SWISS TAKEOVER BOARD

Transaktionen

0162 - Centerpulse AG

Empfehlung I Centerpulse AG vom 16. April 2003

Öffentliches Kauf- und Umtauschangebot der Smith & Nephew Group plc., London, an die Aktionäre der Centerpulse AG, Zürich

A.
Die Centerpulse AG („Centerpulse“ oder „Zielgesellschaft“) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 355'984’200. Es ist eingeteilt in 11'866’140 Namenaktien zu je CHF 30 Nennwert. Die Aktien der Centerpulse sind an der SWX Swiss Exchange („SWX“) und, in der Form von American Depositary Receipts („ADRs“ bzw. „ADSs” für American Depositary Shares), an der New York Stock Exchange kotiert.

B.
Grösste Einzelaktionärin der Centerpulse ist die InCentive AG („InCentive“) mit Sitz in Zug, die (nach Ausübung von Kaufsoptionen und dem Verfall von Kaufsoptionen) eine Beteiligung von rund 19% des Kapitals und der Stimmrechte an Centerpulse hält. Das Aktienkapital der InCentive beträgt CHF 42'944'040 und ist eingeteilt in 2'147'202 Inhaberaktien mit einen Nennwert von je CHF 20. Die Aktien sind an der SWX kotiert.

C.
Die Smith & Nephew plc. („Smith & Nephew“ oder „Anbieterin“) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in London (Grossbritannien). Per 1. Januar 2003 betrug ihr genehmigtes Aktienkapital GBP 150'000'000 und ihr ausgebebenes Kapital GBP 113'614'997.49, eingeteilt in 929'577'252 „ordinary shares“ mit einem Nennwert von je 12 2/9 pence und 268'500 „preference shares“ mit einem Nennwert von je GBP 1. Die Aktien von Smith & Nephew sind an der London Stock Exchange und ebenfalls, in der Form von ADRs, an der New York Stock Exchange kotiert.

D.
Am 20. März 2003 veröffentlichte Smith & Nephew in den elektronischen Medien die Voranmeldung eines öffentlichen Kauf- und Umtauschangebots für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien von Centerpulse. Am 22. März 2003 erfolgte die landesweite Publikation der Voranmeldung, indem sie in mehreren Zeitungen in deutsch und französisch veröffentlicht wurde.

E.
Gleichzeitig mit der Veröffentlichung des Angebots auf Centerpulse veröffentlichte Smith & Nephew in den elektronischen Medien auch die Voranmeldung eines öffentlichen Kauf- und Umtauschangebots für alle sich im Publikum befindenden Inhaberaktien von InCentive. Zweck dieses Angebots ist es, über den Erwerb der InCentive deren Beteiligung von rund 19% an Centerpulse zu erlangen (vgl. zum InCentive Angebot die heute Erlassene Empfehlung der Übernahmekommission in Sachen InCentive AG). Am 22. März 2003 erfolgte die landesweite Publikation der Voranmeldung zum InCentive Angebot, indem sie in mehreren Zeitungen in deutsch und französisch veröffentlicht wurde.

F.
Am 25. April 2003 wird Smith & Nephew in der Tagespresse und den elektronischen Medien das öffentliche Kauf- und Umtauschangebot an Aktionäre von Centerpulse veröffentlichen. Den Centerpulse Aktionären werden pro Namenaktie 25.15 Aktien der Smith & Nephew Group plc., London („Smith & Nephew Group“ sowie ebenfalls „Anbieterin“) und eine Barzahlung von CHF 73.42 angeboten. Bei der Smith & Nephew Group handelt es sich um eine am 8. Januar 2002 gegründete Gesellschaft, welche als Holdinggesellschaft der bisherigen Smith & Nephew fungieren wird. Die Gesellschaft ist in Grossbritannien registriert und hat ihren Verwaltungssitz in der Schweiz. Ihre Aktien sollen an der London Stock Exchange sowie an der SWX kotiert werden.

G.
Ebenfalls am 25. April 2003 wird Smith & Nephew in der Tagespresse und den elektronischen Medien das öffentliche Übernahmeangebot an die Aktionäre von InCentive veröffentlichen.

H.
Smith & Nephew wird zudem am 25. April 2003 in den USA für die dort residierenden Inhaber von Centerpulse-ADRs (sog. US-Holders) ein den amerikanischen Bestimmungen entsprechendes Übernahmeangebot veröffentlichen.

I.
Der Angebotsprospekt und der Bericht des Verwaltungsrats von Centerpulse wurden der Übernahmekommission vor der Publikation unterbreitet.

J.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Herrn Hans Caspar von der Crone (Präsident) sowie Frau Anne Héritier Lachat und Herrn Thierry de Marignac gebildet.


Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Voranmeldung

1.1
Gemäss Art. 7 Abs. 1 UEV-UEK kann ein Anbieter ein Angebot vor der Veröffentlichung des Angebotsprospekts voranmelden. Die daran geknüpften rechtlichen Wirkungen ergeben sich aus Art. 9 UEV-UEK. Art. 8 Abs. 1 UEV-UEK bestimmt, dass die Voranmeldung landesweite Verbreitung finden muss, indem sie in zwei oder mehreren Zeitungen in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht wird. Ausserdem ist sie nach Abs. 2 dieser Bestimmung mindestens einem der bedeutenden elektronischen Medien, die Börseninformationen verbreiten, zuzustellen. Damit die Rechtswirkungen gemäss Art. 9 UEV-UEK an diesen Zeitpunkt geknüpft werden können, genügt gemäss Praxis der Übernahmekommission die blosse Zustellung an ein elektronisches Medium jedoch nicht. Vielmehr hat eine Veröffentlichung der vollständigen Voranmeldung zu erfolgen.

1.2 Im vorliegenden Fall enthielt die am 20. März 2003 in den elektronischen Medien publizierte Voranmeldung sämtliche von Art. 7 Abs. 2 UEV-UEK geforderten Angaben. Die Publikation in den Tageszeitungen erfolgte rechtzeitig innert drei Börsentagen am 22. März 2003. Somit entfaltete die Voranmeldung ihre Wirkungen am 20. März 2003.

2. Einhaltung der Bestimmungen über den Mindestpreis

2.1 Gemäss Art. 10 Abs. 5 UEV-UEK hat sich das Angebot auf alle kotierten Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu erstrecken, wenn es so viele Beteiligungspapiere umfasst, dass bei deren Erwerb eine Angebotspflicht ausgelöst würde. Insbesondere muss dann der Angebotspreis den Bestimmungen über Pflichtangebote entsprechen (Art. 32 Abs. 4 und 5 BEHG, Art. 37 - 43 BEHV-EBK). Durch ihr Angebot wird Smith & Nephew den Grenzwert von 33 1/3% der Stimmrechte an Centerpulse überschreiten. Folglich kommen die Regeln über den Mindestpreis im vorliegenden Fall zur Anwendung.

2.2 Nach Art. 32 Abs. 4 BEHG muss der Angebotspreis zunächst mindestens dem Börsenkurs der anvisierten Titel entsprechen. Dieser Kurs ergibt sich gemäss Art. 37 Abs. 2 BEHV-EBK aus dem Durchschnitt der während der letzten 30 Börsentage vor Veröffentlichung der Voranmeldung an einer Schweizer Börse ermittelten Eröffnungskurse für diese Beteiligungspapiere (Art. 37 Abs. 2 BEHV-EBK i.V.m. Art. 9 Abs. 3 lit. a UEV-UEK). Im vorliegenden Fall entfaltete die Voranmeldung ihre rechtlichen Wirkungen, wie erwähnt, am 20. März 2003. Der durchschnittliche Eröffnungskurs der Centerpulse Aktien der letzten 30 Börsentage vor diesem Datum beläuft sich auf CHF 256.
Der Wert des Angebots von Smith & Nephew berechnet sich einerseits aus der pro Centerpulse Namenaktie offerierten Barabgeltung von CHF 73.42 sowie dem Wert von 25.15 Smith & Nephew Aktien. Der durchschnittlicher Eröffnungskurs während der letzten 30 Börsentage vor Veröffentlichung des Angebots (vgl. Art. 42 Abs. 1 BEHV-EBK i.V.m. Art. 37 Abs. 2 BEHV-EBK) einer Smith & Nephew Aktie beträgt CHF 7.666 (bei einem Durchschnittlicher Umtauschverhältnis von GBP in CHF von 2.18), womit sich ein Wert der Offerte per 19. März 2003 von CHF 266.20 je Centerpulsaktie ergibt. Dieser Betrag liegt über den massgebenden CHF 256 einer Centperulse Aktie, d.h. das Angebot von Smith & Nephew erfüllt somit die erste Anforderung von Art. 32 Abs. 4 BEHG. 2.3 Gemäss Art. 32 Abs. 4 BEHG darf der Preis des Angebotes höchstens 25% unter dem höchsten Preis liegen, den der Anbieter in den zwölf letzten Monaten für Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft bezahlt hat. Im vorliegenden Fall wurden im besagten Zeitraum durch den Anbieter oder mit diesem in gemeinsamer Absprache handelnde Personen keine Centerpulse Aktien zu einem Preis erworben, der im Hinblick auf die Mindestpreisbestimmung relevant ist.
Somit kann festgehalten werden, dass das Angebot den Bestimmungen über den Mindestpreis entspricht.

3. Gleichbehandlung der Inhaber von Beteiligungspapieren

Umfasst das Angebot mehrere Kategorien von Beteiligungspapieren, so gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz für die Gesamtheit der betroffenen Titel (Art. 10 Abs. 1 UEV-UEK). Erstreckt sich das Angebot auch auf nicht kotierte Titel, so ist der Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 10 Abs. 2 UEV-UEK auch auf diese Beteiligungspapiere anzuwenden. Die Prüfstelle hat die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu bestätigen (Art. 26 Abs. 2 lit. b UEV-UEK).

3.1 Gleichbehandlung aller Centerpulse Aktionäre vor dem Hintergrund des Parallelangebots auf InCentive

Die Anbieterin offeriert den Aktionären von Centerpulse je Namenaktie 25.15 Aktien der Smith & Nephew Group und eine Barzahlung von CHF 73.42. Die Aktionäre von InCentive erhalten für die 19% Beteiligung ihrer Gesellschaft an Centerpulse exakt dieselbe Abgeltung, d.h. InCentive erhält keinerlei Prämie für ihr Centerpulsepacket. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist folglich für alle Centerpulse Aktien eingehalten.

3.2 Gleichbehandlung mit Inhabern von American Depositary Shares (US-Angebot) / Rückzugsrecht der Angebotsempfänger während der Angebotsfrist

3.2.1 Da mehr als 10% der Centerpulse Aktionäre (bzw. Inhaber von ADRs) in den USA wohnen (US-Holders), ist die Anbieterin aufgrund von US-amerikanischen Übernahmeregeln verpflichtet, das Übernahmeangebot auch in den USA zu veröffentlichen. Folglich wird Smith & Nephew parallel zum Angebot in der Schweiz auch den Inhabern von ADRs in den USA ein öffentliches Kaufangebot unterbreiten, das den entsprechenden US-amerikanischen Übernahmeregeln unterstellt ist. Aus Gründen der Gleichbehandlung hat die Anbieterin den US-Angebotsprospekt auch allen Centerpulse Aktionären unentgeltlich zuzustellen, die mit dem schweizerischen Angebotsprospekt bedient werden.

3.2.2 Gemäss US-amerikanischem Recht können die Empfänger des US-Angebots während der Angebotsfrist ihre Annahme jederzeit widerrufen. Gemäss den schweizerischen Übernahmeregeln ist ein Annahmewiderruf grundsätzlich nur im Falle eines konkurrierenden Angebots möglich (Art. 30 Abs. 1 BEHG  i.V.m. Art. 50 Abs. 2 UEV-UEK). Aus Gründen der Gleichbehandlung ist von diesem Grundsatz im vorliegenden Fall abzuweichen, d.h. auch die Empfänger des schweizerischen Angebots können ihre Annahmeerklärung bis zum Ablauf der Angebotsfrist jederzeit widerrufen.

3.3 Mitarbeiteroptionen

Smith & Nephew bietet den Inhabern von Centerpulse Mitarbeiteroptionen die Möglichkeit, ihre Optionen zum Erwerb von Centerpulse Aktien gegen solche zum Erwerb von Aktien der Anbieterin bzw. der Smith & Nephew Group zu tauschen.
Diese Optionen werden somit vom vorliegenden Angebot umfasst und demzufolge ist der Gleichbehandlungsgrundsatz auf diese Papiere anzuwenden. Die Prüfstelle hat insbesondere zu prüfen und zu bestätigen, dass das Verhältnis zwischen dem Preis für die Inhaberaktien und dem Entgelt bzw. dem Umtauschverhältnis für die Optionen angemessen ist (Art. 22 Abs. 2 UEV-UEK). Der Bericht der Prüfstelle erfüllt diese Voraussetzungen.

3.4 Best Price Rule

Gemäss Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK darf der Anbieter nach Veröffentlichung des Angebots keine Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zu einem über dem Angebotspreis bzw. dem Wert des Angebots liegenden Preis erwerben, ohne diesen allen Empfängern des Angebots anzubieten (sog. „Best Price Rule”). Gemäss Praxis der Übernahmekommission gilt diese Regel ab Veröffentlichung der Voranmeldung während der ganzen Dauer des Angebots und während sechs Monaten nach Ablauf der Nachfrist (siehe u.a. Empfehlung in Sachen Big Star Holding AG vom 7. April 2000, E. 8). Die Prüfstelle hat zu bestätigen, dass diese Auflagen im vorliegenden Fall eingehalten wurden (Art. 27 UEV-UEK).

4. Handeln in gemeinsamer Absprache

Nach Art. 11 Abs. 1 UEV-UEK gilt für im Hinblick auf ein Angebot in gemeinsamer Absprache oder als organisierte Gruppe mit dem Anbieter handelnde Personen Art. 15 Abs. 1 und 2 BEHV-EBK sinngemäss.
Gemäss Praxis der Übernahmekommission handeln Anbieter und Zielgesellschaft in gemeinsamer Absprache, wenn sie sich hinsichtlich des Unterbreitens und über die Bedingungen eines öffentlichen Kauf- bzw. Umtauschangebots geeinigt haben (vgl. Empfehlung in Sachen Tag Heuer International SA vom 7. Oktober 1999, E. 3).
Im vorliegenden Fall haben sich die Anbieterin und Centerpulse (und die zweite Zielgesellschaft InCentive sowie deren Hauptaktionäre) in Bezug auf die Unterbreitung sowie die Konditionen und die Abwicklung des Angebots geeinigt (vgl. zu den in gemeinsamer Absprache handelnden Personen Lit. C, Ziff. 12 des Centerpulse Angebotsprospekts). Diese Personen und alle weiteren allenfalls durch sie kontrollierten Gesellschaften handeln folglich im Hinblick auf das vorliegende Kauf- und Umtauschangebot in gemeinsamer Absprache und haben den Pflichten von Art. 12 UEV-UEK nachzukommen.

5. Bedingungen

Ein öffentliches Kaufangebot darf grundsätzlich nur an aufschiebende Bedingungen geknüpft werden, deren Eintritt der Anbieter selbst nicht massgeblich beeinflussen kann (Art. 13 Abs. 1 UEV-UEK). Diese Bestimmung untersagt dem Anbieter, das Angebot an praktisch unerfüllbare Bedingungen zu knüpfen, so dass das Angebot nur durch den Verzicht auf den Eintritt der Bedingung zustande kommen würde. Falls der Anbieter aufgrund der Art der aufschiebenden Bedingung einen Beitrag zu deren Eintritt leisten muss, hat er alle ihm zumutbaren Massnahmen zu ergreifen, damit die Bedingung eintritt. Ein öffentliches Kaufangebot kann ausnahmsweise auch an auflösende Bedingungen geknüpft werden. Diejenigen Bedingungen, die nach Ablauf der Angebotsfrist eintreten, benötigen das Einverständnis der Übernahmekommission (Art. 13 Abs. 4 UEV-UEK). Dieses wird unter der Voraussetzung gegeben, dass dem Anbieter aus der Resolutivbedingung deutliche Vorteile erwachsen, welche die daraus resultierenden Nachteile für die Angebotsempfänger zu überwiegen vermögen (vgl. Empfehlung in Sachen Sulzer vom 11. April 2001, E. 8.2). Das vorliegende Angebot ist an die folgenden aufschiebenden Bedingungen geknüpft.

5.1 Die Bedingung 1 des Angebotsprospekts sieht vor, dass die Generalversammlung von Smith & Nephew den Transaktionen gemäss dem Centerpulse Transaction Agreement zugestimmt und die notwendigen Beschlüsse gefasst hat, um im Rahmen eines englischen Court Scheme zu bewirken, dass Smith & Nephew zur 100%-igen Tochtergesellschaft der Smith & Nephew Group wird.
Hintergrund dieser Bedingung ist Folgender: Die Smith & Nephew Group soll die neue Holding­gesellschaft der Smith & Nephew werden. Die bisherigen Aktien von Smith & Nephew werden nach englischem Recht im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens annulliert und durch neu auszugebende Aktien der Smith & Nephew Group ersetzt werden. Im Hinblick auf das Verfahren hat die Generalversammlung der Anbieterin vorgängig entsprechende Beschlüsse zu fassen.
Die Bedingung erfüllt die Anforderungen von Art. 13 Abs. 1 UEV-UEK.

5.2 Die Bedingung 2 des Angebots sieht vor, dass die in Verbindung mit dem Angebot neu ausgegebenen Aktien der Anbieterin sowohl in England an der London Stock Exchange zugelassen werden als auch die Kotierung der entsprechenden ADS von Smith & Nephew, die in Verbindung mit dem US-Angebot ausgegeben werden, von der New York Stock Exchange genehmigt worden ist. 
Die Bedingung ist im Interesse der Empfänger des Angebots und gemäss Praxis der Übernahmekommission zulässig (vgl. bspw. Empfehlung in Sachen Stratec Holding vom 26. März 1999, E. 3; Empfehlung in Sachen Rentenanstalt vom 17. September 2002, E. 3.6).

5.3 Das Angebot ist weiter an die Bedingung 3 geknüpft, dass alle zuständigen EU, US und sonstigen ausländischen Behörden die Übernahme von Centerpulse genehmigt und/oder eine Freistellungsbescheinigung erteilt haben, ohne dass damit eine Bedingung oder Auflage verknüpft ist, die einer Partei (a) Kosten und/oder einen Rückgang des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Amortisationen („EBITA“) von insgesamt mehr als CHF 23 Mio. verursacht oder (b) einen Rückgang des konsolidierten Umsatzes der Gruppe von mehr als CHF 75 Mio. bewirkt. Ausserdem darf keine Entscheidung oder Verfügung eines Gerichts oder anderen Behörde vorliegen, die den Vollzug des Angebots verbietet.
Die Übernahmekommission hat solche Bedingungen (material adverse change clause) in ihrer Praxis stets zugelassen, wenn die vom Anbieter genannten Einbussen bei Umsatz oder Gewinn bzw. Kosten ein gewisses minimales Ausmass hatten (vgl. Empfehlung in Sachen Stratec Holding vom 26. März 1999, E. 3; Empfehlung in Sachen Disetronic vom 19. März 2003, E. 6.2.1). Hintergrund dieser Praxis ist es zu vermeiden, dass der Anbieter aufgrund einer zu tief gewählten Schwelle für den Eintritt einer solchen Bedingung jedes unbedeutende negative Ereignis zum Anlass nehmen kann, von seinem Angebot Abstand zu nehmen – womit die Bedingung letztlich zu einer unzulässigen Potestativbedingung würde. Die im vorliegenden Fall genannten Einbussen von CHF 23 Mio. auf Stufe EBITA und CHF 75 Mio. auf Stufe Umsatz der Parteien machen 10% der EBITA auf weitergeführten Aktivitäten für das Jahr 2002 bzw. 6% des Umsatz der Zielgesellschaft aus weitergeführten Aktivitäten aus. Solche Einbussen bzw. Kosten sind als wesentlich einzustufen und es kann davon ausgegangen werden, dass die Anbieterin selbst den Eintritt einer solchen Bedingung nicht wesentlich beeinflussen kann. Die Bedingung 3 ist folglich zulässig. 
Gestützt auf diese Erwägungen wird die Übernahmekommission künftig solche Bedingungen grundsätzlich zulassen, wenn sie – wie im vorliegenden Fall – auf Stufe EBITA der Zielgesellschaft eine Einbusse/Kosten von mind. 10% sowie auf Stufe Umsatz eine solche von mind. 5% betreffen.

5.4 Die Bedingung 4 sieht vor, dass das sog. Registration Statement Formular F-4, das von der Anbieterin bei der Amerikanischen Börsenaufsichtsbehörde Securities and Exchange Commission („SEC“) in Verbindung mit dem parallel zur vorliegenden Offerte laufenden US-Angebot einzureichen ist, in Kraft getreten ist und die SEC keine Verfügung erlassen hat, welche die Inkraftsetzung des Registration Statements aufschiebt, und die SEC darf zu diesem Zweck kein Verfahren eingeleitet haben, das nicht bereits abgeschlossen oder zurückgezogen worden ist.
Die Erteilung der notwenigen Bewilligungen durch die SEC liegt nicht im Einflussbereich der Anbieterin. Die Bedingung 4 ist folglich nicht zu beanstanden.

5.5 Die Bedingung 5 sieht vor, dass innerhalb der (allenfalls verlängerten) Angebotsfrist mindestens 75% aller ausgegebenen Centerpulse Aktien angedient wurden, einschliesslich derjenigen Aktien, die durch ADSs verkörpert werden sowie der durch die zweite Zielgesellschaft, InCentive, gehaltenen Centerpulse Aktien.
Knüpft die Anbieterin ihr Angebot an das Erreichen einer Mindestbeteiligung an der Zielge­sellschaft, so darf die gesetzte Schwelle nicht unrealistisch hoch sein. Andernfalls würde es nur noch im Belieben der Anbieterin stehen, ein aufgrund der unrealistischen Bedingung von Anfang an zum Scheitern verurteiltes Angebot mittels Verzicht auf die entsprechende Bedingung doch noch zustande kommen zu lassen. Die Bedingung würde so zu einer unzulässigen Potestativbedingung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 erster Satz UEV-UEK.
Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass die Anbieterin aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit den Hauptaktionären von InCentive im Rahmen des InCentive Angebots rund 20% an Centerpulse erwerben wird. Das Erreichen der gesetzten Schwelle ist realistisch. Die aufschiebende Bedingung ist nach Art. 13 Abs. 1 UEV-UEK zulässig.

5.6 Die Bedingung 6 des Angebotsprospekts sieht vor, dass drei amtierende Mitglieder des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft – unter der Bedingung des erfolgreichen Zustandekommens des Centerpulse Angebots – aus dem Verwaltungsrat zurückgetreten und die übrigen Verwaltungsratsmitglieder mit der Anbieterin einen Mandatsvertrag für den Zeitraum abgeschlossen haben, bis die Generalversammlung der Zielgesellschaft die durch Smith & Nephew vorgeschlagenen Personen in den Verwaltungsrat von Centerpulse gewählt hat, unter der Bedingung des erfolgreichen Zustandekommens des Angebots.

Auch diese aufschiebende Bedingung ist nach Art. 13 Abs. 1 UEV-UEK zulässig.

5.7 Die Bedingung 7 sieht im Wesentlichen vor, dass bis zum Ende der (allenfalls verlängerten) Angebotsfrist die Zielgesellschaft nicht verpflichtet worden ist, ein Produkt zurückzurufen, mit dessen Produktfamilie Centerpulse einen konsolidierten Vorjahresumsatz von mehr als CHF 75 Mio. erzielte, und ein derartiger Rückruf Kosten und/oder einen Rückgang des EBITA (nach bezahlten Versicherungsleistungen an Centerpulse) in der Höhe von mehr als CHF 23 Mio. verursacht hat oder verursachen wird. Die Frage, ob ein konkretes Ereignis (Rückruf) die genannten negativen Auswirkungen hat, wird gemäss der Bedingung 7 durch eine mit Zustimmung der Zielgesellschaft von der Anbieterin vorgeschlagenen international anerkannten Investmentbank oder Revisionsgesellschaft, d.h. durch einen unabhängigen Dritten, entschieden werden.
Weiter darf gemäss Bedingung 7 die Zielgesellschaft keinen Produktionsausfall in ihren Fabriken in Winterthur oder Austin erleiden, der Kosten und/oder einen Rückgang des EBITA (nach Versicherungsleistungen an Centerpulse) von mehr als 23 Mio. verursacht bzw. gemäss Gutachten eines Experten wahrscheinlich verursachen wird.
Wie bereits in Ziff. 5.3 festgehalten, handelt es sich bei den genannten Beträgen von CHF 23 bzw. 75 Mio. um Einbussen von 10% bei den EBITA bzw. um mehr als 5% des Umsatzes der Zielgesellschaft. Diese Beträge erachtet die Übernahmekommission als wesentlich. Für die Frage des Eintritts der Bedingung 7 wird zudem auf die Beurteilung eines unabhängigen Dritten abgestellt werden. Die Bedingung ist also nicht im Einflussbereich der Anbieterin und somit  zulässig.

6. Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft

6.1 Gemäss Art. 31 Abs. 1 UEV-UEK hat der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft auf allfällige Interessenkonflikte von Mitgliedern des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung hinzuweisen. Er muss im Besonderen die finanziellen Folgen des Angebots für die genannten Personen schildern. Im Bericht ist offen zu legen, ob die Mandate der Mitglieder des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung zu gleichwertigen Bedingungen weitergeführt werden. Ansonsten sind die neuen Konditionen darzulegen. Verlassen gewisse Mitglieder des Verwaltungsrats oder der obersten Geschäftsleitung die Zielgesellschaft, ist anzugeben, ob sie eine Abgangsentschädigung erhalten und wie gross diese ist. Die Angaben müssen individuell erfolgen (siehe Empfehlung in Sachen Axantis Holding AG vom 15. Dezember 2000, E. 5.3).
Der vorliegende Prospekt genügt diesen Anforderungen.

6.2 Der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft hat in einem öffentlichen Kaufangebot die Interessen aller Inhaber von Beteiligungspapieren zu vertreten (vgl. Empfehlung in Sachen Loeb Holding AG vom 15. Mai 2000, E. 1). Der Bericht muss alle Informationen enthalten, die es dem Empfänger des Angebots erlauben, seinen Entscheid in Kenntnis der Sachlage zu treffen.
Liegen Interessenkonflikte vor, so gibt der Bericht gemäss Art. 31 Abs. 3 UEV-UEK Rechenschaft über die Massnahmen, welche die Zielgesellschaft getroffen hat, um zu vermeiden, dass sich diese Konflikte zum Nachteil der Empfänger des Angebots auswirken.
Art. 31 Abs. 3 UEV-UEK ist dahingehend auszulegen, dass es dem Verwaltungsrat beim Vorliegen von (potentiellen) Interessenkonflikten nicht etwa frei steht, ob er überhaupt Massnahmen gegen solche Konflikte ergreifen will oder nicht. Vielmehr ist er in solchen Fällen grundsätzlich zum Ergreifen von Massnahmen verpflichtet und hat diese zudem in seinem Bericht offenzulegen (in diesem Sinne schon bspw. die Empfehlungen in Sachen Loeb Holding AG vom 15. Mai 2000, E. 1 und Zellweger Luwa AG vom 17. Februar 2003 E. 6.). Würde sich ein Verwaltungsrat bloss auf die Offenlegung von Interessenkonflikten beschränken und nicht zugleich auch Massnahmen ergreifen (und offenlegen), damit sich diese Konflikte nicht zum Nachteil der Empfänger des Angebots auswirken, wäre der Bericht unvollständig im Sinne von Art. 29 Abs. 1 UEV-UEK.

6.3 Bei der Wahl der Massnahmen gegen Interessenkonflikte ist der Verwaltungsrat grundsätzlich frei. In der Praxis werden insbesondere prozedurale Massnahmen wie Ausstandsregelungen hinsichtlich einzelner Verwaltungsratsmitglieder oder die Bildung von speziellen Ausschüssen ergriffen oder es wird die Meinung eines unabhängigen sachkundigen Dritten zur Transaktion eingeholt. Es versteht sich von selbst, dass die Massnahmen nicht offensichtlich untauglich oder mit einem Mangel behaftet sein dürfen, der ihre Eignung von vornherein beeinträchtigt oder zweifelhaft erscheinen lässt.
Im vorliegenden Fall ist augenscheinlich, dass Mitglieder des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft in einem Interessenkonflikt stehen. Herr Dr. Max Link, der Präsident des Verwaltungsrats und CEO von Centerpulse, wird künftig Mitglied des Verwaltungsrats der Anbieterin sein. Dasselbe gilt für Herrn René Braginsky, der ebenfalls Mitglied des Verwaltungsrats von Centerpulse ist und zudem 20% an der InCentive, der zweiten Zielgesellschaft des Angebots und Hauptaktionärin von Centerpulse, hält. Auch er wird künftig im Verwaltungsrat der Anbieterin Einsitz nehmen.
Trotz dieser Interessenkonflikte hat der Verwaltungsrat von Centerpulse seinen Bericht mit den Stimmen sämtlicher Mitglieder gefällt. Zur Begründung führt er u.a. aus, dass die Entscheidung im Verwaltungsrat sich auf zwei Fairness Opinions von Investmentbanken stütze, welche in ihren Beurteilungen des Angebots zum Schluss gekommen sind, dass das Angebot aus finanzieller Sicht für den Empfänger „fair“ sei. Zu beachten ist, dass die beiden Banken die vorliegende Transaktion als Financial Advisor für Centerpulse vorbereitet und den Verwaltungsrat im Zusammenhang mit der Transaktion umfassend beraten haben. Die den Banken geschuldete Entschädigung für ihre Dienste im Erfolgs­fall, d.h. beim Zustandekommen einer Vereinbarung hinsichtlich der Übernahme von Centerpulse durch die Anbieterin, ist dabei wesentlich höher als die Entschädigung, die für die blosse Abgabe der Fairness Opinion geschuldet wäre. Die Aussagekraft der Fairness Opinions ist deshalb insofern zu relativieren, als dass die Banken ein unübersehbares Eigeninteresse am Zustandekommen der Transaktion hatten. Um auszuschliessen, dass sich dieser potentielle Interes­senkonflikt der Banken zum Nachteil der Empfänger des Angebots auswirkt, beauftragte der Verwaltungsrat von Centerpulse zusätzlich noch die KPMG als sachkundigen Dritten mit der Prüfung des Angebots. KPMG kommt in ihrer Fairness Opinions ebenfalls zum Schluss, dass das Angebot aus finanzieller Sicht fair sei. 
Damit kann festgehalten werden, dass der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft die notwendigen Massnahmen getroffen hat, um zu vermeiden, dass sich die Interessenkonflikte einzelner seiner Mitglieder zum Nachteil der Empfänger des vorliegenden Angebots auswirken.

7. Befreiung von der Karenzfrist

Legt ein Anbieter ein Angebot vor seiner Veröffentlichung samt Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft der Übernahmekommission zur Prüfung vor, so befreit diese den Anbieter grundsätzlich von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2 UEV-UEK). Da Smith & Nephew diese Voraussetzungen erfüllt hat, wird sie von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist befreit.

8. Publikation

Die vorliegende Empfehlung wird in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 BEHG am Tag der Publikation des Angebotsprospekts, d.h. am 25. April 2003, auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

9. Gebühr

Das Angebot bezieht sich auf sämtliche ausstehenden Centerpulse Namenaktien, ausgenommen 36'715 durch Centerpulse gehaltenen eigenen Aktien. Bei einem Angebotswert von CHF 266.20 pro Centerpulse Titel liegt der gesamte Preis des Angebots bei rund CHF 3 Mia. Gemäss Art. 62 Abs. 2 UEV-UEK i.V.m. Art. 62 Abs. 3 UEV-UEK beläuft sich die Gebühr somit grundsätzlich auf CHF 200’000. Da die beiden Angebote auf Centerpulse und auf InCentive eng miteinander verknüpft sind, rechtfertigt sich eine Reduktion der Gebühr um 25%. Folglich beträgt die Gebühr für das vorliegende Angebot CHF 150'000.


Die Übernahmekommission erlässt folgende Empfehlung:

  1. Das öffentliche Kauf- und Umtauschangebot der Smith & Nephew Group plc., London, entspricht dem Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995.
  2. Die Übernahmekommission gewährt die folgende Ausnahme von der Übernahmeverordnung (Art. 4 UEV-UEK): Befreiung von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2 UEV-UEK).
  3. Diese Empfehlung wird am 25. April 2003 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
  4.   Die Gebühr zu Lasten der Smith & Nephew beträgt CHF 150’000.

Der Präsident:

Hans Caspar von der Crone

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.


Mitteilung an:

  • Smith & Nephew Group plc. und Centerpulse AG (je durch ihren Vertreter)
  • Die Eidgenössische Bankenkommission.