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Transaktionen

0049 - TAG Heuer International SA

Empfehlung TAG Heuer International SA vom 21. September 1999

Öffentliches Kaufangebot der LVMH Moët Hennessy Louis Vuitton, Paris, für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der TAG Heuer International SA, Luxemburg – Feststellung der Nichtanwendbarkeit des BEHG

A.
Die TAG Heuer International SA (TAG Heuer) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Luxemburg. Ihr Aktienkapital ist in 5‘384‘000 Namenaktien mit einem Nennwert von CHF 10.-- eingeteilt, welche an der SWX Swiss Exchange und am New York Stock Exchange kotiert sind. Die Gesellschaft stellt Sportuhren und Chronographen her.

B.
Die LVMH Moët Hennessy Louis Vuitton (LVMH) ist ein französischer Luxusgüterhersteller mit Sitz in Paris.

C.
Am 13. September 1999 gaben die LVMH und die TAG Heuer in einer Pressemitteilung bekannt, dass sie eine Vereinbarung zur Unterbreitung eines öffentlichen Kaufangebotes durch die LVMH für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der TAG Heuer getroffen haben. Demnach würde die LVMH allen TAG Heuer Aktionären ein Barangebot zum Preis von CHF 215.-- pro TAG-Heuer-Aktie unterbreiten. In dieser Pressemitteilung wurde unter anderem Folgendes festgehalten

„The offer will be conducted as a public tender offer undertaken in accordance with the Swiss Public Takeover Rules, notwithstanding that these rules are not applicable by law. The offer will not be made in the United States."

D.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss, bestehend aus Herrn Hans Caspar von der Crone (Präsident), Frau Maja Bauer-Balmelli und Herrn Ulrich Oppikofer, gebildet.


Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Nichtanwendbarkeit des schweizerischen Übernahmerechts

Gemäss Art. 22 Abs. 1 BEHG gelten die Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote für Beteiligungen an schweizerischen Gesellschaften, die mindestens teilweise an einer Börse in der Schweiz kotiert sind. Aus dem Wortlaut des Gesetzes geht klar hervor, dass der 5. Abschnitt des BEHG nur anwendbar ist, wenn die folgenden zwei Voraussetzungen kumulativ gegeben sind: Die Zielgesellschaft muss ihren Sitz in der Schweiz haben, und sie muss an einer Börse in der Schweiz kotiert sein.

Die TAG Heuer hat ihren Sitz in Luxemburg. Das öffentliche Kaufangebot der LVMH für die Aktien der TAG Heuer ist somit nicht dem BEHG unterstellt.

2. Möglichkeit einer freiwilligen Unterstellung unter das BEHG

Ziel von Art. 22 Abs. 1 BEHG war es in erster Linie, einen positiven Kompetenzkonflikt zu vermeiden. Dass daraus negative Kompetenzkonflikte resultieren können, wurde in Kauf genommen, vom Gesetzgeber aber mit Sicherheit nicht bezweckt. Bei dieser Ausgangslage muss es gestützt auf den Zweckartikel des Börsengesetzes (Art. 1 BEHG) im Interesse der Aktionäre der Zielgesellschaft möglich sein, ein Angebot auf eine Zielgesellschaft mit Sitz im Ausland und Kotierung in der Schweiz freiwillig dem schweizerischen Übernahmerecht zu unterstellen, soweit das Angebot nicht schon einer adäquaten Beaufsichtigung im Sitzland untersteht.

Die Übernahmekommission zieht deshalb in Betracht, in künftigen, ähnlich gelagerten Fällen einen Antrag des Anbieters auf freiwillige Unterstellung anzunehmen und das Angebot anschliessend zu beaufsichtigen. Offen bleiben kann zu diesem Zeitpunkt, wie weit eine solche Unterstellung gehen würde. So könnte die Unterstellung wohl nur den Anbieter selbst und die mit ihm in gemeinsamer Absprache handelnden Personen verpflichten. Bei einem feindlichen Angebot beispielsweise dürfte die freiwillige Unterstellung deshalb nicht zur Anwendung der Regeln über das Verhalten der Zielgesellschaft führen. Weiter wäre die Unterstellung so zu gestalten, dass dem sich unterstellenden Anbieter im Fall einer Konkurrenzofferte keine Nachteile gegenüber einem allfälligen zweiten Anbieter entstehen, der seinerseits keinen Antrag auf Unterstellung stellt.

Vorliegend hat die Anbieterin auf ein Gesuch auf Unterstellung verzichtet. Es bleibt deshalb bei der Nichtanwendbarkeit der Übernahmeregeln des Börsengesetzes.

3. Kommunikation

Die materiellen und prozeduralen Bestimmungen des BEHG bilden eine eine funktionale Einheit. Das Verfahren vor der Übernahmekommission und allenfalls der EBK ist ein essentielles Element der regulatorischen Erfassung von öffentlichen Angeboten. Solange ein Angebot weder von Gesetzes wegen noch freiwillig den Übernahmeregeln des Börsengesetzes und damit der Beaufsichtigung durch die Übernahmekommission und die EBK unterstellt ist, kann deshalb nicht von einer Einhaltung der Übernahmeregeln des schweizerischen Börsengesetzes gesprochen werden. Die Pressemitteilung, mit der die Transaktion angekündigt wurde, gab die Rechtslage in diesem Punkt unrichtig wieder. Nachdem die Anbieterin ausdrücklich zugesichert hat, künftig auf entsprechende Hinweise zu verzichten, und nachdem davon ausgegangen werden darf, dass sich die mit der Prüfung des Angebots betraute Revisionsstelle gleich verhalten wird, kann es mit dieser Feststellung sein Bewenden haben.

4. Gebühr

Für die Feststellung einer Nichtunterstellung fällt keine Gebühr an.

Die Übernahmekommission erlässt folgende Empfehlung:

Die Übernahmeregeln des BEHG sind auf das öffentliche Kaufangebot der LVMH Moët Hennessy Louis Vuitton, Paris, für sämtliche sich im Publikum befindenden Namenaktien der TAG Heuer International SA, Luxemburg, nicht anwendbar.

 

Der Präsident

Hans Caspar von der Crone

 

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.


Mitteilung an:

  • den Vertreter der LVMH Moët Hennessy Louis Vuitton, Paris,
  • den Vertreter der TAG Heuer International SA, Luxemburg,
  • die EBK.