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Transaktionen

0419 - Petroplus Holdings AG

Verfügung 419/01 Petroplus Holdings AG vom 18. August 2009

Öffentliches Rückkauf- resp. Umtauschangebot von Petroplus Finance Ltd, Hamilton, Bermuda, für die 3.375% Wandelanleihe 2008 - 2013 bzw. für Namenaktien der Petroplus Holdings AG, Zug

Sachverhalt:


A.
Petroplus Holdings AG (Petroplus) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zug. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 523'476'551 und ist eingeteilt in 69'060'231 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 7.58 (Namenaktien oder Petroplus-Aktien). Petroplus verfügt überdies über ein bedingtes Kapital im Umfang von CHF 108'785'651, eingeteilt in 14'351'669 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 7.58 sowie über ein genehmigtes Kapital im Umfang von CHF 261'738'272, eingeteilt in 34'530'115 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 7.58. Die Petroplus-Aktien sind gemäss Main Standard der SIX Swiss Exchange (SIX) kotiert (SIX: PPHN).

B.
Petroplus Finance Ltd., Bermuda (Petroplus Finance oder Emittentin) ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Petroplus. Das Kapital von Petroplus Finance beträgt gemäss Geschäftsbericht 2008 von Petroplus US$ 10'000.

C.
Petroplus Finance hat am 26. März 2008 eine Wandelanleihe über US$ 500'000'000 (Anleihe) mit einer Stückelung von US$ 100'000 begeben. Die Wandelanleihe ist an der SIX kotiert (ISIN CH0038649866) und ist in Petroplus-Aktien wandelbar. Die Verpflichtungen von Petroplus Finance aus der Wandelanleihe werden gemäss „Terms and Conditions" (T&C) von Petroplus sowie von weiteren Gesellschaften der Petroplus-Gruppe garantiert. Beim in den T&C vereinbarten Wandelpreis von CHF 85.18 sowie dem ebenfalls darin fixierten Wechselkurs von CHF 1.0203 pro US$ entspricht dies einem Wandelpreis in US$ von 83.4852 pro Petroplus-Aktie, resp. 1197,81639 Petroplus-Aktien pro Obligation mit je US$ 100'000 Nennwert. Die Wandelfrist dauert vom 6. Mai 2008 bis und mit 14. März 2013.

D.
Die Anleihe bezieht sich nach dem Wandelverhältnis von 1197,81639 auf insgesamt 5'989'082 Petroplus-Aktien. Dies entspricht einem Umfang von 8.67% des im Handelsregister eingetragenen Aktienkapitals. Die Namenaktien werden im Fall einer Wandlung aus bedingtem Kapital geschaffen oder es werden bereits bestehende Aktien geliefert.

E.
Jeder Anleihensgläubiger ist gemäss T&C berechtigt, die Rückzahlung der von ihm gehaltenen Anleihensanteile per 28. März 2011 zu 100% des Nennwerts zu fordern. Sollten Anleihensgläubiger von diesem Recht keinen Gebrauch machen, so wird die Wandelanleihe ohne weiteres per 26. März 2013 zur Rückzahlung fällig.

F.
Der Aktienkurs von Petroplus ist seit der Kotierung der Anleihe am 21. Mai 2008 stark gefallen (Schlusskurs vom 21. Mai 2008: CHF 60.20 und lieg seither weit unter dem Wandelpreis von CHF 85.18 je Namenaktie (Schlusskurs vom 17. August 2009: CHF 19.54, 52 Wochenhoch am 4. September 2008 bei CHF 53.55, 52 Wochentief am 1. April 2009 bei CHF 14.38). Die Anleihe selbst wird zurzeit zu ca. 93% des Nominalbetrags gehandelt.

G.
Petroplus erwägt im Zusammenhang mit der Verbesserung der Kapitalstruktur, die Anleihe zurückzukaufen oder gegen eine neue Anleihe zu tauschen. Die T&C der Anleihe statuieren ausdrücklich, dass die Emittentin berichtigt ist, die Anleihe zurückzukaufen. Für den Fall eines öffentlichen Kaufangebots ist in den T&C die Gleichbehandlung der Anleihensgläubiger vorgesehen.

H.
Am 8. Juli 2009 reichte Petroplus das nachfolgende Gesuch ein:

„Es sei der teilweise oder vollständige Rückkauf der von der Petroplus Finance Limited begebenen Wandelanleihe gegen eine Barzahlung sowie der Tausch dieser Wandelanleihe gegen eine neue Wandelanleihe (oder allenfalls eine Kombination von Rückkauf in bar und Tausch) durch die Petroplus Holdings AG, die Petroplus Finance Limited oder eine andere Gruppengesellschaft der Petroplus Holdings AG von der Anwendung der Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote freizustellen."

I.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus den Herren Luc Thévenoz (Präsident), Raymund Breu und Thierry de Marignac gebildet.


Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Anwendbarkeit der Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote auf Wandelanleihen

1.1 Begriff der Wandelanleihe

[1] Bei einer Wandelanleihe handelt es sich um ein festverzinsliches Wertpapier, welches wie eine „normale" Anleihensobligation auf einen festen Kapitalbetrag lautet, mit einem festen Zins und einer festen Laufzeit. Neben den üblichen Rechten des Obligationärs, wie Verzinsung der Forderung und Rückzahlung des Kapitals räumt die Wandelanleihe dem Inhaber zusätzlich ein Wandelrecht ein: Die Obligationäre haben das Recht, an Stelle der Rückzahlung während einer bestimmten Zeit (Wandelfrist) zu im Voraus festgelegten Wandelbedingungen (Umtauschverhältnis, Wandelpreis, etc.) Aktien oder andere Beteiligungspapiere des Anleihensschuldners oder eines Drittunternehmens zu beziehen. Falls der Wandelobligationär von seinem Wandelrecht Gebrauch macht, gehen seine Gläubigerrechte unter und an ihre Stelle tritt ein gesellschaftsrechtliches Beteiligungsverhältnis.

[2] Wandelanleihen beinhalten somit sowohl Fremd- als auch Eigenkapitalelemente. Das Wandelrecht ist untrennbar mit der Obligation verbunden, wodurch der Anleihensgläubiger das Wandelrecht - im Gegensatz zur Optionsanleihe - nicht gesondert von der Obligation veräussern kann.

1.2 Unterstellung von Wandelanleihen unter das Übernahmerecht

[3] Gemäss Art. 2 lit. e BEHG sind zu den öffentlichen Kaufangeboten Angebote zum Kauf oder zum Tausch von Aktien, Partizipations- oder Genussscheinen sowie Angebote zum Kauf oder zum Tausch von anderen Beteiligungspapieren zu zählen. Zu den anderen Beteiligungspapieren zählen gemäss Kommentar zum BEHG namentlich auch Wandel- und Optionsrechte (vgl. Botschaft zum Börsengesetz, S. 30).

2. Anwendbarkeit der Regelung über den öffentlichen Rückkauf von Beteiligungspapieren

[4] Öffentliche Angebote einer Gesellschaft zum Rückkauf eigener Beteiligungspapiere stellen „öffentliche Kaufangebote" im Sinne von Art. 2 lit. e BEHG dar. Sie unterstehen damit den Bestimmungen des 5. Abschnitts dieses Gesetzes (siehe Verfügung der EBK vom 4. März 1998 in Sachen Pharma Vision et al., E. 2). Gemäss Praxis der Übernahmekommission ist die Mitteilung Nr. 1 der Übernahmekommission vom 28. März 2000 (Mitteilung Nr. 1) auch auf Rückkäufe von Wandelanleihen anwendbar (vgl. Empfehlung vom 23. November 2006 in Sachen Actelion Finance SCA, Erw. 2.2; Empfehlung vom 13. Juni 2001 in Sachen Sulzer Capital B.V., Erw. 2).

[5] Gemäss der Mitteilung Nr. 1 werden Rückkäufe, welche sich auf Beteiligungen von maximal 2% des Kapitals des Anbieters beziehen von der Anwendung der Regeln über die öffentlichen Kaufangebote generell freigestellt. Bezieht sich der Rückkauf auf mehr als 2%, aber weniger als 10%, so wird die Freistellung im so genannten Meldeverfahren bewilligt, wenn die Voraussetzungen gemäss Mitteilung Nr. 1 Ziff. III erfüllt sind. Wenn sich der Rückkauf auf mehr als 10% bezieht, oder wenn eine der anderen Voraussetzungen der Mitteilung Nr. 1 nicht erfüllt wird, ist eine Freistellung (im ordentlichen Verfahren mittels Verfügung) dennoch möglich, soweit dies mit den Zielsetzungen des BEHG zu vereinbaren ist (vgl. Mitteilung Nr. 1 Ziff. IV).

3. Voraussetzungen der Freistellung im vorliegenden Fall

[6] Petroplus beabsichtigt gemäss Gesuch (vgl. Sachverhalt lit. H) den Rückkauf resp. Tausch von Beteiligungspapieren einer einheitlichen Kategorie (direkt: Wandelanleihe, indirekt: Namenaktien mit Nennwert von CHF 7.58) im Umfang von maximal 8.67% und somit von mehr als 2% aber weniger als 10% des Kapitals. Zur Anwendung gelangen damit die Voraussetzungen gemäss Mitteilung Nr. 1 Ziff. III.

3.1 Freistellung aufgrund des konkreten Gesuchs

[7] Über das gestellte Gesuch hinaus hat Petroplus keine weiteren konkreten Angaben zu einem allfälligen teilweisen oder vollständigen Rückkauf oder Tausch der Anleihe gemacht. Die Voraussetzungen gemäss Mitteilung Nr. 1 Ziff. III können daher nicht abschliessend auf ihre Einhaltung überprüft werden. Eine Freistellung kann erst erfolgen, wenn die genauen Parameter des Rückkaufs bekannt.

[8] Petroplus hat der Übernahmekommission den beabsichtigten Rückkauf resp. Tausch der Anleihe mittels dem "Formular für Gesuch um Freistellung durch Meldeverfahren" für eine abschliessende Beurteilung zu beantragen. Der Mitteilung muss ein Entwurf des Angebotstextes beigelegt werden, welcher zumindest die im genannten Formular verlangten Angaben enthält.

3.2 Ausnahmen von einzelnen Bestimmungen der Mitteilung Nr. 1

[9] Beantragt Petroplus eine Freistellung im Meldeverfahren, so ist die Mitteilung Nr. 1 grundsätzlich einzuhalten. Gemäss Ziff. IV der Mitteilung Nr. 1 kann von einzelnen Bestimmungen jedoch eine Ausnahme gewährt werden (vgl. Erw. 2). Allfällige Ausnahmen hat Petroplus zusammen mit dem Gesuch um Freistellung durch Meldeverfahren zu beantragen.

[10] Von einzelnen Bestimmungen der Mitteilung Nr. 1 kann gemäss den nachfolgenden Ausführungen aufgrund der speziellen Konstellation bei einem Rückkauf resp. Tausch einer Wandelanleihe in jedem Fall eine Ausnahme gewährt werden.

3.2.1 Dekotierung des betroffenen Titels

[11] Die Bestimmung in Mitteilung Nr. 1 Ziff. III. 1.2 hält fest, dass ein Rückkauf nicht zur Dekotierung eines der betroffenen Titel führen darf. Mit dem Rückkauf resp. Tausch einer Wandelanleihe wird jedoch gerade das Ziel verfolgt, die Anleihe dekotieren zu können. Die Unterstellung der Rückkauf- resp. Tauschangebote von Wandelanleihen unter die Bestimmungen der Mitteilung Nr. 1 ohne gleichzeitige Ausnahme von dieser Bestimmung würde solche Transaktionen verunmöglichen. Konsequenterweise muss von dieser Bestimmung eine Ausnahme gewährt werden können.

3.2.2 Rückkauf aller Kategorien von kotierten Beteilgungspapieren

[12] Gemäss Ziff. III. 1.3 der Mitteilung Nr. 1 hat sich ein Rückkauf auf alle Kategorien von kotierten Beteiligungspapieren zu beziehen. Die konsequente Anwendung dieser Bestimmung führt dazu, dass im Fall eines Rückkauf- oder Tauschangebotes auf eine Wandelanleihe auch ein Rückkauf von übrigen Beteiligungspapieren, im vorliegenden Fall von Petroplus-Aktien, zu erfolgen hätte. Der Rückkauf einer Wandelanleihe wirkt sich anders auf die Kapitalstruktur einer Gesellschaft aus, als der Rückkauf von Aktien oder anderen Beteilgungspapieren. Im Gegensatz zu den übrigen Beteilgungspapieren hat die Wandelanleihe primär Fremdkapitalcharakter (vgl. auch Erw. 1.1). Wäre gleichzeitig zwingend ein Rückkauf von Aktien erforderlich, würde der durch den Rückkauf der Wandelanleihe gewünschte Effekt auf die Kapitalstruktur zumindest abgeschwächt oder gar neutralisiert. Der Zweck des Rückkaufs oder Tausches der Wandelanleihe könnte so nur unvollständig oder gar nicht erreicht werden. Von der Bestimmung gemäss Ziff. III. 1.3 kann daher eine Ausnahme gewährt werden.

4. Publikation

[13] Die vorliegende Verfügung wird am Tag der Publikation des Rückkauf- resp. Umtauschangebots auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht (Art. 33a BEHG i.V.m. Art. 65 Abs. 1 UEV).


5. Gebühr

[14] In Anwendung von Art. 23 Abs. 5 BEHG und Art. 69 Abs. 6 UEV wird eine Gebühr von CHF 10'000 erhoben.



Die Übernahmekommission verfügt:

  1. Der Rückkauf resp. Umtausch der 3.375% Wandelanleihe 2008 - 2013 resp. der Namenaktien der Petroplus Holdings AG ist grundsätzlich den in Mitteilung Nr. 1 der Übernahmekommission vom 28. März 2000 definierten Regeln unterstellt.
  2. Die vorliegende Verfügung wird am Tag der Publikation des Rückkauf- resp. Umtauschangebots auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
  3. Die Gebühr zu Lasten der Petroplus Holdings AG beträgt CHF 10'000.


Der Präsident:

 

Luc Thévenoz


Diese Verfügung geht an die Partei:

  • Petroplus Holdings AG, Zug, vertreten durch Michael Trippel und Dr. Dieter Dubs, Bär & Karrer AG.

Rechtsmittelbelehrung:

Beschwerde (Art. 33c des Börsengesetzes, SR 954.1):
Gegen diese Verfügung kann innerhalb von fünf Börsentagen Beschwerde bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA), Schwanengasse 2, CH - 3003 Bern erhoben werden. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach Eröffnung der Verfügung per Telefax oder auf elektronischem Weg zu laufen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 33c Abs. 2 BEHG und Art. 52 VwVG zu genügen.

Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):
Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens 2 Prozent der Stimmrechte an der Petroplus Holdings AG, ob ausübbar oder nicht, nachweist (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV) und am Verfahren bisher nicht teilgenommen hat, kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben.

Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission (Selnaustrasse 30, Postfach, CH - 8021 Zürich, info@takeover.ch, Telefax: +41 58 854 22 91) innerhalb von fünf Börsentagen nach der Veröffentlichung der Verfügung einzureichen. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach der Veröffentlichung zu laufen.

Die Einsprache muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der Beteiligung gemäss Art. 56 UEV enthalten.