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0646 - ACRON HELVETIA VII Immobilien AG

Verfügung 646/01 vom 17. November 2016

Gesuch von Klaus Walter Bender, ACRON AG, ACRON Swiss Premium Assets AG, Accensis GmbH, Kai Bender, Peer Bender, Kristina Margot Isen, HFS Helvetic Financial Services AG und Norbert Ketterer betreffend Ausnahme von der Angebotspflicht bezüglich ACRON HELVETIA VII Immobilien AG

Sachverhalt:

A.
ACRON HELVETIA VII Immobilien AG (ACRON HELVETIA VII oder Zielgesellschaft) ist eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts mit Sitz in Zürich. Der statutarische Gesellschaftszweck von ACRON HELVETIA VII (vgl. Art. 2 der Statuten der ACRON HELVETIA VII) ist der „Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen der Portikon AG und die Verwaltung der in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaft Portikon, Thurgauerstrasse 130, Opfikon. Die Gesellschaft kann die vorbezeichnete Liegenschaft vermieten, verpachten, renovieren, verbessern und belasten und im Übrigen alle Geschäfte tätigen, die mit diesem Zweck und mit der Anlage ihrer Mittel im Zusammenhang stehen.“ Das Aktienkapital von ACRON HELVETIA VII beträgt CHF 33'418'000. Es ist in 550'000 vollständig liberierte Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 60.76 eingeteilt (ACRON HELVETIA VII-Aktien). Die ACRON HELVETIA VII ist unter dem Symbol AHGN als eigentliche Investment- bzw. Beteiligungsgesellschaft an der BX Berne eXchange im Segment „BX Immo“ kotiert. Die Statuten der ACRON HELVETIA VII beinhalten weder eine Opting out- noch eine Opting up-Klausel.

B.
ACRON Swiss Premium Assets AG (ACRON Swiss Premium) ist eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts mit Sitz in Zug, welche am 10. Mai 2016 zum Erwerb der Anteile an der ACRON HELVETIA VII gegründet wurde. Der statutarische Gesellschaftszweck der Anbieterin liegt dementsprechend im „Erwerb, [dem] Halten und [der] Veräusserung von in- und ausländischen Beteiligungen an Immobilien, wobei inländische Beteiligungen nur an Immobilien mit dem Charakter eines Betriebsstätte-Grundstückes gemäss Art. 2 Abs. 2 lit. a des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland vom 16. Dezember 1983, letztmals geändert am 1. März 2013 (BewG) möglich sind.“ Das Aktienkapital der Anbieterin beträgt CHF 100'000. Es ist eingeteilt in 1'000 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 100. ACRON Swiss Premium hält aktuell 326'050 ACRON HELVETIA VII-Aktien, entsprechend einer Beteiligung von rund 59.28% der Kapital- und Stimmrechte an der ACRON HELVETIA VII.

C.
ACRON AG (ACRON) ist eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts mit Sitz in Zürich. Das Aktienkapital von ACRON beträgt CHF 1'384'000. Es ist eingeteilt in 1'384 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 1'000. Die ACRON, welche der sog. ACRON-Gruppe angehört (zur juristischen Struktur der ACRON-Gruppe, vgl. http://www.acron.de/cnt_acron/de_juristischestruktur.php [letztmaliger Abruf: 3. November 2016]), initiiert Immobilieninvestments in verschiedenen Staaten, einschliesslich den USA und der Schweiz, und ist auch für die Investorenbetreuung zuständig. Der statutarische Gesellschaftszweck der ACRON liegt primär im „Erwerb, [der] Veräusserung, [der] Verwaltung und [des] Management[s] von Immobilien und Beteiligungen an in- und ausländischen Unternehmen aller Art, [der] Gründung Schweizer Aktiengesellschaften mit allen in diesem Zusammenhang anfallenden Tätigkeiten, [der] Planung von Finanzierungsgeschäften, soweit diese nicht gesetzlichen Kreditinstituten vorbehalten sind, deren Übernahmen und Durchführungen und die Finanzvermittlung aller Art.“ ACRON beherrscht ACRON Swiss Premium vollständig und hält entsprechend deren sämtliche Aktien.

Die ACRON ihrerseits wird durch Klaus Walter Bender, Feusisberg, der aktuell 969 Aktien, entsprechend einem Kapital- und Stimmenanteil von rund 70% an ACRON hält, sowie durch die Accensis GmbH, Düsseldorf, welche die restlichen 415 Aktien, entsprechend einem Kapital- und Stimmenanteil von rund 30% an ACRON hält, beherrscht. Hinter der Accensis GmbH stehen drei Nachkommen von Klaus Walter Bender (d.h. Kai Bender, Meilen; Peer Bender, Düsseldorf; Kristina Margot Isen, Düsseldorf), welche die Aktien der Accensis GmbH anteilsmässig zu je rund einem Drittel halten.

D.
Nach dem Erwerb von 326'050 ACRON HELVETIA VII-Aktien, entsprechend einem Kapital- und Stimmrechtsanteil von rund 59.28% an der ACRON HELVETIA VII am 8. Juni 2016, unterbreitete ACRON Swiss Premium den Aktionären von ACRON HELVETIA VII am 10. Oktober 2016 ein Pflichtangebot für alle sich im Publikum befindenden ACRON HELVETIA VII-Aktien nach Art. 135 Abs. 1 FinfraG (Pflichtangebot), dessen Nachfrist (bis 24. November 2016, 16:00 Uhr MEZ) zum Zeitpunkt der vorliegenden Verfügung immer noch läuft (vgl. dazu Verfügung 637/02 vom 7. Oktober 2016 in Sachen ACRON HELVETIA VII Immobilien AG sowie die unter http://www.takeover.ch/transactions/detail/nr/0637 abrufbaren Angebotsdokumente).

E.
Am 21. Oktober 2016 schlossen die HFS Helvetic Financial Services AG, eine von deren Inhaber Norbert Ketterer, Rüschlikon, geführte, im Bereich internationaler Immobilieninvestitionen tätige Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts mit Sitz in Wollerau (HFS Helvetic), und Klaus Walter Bender sowie die Accensis GmbH (HFS Helvetic, Klaus Walter Bender sowie Accensis GmbH zusammen nachfolgend die Vertragsparteien) einen aufschiebend bedingten Aktienkaufvertrag zum Erwerb von 706 Aktien an der ACRON (entsprechend rund 51% des Kapitals und der Stimmrechte der ACRON) (Aktienkaufvertrag) ab.

Der geplante Erwerb einer Stimmenmehrheit an ACRON durch HFS Helvetic erfolgt gemäss den Angaben der Gesuchsteller vor dem Hintergrund einer zukünftigen intensiven Zusammenarbeit der beiden Gesellschaften insbesondere in Märkten ausserhalb der Schweiz, speziell in Bezug auf mehrere Projektentwicklungen und Immobilieninvestments in den USA und in Deutschland. Im Rahmen der strategischen Partnerschaft soll HFS Helvetic die für die Realisierung des jeweiligen Geschäfts benötigten Finanzmittel zur Verfügung stellen bzw. mit Hilfe der Erfahrung der ACRON die Zurverfügungstellung arrangieren, währenddem die ACRON die entsprechenden Projekte und ihr Immobilien-Know-how einbringen soll (vgl. zur strategischen Partnerschaft auch die über http://www.acron.de/cnt_medien/de_medienmitteilung_20161024.php abrufbare Pressemitteilung ACRONs vom 24. Oktober 2016 [letztmaliger Abruf: 3. November 2016]).

Der Vollzug des Aktienkaufvertrags, anlässlich dessen HFS Helvetic 600 Aktien an ACRON von Klaus Walter Bender und 106 Aktien an ACRON von Accensis GmbH übernehmen soll, erfolgt nur, wenn die nachfolgenden, kumulativen aufschiebenden Vollzugsbedingungen eingetreten sind oder die Vertragsparteien auf den Eintritt derselbigen verzichtet haben:

(a) Es liegt kein Urteil, keine Verfügung und keine andere behördliche Anordnung vor, welche den Aktienkaufvertrag oder die im Aktienkaufvertrag vorgesehene Transaktion für unzulässig erklärt oder den Vollzug verbietet oder wesentlich erschwert, und es sind keine Verfahren vor Gerichten, Behörden oder anderen staatlichen Stellen anhängig, die voraussichtlich zur Folge haben werden, dass der Aktienkaufvertrag oder die im Aktienkaufvertrag vorgesehene Transaktion für unzulässig erklärt oder der Vollzug verboten oder wesentlich erschwert werden wird.

(b) Es ist (alternativ) eines der beiden nachfolgenden Ereignisse eingetreten:

i. Die Übernahmekommission hat HFS Helvetic in Anwendung von Art. 136 Abs. 1 FinfraG eine Ausnahme von der Pflicht zur Unterbreitung eines öffentlichen Angebots gemäss Art. 135 Abs. 1 FinfraG hinsichtlich des indirekten Erwerbs von Beteiligungspapieren der ACRON HELVETIA VII gewährt; oder

ii. Die Generalversammlung der ACRON HELVETIA VII hat eine Änderung ihrer Statuten beschlossen, nach der ein Übernehmer nicht zu einem öffentlichen Kaufangebot nach Art. 135 und 163 FinfraG verpflichtet ist (vgl. Art. 125 Abs. 3 und 4 FinfraG) (Opting out).

Mit dem Vollzug des Aktienkaufvertrags soll zwischen den Vertragsparteien sowie ACRON sodann auch ein Aktionärsbindungsvertrag betreffend ACRON (Aktionärsbindungsvertrag) in Kraft treten, beinhaltend die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Aktionäre der ACRON sowie die Festlegung der Regeln, nach denen die ACRON nach dem Vollzug des Aktienkaufvertrags verwaltet werden soll. Im Hinblick auf die Vertretung im Verwaltungsrat der ACRON bspw. sollen Klaus Walter Bender sowie die Accensis GmbH gemeinsam drei und HFS Helvetic zwei Mitglieder des Verwaltungsrats nominieren dürfen. Beim sechsten Mitglied des (maximal aus sechs Mitgliedern bestehenden) Verwaltungsrats soll es sich sodann um ein unabhängiges Mitglied handeln.

Da die HFS Helvetic plant, zu einem späteren Zeitpunkt auch die restlichen Aktien der ACRON zu übernehmen, wurde zwischen Klaus Walter Bender sowie Accensis GmbH und HFS Helvetic überdies auch eine Optionsvereinbarung geschlossen, welche der HFS Helvetic ein Optionsrecht zum späteren Erwerb der restlichen 678 Namenaktien der ACRON einräumt (Optionsvereinbarung). Die entsprechende Optionsvereinbarung soll in Kraft treten, sobald der Vollzug des Aktienkaufvertrags stattgefunden hat.

F.
Vor dem hiervor geschilderten Hintergrund reichten Klaus Walter Bender, ACRON, ACRON Swiss Premium, Accensis GmbH, Kai Bender, Peer Bender, Kristina Margot Isen, HFS Helvetic und Norbert Ketterer (die Gesuchsteller) am 24. Oktober 2016 ein Gesuch (Gesuch vom 24. Oktober 2016) samt Beilagen mit den folgenden Anträgen bei der Übernahmekommission ein:

1. Es sei jedem einzelnen Gesuchsteller für die in Abschnitt II.B.3 (Rz. 23-28) dargestellte Transaktion, bestehend aus dem Erwerb von vorerst [rund] 51% [des Kapitals und der Stimmrechte der ACRON AG durch HFS Helvetic Financial Services AG], dem Abschluss eines Aktionärsbindungsvertrags und dem anschliessenden Erwerb weiterer [rund] 49% [des Kapitals und der Stimmrechte der ACRON AG durch HFS Helvetic Financial Services AG], eine [auf Art. 41 Abs. 2 lit. c FinfraV-FINMA basierende] Ausnahme von der Pflicht, den Aktionären der ACRON HELVETIA VII Immobilien AG ein öffentliches Kaufangebot zu unterbreiten, zu gewähren.

2. Es sei bei Ablehnung des Antrags unter Ziff. 1 von einer Publikation [der entsprechenden Verfügung der Übernahmekommission] abzusehen.

G.
Am 24. Oktober 2016 veröffentlichte die ACRON Swiss Premium im Zusammenhang mit ihrem Pflichtangebot gegenüber den Aktionären von ACRON HELVETIA VII eine erste Ergänzung zum Angebotsprospekt im Sinne von Art. 17 Abs. 2 UEV: Mittels dieser Ergänzung informierte ACRON Swiss Premium die Angebotsempfänger über die Absicht der HFS Helvetic zum Erwerb einer Stimmenmehrheit an der ACRON vor dem Hintergrund einer zukünftigen strategischen Zusammenarbeit. Ebenfalls orientierte die ACRON Swiss Premium die Aktionäre mittels der ersten Ergänzung über das Gesuch vom 24. Oktober 2016 auf Ausnahme von der Angebotspflicht, welches die Gesuchsteller bei der Übernahmekommission eingereicht hatten.

H.
Eine zweite Ergänzung zum Angebotsprospekt im Sinne von Art. 17 Abs. 2 UEV veröffentlichte die ACRON Swiss Premium sodann am 31. Oktober 2016: Mittels dieser Ergänzung orientierte die ACRON Swiss Premium die Angebotsempfänger darüber, dass die ACRON HELVETIA VII – vor dem Hintergrund des geplanten Erwerbs von 51%, allenfalls sogar 100% des Kapitals und der Stimmrechte der ACRON durch HFS Helvetic –anlässlich einer auf den 15. November 2016 anberaumten ausserordentlichen Generalversammlung über die Einführung eines generellen Opting out abstimmen lassen und einen neuen Art. 5a in die Statuten einfügen möchte, wonach ein Erwerber von Aktien an der Gesellschaft nicht zu einem öffentlichen Kaufangebot nach Art. 135 und 163 FinfraG verpflichtet ist.

I.
Am 7. November 2016 reichten die Gesuchsteller eine Ergänzung zum Gesuch vom 24. Oktober 2016 (Gesuchsergänzung vom 7. November 2016) samt Beilagen mit den folgenden zusätzlichen Anträgen bei der Übernahmekommission ein:

1. Es seien die in der vorliegenden Ergänzung zum Gesuch vom 24. Oktober 2016 offengelegten finanziellen Informationen, insbesondere der Kauf- und Ausübungspreis bezüglich der Aktien an der ACRON AG, der Umfang der geplanten Darlehensfinanzierung durch die HFS Helvetic Financial Services AG sowie die Finanz[z]ahlen (z.B. Aktiva, Passiva und Kenngrössen aus der Erfolgsrechnung) und Anleihebedingungen der ACRON AG, geheim zu halten und in einer etwaigen Publikation einer Verfügung der Übernahmekommission nicht offenzulegen.

2. Bei Ablehnung des Antrags unter der obenstehenden Ziffer 1 sei den Gesuchstellern vor Erlass einer Verfügung durch die Übernahmekommission die Gelegenheit zum Rückzug des Gesuchs vom 24. Oktober 2016 zu geben.

J.
Die Stellungnahme des Verwaltungsrats von ACRON HELVETIA VII im Sinne von Art. 61 Abs. 1bis UEV wurde der Übernahmekommission am 7. November 2016 zur Vorprüfung eingereicht.

K.
Am 15. November 2016 liess sich die Übernahmekommission über den Vertreter der ACRON HELVETIA VII sämtliche in Bezug auf das anlässlich der ausserordentlichen Generalversammlung der Gesellschaft per 15. November 2016 beschlossene statutarische Opting out relevanten Dokumente zukommen, d.h.

- die auf den 25. Oktober 2016 datierte Einladung zur ausserordentlichen Generalversammlung der Aktionäre der ACRON HELVETIA VII vom 15. November 2016 (publiziert im Schweizerischen Handelsamtsblatt [SHAB] per 26. Oktober 2016) (Einladung zur ausserordentlichen GV);
- das auf den 25. Oktober 2016 datierte Aktionärsschreiben der ACRON HELVETIA VII (beinhaltend u.a. die Einladung der ACRON HELVETIA VII zur ausserordentlichen Generalversammlung vom 15. November 2016) (Aktionärsschreiben);
- die ebenfalls auf den 25. Oktober 2016 datierte Anlage zum Aktionärsschreiben (Anlage zum Aktionärsschreiben); sowie
- die öffentliche Urkunde über die Beschlüsse der ausserordentlichen Generalversammlung der ACRON HELVETIA VII vom 15. November 2016 (öffentliche Urkunde);

(zusammen die GV-Unterlagen).

L.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Thomas A. Müller (Präsident), Jean-Luc Chenaux und Beat Fellmann gebildet.

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Opting out

[1] Die beabsichtigten Transaktionen der Gesuchsteller bzw. der HFS Helvetic (d.h. geplanter Erwerb von 51%, allenfalls sogar 100% des Kapitals und der Stimmrechte der ACRON durch HFS Helvetic; nachfolgend die Transaktionen) sind u.a. auf die Einführung eines gültigen Opting out bedingt (vgl. Sachverhalt lit. E). Damit soll sichergestellt werden, dass die Transaktionen für die Gesuchsteller, insbesondere aber die HFS Helvetic, keine Angebotspflicht in Bezug auf ACRON HELVETIA VII auslösen.

1.1 Gültigkeitsvoraussetzungen eines nachträglichen Opting out

[2] Gemäss Art. 125 Abs. 4 FinfraG kann eine Gesellschaft auch nach der Kotierung ihrer Aktien („jederzeit“) eine Bestimmung in ihre Statuten aufnehmen, dass ein Übernehmer nicht zu einem öffentlichen Kaufangebot nach den Artikeln 135 und 163 FinfraG verpflichtet ist, sofern dies nicht eine Benachteiligung der Aktionäre im Sinne von Artikel 706 OR bewirkt (nachträgliches Opting out). Gemäss Art. 706 und 706a OR können der Verwaltungsrat und jeder Aktionär Beschlüsse der Generalversammlung, die gegen das Gesetz oder die Statuten verstossen, innert zwei Monaten beim Richter mit Klage gegen die Gesellschaft anfechten.

[3] Nach der Praxis der Übernahmekommission ist ein nachträgliches Opting out übernahmerechtlich gültig, wenn (1) die Aktionäre transparent über die Einführung des Opting out und dessen Folgen informiert werden und (2) die Mehrheit der vertretenen Stimmen und die Mehrheit der Minderheitsaktionäre an der Generalversammlung dem Opting out zustimmen (vgl. Verfügung 600/01 vom 22. April 2015 in Sachen Kaba Holding AG, Erw. 1.1 ff.; Verfügung 594/01 vom 5. März 2015 in Sachen Sika AG, Erw. 1.2.2 mit Nachweisen; Verfügung 518/01 vom 11. Oktober 2012 in Sachen Advanced Digital Broadcast Holdings AG, Erw. 2 ff.). Sind diese beiden Voraussetzungen erfüllt, wird vermutet, dass das Opting out keine Benachteiligung der Minderheitsaktionäre im Sinne von Art. 125 Abs. 4 FinfraG und Art. 706 OR bewirkt.

1.2 Transparenz

[4] Ein Opting out genügt materiell dem Erfordernis der Transparenz, wenn die tatsächlichen Intensionen des Antragstellers, welcher um die Einführung des Opting out ersucht, sowie die Absichten des kontrollierenden Aktionärs angegeben werden. Zudem sind die allgemeinen Folgen einer Einführung des Opting out sowie die konkreten Auswirkungen bei der zur Diskussion stehenden Gesellschaft anzugeben. Der Antragsteller hat die Informationen über die Gründe seines Vorschlags, über die beabsichtigten Transaktionen sowie den daraus resultierenden Kontrollwechsel beizubringen. Diese Informationen und Konsequenzen bei einer Einführung eines Opting out sind bereits mit der Einladung zur Generalversammlung an die Aktionäre zu kommunizieren (vgl. Verfügung 600/01 vom 22. April 2015 in Sachen Kaba Holding AG, Erw. 1.2; Verfügung 539/01 vom 24. Juni 2013 in Sachen Logan Capital AG, Erw 1.1).

[5] Vorliegend hatte die ACRON Swiss Premium (bzw. die diese Gesellschaft heute kontrollierenden Aktionäre; vgl. Sachverhalt lit. B und C) am 21. Oktober 2016 die Einberufung einer ausserordentlichen Generalversammlung der ACRON HELVETIA VII zwecks Abstimmung über die Einführung eines Opting out (als einziges Traktandum) beantragt. Der Antrag der ACRON Swiss Premium wurde insbesondere in der Anlage zum Aktionärsschreiben, welches an sämtliche Aktionäre (bzw. Inhaber von Namenaktien) versandt wurde, ausführlich begründet: So wurde in der erwähnten Anlage im Wesentlichen erklärt, dass es bei dem Antrag zur Einführung des Opting out vor allem darum gehe, Transaktionssicherheit zu erlangen und eine Angebotspflicht bei Vollzug der vorgesehenen Transaktionen zu verhindern. Des Weiteren wurde in der Anlage zum Aktionärsschreiben auch auf die allgemeinen Folgen und die konkreten Auswirkungen der Einführung des Opting out hingewiesen (d.h. Aufhebung der gesetzlichen Angebotspflicht und somit des Ausstiegsrechts hinsichtlich eines jeden zukünftigen direkten und indirekten Kontrollübergangs bei der ACRON HELVETIA VII). In der Einladung zur ausserordentlichen Generalversammlung erklärte der Verwaltungsrat der ACRON HELVETIA VII, den Antrag der ACRON Swiss Premium auf Einführung eines Opting out zu unterstützen: Ein Opting out würde gerade langfristig orientierten Grossinvestoren künftig eine Beteiligungsnahme an der ACRON HELVETIA VII erlauben, ohne erneut ein gesetzliches Übernahmeverfahren anzustossen, welches auf viele Investoren aufgrund der damit einhergehenden Kosten und Komplexität abschreckend wirke. Ausserdem könnten Aktionäre, welche der Einführung eines Opting out ablehnend gegenüberstehen, ihre Beteiligung an der ACRON HELVETIA VII im Rahmen des laufenden Pflichtangebots (vgl. Sachverhalt lit. D) zu einem attraktiven Preis veräussern.

[6] In der Einladung zur ausserordentlichen GV, im Aktionärsschreiben bzw. der Anlage zum Aktionärsschreiben und an der ausserordentlichen GV der ACRON HELVETIA VII selbst wurden die Gründe und Absichten zur Einführung des Opting out sowie dessen Auswirkungen dargelegt. Diese Informationen genügen den übernahmerechtlichen Anforderungen an die Transparenz, so dass jeder Aktionär vor der Abstimmung eine freie und bewusste Entscheidung über die Einführung des Opting out treffen konnte. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass Aktionäre ihre ACRON HELVETIA VII-Aktien bis zum Ende der Nachfrist (d.h. bis zum 24. November 2016, 16:00 Uhr MEZ) in das laufende Pflichtangebot andienen können.

1.3 Mehrheit der Minderheit

[7] Sind die Aktionäre transparent über die Einführung eines Opting out informiert, prüft die Übernahmekommission in einem zweiten Schritt, ob sich aus der Einführung des Opting out keine Benachteiligung der Minderheitsaktionäre ergibt (Art. 125 Abs. 4 FinfraG). Ein Opting out ist übernahmerechtlich nur dann gültig, wenn (a) die Mehrheit der an der Generalversammlung vertretenen Stimmen und (b) die Mehrheit der Minderheitsaktionäre an der Generalversammlung dem Antrag zustimmen. Zur Ermittlung des Abstimmungsergebnisses der Minderheitsaktionäre genügt es, die separate Auszählung gesondert zu ermitteln. Minderheitsaktionär ist, wer weder direkt noch indirekt oder in gemeinsamer Absprache einen Anteil von 33 1/3% der Stimmrechte an der Zielgesellschaft hält noch den Antrag um Einführung des Opting out beim Verwaltungsrat gestellt hat.

[8] Im vorliegenden Fall verlangte die die ACRON Swiss Premium (bzw. die diese Gesellschaft heute kontrollierenden Aktionäre; vgl. Sachverhalt lit. B und C) die Einführung des Opting out. Damit gelten als Minderheitsaktionäre sämtliche Aktionäre der ACRON HELVETIA VII mit Ausnahme der ACRON Swiss Premium und die hinter dieser Gesellschaft stehenden Aktionäre (d.h. die ACRON AG bzw. Klaus Walter Bender und dessen die Accensis GmbH beherrschenden Nachkommen Kai Bender, Peer Bender sowie Kristina Margot Isen; vgl. Sachverhalt lit. C).

[9] Die der Übernahmekommission nach der Durchführung der ausserordentlichen Generalversammlung der ACRON HELVETIA VII am 15. November 2016 zugestellten GV-Unterlagen (insbesondere die öffentliche Urkunde; vgl. Sachverhalt lit. K) belegen die Tatsache, dass (a) die Mehrheit der an der Generalversammlung vertretenen Stimmen und (b) die Mehrheit der Minderheitsaktionäre an der Generalversammlung dem Antrag auf Einführung des Opting out zugestimmt haben.

1.4 Fazit

[10] Nach Gesagtem kann festgestellt werden, dass das anlässlich der ausserordentlichen Generalversammlung der ACRON HELVETIA VII per 15. November 2016 beschlossene Opting out resp. die entsprechende Statutenbestimmung übernahmerechtlich gültig ist und infolgedessen die beabsichtigten Transaktionen keine Angebotspflicht bezüglich ACRON HELVETIA VII auslösen.

2.         Anträge gemäss Gesuch vom 24. Oktober 2016 bzw. gemäss Gesuchsergänzung vom 7. November 2016

[11] Die im Gesuch vom 24. Oktober 2016 bzw. in der Gesuchsergänzung vom 7. November 2016 enthaltenen Anträge betreffen im Wesentlichen die Gewährung einer Ausnahme von der Angebotspflicht im Sinne von Art. 41 Abs. 2 lit. c FinfraV-FINMA im Hinblick auf die von ihnen beabsichtigten Transaktionen (d.h. Erwerb von 51%, allenfalls sogar 100% des Kapitals und der Stimmrechte der ACRON durch HFS Helvetic).

[12] Unter Zugrundelegung der Feststellung in obiger Erwägung 1.4 , wonach das Opting out der ACRON HELVETIA VII übernahmerechtlich gültig ist und infolgedessen die beabsichtigten Transaktionen gar keine Angebotspflicht bezüglich ACRON HELVETIA VII auszulösen vermögen, sind die Anträge der Gesuchsteller im Gesuch vom 24. Oktober 2016 bzw. in der Gesuchsergänzung vom 7. November 2016 als gegenstandslos abzuschreiben.

3.         Stellungnahme des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft

[13] In den sog. übrigen Verfahren, insbesondere wenn der Übernahmekommission ein Gesuch um Gewährung einer Ausnahme von der Angebotspflicht eingereicht wird, eröffnet die Übernahmekommission ein Verfahren und lädt die Parteien zur Abgabe einer Stellungnahme ein (vgl. Art. 61 Abs. 1 UEV). Vor der Eröffnung der Verfügung kann die Zielgesellschaft eine Stellungnahme ihres Verwaltungsrates vorlegen, die sie gleichzeitig mit der Verfügung der Übernahmekommission veröffentlichen möchte (vgl. Art. 61 Abs. 1bis UEV). Die Zielgesellschaft veröffentlicht (a) die allfällige Stellungnahme ihres Verwaltungsrates (Stellungnahme), (b) das Dispositiv der Verfügung der Übernahmekommission und (c) den Hinweis, innert welcher Frist und zu welchen Bedingungen eine qualifizierte Aktionärin oder ein qualifizierter Aktionär Einsprache gegen die Verfügung der Übernahmekommission erheben kann (vgl. Art. 61 Abs. 3 UEV).

[14] Im vorliegenden Fall hat der Verwaltungsrat von ACRON HELVETIA VII nach Kenntnisnahme des Gesuch vom 24. Oktober 2016 sowie der Gesuchsergänzung vom 7. November 2016 eine Stellungnahme im Sinne von Art. 61 Abs. 1bis UEV bei der Übernahmekommission zur Vorprüfung eingereicht.

[15] Die im Entwurf vorliegende Stellungnahme des Verwaltungsrats von ACRON HELVETIA VII erfüllt die an sie gestellten Anforderungen (d.h. begründeter Entscheid des Verwaltungsrats zum Gesuch, Offenlegung potenzieller Interessenkonflikte etc). Der Verwaltungsrat von ACRON HELVETIA VII (bestehend aus Kai Bender, Klaus Walter Bender und Jürg Greter) unterstützt das vorliegende Gesuch und ist zum Schluss gekommen, dass der Aktienkauf und die Gewährung einer Ausnahme von der Angebotspflicht durch die Übernahmekommission keinen massgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft haben und dass die Interessen der Aktionäre der Gesellschaft gewahrt sind.

[16] ACRON HELVETIA VII ist verpflichtet, die Stellungnahme ihres Verwaltungsrats, das Dispositiv der vorliegenden Verfügung sowie den Hinweis auf das Einspracherecht qualifizierter Aktionäre zu veröffentlichen.

4.         Publikation

[17] In den sogenannten übrigen Verfahren gemäss Art. 61 UEV ist die Zielgesellschaft verpflichtet, die Veröffentlichung gemäss Art. 61 UEV (siehe dazu die obige Erwägung 4) vorzunehmen, worauf die Art. 6 und 7 UEV Anwendung finden (vgl. Art. 61 Abs. 4 UEV).

[18] Die vorliegende Verfügung wird gleichentags auf der Webseite der Übernahmekommission publiziert (Art. 138 Abs. 1 FinfraG).

5.         Gebühr

[19] Gemäss Art. 118 FinfraV wird für Entscheide in anderen Übernahmesachen, wie z.B. über das Bestehen einer Angebotspflicht oder auch über Gesuche betreffend Ausnahme von der Angebotspflicht, eine Gebühr erhoben. Vorliegend erscheint eine Gebühr von CHF 40'000 zulasten der Gesuchsteller als angemessen. Die Gesuchsteller haften hierfür solidarisch.

 

Die Übernahmekommission verfügt:

  1. Das anlässlich der ausserordentlichen Generalversammlung der Aktionäre der ACRON HELVETIA VII Immobilien AG vom 15. November 2016 beschlossene Opting out respektive die entsprechende Statutenbestimmung (Art. 5a der Statuten der ACRON HELVETIA VII Immobilien AG) ist übernahmerechtlich gültig.
  2. Die Anträge von Klaus Walter Bender, ACRON AG, ACRON Swiss Premium Assets AG, Accensis GmbH, Kai Bender, Peer Bender, Kristina Margot Isen, HFS Helvetic Financial Services AG und Norbert Ketterer werden als gegenstandslos abgeschrieben.
  3. ACRON HELVETIA VII Immobilien AG wird verpflichtet, die Stellungnahme ihres Verwaltungsrats, das Dispositiv der vorliegenden Verfügung sowie den Hinweis auf das Einspracherecht qualifizierter Aktionäre in Übereinstimmung mit Art. 6 und 7 UEV zu veröffentlichen.
  4. Diese Verfügung wird am Tag der Veröffentlichung der ACRON HELVETIA VII Immobilien AG gemäss Dispositivziffer 3 hiervor auf der Webseite der Übernahmekommission veröffentlicht.
  5. Die Gebühr zu Lasten von Klaus Walter Bender, ACRON AG, ACRON Swiss Premium Assets AG, Accensis GmbH, Kai Bender, Peer Bender, Kristina Margot Isen, HFS Helvetic Financial Services AG und Norbert Ketterer beträgt CHF 40'000, unter solidarischer Haftung.

 

Der Präsident:

Thomas A. Müller

 

Diese Verfügung geht an die Parteien:

- ACRON HELVETIA VII Immobilien AG, vertreten durch Dr. Matthias Courvoisier, Baker & McKenzie;
- Klaus Walter Bender, ACRON AG, ACRON Swiss Premium Assets AG, Accensis GmbH, Kai Bender, Peer Bender, Kristina Margot Isen, HFS Helvetic Financial Services AG und Norbert Ketterer, vertreten durch Dr. Matthias Courvoisier, Baker & McKenzie.

Rechtsmittelbelehrung:

Beschwerde (Art. 140 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes, SR 958.1):

Diese Verfügung kann innert einer Frist von fünf Börsentagen bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA, Laupenstrasse 27, CH-3003 Bern, angefochten werden. Die Anfechtung hat schriftlich zu erfolgen und ist zu begründen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 52 VwVG zu genügen.

Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):

Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens drei Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV) und am Verfahren bisher nicht teilgenommen hat, kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben. Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung der vorliegenden Verfügung einzureichen. Sie muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der Beteiligung gemäss Art. 56 Abs. 3 und 4 UEV enthalten (Art. 58 Abs. 4 UEV).