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0685 - QINO AG

Verfügung 685/01 vom 27. März 2018

Öffentliches Kaufangebot von QINO Group Holding AG an die Aktionäre von QINO AG – Voranmeldung, Angebotsprospekt und Verwaltungsratsbericht

Sachverhalt:

A.
Die QINO AG (QINO oder Zielgesellschaft) ist eine am 19. Juni 2001 gegründete schweizerische Investmentgesellschaft mit Sitz in Hünenberg, Kanton Zug (HR-Firmennummer: CHE-109.081.583), welche die Verwaltung, Beratung und Pflege aller Unternehmensbeteiligungen, die Verwaltung sowie Bewirtschaftung erworbener Liegenschaften und den erforderlichen Handel mit Waren aller Art bezweckt. Die QINO hat keine Angestellten und beschäftigt keine separate Geschäftsleitung. Alle operativen Tätigkeiten werden vom Verwaltungsrat bzw. von dessen Mitgliedern (d.h. Präsident Daniel Marty sowie den Mitgliedern Gerhard Auer und Stefan Pierer) im Auftragsverhältnis an Drittparteien (Investment Manager, Administratoren etc.) delegiert. Das Aktienkapital der QINO beträgt CHF 207'682.70, eingeteilt in 2'076'827 Inhaberaktien mit einem Nennwert von je CHF 0.10 (QINO-Aktien). Die QINO verfügt über ein genehmigtes Aktienkapital in der Höhe von CHF 100'000.00. Ein bedingtes Kapital sehen die Statuten der Zielgesellschaft nicht vor. Die QINO-Aktien sind seit dem 30. November 2007 an der BX Berne eXchange (BX) kotiert (Valorennummer: 1384973; ISIN: CH0013849739; Valoren- bzw. Ticker-Symbol: QCP). Die Statuten der QINO enthalten ein am 9. November 2007 noch vor Kotierung der QINO-Aktien an der BX eingeführtes Opting out, gemäss welchem die börsengesetzliche Angebotspflicht ausgeschlossen ist (vgl. Art. 6 der Statuten der Zielgesellschaft: „Die Aktien der Gesellschaft können an einer Börse zum öffentlichen Handel eingeführt werden. Von der Verpflichtung zur Stellung eines öffentlichen Kaufangebotes nach Art. 32 und Art. 52 BEHG („Opting Out“) wird vollumfänglich befreit.“).

Gemäss Angaben des Verwaltungsrates von QINO halten gegenwärtig die folgenden Aktionäre bedeutende Beteiligungen an der Zielgesellschaft:

- Die QINO Group Holding AG, Hünenberg (vgl. zu dieser auch die Ausführungen in Sachverhalt Bst. B unten), hält direkt 1'594'934 QINO-Aktien sowie direkt und indirekt (d.h. zusammen mit den von ihrer Tochtergesellschaft QINO Group Holding Ltd., Limassol, gehaltenen 40'000 QINO-Aktien) insgesamt 1'634'934 QINO-Aktien, entsprechend rund 78.72% des Aktienkapitals und der Stimmrechte der QINO (vgl. dazu auch die Offenlegungsmeldung vom 7. Juni 2017).
- Rudolf Knünz hält insgesamt 65'900 QINO-Aktien, entsprechend rund 3.17% des Aktienkapitals und der Stimmrechte der QINO (vgl. dazu auch die Offenlegungsmeldung vom 14. Dezember 2017).
- Stefan Pierer hält insgesamt 120'000 QINO-Aktien, entsprechend rund 5.78% des Aktienkapitals und der Stimmrechte der QINO (vgl. dazu auch die Offenlegungsmeldung vom 7. März 2018).

B.
QINO Group Holding AG (QINO Holding oder Anbieterin) ist eine am 7. April 2009 gegründete, privat gehaltene schweizerische Aktiengesellschaft mit Sitz in Hünenberg, Kanton Zug (HR-Firmennummer: CHE-114.809.971). Der wesentliche Zweck der QINO Holding ist die Beteiligung an sowie die Finanzierung, Kontrolle und Organisation von in- und ausländischen Gesellschaften. Die Gesellschaft kann alle Geschäfte tätigen, die geeignet sind, diesen Gesellschaftszweck direkt oder indirekt zu fördern. Das Aktienkapital der QINO Holding beträgt CHF 1'000'000.00 und ist eingeteilt in 100'000 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 10.00. Dem Verwaltungsrat der QINO Holding gehören Daniel Marty (als Präsident) sowie Gerhard Auer an.

Sämtliche Namenaktien der QINO Holding werden von der Ocean Consulting GmbH, Wien (Handelsregister Wien FN 237084d) (Ocean) gehalten. Das in vier Stammanteile eingeteilte Gesellschaftskapital der Ocean beträgt EUR 1'000'000.00 (Ocean-Gesellschaftskapital). Gesellschafter der Ocean sind Josef Blazicek (mit einem Stammanteil über 42.6% des Ocean-Gesellschaftskapitals bzw. der Stimmrechte von Ocean), Gottfried Springer (mit einem Stammanteil über 42.0% des Ocean-Gesellschaftskapitals bzw. der Stimmrechte von Ocean), Wolfgang Plasser (mit einem Stammanteil über 10.0% des Ocean-Gesellschaftskapitals bzw. der Stimmrechte von Ocean) und Gerhard Auer (mit einem Stammanteil über 5.4% des Ocean-Gesellschaftskapitals bzw. der Stimmrechte von Ocean).

C.
Am 1. März 2018 nach Börsenschluss veröffentlichte die QINO Holding eine Voranmeldung für ein öffentliches Kaufangebot für alle sich im Publikum befindenden QINO-Aktien (Angebot von QINO Holding) im Sinne von Art. 5 ff. UEV (Voranmeldung). Mit der Voranmeldung gab die Anbieterin u.a. bekannt, voraussichtlich am oder um den 28. März 2018 herum einen Angebotsprospekt zu veröffentlichen.

D.
Mit Eingabe vom 16. Februar 2018 reichte die Anbieterin ein Gesuch mit den nachfolgenden Anträgen bei der Übernahmekommission ein:

1. Es sei der Angebotsprospekt gemäss allfällig überarbeitetem Entwurf zu prüfen und festzustellen, dass das öffentliche Kaufangebot der QINO Group Holding AG, Hünenberg, für alle sich im Publikum befindenden Inhaberaktien mit einem Nennwert von je CHF 0.10 der QINO AG, Hünenberg, den Vorschriften des Bundesgesetzes über die Finanzmarktinfrastrukturen und das Marktverhalten im Effekten und Derivathandel (FinfraG) und den ausführenden Verordnungen entspricht.
2. Es sei der QINO Group Holding AG zu bewilligen, die Angebotsfrist bis auf zehn Börsentage zu verkürzen.
3. Vor Erlass einer Verfügung, welche den Antrag 1 und/oder 2 nicht vollumfänglich gutheisst, sei die QINO Group Holding AG vorgängig anzuhören und der QINO Group Holding AG sei die Möglichkeit einzuräumen, den Angebotsprospekt anzupassen, respektive weitere Ausführungen einzureichen.
4. Die Verfügung der Übernahmekommission sei frühestens nach oder gleichzeitig mit der Veröffentlichung des Angebotsprospekts zu veröffentlichen.

Auf die Begründung dieser Anträge wird soweit erforderlich in den Erwägungen eingegangen.

E.
Der Angebotsprospekt, der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft, die Fairness Opinion von IFBC AG, Zürich, wurden der Übernahmekommission vor deren Publikation zur Prüfung unterbreitet.

F.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Thomas A. Müller (Präsident), Franca Contratto und Thomas Rufer gebildet.

 

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1.  Voranmeldung

[1] Eine Anbieterin kann gemäss Art. 5 Abs. 1 UEV ein Angebot vor der Veröffentlichung des Angebotsprospekts voranmelden. Die daran anknüpfenden Rechtswirkungen ergeben sich aus Art. 8 UEV.

[2] Im vorliegenden Fall wurde die Voranmeldung am 1. März 2018 nach Börsenschluss in Übereinstimmung mit Art. 7 UEV in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht. Die Voranmeldung entfaltete ihre Wirkung somit an diesem Tag.

[3] Die Voranmeldung enthielt sämtliche gemäss Art. 5 Abs. 2 UEV geforderten Angaben.

[4] Nach Art. 8 Abs. 1 UEV muss der Anbieter innerhalb von sechs Wochen nach der Voranmeldung einen Angebotsprospekt veröffentlichen.

[5] Falls die Veröffentlichung des Angebotsprospekts zum Angebot von QINO Holding wie vorgesehen am 28. März 2018 erfolgt, gilt die sechswöchige Frist gemäss Art. 8 Abs. 1 UEV als eingehalten.

 

2.  Angebotspreis

[6] Die Anbieterin bietet gemäss Angebotsprospekt CHF 20.19 (oder alternativ EUR 17.53 basierend auf dem EUR-CHF Bloomberg Devisenkassaschlusskurs vom 28. Februar 2018 von 1.1518) netto in bar je QINO-Aktie.

[7] Gemäss Voranmeldung betrug der Angebotspreis EUR 17.53 (entsprechend CHF 20.19 basierend auf dem EUR-CHF Bloomberg Devisenkassaschlusskurs vom 28. Februar 2018 von 1.1518). Gemäss Praxis der Übernahmekommission ist ein Fremdwährungsangebot jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, welche im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind: Unter anderem muss es für den Anbieter wegen der Grösse des Transaktionsvolumens des Angebots und angesichts des vergleichsweise kleinen CHF-Marktes faktisch undurchführbar sein, die Transaktion in CHF zu finanzieren (vgl. zur genannten Praxis der Übernahmekommission die Verfügung 652/01 vom 14. Februar 2017 in Sachen Actelion Ltd, Erw. 4 sowie die Verfügung 624/01 vom 2. Februar 2016 in Sachen Syngenta AG, Erw. 2).

[8] Vor diesem Hintergrund änderte die Anbieterin die Währung des Angebotspreises von EUR in CHF und unterbreitet nunmehr den Angebotsempfängern ein CHF-Barangebot mit einer (blossen) Alternative in EUR.

[9] Die Gewährung einer Alternative in EUR steht nicht in Konflikt mit dem übernahmerechtlichen Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot und ist nicht zu beanstanden.

[10] Der Angebotspreis von CHF 20.19 bzw. alternativ EUR 17.53 ist zulässig.

 

3.  Gegenstand des Angebots

[11] Das Angebot von QINO Holding erstreckt sich unter Vorbehalt der Angebotsrestriktionen auf alle bis zum Ende der Nachfrist ausgegebenen QINO-Aktien, die weder von ihr selbst direkt noch von der Zielgesellschaft (inkl. deren Tochtergesellschaften) gehalten werden. Gesamthaft bezieht sich das Angebot von QINO Holding somit auf 481'893 QINO-Aktien (vgl. dazu auch den Angebotsprospekt, Bst. A, Ziff. 2).

[12]  Die Anbieterin erfüllt damit die Anforderungen gemäss Art. 9 Abs. 2 und 4 UEV.

 

4.  Handeln in gemeinsamer Absprache

[13] Für Personen, die im Hinblick auf ein Angebot in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe mit der Anbieterin handeln, gilt Art. 12 Abs. 1 FinfraV-FINMA sinngemäss (Art. 11 Abs. 1 UEV). Sie haben die Pflichten nach Art. 12 UEV einzuhalten, was von der Prüfstelle zu überprüfen ist.

[14] Die Anbieterin hat nach Art. 19 Abs. 1 lit. d UEV die in gemeinsamer Absprache mit ihr handelnden Personen im Angebotsprospekt offen zu legen.

[15]  In gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handeln vorliegend Josef Blazicek, Gottfried Springer, Wolfgang Plasser, Gerhard Auer, Daniel Marty, Ocean Consulting GmbH, die Zielgesellschaft, an welcher die Anbieterin direkt 1'594'934 QINO-Aktien hält (entsprechend rund 76.80% des Aktienkapitals und der Stimmrechte der QINO; vgl. auch Sachverhalt Bst. A oben) bzw. die von diesen (natürlichen und juristischen) Personen beherrschten juristischen Personen und Gesellschaften.

[16]  Der Angebotsprospekt enthält in Bst. B, Ziff. 5 die diesbezüglichen Angaben in Form einer generellen Umschreibung, ohne die direkt oder indirekt kontrollierten juristischen Personen und Gesellschaften einzeln namentlich aufzulisten. Dies ist gemäss Praxis der Übernahmekommission zulässig, sofern die Prüfstelle eine vollständige Liste dieser Gesellschaften erhält. Im vorliegenden Fall hat die Prüfstelle BDO AG, Zürich (BDO), bestätigt, dass sie eine solche Liste bekommen hat.

[17] In Bezug auf die in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handelnden Personen entspricht der Angebotsprospekt den gesetzlichen Anforderungen.

 

5.  Nicht-Anwendbarkeit der Bestimmungen über den Mindestpreis

[18] Die Mindestpreisregeln gemäss Art. 135 Abs. 2 FinfraG sowie Art. 42-47 FinfraV-FINMA gelangen u.a. dann nicht zur Anwendung, wenn die Zielgesellschaft in ihren Statuten über ein gültiges Opting out verfügt, so dass die Regeln betreffend Pflichtangebote keine Anwendung finden (Verfügung 549/01 vom 10. Oktober 2013 in Sachen Absolute Invest AG, Erw. 2; siehe zum Ganzen auch Rudolf Tschäni/Hans-Jakob Diem/Jacques Iffland/Tino Gaberthüel, Öffentliche Kaufangebote, Zürich/Basel/Genf 2014, Rn 390).

[19] Die Statuten der Zielgesellschaft enthalten eine Opting out-Klausel (vgl. dazu Sachverhalt Bst. A), gemäss welcher ein Erwerber von Aktien der Gesellschaft nicht zu einem öffentlichen Kaufangebot verpflichtet ist. Das Opting out wurde bei der Zielgesellschaft am 9. November 2007 und damit vor dem 30. November 2007, dem Zeitpunkt der Kotierung der QINO-Aktien an der BX, eingeführt.

[20] Ein vor der Kotierung eingeführtes Opting out gemäss Art. 125 Abs. 3 FinfraG wird von der Übernahmekommission grundsätzlich nicht auf seine Gültigkeit überprüft. Es steht nur (aber immerhin) unter dem Vorbehalt einer allfälligen Anfechtung nach Gesellschaftsrecht vor dem Zivilrichter (Art. 706 und 706a OR) (vgl. Luc Thévenoz/Lukas Roos, Opting out, in: Mergers & Acquisitions XVII, Hrsg.: Rudolf Tschäni, Zürich/Basel/Genf 2015, S. 39 f.).

[21] Die Bestimmungen über den Mindestpreis kommen im vorliegenden Fall entsprechend nicht zur Anwendung (Art. 125 Abs. 3 FinfraG und Art. 9 Abs. 6 UEV letzter Satz e contrario).

 

6.  Best Price Rule

[22] Gemäss Art. 10 Abs. 1 UEV muss ein Anbieter, der von der Veröffentlichung des Angebots bis sechs Monate nach Ablauf der Nachfrist Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis liegenden Preis erwirbt, diesen Preis allen Empfängern des Angebotes anbieten (Best Price Rule), wobei gemäss der Praxis der Übernahmekommission mit der Veröffentlichung des Angebots die Publikation der Voranmeldung oder des Angebotsprospekts gemeint ist (vgl. Verfügung 679/01 vom 23. Februar 2018 in Sachen Hügli Holding AG, Erw. 7 mit weiteren Hinweisen). Die Best Price Rule ist auch auf den Erwerb von Beteiligungsderivaten anwendbar (Art. 10 Abs. 2 UEV).

[23] Die Prüfstelle hat die Einhaltung dieser Regel in ihrem Schlussbericht zu bestätigen (Art. 28 Abs. 1 lit. d UEV). Es wird BDO hierfür eine Frist von einem Monat angesetzt, beginnend mit dem Ende des für die Best Price Rule relevanten Zeitraums von sechs Monaten nach Ablauf der Nachfrist.

 

7.  Inhalt des Angebotsprospekts

[24] Gemäss Art. 17 Abs. 1 UEV muss der Angebotsprospekt alle Informationen enthalten, die notwendig sind, damit die Empfänger des Angebotes ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können. Die Informationen müssen wahr und vollständig sein (Art. 127 Abs. 1 FinfraG).

[25] In Konkretisierung des Art. 127 Abs. 1 FinfraG enthalten die Art. 19 ff. UEV sodann einen Katalog an inhaltlichen Angaben (z.B. über den Anbieter und die Zielgesellschaft, die Finanzierung des Angebotes und den Gegenstand und Preis des Angebotes), welche im Angebotsprospekt enthalten sein müssen.

[26] Der Angebotsprospekt enthält die erforderlichen Angaben.

 

8.  Bedingung

[27] Nach Art. 8 Abs. 1 UEV muss der Anbieter einen Angebotsprospekt veröffentlichen, der den Konditionen der Voranmeldung entspricht.

[28] Die einzige Bedingung im Angebotsprospekt lautet wie folgt:

Kein Urteil, keine Verfügung und keine andere behördliche Anordnung wird erlassen, welche dieses Angebot oder dessen Durchführung verbietet oder für unzulässig erklärt.“

[29] Die im Angebotsprospekt enthaltene Bedingung (vgl. Angebotsprospekt, Bst. A, Ziff. 7) war in ihren wesentlichen Zügen so auch bereits schon in der Voranmeldung enthalten. Allerdings hat die Anbieterin in Bezug auf die Formulierung der Bedingung im Angebotsprospekt eine geringfügige Präzisierung vorgenommen, welche gemäss Praxis der Übernahmekommission erlaubt ist: In der in der Voranmeldung enthaltenen Bedingung verwendete die Anbieterin das Wort Vollzug. In der Formulierung der Bedingung im Angebotsprospekt findet sich dieses Wort nicht mehr. Stattdessen wird nun das Wort Durchführung verwendet (vgl. zur Praxis der Übernahmekommission betreffend die Präzisierung von Bedingungen Verfügung 678/01 vom 1. Februar 2018 in Sachen Goldbach Group AG, Erw. 7; Verfügung 648/02 vom 9. März 2017 in Sachen Pax Anlage AG, Erw. 7.4 sowie zum Ganzen auch Rudolf Tschäni/Hans-Jakob Diem/Jacques Iffland/Tino Gaberthüel, Öffentliche Kaufangebote, Zürich/Basel/Genf 2014, Rn 552).

[30] Die genannte Bedingung ist gemäss ständiger Praxis der Übernahmekommission ohne Weiteres bis zum Vollzug des Angebots zulässig (vgl. Verfügung 679/01 vom 23. Februar 2018 in Sachen Hügli Holding AG, Erw. 8).

 

9.  Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft

[31] Gemäss Art. 132 Abs. 1 FinfraG hat der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft einen Bericht zu veröffentlichen, in dem er zum Angebot Stellung nimmt. Die darin abgegebenen Informationen müssen wahr und vollständig sein. Der Verwaltungsratsbericht der Zielgesellschaft hat nach Art. 30 Abs. 1 UEV sämtliche Informationen zu enthalten, die notwendig sind, damit die Angebotsempfänger ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können. Für weitere Einzelheiten sei auf die gesetzlichen Bestimmungen verwiesen (Art. 30 ff. UEV).

9.1 Empfehlung / Interessenkonflikte

[32] Der Verwaltungsrat von QINO setzt sich gegenwärtig wie folgt zusammen: Daniel Marty (Präsident), Gerhard Auer und Stefan Pierer. Die QINO hat keine Angestellten und beschäftigt keine separate Geschäftsleitung. Die Mitglieder des Verwaltungsrates sind für die Geschäftsleitung bzw. für die Delegation gewisser Aufgaben an einen Investment Manager und Administratoren verantwortlich (vgl. dazu Angebotsprospekt, Bst. E, insbesondere Ziff. 4.1 sowie die Ausführungen in Sachverhalt Bst. A oben).

[33] Der Bericht des Verwaltungsrats enthält die gemäss Art. 30 ff. UEV erforderlichen Informationen, insbesondere die mit Blick auf Art. 32 UEV relevanten Angaben bezüglich der Mitglieder des Verwaltungsrats (vgl. dazu Angebotsprospekt, Bst. E), wobei an dieser Stelle lediglich auf folgende Punkte speziell hingewiesen werden soll:

Gemäss dem Bericht des Verwaltungsrats befinden sich mit Ausnahme von Stefan Pierer alle Mitglieder des Verwaltungsrats von QINO in einem Interessenkonflikt, da sie gleichzeitig den Verwaltungsrat der Anbieterin bilden (vgl. dazu Angebotsprospekt, Bst. E, Ziff. 4.2).
Um zu vermeiden, dass sich die Interessenkonflikte bezüglich zwei von insgesamt drei Verwaltungsratsmitgliedern zum Nachteil der Empfänger des Angebots von QINO Holding auswirken, wurde bei IFBC AG, Zürich (IFBC), eine Fairness Opinion im Sinne von Art. 30 Abs. 5 UEV in Auftrag gegeben.

[34] Der Verwaltungsrat von QINO hat unter Berücksichtigung der bei IFBC in Auftrag gegebenen Fairness Opinion, welche einen integrierenden Bestandteil des Berichts des Verwaltungsrats bildet, entschieden, das Angebot von QINO Holding zu beschreiben, ohne eine Empfehlung zu dessen Annahme oder Ablehnung abzugeben.

9.2 Fairness Opinion

[35] Der Verwaltungsrat von QINO hat IFBC als unabhängige Expertin mit der Erstellung einer Fairness Opinion beauftragt zwecks Beurteilung der Frage, ob das Angebot von QINO Holding aus Sicht der Publikumsaktionäre finanziell angemessen ist.

[36] IFBC hat für die Beurteilung der finanziellen Angemessenheit des vorliegenden Angebots von QINO Holding Wertüberlegungen und Analysen zu QINO durchgeführt (vgl. zur Bewertungsmethodik Ziff. 1.3 der Fairness Opinion von IFBC).

[37] Zwecks Bewertung der Zielgesellschaft hat sich IFBC in erster Linie auf die Ermittlung des sog. Adjusted Net Asset Value (ANAV) abgestützt (vgl. dazu Ziff. 3 der Fairness Opinion von IFBC), wobei der Bewertungszeitpunkt auf den 28. Februar 2018, den Tag vor der Publikation der Voranmeldung (vgl. Sachverhalt Bst. C), gelegt wurde. Um die Plausibilität des daraus resultierenden Werts zu prüfen, wurden u.a. die Aktienkurse vergleichbarer Unternehmen und die Preise bei vergleichbaren Transaktionen basierend auf den jeweiligen Net Asset Value-Discounts und Aktienkursprämien herangezogen (vgl. dazu Ziff. 4.1 bis und mit 4.3 der Fairness Opinion von IFBC). Abschliessend wurden sodann auch die Handlungsalternativen der Minderheitsaktionäre von QINO beschrieben und qualitativ beurteilt (vgl. dazu Ziff. 5 der Fairness Opinion von IFBC).

[38] Bezogen auf den Bewertungsstichtag vom 28. Februar 2018 resultierte ein ANAV pro QINO-Aktie von CHF 19.34 (ohne Berücksichtigung eines Illiquiditätsabschlags) bzw. von CHF 18.24 (unter Berücksichtigung eines Illiquiditätsabschlags). Die zur Plausibilisierung herangezogenen Methoden führten zu einer Bewertungsbandbreite von CHF 15.44 bis CHF 19.36 je QINO-Aktie (vgl. dazu Ziff. 6 der Fairness Opinion von IFBC). Aufgrund der angestellten Wertüberlegungen und Analysen sowie der präsentierten Ergebnisse beurteilt IFBC das Angebot von QINO Holding im Umfang von CHF 20.19 pro QINO-Aktie aus finanzieller Sicht als angemessen und fair.

[39] Die Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit eines Illiquiditätsabschlags (vgl. dazu Verfügung 670/01 vom 28. August 2017 in Sachen ImmoMentum AG, Erw. 3, insbesondere Erw. 3.2.3) kann vorliegend offen gelassen werden, da auch der ohne Berücksichtigung eines Illiquiditätsabschlags berechnete ANAV pro QINO-Aktie unter dem Angebotspreis von CHF 20.19 liegt.

[40] Die von IFBC für ihre Meinungsbildung verwendeten Informationen und Bewertungsmethoden, die Bewertungsannahmen und die angewandten Parameter sowie deren Herleitung sind in der Fairness Opinion offengelegt. Die Angebotsempfänger können die Einschätzung von IFBC nachvollziehen und ihren Entscheid über die Annahme oder Ablehnung des Angebots in Kenntnis der Sachlage treffen. Die Fairness Opinion ist transparent, plausibel und nachvollziehbar und damit i.S.v. Art. 30 Abs. 5 UEV hinreichend begründet.

9.3 Jahres- oder Zwischenabschluss

[41] Gemäss Praxis der Übernahmekommission dürfen zwischen dem Bilanzstichtag des letzten veröffentlichten Jahres- oder Zwischenabschlusses der Zielgesellschaft und dem Ende der Angebotsfrist nicht mehr als sechs Monate vergangen sein. Zudem hat der Verwaltungsrat Angaben über wesentliche Änderungen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie der Geschäftsaussichten zu machen, die seit der letzten Veröffentlichung des Jahres- oder Zwischenberichts eingetreten sind (vgl. Verfügung 679/01 vom 23. Februar 2018 in Sachen Hügli Holding AG, Erw. 9.3; Verfügung 630/01 vom 19. Mai 2016 in Sachen gategroup Holding AG, Erw. 9.3).

[42] Der Jahresabschluss der QINO per 31. Dezember 2017 wurde am 19. März 2018 veröffentlicht. Damit werden zwischen dem Bilanzstichtag des letzten Jahresabschlusses (31. Dezember 2017) und dem Ende der Angebotsfrist voraussichtlich am 30. April 2018 weniger als sechs Monate vergangen sein.

[43] Der Bericht des Verwaltungsrates bestätigt zudem, dass sich seit dem 31. Dezember 2017 mit Ausnahme der Durchführung der Kapitalherabsetzung (Auszahlung von CHF 9.90 je QINO-Aktie am 28. Februar 2018) keine wesentlichen Veränderungen in der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage oder in den Geschäftsaussichten der Zielgesellschaft ergeben haben (vgl. Angebotsprospekt, Bst. E, Ziff. 7).

[44] Damit entspricht der Bericht des Verwaltungsrats insoweit den gesetzlichen Anforderungen.

9.4 Übrige Informationen

[45] Auch in Bezug auf die Offenlegung weiterer Informationen entspricht der Bericht des Verwaltungsrats den gesetzlichen Anforderungen.

 

10.    Verkürzung der Angebotsfrist (Antrag Ziff. 2)

[46] Gemäss Art. 14 Abs. 3 UEV muss das Angebot mindestens 20 Börsentage offen bleiben. Diese Frist kann auf Gesuch des Anbieters bis auf zehn Börsentage verkürzt werden, wenn der Anbieter vor der Veröffentlichung des Angebots die Mehrheit der Stimmrechte der Zielgesellschaft besitzt und der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft im Angebotsprospekt veröffentlicht wird.

[47] Die Anbieterin hat beantragt, dass die Angebotsfrist auf zehn Börsentage zu verkürzen sei. Da die QINO Holding direkt rund 76.80% des Aktienkapitals und der Stimmrechte an der Zielgesellschaft hält (vgl. Sachverhalt Bst. A sowie Erw. 4, Rz [14]) und der Bericht des Verwaltungsrats von QINO im Angebotsprospekt veröffentlicht wird, sind die geforderten Voraussetzungen gemäss Art. 14 Abs. 3 UEV für eine Verkürzung der Angebotsfrist erfüllt.

[48] Demnach kann dem Antrag auf Verkürzung der Angebotsfrist auf zehn Börsentage entsprochen werden.

 

11.          Verfahrensantrag (Antrag Ziff. 3)

[49] Die Anbieterin beantragt, sie sei vor dem Erlass einer Verfügung, die ihre Anträge Ziff. 1 und/oder Ziff. 2 nicht vollumfänglich gutheisst, vorgängig anzuhören und es sei ihr die Möglichkeit einzuräumen, den Angebotsprospekt anzupassen, respektive weitere Ausführungen einzureichen.

[50] Da vorliegend die Anträge Ziff. 1 und Ziff. 2 gutgeheissen werden, ist Antrag Ziff. 3 gegenstandslos.

[51] Der guten Ordnung halber ist darauf hinzuweisen, dass die Verfahrensrechte durch die einschlägigen Erlasse, insbesondere UEV und VwVG, geregelt werden. In Verfahren, die durch Gesuch eingeleitet werden, ist es grundsätzlich nicht notwendig, dem Betroffenen vor dem Entscheid ein (erneutes) Anhörungsrecht einzuräumen. Nach etablierter bundesgerichtlicher Praxis ist ein (erneutes) Anhörungsrecht nur in Ausnahmefällen einzuräumen, und zwar namentlich dann, wenn Ergänzungen der tatsächlichen Grundlagen (etwa durch Expertisen oder Auskünfte) erfolgen oder ein Fall der „überraschenden Rechtsanwendung” vorliegt (zuletzt Verfügung 670/01 vom 28. August 2017 in Sachen ImmoMentum AG, Erw. 9).

 

12.    Publikation

[52] Die vorliegende Verfügung wird am Tag der Publikation des Angebotsprospekts auf der Web­seite der Übernahmekommission veröffentlicht (Art. 138 Abs. 1 FinfraG i.V.m. Art. 65 Abs. 1 UEV).

 

13.    Gebühr

[53] Gemäss Art. 117 Abs. 2 FinfraV wird die Gebühr im Verhältnis zum Wert der Transaktion berechnet. Dies bedeutet, dass hierfür sämtliche vom Angebot erfassten Titel (Beteiligungspapiere und/oder Beteiligungsderivate) sowie jene Titel einbezogen werden, welche in den zwölf Monaten vor der Veröffentlichung des Angebots erworben wurden (vgl. Verfügung 679/01 vom 23. Februar 2018 in Sachen Hügli Holding AG, Erw. 11).

[54] Das Angebot von QINO Holding umfasst maximal 481'893 QINO-Aktien. QINO Holding bietet als Angebotspreis CHF 20.19 in bar.

[55] QINO Holding und die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen haben in den 12 Monaten vor der Voranmeldung insgesamt 46'077 QINO-Aktien erworben, wobei der Preis rund CHF 26.08 beträgt. Der Wert des gesamten Angebots beläuft sich damit auf rund CHF 10'931'108. Daraus ergibt sich gestützt auf Art. 117 Abs. 2 und 3 FinfraV eine (Mindest-)Gebühr von CHF 50'000 zulasten der QINO Holding.


Die Übernahmekommission verfügt:

1. Das öffentliche Kaufangebot von QINO Group Holding AG an die Aktionäre von QINO AG entspricht den gesetzlichen Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote.
2. Die Angebotsfrist wird auf zehn Börsentage verkürzt.
3. Diese Verfügung wird am Tag der Publikation des Angebotsprospekts auf der Webseite der Übernahmekommission veröffentlicht.
4. Die Gebühr zu Lasten von QINO Group Holding AG beträgt CHF 50'000.

 

Der Präsident:

Thomas A. Müller

 

Diese Verfügung geht an die Parteien:

-    QINO Group Holding AG, vertreten durch Dr. Wolfgang Müller, Meyerlustenberger Lachenal AG;

-    QINO AG, vertreten durch Daniel Marty, Präsident, QINO AG.

Diese Verfügung geht zur Kenntnisnahme an:

-    BDO AG (Prüfstelle).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Beschwerde (Art. 140 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes, SR 958.1):

Diese Verfügung kann innert einer Frist von fünf Börsentagen bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA, Laupenstrasse 27, CH-3003 Bern, angefochten werden. Die Anfechtung hat schriftlich zu erfolgen und ist zu begründen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 52 VwVG zu genügen.

 

Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):

Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens drei Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV) und am Verfahren bisher nicht teilgenommen hat, kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben. Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung der vorliegenden Verfügung einzureichen. Sie muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der Beteiligung gemäss Art. 56 Abs. 3 und 4 UEV enthalten (Art. 58 Abs. 3 UEV).