies für zulässig erachte (vgl. Sachverhalt lit. M), gilt das in Erwägung 3.4.2 für das Traktandierungsrecht Erörterte analog auch für das individuelle Antragsrecht des Aktionärs. Abgesehen davon, dass in casu keine konkurrierenden Angebote vorliegen, wird dieses dem Aktionär zustehende Individualrecht durch das Vorliegen eines öffentlichen Kaufangebots in keiner Art und Weise aufgehoben. Ob anlässlich der Generalversammlung, in Kenntnis der dann konkret vorliegenden Anträge, sich alsdann allenfalls aktienrechtliche Bedenken gegen die von Herrn Pieper respektive der Aktionärsgruppe um Pieper gestellten Anträge ergeben werden, kann heute nicht beurteilt werden. An dieser Stelle kann indessen festgehalten werden, dass unter dem Aspekt des Übernahmerechts die Geltendmachung des individuellen Antragsrechts durch einen Aktionär im Sinne von Art. 700 Abs. 4 OR auch in einem laufenden Übernahmeverfahren nicht zu beanstanden ist.

5. Gleichbehandlung der Anbieter

5.1 Eingabe der Gesuchstellerin

Abschliessend stellt die Gesuchstellerin die Frage, ob nicht die in Art. 48 Abs. 1 UEV-UEK statuierte Pflicht zur Gleichbehandlung der Anbieter durch die Zielgesellschaft verletzt sei, wenn Forbo an einer während der laufenden Angebotsfrist stattfindenden Generalversammlung über die erwähnten Traktandierungsbegehren von Michael Pieper abstimmen lasse.

5.2 Stellungnahme von AFB Investment bzw. CVC

AFB Investment macht in ihrer Stellungnahme geltend, zum Zwecke der Gewährleistung der Entscheidungsfreiheit der Aktionäre seien insbesondere die Zeitpläne der beiden Angebote zu koordinieren, allenfalls der Zeitpunkt der Generalversammlung der Zielgesellschaft festzusetzen und möglicherweise die für eine bereits einberufene Generalversammlung der Zielgesellschaft vorgesehenen Traktanden derart zu modifizieren, dass keines der Angebote präjudiziert werde.

5.3 Stellungnahme der Aktionärsgruppe um Pieper

Die Aktionärsgruppe um Pieper macht geltend, sie sei weder faktischer noch materieller Konkurrenzanbieter und nehme lediglich ihre Rechte als Grossaktionär wahr. Aus diesem Grunde beanspruche sie für sich auch nicht ein börsengesetzliches Gleichbehandlungsgebot mit Bietern in einem Bieterprozess auf die Übernahme aller Aktien der Forbo.

5.4 Beurteilung durch die Übernahmekommission

Sowohl die Gesuchstellerin als auch AFB Investment gehen in ihren Eingaben von der grundsätzlichen Anwendbarkeit der Bestimmungen über konkurrierende Angebote aus. Da – wie bereits ausführlich erläutert – im hier zu beurteilenden Fall keine konkurrierenden Angebote vorliegen, ist die Anwendbarkeit dieser Bestimmungen ausgeschlossen. Mangels Vorliegen eines Konkurrenzangebots ist somit der auf Anbieter anzuwendende Gleichbehandlungsgrundsatz von Art. 48 UEV-UEK bzw. die in Art. 30 BEHG statuierte Entscheidungsfreiheit der Aktionäre bei konkurrierenden Angeboten vorliegend nicht tangiert, wenn Forbo an der ausserordentlichen Generalversammlung vom 24. März 2005 über die Traktanden von Michael Pieper respektive der Aktionärsgruppe um Pieper abstimmen lässt.

6. Publikation

Die vorliegende Empfehlung wird in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 BEHG am 21. März 2005 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

7. Gebühr

In Anwendung von Art. 23 Abs. 5 BEHG und Art. 62 Abs. 5 UEV-UEK wird für die Behandlung des vorliegenden Gesuchs eine Gebühr erhoben. Der Ausschuss setzt die Gebühr auf CHF 50'000.-- fest.



Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:

  1. Die sofortige Eintragung in das Handelsregister der unter Traktandum 2 gemäss Forbo Einladung vom 3. März 2005 beantragten Statutenänderung bezüglich Aufhebung der Stimmrechtsbeschränkung auf 8% ist, im Falle deren Annahme durch die ausserordentliche Generalversammlung von Forbo Holding AG vom 24. März 2005, aus dem Blickwinkel des Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995 nicht zu beanstanden.

  2. Die unter Traktandum 3 gemäss Forbo Einladung vom 3. März 2005 beantragte Zuwahl von mindestens vier Verwaltungsräten an der ausserordentlichen Generalversammlung von Forbo Holding AG vom 24. März 2005 ist aus dem Blickwinkel des Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995 nicht zu beanstanden.

  3. Die Geltendmachung des individuellen Antragsrechts durch einen Aktionär an der ausserordentlichen Generalversammlung von Forbo Holding AG vom 24. März 2005, sei es durch Michael Pieper, Franke Holding AG, Franke Beteiligungen I AG, im Sinne von Art. 700 Abs. 4 OR, ist aus dem Blickwinkel des Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995 nicht zu beanstanden.

  4. Diese Empfehlung wird am 21. März 2005 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

  5. Die Gebühr zu Lasten von Forbo Holding AG beträgt CHF 50'000.



Die Präsidentin des Ausschusses:

Claire Huguenin

 

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.


Mitteilung an:

  • Forbo Holding AG, durch ihren Vertreter;      
  • AFB Investment S.A., durch ihren Vertreter;
  • Aktionärsgruppe um Michael Pieper, durch ihren Vertreter;
  • die Eidgenössische Bankenkommission;
  • die Prüfstelle (zur Kenntnisnahme).