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0462 - Basilea Pharmaceutica AG

Verfügung 462/01 vom 26. November 2010

Feststellungsgesuch von Basilea Pharmaceutica AG betreffend Anpassung Mitarbeiteroptionen

Sachverhalt:

A.
Basilea Pharmaceutica AG (Basilea oder Gesuchstellerin) ist eine im Bereich der Forschung sowie der Entwicklung, der Herstellung und des Vertriebs von Produkten auf den Gebieten der Pharmazie, Biologie oder Diagnostik sowie der Erbringung von damit zusammenhängenden Dienstleistungen tätige Gesellschaft mit Sitz in Basel. Das Aktienkapital beträgt CHF 9‘584‘921, eingeteilt in 9‘584‘921 Namenaktien mit einem Nennwert von CHF 1 (Basilea-Aktien). Basilea verfügt über bedingtes Kapital im Umfang von maximal CHF 2‘675‘220 bzw. 2‘675‘220 Basilea-Aktien, welches dazu dient, Ansprüche aus der Ausübung von Optionsrechten zu erfüllen, die gemäss dem Optionsplan der Gesellschaft oder von Konzerngesellschaften den Mitarbeitern und/oder den Mitgliedern des Verwaltungsrats gewährt werden. Zudem verfügt Basilea über ein zusätzliches bedingtes Kapital im Umfang von CHF 640‘000 bzw. 640‘000 Basilea-Aktien, welches dazu dient, Ansprüche aus Wandelrechten in Verbindung mit Options- oder Wandelanleihen zu erfüllen. Schliesslich verfügt Basilea auch über genehmigtes Kapital im Umfang von CHF 2‘000‘000, welches den Verwaltungsrat bis zum 29. April 2011 zur Ausgabe von 2‘000‘000 Basilea-Aktien ermächtigt. Die Basilea-Aktien sind an der SIX Swiss Exchange (SIX; Symbol BSLN) kotiert.

B.
Basilea verfügt seit Dezember 2000 über einen Aktienoptionsplan (Aktienoptionsplan) für Verwaltungsräte, Führungskräfte und Mitarbeiter mit mehreren Optionsserien (Optionsserien). Dabei berechtigt jede Option (Mitarbeiteroption) zum Bezug einer Basilea-Aktie. Der Ausübungspreis variiert je nach Optionsserie. Die Mitarbeiteroptionen haben eine ursprüngliche Laufzeit von zehn Jahren. Ab Zuteilung erlangt jedes Jahr ein Viertel der Mitarbeiteroptionen aus der gleichen Zuteilung die Vollberechtigung (sog. Vesting); sie sind dann ausübbar. Zudem enthält der Aktienoptionsplan die üblichen Regeln über den Verfall der Mitarbeiteroptionen im Fall eines vorzeitigen Ausscheidens aus einer Position bei Basilea. Zurzeit sind 258 Personen (Optionsinhaber) am Aktienoptionsplan beteiligt, welche z.T. nicht mehr für Basilea tätig sind. Insgesamt sind zurzeit 1‘924‘223 Mitarbeiteroptionen ausstehend (entsprechend über 20% des derzeitigen Aktienkapitals von Basilea), ausgegeben in den Jahren 2003-2009, mit Ausübungspreisen zwischen CHF 60 und CHF 228. Die Mitarbeiteroptionen sind nicht kotiert und können gemäss Aktienoptionsplan weder gehandelt noch übertragen werden.

C.
Basilea beabsichtigt, den Optionsinhabern ein Angebot zur Änderung der zugrunde liegenden Optionsverträge zu unterbreiten. Dabei sollen einzelne Mitarbeiteroptionen der verschiedenen Optionsserien durch andere Optionen ersetzt werden. Das Angebot beinhaltet einen Verzicht auf einzelne Optionsrechte gegen Senkung des Ausübungspreises anderer Mitarbeiteroptionen und Verlängerung der Laufzeit einzelner Mitarbeiteroptionen. Die Änderung soll für jeden Optionsinhaber wertneutral erfolgen. Die Gesuchstellerin beabsichtigt im Ergebnis, die Anzahl der ausstehenden Mitarbeiteroptionen zu verringern.

D.
Mit Schreiben vom 12. November 2010 stellte die Gesuchstellerin den Antrag, es sei festzustellen, dass das Angebot an die Optionsinhaber zur beabsichtigen Anpassung der Optionsverträge kein öffentliches Kaufangebot darstelle. Eventualiter seien ihr Ausnahmen im Sinn von Art. 4 Abs. 1 UEV zu gewähren. Schliesslich beantragt die Gesuchstellerin, die Veröffentlichung der Verfügung der Übernahmekommission sei mit dem Beginn des Angebots zu koordinieren.

E.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Luc Thévenoz, Walter Knabenhans und Henry Peter gebildet.

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Anwendbarkeit der Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote

[1] Öffentliche Angebote einer Gesellschaft zum Rückkauf eigener Beteiligungspapiere stellen „öffentliche Kaufangebote" im Sinn von Art. 2 lit. e BEHG dar. Sie unterstehen damit den Bestimmungen des 5. Abschnitts dieses Gesetzes (vgl. Verfügung der EBK vom 4. März 1998 in Sachen Pharma Vision et al., Erw. 2). Die Übernahmekommission kann die Anbieterin von der Einhaltung der Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote befreien (Art. 4 Abs. 2 UEV). Voraussetzungen und Verfahren dieser Freistellung sind im UEK-Rundschreiben Nr. 1 vom 26. Februar 2010 (UEK-Rundschreiben Nr. 1) festgelegt.

[2] Gemäss Art. 2 lit. e BEHG zählen zu den öffentlichen Kaufangeboten unter anderem öffentliche Angebote zum Kauf von „anderen Beteiligungspapieren". Hierzu zählen namentlich auch Wandel- und Optionsrechte (vgl. zuletzt Verfügung 461/01 vom 16. November 2010 in Sachen Transocean Ltd.; Verfügung 419/01 vom 18. August 2009 in Sachen Petroplus Holdings AG).

[3] Damit Optionen Gegenstand eines öffentlichen Kauf- oder Rückkaufprogramms sein können, ist zusätzlich vorauszusetzen, dass es sich bei den Optionen um Effekten im börsenrechtlichen Sinn handelt. Dies geht aus dem Zweckartikel Art. 1 BEHG hervor: Demnach regelt das Börsengesetz die Voraussetzungen für die Errichtung und den Betrieb von Börsen sowie für den gewerbsmässigen Handel mit Effekten, um für die Anleger Transparenz und Gleichbehandlung sicherzustellen. Es schafft den Rahmen, um die Funktionsfähigkeit der Effektenmärkte zu gewährleisten. Der Begriff der Effekten dient u.a. dazu, den Geltungsbereich des BEHG sowohl für die Börsen- als auch für die Händleraufsicht abzustecken (vgl. Botschaft zu einem Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. Februar 1993, BBl. 1993 I 1369 ff., 1395, wo es hierzu im Weiteren heisst: „Damit sie für den börsenmässigen Handel in Frage kommen, müssen Finanzinstrumente ihrer Natur nach fungibel (vertretbar) sein. Ist das Kriterium der Eignung zum massenweisen Handel nicht erfüllt, so fehlt es in der Regel an einem besonderen Schutzbedürfnis des Anlegers.")

[4] Optionen sind nur dann Effekten, wenn sie vereinheitlicht und zum massenweisen Handel geeignet sind (BSK BEHG-Daeniker/Waller Art. 2 lit. a-c N 2). Gemäss Art. 4 BEHV gelten Derivate (wozu gemäss Art. 5 lit. a BEHV auch die Optionen gehören), die in gleicher Struktur und Stückelung öffentlich angeboten oder bei mehr als 20 Kunden platziert werden, als vereinheitlichte und zum massenweisen Handel geeignete Effekten, sofern sie nicht für einzelne Gegenparteien besonders geschaffen werden.

2. Qualifikation der Mitarbeiteroptionen

[5] Gemäss dem Aktienoptionsplan sind die Mitarbeiteroptionen wie erwähnt weder übertrag- noch handelbar (vgl. Sachverhalt lit. B). Damit ist ihre fehlende Eignung zum Handel erstellt und deshalb auch ihre fehlende Eignung als Gegenstand eines öffentlichen Kaufangebots, wobei offen bleiben kann, ob sie zusätzlich als „für einzelne Gegenparteien besonders geschaffen" im Sinn von Art. 4 BEHV zu qualifizieren wären. Damit handelt es sich bei den Mitarbeiteroptionen von Basilea zwar um Derivate im Sinn von Art. 5 lit. a BEHV, mangels Eignung zum Handel aber nicht um Effekten im börsenrechtlichen Sinn (vgl. Art. 4 BEHV und Art. 2 BEHG). Dies hat zur Folge, dass sie nicht Objekt eines öffentlichen Kaufangebots oder Rückkaufs im Sinn von Art. 2 lit. e BEHG sein können. Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass der vorliegende Sachverhalt überdies keine Umstände aufweist, welche aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise, welche ein wichtiges Element der Auslegung des Börsenrechts - insbesondere im Zusammenhang mit der Qualifikation von Optionen - darstellt, zu einer anderen Beurteilung führen würden.

[6] Demnach stellt der Antrag der Gesuchstellerin an die Optionsinhaber zur Änderung der Optionsverträge schon mangels Effektenqualität der Mitarbeiteroptionen kein öffentliches Rückkaufprogramm im übernahmerechtlichen Sinn dar. Der diesbezügliche Feststellungsantrag ist gutzuheissen.

3. Anpassung von Mitarbeiteroptionsplänen im Zusammenhang mit einem öffentlichen Kaufangebot

[7] Bei diesem Ergebnis wird nicht übersehen, dass die Übernahmekommission wiederholt entschieden hat, dass im Zusammenhang mit einem öffentlichen Kaufangebot die Anpassung (Änderung oder Ergänzung) oder Abschaffung eines Mitarbeiteroptionsplans durch die (in gemeinsamer Absprache mit der Anbieterin handelnde) Zielgesellschaft dazu führt, dass die Mitarbeiteroptionen als „materiell vom Angebot umfasst zu betrachten" sind (Verfügung 378/02 in Sachen Speedel Holding AG vom 20. Januar 2009 Erw. 2.2 mit Hinweisen auf ältere Entscheide; Empfehlung 304/01 in Sachen Serono S.A. vom 8. Januar 2007 Erw. 5.2). Mit dieser Praxis wird erreicht, dass die betreffenden Optionen, auch wenn sie nicht selbst Gegenstand des Kaufangebots sind, wegen der unterlegten Aktien, auf die sich das Angebot bezieht, dem Gleichbehandlungsgrundsatz, insbesondere der Best Price Rule unterstehen, womit sichergestellt wird, dass für die unterlegten Aktien keine (verdeckte) Prämie bezahlt wird. Dieser Grundsatz ist für den Erwerb von Optionen zudem ausdrücklich in Art. 10 Abs. 2 UEV geregelt (vgl. hierzu Verfügung 416/03 vom 28. Dezember 2009 in Sachen Jelmoli Holding AG, Erw. 2.2); er gilt gemäss der erwähnten Praxis auch für die Anpassung eines Optionsplans. Ob die betreffenden Optionen handelbar sind, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, da es nicht um die Optionen selbst, sondern um die Einhaltung der Best Price Rule bezüglich der unterlegten Aktien geht.

[8] Vorliegend steht die beabsichtigte Änderung der Optionsverträge jedoch in keinem Zusammenhang mit einem öffentlichen Kaufangebot. Die erwähnte Praxis ist daher nicht einschlägig.

4. Publikation

[9] Antragsgemäss wird die vorliegende Verfügung im Zeitpunkt veröffentlicht, in welchem Basilea den Optionsinhabern den Antrag zur Änderung der Optionsvereinbarungen unterbreitet.

[10] Die Veröffentlichung dieser Verfügung erfolgt auf der Website der Übernahmekommission (Art. 33a BEHG i.V.m. Art. 65 Abs. 1 UEV).

5. Gebühr

[11] Nach Art. 69 Abs. 6 UEV kann die Übernahmekommission je nach Umfang und Schwierigkeit des Falles eine Gebühr von bis zu CHF 50'000 erheben.

[12] Vorliegend scheint eine Gebühr von CHF 20'000 angemessen.


Die Übernahmekommission verfügt:

  1. Es wird festgestellt, dass der Antrag von Basilea Pharmaceutica AG an die Optionsinhaber zur Änderung der Optionsverträge kein öffentliches Kaufangebot darstellt.
  2. Die vorliegende Verfügung wird auf der Webseite der Übernahmekommission veröffentlicht.
  3. Zu Lasten von Basilea Pharmaceutica AG wird eine Gebühr von CHF 20'000 erhoben.

 

Der Präsident:

 

Luc Thévenoz

Diese Verfügung geht an die Partei:

  • Basilea Pharmaceutica AG (vertreten durch Baker & McKenzie, Herrn Dr. Matthias Courvoisier)


Rechtsmittelbelehrung:

Beschwerde (Art. 33c des Börsengesetzes, SR 954.1):

Gegen diese Verfügung kann innerhalb von fünf Börsentagen Beschwerde bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA), Einsteinstrasse 2, CH - 3003 Bern erhoben werden. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach Eröffnung der Verfügung per Telefax oder auf elektronischem Weg zu laufen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 33c Abs. 2 BEHG und Art. 52 VwVG zu genügen.

Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):

Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens 2 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV) und am Verfahren bisher nicht teilgenommen hat, kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben.

Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission (Selnaustrasse 30, Postfach, CH - 8021 Zürich,
counsel@takeover.ch, Telefax: +41 58 854 22 91) innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung der Verfügung einzureichen. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach der Veröffentlichung zu laufen.

Die Einsprache muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der
Beteiligung gemäss Art. 56 UEV enthalten.