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0355 - Swiss Re

Verfügung in Sachen Schweizerischen Rückversicherungs-Gesellschaft AG vom 17. Februar 2009

Öffentliches Rückkaufsprogramm der Schweizerischen Rückversicherungs-Gesellschaft AG, Zürich - Änderung des Zwecks der Rückkaufprogramme

Sachverhalt

A.
Am 20. April 2007 ermächtigte die Generalversammlung der Schweizerischen Rückversicherungs-Gesellschaft AG (Swiss Re oder Gesuchstellerin) ihren Verwaltungsrat, Namenaktien von Swiss Re im Wert von maximal CHF 4.2 Mia. (was einem Kapitalanteil von 10 % entsprach) zum Zweck der Kapitalherabsetzung zurückzukaufen. Das Rückkaufprogramm wurde am 7. August 2007 gestützt auf die Mitteilung Nr. 1 der Übernahmekommission vom 28. März 2000 (Mitteilung Nr. 1) von der Anwendung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote freigestellt. Am 10. August 2007 lancierte Swiss Re das Rückkaufprogramm im Umfang von 10 % auf einer zweiten Linie an der SWX-Europe, welches bis maximal zur ordentlichen Generalversammlung 2010 dauern wird (erstes Rückkaufprogramm).

B.
Der am 23. Januar 2008 mit Berkshire Hathaway Inc., USA, geschlossene proportionale Rückversicherungsvertrag führte zu einer kontinuierlichen Freisetzung von bisher versicherungsrechtlich gebundenem Kapital. Daher beabsichtigte Swiss Re, zusätzlich zum bereits laufenden Rückkaufprogramm, ein weiteres Rückkaufprogramm für allgemeine Treasury Zwecke (zur Bedienung von Mitarbeiterprogrammen und von Wandel- und Optionsrechten bzw. - verpflichtungen) im Gesamtwert von bis zu CHF 1.75 Mia. (entsprechend maximal 6 % des damaligen Aktienkapitals) zu lancieren. Im Gegensatz zum bereits laufenden Programm wurden diese Rückkäufe über die ordentliche Handelslinie der SWX-Europe getätigt (zweites Rückkaufprogramm). Mit Empfehlung der Übernahmekommission vom 25. Februar 2008 wurde das zweite Rückkaufprogramm unter Auflagen von der Anwendung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote freigestellt.

C.
Am 4. November 2008 gab Swiss Re bekannt, dass sie die beiden Rückkaufprogramme vorübergehend eingestellt habe.

D.
Mit Eingabe vom 4. Februar 2009 stellte die Swiss Re ein Gesuch um Änderung resp. Ergänzung des Zwecks des ersten Rückkaufprogramms. Swiss Re plant, die bereits zurückgekauften sowie künftig erworbenen Aktien nicht zwingend zu vernichten, sondern allenfalls wieder zu veräussern. Gleichzeitig ersuchte die Swiss Re darum, auch ihre im Rahmen des zweiten Rückkaufprogramms zu Treasury Zwecken erworbenen Aktien allenfalls wieder veräussern zu dürfen.

E.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus den Herren Luc Thévenoz (Präsident), Walter Knabenhans und Henry Peter gebildet.

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Übergangsrecht

1.1 Materielle Bestimmungen

[1] Per 1. Januar 2009 ist die neue Verordnung der Übernahmekommission über öffentliche Kaufangebote vom 21. August 2008 (UEV) in Kraft getreten, welche die bisherige Verordnung der Übernahmekommission vom 21. Juli 1997 (UEV-UEK) ablöst. Beide Rückkaufprogramme wurden vor der Inkraftsetzung der UEV lanciert. Da jedoch die Zweckänderungen resp. -ergänzungen nach dem 1. Januar 2009 beantragt wurden und vollzogen werden, ist auf den vorliegenden Sachverhalt materiell das neue Recht anzuwenden.

1.2 Verfahrensrecht

[2] Seit dem 1. Januar 2009 ergehen die Entscheide der Übernahmekommission in der Form von Verfügungen (Art. 33a Abs. 1 BEHG; Art. 3 Abs. 2 UEV). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung sind die verfahrensrechtlichen Bestimmungen unmittelbar nach Inkraftsetzung anzuwenden (vgl. dazu BGE 130 V 1, Erw. 3.2). Der vorliegende Entscheid ergeht daher in der Form einer Verfügung.

2. Zweckänderung von Aktienrückkaufprogrammen

[3] Aktienrückkaufprogramme haben gestützt auf die Grundsätze von Lauterkeit und Transparenz abschliessend aufzuzählenden Zwecken zu dienen, unabhängig davon, ob sie im Meldeverfahren gemäss Mitteilung Nr. 1 oder mittels Entscheid der Übernahmekommission von der Anwendung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote freigestellt werden. Diese Zwecke sind im Inserat aufzuführen, welches anlässlich der Lancierung des Rückkaufprogramms in den Zeitungen veröffentlicht wird. Von den veröffentlichten Zwecken kann abgewichen werden, sofern eine Abweichung sachlich gerechtfertigt ist und in gleicher Weise wie die ursprünglichen Zwecke veröffentlicht wird.

[4] Rückkaufprogramme zum Marktpreis, wie die vorliegenden, haben in der Regel eine Dauer zwischen wenigen Monaten und maximal drei Jahren. Naturgemäss können sich innerhalb einer solchen Zeitspanne die wirtschaftliche Situation einer Zielgesellschaft oder die Marktverhältnisse erheblich verändern. Beide Arten von Veränderungen können dazu führen, dass ein ursprünglich angekündigter Zweck eines Rückkaufprogramms nicht mehr realisierbar ist, aus ökonomischen Überlegungen nachteilig erscheint oder allenfalls zu ergänzen ist.

[5] In jedem Fall ist zu begründen, weshalb ein ursprünglich bekannt gegebener Rückkaufzweck zu ändern oder zu ergänzen ist. Swiss Re ersucht darum, sowohl die via zweite Handelslinie zurückgekauften als auch die via ordentliche Handelslinie zu Treasury Zwecken erworbenen Aktien wieder veräussern zu können. Dabei macht die Gesuchstellerin geltend, es sei aufgrund der nachhaltigen Veränderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seit der Lancierung der beiden Aktienrückkaufprogramme wichtig für sie, auf die sich im positiven wie auch im negativen Sinne rasch ändernden Verhältnisse an den Kapitalmärkten flexibel reagieren zu können. Dazu gehöre auch der Einsatz von eigenen Aktien. Zusätzlich ist an dieser Stelle festzuhalten, dass der Einsatz eigener Aktien der Beschaffung eigener Mittel dienen kann.

[6] Damit hat die Gesuchstellerin ihr Gesuch, ihre im Rahmen der beiden Rückkaufprogramme erworbenen Aktien nebst der öffentlich bekannt gegebenen Verwendung auch wieder veräussern zu können, in genügender Weise begründet. Der Gesuchstellerin ist daher zu gestatten, diese Aktien wieder zu veräussern.

3. Publikation der Zweckänderung

[7] Gemäss Mitteilung Nr. 1 Ziff. III hat der Anbieter bei der Lancierung eines Rückkaufs den Angebotstext so zu veröffentlichen, dass dieser eine landesweite Verbreitung findet. Der Angebotstext muss mindestens einem der bedeutenden elektronischen Medien zugestellt werden, welche Börseninformationen verbreiten.

[8] Das Rückkaufinserat dient primär der Transparenz und der Information des Marktes. Gestützt auf den Grundsatz der Transparenz hat ein Anbieter daher eine Zweckänderung oder -ergänzung ebenfalls so zu veröffentlichen, dass diese eine landesweite Verbreitung findet. Ebenso ist die Zweckänderung mindestens einem der bedeutenden elektronischen Medien zuzustellen, welche Börseninformationen verbreiten.

[9] Die Gesuchstellerin hat beide Rückkaufprogramme mittels Angebotsinserat in je einer deutsch- und französischsprachigen Zeitung öffentlich angekündigt. Die Zweckänderung dieser Rückkaufprogramme hat sie daher in denselben Zeitungen zu veröffentlichen, in denen bereits die ursprünglichen Inserate publiziert worden sind.

[10] Wird die Zweckänderung für beide Rückkaufprogramme gleichzeitig veröffentlicht, so kann die Publikation in einem einzigen Inserat erfolgen. In jedem Fall hat die Gesuchstellerin die Angebotsinserate in deutscher und französischer Sprache vor ihrer Publikation der Übernahmekommission zuzustellen.

4. Transparenz betreffend die Verkäufe von Titeln

[11] Die Gesuchstellerin wird darauf hingewiesen, dass die folgenden Auflagen gemäss Dispositiv Ziff. 4 der Empfehlung vom 25. Februar 2008 weiterhin bestehen bleiben. Swiss Re ist verpflichtet, alle zehn Börsentage die nachfolgenden Angaben auf ihrer Website zu veröffentlichen:

  • Anzahl der im Laufe der letzten zehn Börsentage sowie seit Beginn des Rückkaufsprogramms auf der ordentlichen Handelslinie gekauften Titel;
  • Anzahl der im Laufe der letzten zehn Börsentage sowie seit Beginn des Rückkaufsprogramms auf der zweiten Handelslinie gekauften Titel;
  • Anzahl der im Laufe der letzten zehn Börsentage via „Bloc trades" gekauften Titel;
  • Anzahl der im Laufe der letzten zehn Börsentage veräusserten Titel;
  • Angabe in Prozenten der von der Gesuchstellerin gehaltenen eigenen Titel, mit Prozentangabe derjenigen Titel, die zur Vernichtung bestimmt sind.

[12] Die Gesuchstellerin wird insbesondere darauf hingewiesen, dass auch die Anzahl veräusserter Titel aus dem ersten Rückkaufprogramm sowie die Anzahl zur Vernichtung bestimmter Aktien offenzulegen ist.

5. Publikation

[13] Die vorliegende Verfügung wird am Tag der Publikation des Angebotsinserats der Swiss Re auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

6. Gebühr

[14] In Anwendung von Art. 23 Abs. 5 BEHG und Art. 69 Abs. 6 UEV wird für die Prüfung des vorliegenden Gesuchs der Swiss Re eine Gebühr von CHF 10'000 erhoben.


Die Übernahmekommission verfügt:

  1. Der Schweizerischen Rückversicherungs-Gesellschaft AG wird gestattet, die im Rahmen ihrer am 7. August 2007 und am 25. März 2008 freigestellten Rückkaufprogramme erworbenen Aktien wieder zu veräussern.

  2. Die Schweizerische Rückversicherungs-Gesellschaft AG hat die Zweckänderung für beide Rückkaufprogramme in denselben Zeitungen zu veröffentlichen, in denen bereits die ursprünglichen Inserate publiziert worden sind.

  3. Die vorliegende Verfügung wird am Tag der Publikation des Rückkaufinserats der Schweizerischen Rückversicherungs-Gesellschaft auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

  4. Die Gebühr zu Lasten der Schweizerischen Rückversicherungs-Gesellschaft AG beträgt CHF 10'000.


Der Präsident:

Luc Thévenoz

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Verfügung kann innerhalb von fünf Börsentagen Beschwerde bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA), Schwanengasse 2, CH - 3003 Bern erhoben werden. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach Eröffnung der Verfügung per Telefax oder auf elektronischem Weg zu laufen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 33c Abs. 2 BEHG und Art. 52 VwVG zu genügen.

Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):
Eine Aktionärin oder ein Aktionär, welche oder welcher eine Beteiligung von mindestens 2 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht (qualifizierte Aktionärin oder qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV), nachweist, kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben.
Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission (Selnaustrasse 30, Postfach, CH - 8021 Zürich, info@takeover.ch, Telefax: +41 58 854 22 91) innerhalb von fünf Börsentagen nach Veröffentlichung dieser Verfügung einzureichen. Die Frist beginnt am Tag der Veröffentlichung dieser Verfügung auf der Webseite der Übernahmekommission zu laufen.
Die Einsprache muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der Beteiligung gemäss Art. 56 Abs. 3 und 4 der UEV enthalten.

 

Diese Verfügung geht an die Partei:

  • Schweizerische Rückversicherungs-Gesellschaft AG