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Transaktionen

0467 - Feintool International Holding AG

Verfügung vom 28. Januar 2011

Öffentliches Kaufangebot der Artemis Beteiligungen III AG an die Aktionäre von Feintool International Holding AG - Angebotsprospekt

Sachverhalt:

A.
Feintool International Holding AG (Feintool oder Zielgesellschaft) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Lyss/BE. Feintool ist führend in der Feinschneidtechnologie und bietet den gesamten Prozess des Feinschneidens vom Engineering über die Werkzeugkonstruktion bis hin zur Massenproduktion von Feinschneidkomponenten an. Das Aktienkapital von Feintool beträgt CHF 38‘193‘500 und ist eingetfeilt in 763‘870 vollständig liberierte Namenaktien zu CHF 50 Nennwert (Feintool-Aktie[n]). Die Feintool-Aktien sind an der SIX Swiss Exchange (SIX) gemäss Main Standard kotiert (SIX: FTON). Per 30. September 2010 hielt Feintool 1‘362 (0.18 %) eigene Aktien.

B.
Artemis Beteiligungen III AG (Artemis oder Anbieterin) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Hergiswil/NW. Die hauptsächliche Geschäftstätigkeit besteht im Halten der Beteiligung an Feintool. Artemis ist zu 100 % eine Tochtergesellschaft der Franke Artemis Holding AG mit Sitz in Hergiswil/NW. Franke Artemis Holding AG ist zu 100 % von Michael Pieper kontrolliert und hält direkt und indirekt Mehrheits- und Minderheitsbeteiligungen im Industrie- und Immobilienbereich. Artemis und Michael Pieper besitzen per 14. Januar 2011 (letzter Handelstag vor Veröffentlichung der Voranmeldung des öffentlichen Kaufangebots) 33.0 % der Stimmrechte an Feintool.

C.
Am 17. Januar 2011, vor Börsenbeginn, erfolgte die Publikation der Voranmeldung des öffentlichen Kaufangebots von Artemis in den elektronischen Medien und am 19. Januar 2011 in den Printmedien in deutscher und französischer Sprache (Voranmeldung).

D.
Am 31. Januar 2011 wird voraussichtlich die landesweite Verbreitung des öffentlichen Kaufangebots von Artemis erfolgen. Als Preis des Angebots sind CHF 350 netto in bar je Feintool-Aktie vorgesehen. Das Angebot steht unter mehreren Bedingungen (vgl. Angebotsprospekt, Abschnitt B Ziff. 7).

E.
Der Angebotsprospekt und der Bewertungsbericht wurden der Übernahmekommission vor der Publikation zur Prüfung unterbreitet. Die Anbieterin und die Zielgesellschaft erhielten Gelegenheit, zum Angebotsprospekt und Bewertungsgutachten Stellung zu nehmen. Auf die in den Stellungnahmen enthaltenen Anträge und Einwendungen wird soweit erforderlich in den Erwägungen eingegangen.

F.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Luc Thévenoz (Präsident), Raymund Breu und Susan Emmenegger gebildet.

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Voranmeldung

[1] Eine Anbieterin kann gemäss Art. 5 Abs. 1 UEV ein Angebot vor der Veröffentlichung des Angebotsprospekts voranmelden. Die daran anknüpfenden Rechtswirkungen ergeben sich aus Art. 7 UEV.

[2] Im vorliegenden Fall enthielt die am 17. Januar 2011 in den elektronischen Medien publizierte Voranmeldung sämtliche gemäss Art. 5 Abs. 2 UEV geforderten Angaben. Die Publikation in den Printmedien erfolgte rechtzeitig innerhalb von drei Börsentagen am 19. Januar 2011. Gemäss Art. 8 Abs. 2 UEV entfaltet die Voranmeldung ihre Rechtswirkungen somit auf den 17. Januar 2011.

2. Gegenstand des Angebots

[3] Das öffentliche Kaufangebot von Artemis bezieht sich auf alle sich im Publikum befindenden Feintool-Aktien, abzüglich der Feintool-Aktien, die von Artemis und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Gesellschaften und Personen gehalten werden sowie eigener Aktien von Feintool. Überdies würde sich das Angebot auf Feintool-Aktien beziehen, die bis zum Ende der Nachfrist allenfalls aus dem bedingten Kapital von Feintool oder sonst wie ausgegeben werden oder aus Finanzinstrumenten stammen (vgl. Angebotsprospekt, Abschnitt A, Ziff. 2 sowie Abfschnitt B, Ziff. 5). Die Anbieterin erfüllt damit die Anforderungen gemäss Art. 9 Abs. 2 UEV.

[4] Im Zusammenhang mit den Angebotsrestriktionen / Offer Restrictions USA wendet die Zielgesellschaft ein, der letzte Satz („Artemis reserves the absolute right to reject any and all acceptances determined by them not to be in the proper form or the acceptance of which may be unlawful."; vgl. Angebotsprospekt, Seite 2) sei unzulässig, da er der Anbieterin das freie Ermessen einräume, solche Andienungserklärung abzulehnen.

[5] Der erwähnte Satz ist üblicher Bestandteil von U.S. Angebotsrestriktionen in Angebotsprospekten und gemäss Praxis der Übernahmekommission zulässig (vgl. Verfügung 464/01 vom 18. Januar 2011 in Sachen Datacolor AG und der diesbezügliche Angebotsprospekt). U.S. Angebotsrestriktionen sollen vermeiden, dass US-amerikanische Regeln über Übernahmeangebote zur Anwendung gelangen, deren Verletzung gravierende Konsequenzen haben könnte. Die Interpretation dieses Satzes durch die Zielgesellschaft ist zudem unzutreffend, da es sich hierbei nur (aber immerhin) um eine Regelung zum Verfahren handelt, welche es der Anbieterin gestattet, in Zweifelsfällen eine Andienung abzulehnen. Eine solche Ablehnung kann danach sowohl übernahme- als auch privatrechtlich auf ihre materielle Korrektheit überprüft werden.

3. Handeln in gemeinsamer Absprache

[6] Für Personen, die im Hinblick auf ein Angebot in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe mit der Anbieterin handeln, gilt Art. 10 Abs. 1 und 2 BEHV-FINMA sinngemäss (Art. 11 Abs. 1 UEV). Sie haben die Pflichten nach Art. 12 UEV einzuhalten, was von der Prüfstelle zu überprüfen ist.

[7] Als mit der Artemis im Sinne von Art. 11 UEV in gemeinsamer Absprache handelnde Gesellschaften und Personen gelten die Franke Artemis Holding AG samt ihren Tochtergesellschaften, die Franke Stiftung, Aarburg/AG, und der Alterskapitalfonds für leitende Mitarbeiter der Franke Holding AG und angegliederter Unternehmungen, Aarburg/AG, (beides patronale Stiftungen) sowie Michael Pieper, Hergiswil/NW (vgl. Angebotsprospekt, Abschnitt C, Ziff. 3).

[8] Die Anbieterin hat nach Art. 19 Abs. 1 lit. d UEV die in gemeinsamer Absprache mit ihr handelnden Personen im Angebotsprospekt offen zu legen. Die Anbieterin führt diese Personen in ihrem Angebotsprospekt auf. In Bezug auf die in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handelnden Personen entspricht der Angebotsprospekt den gesetzlichen Anforderungen.

4. Angebotspreis

[9] Artemis bietet CHF 350 netto je Feintool-Aktie, abzüglich des Bruttobetrages allfälliger Verwässerungseffekte (vgl. hierzu Angebotsprospekt, Abschnitt A Ziff. 3).

[10] Im Vergleich zur Voranmeldung wurde bei den beispielhaft aufgezählten Verwässerungseffekte derjenige der „Veräusserung von Aktiven unter oder Erwerb von Aktiven über deren Marktwert" gestrichen. Dies geschah zu Recht. Zwar wurden solche Formulierungen in der Vergangenheit mehrmals in Angebotsprospekten verwendet, ohne dass die Übernahmekommission dies beanstandet hätte (vgl. letztmals Verfügung 464/01 vom 18. Januar 2011 in Sachen Datacolor AG und der diesbezügliche Angebotsprospekt). An dieser Praxis kann jedoch nicht festgehalten werden. Solche Veräusserungen bzw. Erwerbe betreffen die Substanz der Zielgesellschaft und nicht die Verwässerung der Aktionärsrechte. Sie können von den Bedingungen eines Angebots erfasst werden, sofern sie die nötige Wesentlichkeit erreichen (vgl. Angebotsprospekt, Abschnitt A Ziff. 7, Bedingungen d und e), aber nicht zusätzlich und unbesehen ihrer Wesentlichkeit Anlass für eine Preisanpassung bieten.

[11] Die Zielgesellschaft wendet im Weiteren ein, es bedeute eine unzulässige Ungleichbehandlung, dass die Anbieterin einen Angebotspreis von CHF 350 netto biete und dies auf Feintool-Aktien beschränke, die bei Banken in der Schweiz deponiert seien (vgl. Angebotsprospekt, Abschnitt J Ziff. 5).

[12] Gemäss ständiger Praxis ist es indes üblich und zulässig, dass die Anbieterin den Angebotspreis so ausgestaltet, dass die andienenden Aktionäre den Preis netto - also ohne weitere Gebührenabzüge seitens der Depotbank - erhalten. Sollten dennoch einzelne Aktionäre mit einer Gebühr belastet werden, so geschieht dies aus abwicklungstechnischen Gründen, namentlich weil sie sich einer ausländischen Depotbank bedienen. Eine Verletzung des übernahmerechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes kann darin nicht gesehen werden.

5. Einhaltung der Bestimmungen über den Mindestpreis

5.1 Allgemein

[13] Das Angebot umfasst Beteiligungspapiere, deren Erwerb die Pflicht zur Unterbreitung eines Angebots auslösen würde, weshalb der Preis des Angebots den Bestimmungen über Pflichtangebote entsprechen muss (Art. 9 Abs. 6 UEV i.V.m. Art. 32 Abs. 4 und 5 BEHG sowie Art. 40-45 BEHV-FINMA).

[14] Gemäss Art. 32 Abs. 4 BEHG muss der Preis des Angebots mindestens dem Börsenkurs entsprechen und darf höchstens 25 % unter dem höchsten Preis liegen, den der Anbieter in den 12 letzten Monaten für Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft bezahlt hat (Preis des vorausgegangenen Erwerbs). Gemäss Art. 40 Abs. 2 BEHV-FINMA entspricht der Börsenkurs dem volumengewichteten Durchschnittskurs der börslichen Abschlüsse der letzten 60 Börsentage vor Veröffentlichung des Angebots bzw. der Voranmeldung (Volume-Weighted Average Price, VWAP).

5.2 Börsenkurs - Notwendigkeit der Bewertung der Feintool-Aktie

[15] Sind die kotierten Beteiligungspapiere vor der Veröffentlichung des Angebots bzw. der Voranmeldung nicht liquid, so ist eine Bewertung durch eine Prüfstelle i.S.v. Art. 25 BEHG vorzunehmen (vgl. Art. 40 Abs. 4 BEHV-FINMA). Im Bewertungsbericht sind die Bewertungsmethoden, die Bewertungsannahmen und die angewandten Parameter sowie deren Herleitung offenzulegen sowie die Bewertungsgrundlagen aufzuzeigen. Die Kriterien für die Liquidität eines Beteiligungspapiers werden im UEK-Rundschreiben Nr. 2 zur Liquidität im Sinne des Übernahmerechts vom 26. Februar 2010 (UEK-Rundschreiben Nr. 2) festgelegt.

[16] Gemäss den Kriterien des UEK-Rundschreibens Nr. 2 sind die Feintool-Aktien als nicht liquid zu qualifizieren, da der monatliche Median des täglichen Handelsvolumens der börslichen Transaktionen nicht - wie vorausgesetzt - in mindestens zehn, sondern nur in sieben von zwölf der Voranmeldung vorausgehenden vollständigen Monaten gleich oder grösser als 0.04 % des handelbaren Teils des Beteiligungspapiers (Free Float) war.

[17] Der Anbieter hat die BDO AG (BDO) mit der Bewertung der Feintool-Aktie beauftragt. BDO ist eine von der der FINMA zugelassene Prüfgesellschaft und kann daher - gemäss Art. 25 BEHG - die Prüfung eines Angebots vornehmen. Vorliegend wurde BDO sowohl für die Bewertung der illiquiden Feintool-Aktien (vgl. 40 Abs. 4 BEHV-FINMA) als auch für die übrige Prüfung des Angebots beauftragt.

[18] BDO hat im Bewertungsgutachten (Bewertungsgutachten) einen Wert von CHF 326.90 pro Feintool-Aktie ermittelt, wobei dieser Wert dem VWAP per 14. Januar 2011 entspricht. BDO verwendet zur Bewertung folgende vier Methoden: [1] die Discounted Cash Flow Methode (DCF-Methode), [2] die Analyse vergleichbarer börsenkotierter Unternehmen (Trading Multipfles), [3] die Analyse vergleichbarer Transaktionen (Transaction Multiples) und [4] die Bewertungsüberlegungen von Analysten. Aus diesen vier Methoden ergeben sich Bandbreiten zwischen CHF 260 und CHF 338. Infolgedessen kommt BDO zum Ergebnis, dass trotz der nicht erfüllten Liquiditätskriterien im Sinne des UEK-Rundschreibens Nr. 2 der VWAP von CHF 326.90 eine verlässliche Grösse zur Bestimmung des Mindestpreises sei.

[19] Die Bewertung illiquider Beteiligungspapiere betrifft eine Fachfrage, weshalb hierfür eine Prüfstelle zu mandatieren ist. Die Prüfstelle zeichnet sich durch besondere Fachkunde aus und hat die Aufgabe, die relevanten Tatsachen festzustellen und aufgrund ihres Fachwissens und anhand anerkannter Erfahrungssätze zu beurteilen. Dabei steht der Prüfstelle ein gewisser Beurteilungsspielraum zu (sog. „technisches Ermessen"; vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgericht in Sachen Quadrant vom 30. Novemfber 2010, B 5272/2009, Ef 7.3 betr. Beurteilung von wesentlichen Nebenleistungen). Dieser Beurteilungsspielraum umfasst die Wahl (und Gewichtung) der Methoden und der hierfür verwendeten Grundlagen.

[20] BDO begründet die Methodenwahl und verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass ihr bei der Bewertung ausschliesslich öffentlich zugängliche Informationen zur Verfügung standen. Die vier verwendeten Methoden sind üblich und nicht zu beanstanden. Dies gilt auch für die Schlussfolgerung im Bewertungsgutachten, wonach der VWAP nach Prüfung der einzelnen Bewertungsmethoden einen zuverlässigen Wert für die Berechnung des Mindestpreises von Feintool-Aktien darstelle. Der VWAP liegt denn auch im oberen Bereich der Bandbreiten der Vergleichsmethoden bzw. darüber. Der Bewertungsbericht ist im Übrigen transparent, plausibel und nachvollziehbar.

5.3 Preis des vorausgegangenen Erwerbs

[21] In den letzten 12 Monaten vor der Veröffentlichung der Voranmeldung hat Artemis 29‘608 Feintool-Aktien gekauft und keine verkauft. Die in gemeinsamer Absprache mit Artemis handelnden Gesellschaften und Personen haben im gleichen Zeitraum keine Transaktionen von Feintool-Aktien durchgeführt. Der höchste im Rahmen dieser Transaktionen von Artemis für eine Feintool-Aktie bezahlte Preis betrug CHF 335. In den 12 Monaten vor der Veröffentlichung der Voranmeldung dieses öffentlichen Kaufangebotes haben Artemis und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Gesellschaften und Personen keine Options- oder Wandelrechte oder sonstige Finanzinstrumente der Feintool gekauft, verkauft oder ausgeübt.

5.4 Ergebnis

[22] Der Angebotspreis von CHF 350 netto liegt über dem mittels Bewertung ermittelten Wert von CHF 326.90 und auch über dem im Rahmen des vorausgegangenen Erwerbs bezahlten Preis für Feintool-Aktien von CHF 335. Somit sind die Bestimmungen über den Mindestpreis gemäss Art. 32 Abs. 4 BEHG eingehalten. Die Prüfstelle hat dies in ihrem Bericht bestätigt.

6. Best Price Rule

[23] Gemäss Art. 10 Abs. 1 UEV muss ein Anbieter, der von der Veröffentlichung des Angebots bis sechs Monate nach Ablauf der Nachfrist Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwirbt, diesen Preis allen Empfängern des Angebotes anbieten (Best Price Rule). Die Best Price Rule ist auch auf den Erwerb von Finanzinstrumenten anwendbar (Art. 10 Abs. 2 UEV). Die Prüfstelle hat die Einhaltung dieser Regel zu bestätigen (Art. 28 Abs. 1 lit. d UEV).

[24] Die Prüfstelle bestätigt die Einhaltung der Best Price Rule bis zum 26. Januar 2011 in ihrem Bericht. Für den Zeitraum bis sechs Monate nach Ablauf der Nachfrist hat die Prüfstelle zu gegebener Zeit zu bestätigen, dass die Best Price Rule eingehalten wurde (Art. 28 Abs. 1 lit. d UEV).

7. Bedingungen

[25] Nach Art. 7 Abs. 1 UEV muss der Anbieter innerhalb von sechs Wochen nach der Voranmeldung einen Angebotsprospekt veröffentlichen, der den Konditionen der Voranmeldung entspricht. Die im Angebotsprospekt enthaltenen Bedingungen sind bereits in der Voranmeldung enthalten.

[26] Das Angebot steht unter den Bedingungen a) bis h) (vgl. Angebotsprospekt, Abschnitt B Ziff. 7).

7.1 Bedingung d)

[27] Bedingung d) lautet wie folgt:

d) Mit Ausnahme jener Verpflichtungen, welche vor der Voranmeldung öffentlich bekannt gegeben wurden, hat sich Feintool einschliesslich ihrer direkten und indirekten Tochtergesellschaften seit dem 30. September 2010 nicht verpflichtet, im Umfang von CHF 32,56 Mio. (entsprechend 10% der konsolidierten Bilanzsumme von Feintool per 30. September 2010) oder mehr Vermögenswerte zu erwerben oder zu veräussern oder Fremdkapital aufzunehmen oder zurückzubezahlen.

[28] Bedingung d) ist gemäss Praxis der Übernahmekommission zulässig (vgl. zuletzt Verfügung 410/01 vom 29. Mai 2009 in Sachen Quadrant AG, Erw. 6.4). Der erste Halbsatz („Mit Ausnahme jener Verpflichtungen, welche vor der Voranmeldung öffentlich bekannt gegeben wurden,...) fehlte in der Voranmeldung und wurde erst im Angebotsprospekt eingefügt. Diese Ergänzung dient der Klarstellung und hat keine Benachteiligung der Aktionäre von Feintool zur Folge, weshalb sie zulässig ist (vgl. Art. 7 Abs. 2 UEV).

[29] Die Zielgesellschaft wendet ein, die Bedingung d) sei unzulässig, soweit sie die Zeit vor dem 17. Januar 2011 betreffe. Da Herr Michael Soormann sowohl im Verwaltungsrat der Anbieterin als auch in demjenigen der Zielgesellschaft vertreten sei, sei diesem und damit der Anbieterin bekannt, ob bedingungsrelevante Ereignisse bis zum 16. Januar 2011 eingetreten seien oder nicht. Die Bedingung verletze daher Art. 13 Abs. 2 UEV.

[30] Dieser Einwand vermag nicht zu überzeugen. Herr Michael Soormann ist - wie jeder andere Verwaltungsrat - aufgrund der Treuepflicht gemäss Art. 717 OR bezüglich seines Mandats als Verwaltungsrat der Zielgesellschaft zur Verschwiegenheit und Geheimhaltung verpflichtet. Sein Wissen um Geschäftsgeheimnisse der Zielgesellschaft kann daher der Anbieterin nicht zugerechnet werden.

7.2 Bedingung g)

[31] Bedingung g) lautet wie folgt:

g) Unter der Bedingung, dass Artemis mehr als 50,1 % der Feintool-Aktien hält, sind die Verwaltungsräte von Feintool unter der Voraussetzung, dass das Angebot unbedingt wird,
entweder

(i) mit Wirkung Vollzugsdatum an zurückgetreten (unter dem Vorbehalt, dass mindestens ein Verwaltungsratsmitglied nicht zurückgetreten ist und vor dem Vollzugsdatum mit Wirkung ab Vollzugsdatum einen Mandatsvertrag mit Artemis abgeschlossen hat unter der Voraussetzung, dass das Angebot unbedingt wird), oder

(ii) hat zumindest die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungsrats je einen Mandatsvertrag mit Artemis abgeschlossen für den Zeitraum vom Vollzugsdatum bis zur Generalversammlung von Feintool, an welcher die von Artemis vorgeschlagenen Personen in den Verwaltungsrat von Feintool gewählt werden.

[32] Die Zielgesellschaft wendet ein, die Bedingung g) sei unzulässig, da sie dem Verwaltungsrat entweder die Rücktrittsfreiheit nehme oder trotz Vertragsfreiheit einen Kontrakt aufzwinge. Sie sei zudem weder nötig noch funktionsfähig.

[33] Gemäss Praxis der Übernahmekommission ist eine solche Bedingung zulässig (vgl. dazu Verfügung 0418/01 bb Medtech AG vom 7. Juli 2009; Empfehlung II vom 11. Januar 2008 in Sachen MicroValue AG, Erw. 7.4). Der Anbieter hat ein legitimes Interesse daran, den Verwaltungsrat der Zielgesellschaft und damit deren Geschäftstätigkeit vom Tag des Vollzugs des Übernahmeangebots an zu kontrollieren. Bei einem unfreundlichen Angebot könnte dies allerdings eine Verzögerung der Transaktion zur Folge haben. Es ist in solchen Fällen daher ratsam, eine Kombination aus Neuwahlen und Mandatsverträgen mit den Verwaltungsratsmitgliedern vorzusehen (vgl. Tschäni/Iffland/Diem, Öffentliches Kaufangebote, 2. Aufl., Rn 494), wie dies Bedingung g) explizit vorsieht.

7.3 Übrige Bedingungen

[34] Die übrigen Bedingungen sind gemäss ständiger Praxis der Übernahmekommission zulässig (vgl. zu Bedingung a Verfügung 450/01 vom 20. August 2010 in Sachen Day Software Holding AG, Erw. 6.1; zu Bedingung b Verfügung 422/03 vom 8. September 2009 in Sachen LO holding Lausanne-Ouchy S.A. / JJM Participations SA, Erw. 8.6; zu Bedingung c Verfügung 410/01 vom 29. Mai 2009 in Sachen Quadrant AG, Erw. 6.2; zu Bedingung e vgl. Verfügung 410/01 vom 29. Mai 2009 in Sachen Quadrant AG, Erw. 6.3; zu Bedingung f Verfügung 450/01 vom 20. Aufgust 2010 in Sachen Day Software Holding AG, Erw. 6.5; zu Bedingung h Verfügung 410/01 vom 29. Mai 2009 in Sachen Quadrant AG, Erw. 6.5).

8. Bericht des Verwaltungsrats

[35] Wird der Bericht nicht bereits im Angebotsprospekt veröffentlicht, so muss er spätestens am 15. Börsentag nach Veröffentlichung des Angebotsprospektes landesweit bekannt gemacht werden, indem er in mindestens zwei Zeitungen, in denen das Angebot publiziert wurde, auf Deutsch und Französisch veröffentlicht wird (Art. 33 Abs. 2 UEV).

9. Publikation

[36] Die vorliegende Verfügung wird am Tag der Publikation des Angebotsprospekts auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht (Art. 33a BEHG i.V.m. Art. 65 Abs. 1 UEV).

10. Gebühr

[37] Das Angebot umfasst maximal 510'373 Feintool-Aktien zum Angebotspreis von CHF 350. Der Wert des gesamten Angebots liegt somit bei CHF 178'630'550. Gemäss Art. 69 Abs. 2 UEV ist eine Gebühr von CHF 89'315 zu Lasten der Anbieterin zu erheben.

Die Übernahmekommission verfügt:

  1. Das öffentliche Kaufangebot von Artemis an die Aktionäre von Feintool entspricht den gesetzlichen Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote.
  2. Feintool hat den Bericht des Verwaltungsrats bis spätestens am 15. Börsentag nach Veröffentlichung des Angebotsprospektes zu publizieren.
  3. Diese Verfügung wird am Tag der Publikation des Angebotsprospekts auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
  4. Die übrigen Anträge werden abgewiesen.
  5. Die Gebühr zu Lasten von Artemis beträgt CHF 89'315.

Der Präsident:

Luc Thévenoz

 

Diese Verfügung geht an die Parteien:

  • Feintool International Holding AG, vertreten durch PD Dr. Urs Schenker und Dr. Matthias Courvoisier, Baker & McKenzie
  • Artemis Beteiligungen III AG, vertreten durch Dr. Jürg E. Hartmann und Dr. Beat Spörri, Hartmann Müller Partner, Rechtsanwälte

Diese Verfügung geht zur Kenntnisnahme an:

  • BDO AG (Prüfstelle).

Rechtsmittelbelehrung:

Beschwerde (Art. 33c des Börsengesetzes, SR 954.1):

Gegen diese Verfügung kann innerhalb von fünf Börsentagen Beschwerde bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA), Einsteinstrasse 2, CH - 3003 Bern erhoben werden. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach Eröffnung der Verfügung per Telefax oder auf elektronischem Weg zu laufen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 33c Abs. 2 BEHG und Art. 52 VwVG zu genügen.

Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):

Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens 2 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV) und am Verfahren bisher nicht teilgenommen hat, kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben.

Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission (Selnaustrasse 30, Postfach, CH - 8021 Zürich,
counsel@takeover.ch, Telefax: +41 58 499 22 91) innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung der Verfügung einzureichen. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach der Veröffentlichung zu laufen.

Die Einsprache muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der
Beteiligung gemäss Art. 56 UEV enthalten.