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Transaktionen

0162 - Centerpulse AG

Empfehlung IV Centerpulse AG vom 15 Juli 2003

Öffentliche Kauf- und Umtauschangebote der Zimmer Holdings, Inc., Warsaw (USA), an die Namenaktionäre der Centerpulse AG, Zürich – Verwaltungsratsbericht

A.
Die Centerpulse AG („Centerpulse“) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Zürich. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 355'984'200. Es ist eingeteilt in 11'866'140 Namenaktien zu je CHF 30 Nennwert. Die Aktien der Centerpulse sind an der SWX Swiss Exchange („SWX“) und, in der Form von American Depositary Receipts („ADRs“ bzw. „ADSs” für American Depositary Shares), an der New York Stock Exchange kotiert.

B.
Grösste Einzelaktionärin der Centerpulse ist die InCentive Capital AG („InCentive“) mit Sitz in Zug, die eine Beteiligung von rund 19% des Kapitals und der Stimmrechte an Centerpulse hält. Das Aktienkapital der InCentive beträgt CHF 42'944'040 und ist eingeteilt in 2'147'202 Inhaberaktien mit einem Nennwert von je CHF 20. Die Aktien sind an der SWX kotiert.

C.
Die Smith & Nephew plc. („Smith & Nephew“ oder „Erstanbieterin“) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in London (Grossbritannien). Per 1. Januar 2003 betrug ihr genehmigtes Aktienkapital GBP 150'000'000 und ihr ausgegebenes Kapital GBP 113'614'997.49, eingeteilt in 929'577'252 „ordinary shares“ mit einem Nennwert von je 12 2/9 pence und 268'500 „preference shares“ mit einem Nennwert von je GBP 1. Die Aktien von Smith & Nephew sind an der London Stock Exchange und ebenfalls, in der Form von ADRs, an der New York Stock Exchange kotiert.

D.
Die Zimmer Holdings, Inc. („Zimmer“ oder „konkurrierende Anbieterin“) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Warsaw, Indiana (USA). Ihr genehmigtes Kapital besteht aus (a) 1'000'000'000 Stammaktien (common stock) mit einem Nennwert von je USD 0.01 und (b) 250'000'000 Vorzugsaktien (preferred shares) mit einem Nennwert von je USD 0.01 (davon 2'000'000 Serie A (Series A Participating Cumulative Preferred Stock), der Rest der Vorzugsaktien wurde noch nicht bestimmt). Per 19. Mai 2003 waren keine Vorzugsaktien, aber 196'624'148 Stammaktien ausgegeben. Die Aktien sind an der New York Stock Exchange kotiert.

E.
Am 25. April 2003 veröffentlichte Smith & Nephew in der Tagespresse und den elektronischen Medien das öffentliche Kauf- und Umtauschangebot an die Aktionäre von Centerpulse. Den Centerpulse Aktionären werden pro Namenaktie 25.15 Aktien der Smith & Nephew Group plc., London („Smith & Nephew Group“ bzw. ebenfalls Anbieterin) sowie eine Barzahlung von CHF 73.42 angeboten. Bei der Smith & Nephew Group handelt es sich um eine am 8. Januar 2002 gegründete Gesellschaft, welche als Holdinggesellschaft der bisherigen Smith & Nephew fungieren wird. Die Gesellschaft ist in Grossbritannien registriert und hat ihren Verwaltungssitz in der Schweiz. Ihre Aktien sollen an der London Stock Exchange sowie an der SWX kotiert werden.

F.
Ebenfalls am 25. April 2003 veröffentlichte Smith & Nephew in der Tagespresse und den elektronischen Medien das öffentliche Übernahmeangebot an die Aktionäre von InCentive.

G.
Smith & Nephew veröffentlichte zudem am 25. April 2003 in den USA für die dort residierenden Inhaber von Centerpulse-ADRs (sog. US-Holders) ein den amerikanischen Bestimmungen entsprechendes Übernahmeangebot.

H.
Am 20. Mai 2003 (Voranmeldung) bzw. am 19. Juni 2003 (Angebotsprospekt) erfolgte die landesweite Publikation der öffentlichen Kauf- und Umtauschangebote von Zimmer auf Centerpulse und InCentive. Gemäss den Veröffentlichungen sollten die Angebote von Zimmer bis am 25. August 2003 dauern. Ebenso wurden die Angebote den US-amerikanischen Vorschriften entsprechend in den USA veröffentlicht.

I.
In der Folge erliess die Übernahmekommission sowohl Empfehlungen zu den einzelnen Angeboten als auch zum jeweiligen Zeitplan. Mit Empfehlung zum Zeitplan II in Sachen Centerpulse AG und InCentive Capital AG vom 4. Juli 2003 erwog die Übernahmekommission unter anderem, dass die Berichte der Verwaltungsräte von Centerpulse und InCentive bis spätestens am 9. Juli 2003 zu veröffentlichen seien.

J.
Nachdem diese Berichte fristgerecht in den Tageszeitungen in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht wurden, hat die Übernahmekommission unter dem Vorsitz ihres Präsidenten Herrn Hans Caspar von der Crone sowie den Kommissionsmitgliedern Frau Anne Héritier Lachat und Herrn Thierry de Marignac die folgende Empfehlung erlassen.


Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Rechtzeitige Veröffentlichung eines substantiellen Verwaltungsratsberichts der Zielgesellschaft

1.1 Mit Empfehlung zum Zeitplan II in Sachen Centerpulse AG und InCentive Capital AG vom 4. Juli 2003 erwog die Übernahmekommission, dass die Aktionäre von Centerpulse und InCentive gestützt auf Art. 14 Abs. 1 UEV-UEK die entsprechenden Angebote – nach einer Karenzfrist von zehn Börsentagen – am 3. Juli 2003 annehmen könnten (E. 4.3 auch zum Folgenden). Die Berichte der Verwaltungsräte von Centerpulse und InCentive sollten möglichst rasch veröffentlicht werden, damit die Aktionäre in Kenntnis der Stellungnahmen der Zielgesellschaften über die Annahme der Angebote entscheiden könnten. Aus diesem Grund seien die Berichte bis spätestens am 9. Juli 2003 zu veröffentlichen (vgl. Art. 32 Abs. 1 UEV-UEK).

1.2 Der Verwaltungsrat der Zielgesellschaft hat in einem öffentlichen Kaufangebot die Interessen aller Inhaber von Beteiligungspapieren zu vertreten (vgl. Empfehlung in Sachen Loeb Holding AG vom 15. Mai 2000, E. 1). Sein Bericht hat alle Informationen zu enthalten, die notwendig sind, damit die Empfänger des Angebots ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können (Art. 29 Abs. 1 UEV-UEK).

1.3 Der am 9. Juli 2003 veröffentlichte Verwaltungsratsbericht von Centerpulse empfiehlt den Aktionären, sobald sich mit genügender Sicherheit feststellen lasse, das Angebot desjenigen Anbieters (Smith & Nephew oder Zimmer) anzunehmen, das für die Aktionäre von Centerpulse den höheren Wert darstelle. Im jetzigen Zeitpunkt sei dies jedoch noch nicht möglich, was näher begründet wird.
Auf Grundlage der gegenwärtigen Börsen- und Umtauschkurse, liegt der durch Zimmer offerierte Angebotspreis über jenem von Smith & Nephew. Smith & Nephew hat allerdings die Möglichkeit, ihr Angebot bis zum 18. August 2003 zu ändern bzw. den Angebotspreis zu erhöhen (vgl. Empfehlung zum Zeitplan II in Sachen Centerpulse AG und InCentive Capital AG vom 4. Juli 2003). Sollte die Erstanbieterin von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, stünde auch der konkurrierenden Anbieterin die Möglichkeit offen, ihrerseits ihr Angebot zu erhöhen. Centerpulse ist daher zuzugestehen, dass momentan noch nicht alle entscheidrelevanten Umstände für eine endgültige Beurteilung der Angebote bekannt sind. Sobald jedoch die erwähnten Fristen für eine allfällige Änderung der Angebote abgelaufen sein werden, wird der Verwaltungsrat in der Lage sein, die beiden Angebote zu bewerten und diesbezüglich einen substantiellen Bericht abzugeben. Der entsprechende Bericht wird dannzumal zu veröffentlichen sein, so dass die Aktionäre rechtzeitig in Kenntnis der Stellungnahme der Zielgesellschaft über die Annahme der Angebote entscheiden können.

1.4
Gemäss Art. 31 Abs. 1 UEV-UEK hat der Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft sodann auf allfällige Interessenkonflikte von Mitgliedern des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung hinzuweisen. Liegen derartige Interessenkonflikte vor, ist im Bericht über die Massnahmen Rechenschaft abzulegen, welche die Zielgesellschaft getroffen hat, um zu vermeiden, dass sich diese Konflikte zum Nachteil der Empfänger des Angebots auswirken (Art. 31 Abs. 3 UEV-UEK). Der Verwaltungsratsbericht muss im Besonderen die finanziellen Folgen des Angebots für die genannten Personen schildern. Der Bericht hat auch offen zu legen, ob die Mandate der Mitglieder des Verwaltungsrats und der obersten Geschäftsleitung zu gleichwertigen Bedingungen weitergeführt werden, ansonsten sind die neuen Konditionen darzulegen. Verlassen gewisse Mitglieder des Verwaltungsrats oder der obersten Geschäftsleitung die Zielgesellschaft, ist anzugeben, ob sie eine Abgangsentschädigung erhalten und wie gross diese ist. Diese Angaben müssen individuell erfolgen (vgl. die Empfehlung in Sachen Axantis Holding AG vom 15. Dezember 2000, E. 5.3).

1.5
Der Bericht des Verwaltungsrats der Centerpulse führt unter der Rubrik "potentielle Interessenkonflikte" unter anderem aus, dass gemäss der mit Smith & Nephew abgeschlossenen Zusammenschlussvereinbarung Dr. Max Link, CEO und Präsident des Verwaltungsrats und René Braginsky, Mitglied des Verwaltungsrats, nach einem allfälligen Zusammenschluss zur Einsitznahme im Verwaltungsrat von Smith & Nephew Group vorgeschlagen werden, wobei die Modalitäten und Bedingungen der entsprechenden Mandate noch nicht festgelegt worden seien. Den Mitgliedern des Verwaltungsrats seien sodann keine speziellen Abgangsentschädigungen geschuldet, mit Ausnahme von Dr. Max Link; seine Abgangsentschädigung betrage CHF 4'950'000. Ferner führt der Bericht aus, dass während René Braginsky aufgrund der genannten Interessenkonflikte bei der Beratung und Abstimmung im Zusammenhang mit der Beurteilung der vorliegenden Angebote sowie mit Bezug auf diesen Bericht in den Ausstand getreten sei, Dr. Max Link aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses des Verwaltungsrats die bisherigen Verhandlungen geleitet und an der Beratung und der Abstimmung über die Empfehlungsabgabe teilgenommen habe. Im Anschluss an die Empfehlungsabgabe des Verwaltungsrats von Centerpulse vom 16. April 2003 drängten sich keine zusätzlichen Massnahmen auf, die es vermeiden würden, dass sich der Interessenkonflikt von Dr. Max Link zum Nachteil der Empfänger des Angebots auswirke. Dies da Dr. Max Link den Entscheid des Verwaltungsrats, das Angebot mit dem höheren Wert zu einem späteren Zeitpunkt anzunehmen, voll mittrage. Im Weiteren erwäge der Verwaltungsrat, zu gegebenem Zeitpunkt eine weitere Fairness Opinion abzugeben.
Dass Dr. Max Link trotz der erwähnten Interessenkonflikte nicht in den Ausstand getreten ist, und die Gesellschaft diesbezüglich keine weiteren Massnahmen getroffen hat, genügt den Anforderungen von Art. 31 Abs. 3 UEV-UEK an sich nicht. Indessen ist zu berücksichtigen, dass der Verwaltungsrat von Centerpulse beabsichtigt, eine weitere Fairness Opinion in Auftrag zu geben. Es ist zu verlangen, dass diese Fairness Opinion zusammen mit dem zu gegebenem Zeitpunkt abzugebenden Verwaltungsratsbericht (vgl. Ziff. 1.3) veröffentlicht wird. Widrigenfalls sich die Frage stellte, ob in diesem Zusammenhang nicht eine Verletzung von Art. 31 Abs. 3 UEV-UEK vorliege.


1.6
Im Übrigen entspricht der am 9. Juli veröffentlichte Verwaltungsratsbericht von Centerpulse den gesetzlichen Anforderungen von Art. 29 ff. UEV-EUK.

2. Gebühr

Die Gebühr für diese Empfehlung wurde bereits mit der Empfehlung zum Zeitplan II in Sachen Centerpulse AG und InCentive Capital AG vom 4. Juli 2003 bzw. mit der Empfehlung III  in Sachen Centerpulse AG und der Empfehlung III in Sachen InCentive Capital AG vom 2. Juli 2003 erhoben.

3. Publikation

Die vorliegende Empfehlung wird in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 BEHG nach der Zustellung an die Parteien am 16. Juli 2003 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.


Die Übernahmekommission erlässt folgende Empfehlung:

  1. Centerpulse AG hat im Sinn der Erwägungen einen Verwaltungsratsbericht zu veröffentlichen, der alle Informationen enthält, die notwendig sind, damit die Empfänger des Angebots ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können.
  2. Diese Empfehlung wird am 16. Juli 2003 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.
  3. Es werden keine Gebühren erhoben.

 

Der Präsident:

Hans Caspar von der Crone

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.


Mitteilung an:

  • Zimmer Holdings, Inc.
  • Smith & Nephew Group plc.
  • Centerpulse AG
  • InCentive Capital AG (allen vier Parteien je durch ihren Vertreter)
  • die EBK.