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Transaktionen

0343 - Implenia AG

Empfehlung II in Sachen Implenia AG vom 23. November 2007

Öffentliches Kaufangebot der LIL Investments No. 4 Limited, Douglas, Isle of Man, British Isles, für alle sich im Publikum befindenden Namenaktien der Implenia AG, Dietlikon – Ergänzung zum Angebotsprospekt

A.
Die Implenia AG („Implenia“ oder „Zielgesellschaft“) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Dietlikon, Zürich. Ihr Aktienkapital beträgt CHF 83'124'000, eingeteilt in 18'472'000 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 4.50. Die Implenia verfügt zudem über ein bedingtes Aktienkapital von CHF 41'562'000 zur Ausgabe von maximal 9'236'000 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 4.50 („Implenia-Aktie“). Die Namenaktien der Implenia sind an der SWX Swiss Exchange („SWX“) im Hauptsegment kotiert.

B.
LIL Investments No. 4 Limited („LIL“ oder „Anbieterin“) ist eine unter dem Recht der Isle of Man inkorporierte Gesellschaft mit Sitz in Douglas, Isle of Man, British Isles. Das autorisierte Kapital beträgt GBP 2'000, eingeteilt in 200'000 Stammaktien mit einem Nennwert von je GBP 0.01. Das ausgegebene Kapital beläuft sich auf GBP 100, eingeteilt in 10'000 Stammaktien. Die Gesellschaft übt seit ihrer Gründung am 10. April 2002 keine Geschäftstätigkeit aus.

Die LIL ist Teil einer angebotspflichtigen Gruppe („Laxey-Gruppe“) und wird von dieser als Anbieterin eingesetzt (vgl. Empfehlung I vom 16. November 2007 in Sachen Implenia AG, Sachverhalt lit. C ff. und Erw. 2.2).

C.
Am 2. November 2007 kündigte LIL in den elektronischen Medien an, dass sie den Aktionären der Implenia ein öffentliches Kaufangebot von CHF 33.23 je Implenia-Aktie unterbreiten werde („Voranmeldung“). Ber eits am 5. November 2007 liess sie den Angebotsprospekt den elektronischen Medien zukommen und publizierte ihn in der NZZ und in L’Agefi.

D.
Am 16. November 2007 erliess die Übernahmekommission („UEK“) die Empfehlung zum Angebotsprospekt (Empfehlung I vom 16. November 2007 in Sachen Implenia AG), mit welcher die Anbieterin aufgefordert wurde, diesen zu ergänzen.

E.
Die Anbieterin liess die Ergänzung zum Angebotsprospekt am 19. November 2007 den elektronischen Medien zukommen und publizierte sie gleichentags in der NZZ und in L’Agefi.

F.
Mit Eingabe vom 19. November 2007 stellte die Zielgesellschaft folgende Anträge:

„1. Es seien alle Transaktionsmeldungen im Sinne des Art. 37 UEV-UEK der Laxey-Gruppe, zur Zeit bestehend aus den Migliedern The Value Catalyst Fund Limited, Laxey Investors LP; Leaf Ltd., Laxey Investors Limited, LP Value Ltd, Laxey Universal Value LP, Altma Sicav Plc, Sprugos Investments XII LLC, LP Alternative LP, The Laxey Investment Trust PLC, LEAF LP, LAXC Ltd., LIL Investments No. 4 Limited, und der mit diesen Mitgliedern in gemeinsamer Absprache handelnden Personen nach Eingang bei der Übernahmekommission unverzüglich per Telefax an die Implenia AG (bzw. an [...] Vertreter) weiterzuleiten.

2. Es seien der Implenia AG (bzw. an [...] Vertreter) alle vor der Gewährung der Einsicht nach Antrag 1 von den Mitgliedern der Laxey-Gruppe und der in gemeinsamer Absprache handelnden Personen bereits erfolgten Transaktionsmeldungen gemäss Art. 37 UEV-UEK zuzustellen.

3. Es sei anzuordnen, dass die Mitglieder der Laxey-Gruppe während der gesamten zeitlichen Geltungsdauer der Best Price Rule Transaktionsmeldungen im Sinne des Art. 37 UEV-UEK zu machen haben.

4. Die am 19. November 2007 veröffentlichte Ergänzung des Angebotes der Laxey-Gruppe sei in Anwendung der Empfehlung vom 16. November 2007 für ungenügend zu erklären und es seien die Fristen im Angebot entsprechend den Erwägungen in der Empfehlung vom 16. November 2007 zu erstrecken.“

G.
Die Anbieterin nahm innert angesetzter Frist mit Eingabe vom 21. November 2007 zu den Anträgen der Zielgesellschaft Stellung und stellte folgende Anträge:

„1. Dem ersten und zweiten Antrag der Zielgesellschaft sei stattzugeben;

2. Der dritte und vierte Antrag der Zielgesellschaft seien abzuweisen.“

H.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Herrn Hans Rudolf Widmer (Präsident), Frau Claire Huguenin sowie Herrn Thomas Rufer gebildet.


Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Ergänzung des Angebotsprospekts

1.1 Die Anbieterin wurde mit Dispositiv Ziffer 1 in Verbindung mit Erwägung 8 der Empfehlung zum Angebotsprospekt aufgefordert, in einer Ergänzung des Angebotsprospekts zu erklären, ob vor der EBK ein Verfahren im Zusammenhang mit dem Beteiligungsaufbau der Laxey-Gruppe pendent ist; dies unter Darstellung des Gegenstands des Verfahrens und möglicher Konsequenzen.

1.2 Die Anbieterin erklärte in Ziffer 2.1 der Ergänzung des Angebotsprospekts vom 19. November 2007 Folgendes:

„Im April 2007 verlangte die EBK Informationen im Zusammenhang mit dem Beteiligungsaufbau an der Implenia durch mit LIL in gemeinsamer Absprache handelnden Personen, um die Einhaltung von Meldepflichten gem. Art. 20 BEHG zu prüfen. Vor der Eidgenössischen Bankenkommission («EBK») ist im Zusammenhang mit diesem Beteiligungsaufbau aber kein Verwaltungsverfahren gegen Personen eröffnet worden, die mit LIL in gemeinsamer Absprache handeln.

Die Nichteinhaltung von Meldepflichten kann die Konsequenzen nach Art. 41 BEHG haben. Die mit LIL in gemeinsamer Absprache handelnden Personen sind der Auffassung, dass sie ihre Meldepflichten eingehalten haben und daher keine Konsequenzen zu tragen haben.“

1.3 Mit Schreiben vom 22. November 2007 liess die EBK der UEK gestützt auf Art. 34bis BEHG folgende Information zukommen:

„Die EBK führt derzeit eine Untersuchung im Hinblick auf die Feststellung möglicher Verletzungen der börsengesetzlichen Offenlegungspflichten nach Art. 20 BEHG, welche Laxey Partners Ltd. (Laxey) bzw. mit Laxey verbundene Personen bzw. Gesellschaften in Zusammenhang mit dem Beteiligungsaufbau von Laxey in Implenia allenfalls begangen haben. Die letzten in diesem Zusammenhang noch ausstehenden internationalen Auskunftsersuchen der EBK wurden vor kurzem beantwortet. Diese Untersuchung steht kurz vor ihrem Abschluss. Sollte die EBK zur
Überzeugung gelangen, dass Meldepflichtverletzungen begangen wurden, so wird sie das Ergreifen folgender Mittel prüfen:

1. Erstatten einer Strafanzeige beim Eidg. Finanzdepartement, und/oder

2. Eröffnen und Durchführen eines formellen Verwaltungsverfahrens, unter Beachtung sämtlicher Parteirechte, im Hinblick auf den Erlass einer Feststellungsverfügung, und/oder

3. Einreichen einer Klage beim zuständigen Richter gestützt auf den am 1. Dezember 2007 in Kraft tretenden Art. 20 Abs. 4bis BEHG.“

1.4 Die oben unter Erwägung 1.2 wiedergegebene Ergänzung des Angebotsprospekts vom 19. November 2007 ist damit insoweit zutreffend, als die EBK derzeit kein formelles Verwaltungsverfahren führt, sie ist aber unvollständig, da über die hängige Untersuchung nicht informiert wurde.

1.5 Nachdem zudem Zielgesellschaft und Anbieterin das Verfahren vor der EBK unterschiedlich dargestellt haben, ist es aus Transparenzgründen sehr wichtig, dass die Klarstellung der EBK veröffentlicht wird.

Die Anbieterin ist daher erneut aufzufordern, den Prospekt zu ergänzen. Sie hat dabei die Angaben gemäss Erwägung 1.3 zu machen.

1.6 Die Zielgesellschaft verlangt auch über die Angaben in Ziffer 2.3 der Ergänzung des Angebotsprospekts hinausgehende Informationen über die Absichten der Anbieterin.

Gemäss Art. 23 Abs. 1 lit. a UEV-UEK muss die Anbieterin nur ihre grundsätzlichen Absichten für die Zielgesellschaft offen legen. In einem feindlichen Angebot können die Angaben dabei weniger detailliert ausfallen, als in einem freundlichen (vgl. Empfehlung vom 7. Juli 2005 in Sachen Leica Geosystems Holdings AG, Erw. 5.1.4). Die von der Anbieterin vorliegend bereits gemachten Angaben erfüllen diese Voraussetzungen. Auf eine weitere Ergänzung kann daher verzichtet werden.

2. Fristerstreckungen

2.1 Die Zielgesellschaft beantragt, es seien die Fristen im Angebot entsprechend den Erwägungen in der Empfehlung zum Angebotsprospekt zu erstrecken.

Gleichzeitig erklärt die Zielgesellschaft, die Angebotsfrist habe infolge der mangelhaften Ergänzung des Angebotsprospekts ohnehin noch gar nicht zu laufen begonnen, weshalb sich die Frist für die Publikation des Verwaltungsratsberichts schon gestützt auf die Empfehlung zum Angebotsprospekt erstrecke.

2.2 Aus Gründen der Transparenz hat die Angebotsfrist entgegen der Auffassung der Zielgesellschaft bereits mit der Publikation der Ergänzung des Angebotsprospekts am 19. November 2007 zu laufen begonnen. Der materielle Mangel dieser Ergänzung (vgl. oben Erw. 1.4) ändert daran nichts.

Da die Anbieterin aber eine erneute Ergänzung des Angebotsprospekts publizieren muss, ist der Zielgesellschaft die Frist zur Publikation des Verwaltungsratsberichtes neu anzusetzen und zwar derart, dass ab Publikation der erneuten Ergänzung des Angebotsprospekts noch fünf Börsentage zur Vorbereitung und Publikation des Berichts bleiben. Der Tag der Publikation der Ergänzung des Angebotsprospekts ist für die Berechnung der Frist nicht mitzuzählen.

2.3 Wichtig ist zudem, dass ab Publikation der erneuten Ergänzung des Angebotsprospekts das Angebot für 20 Börsentage offen bleibt. Die Angebotsfrist ist daher entsprechend zu verlängern. Dies führt zu einer Verschiebung des im Prospekt angegebenen indikativen Zeitplans. Die Anbieterin ist daher aufzufordern, im Rahmen der erneuten Ergänzung des Angebotsprospekts diesen Zeitplan anzupassen.

3. Transaktionsmeldungen während der gesamten zeitlichen Geltungsdauer der Best Price Rule

3.1 Gemäss Art. 37 Abs. 1 UEV-UEK muss die Anbieterin der UEK und der Börse ab Veröffentlichung des Angebotes bis zum Ende der Nachfrist alle von ihr getätigten Transaktionen in Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft melden.

3.2 Die Zielgesellschaft verlangt die Ausdehnung der Meldedauer auf die ganze Dauer der Best Price Rule.

3.3 Die Überprüfung der von der Anbieterin getätigten Transaktionen mit Blick auf die Best Price Rule erfolgt grundsätzlich für deren ganze Dauer durch die Prüfstelle.

Die UEK tätigt eigene Abklärungen, wenn sie Hinweise auf mögliche Verletzungen der Best Price Rule erhält. Dies ist derzeit nicht der Fall.

4. Einsicht in Transaktionsmeldungen

4.1 Die Zielgesellschaft verlangt Einsicht in alle bereits erfolgten und zukünftigen Transaktionsmeldungen im Sinne von Art. 37 UEV-UEK der Laxey-Gruppe.

4.2 Das Akteneinsichtsrecht bildet Teil des Anspruchs auf rechtliches Gehör und besteht Kraft der Parteistellung. Ein besonderes Interesse braucht im Einzelfall nicht nachgewiesen zu werden. Da Transaktionsmeldungen Teil der Verfahrensakten bilden, sind sie ohne Weiteres vom Einsichtsrecht erfasst (vgl. zum Ganzen: Empfehlung vom 3. August 2005 in Sachen Leica Geosystems Holdings AG, Erw. 3.1; Empfehlung vom 19. März 2001 in Sachen Sulzer AG Erw. 1 bis 4).

Der Zielgesellschaft wird daher ohne Weiteres Einsicht in die Transaktionsmeldungen der Anbieterin gewährt, nachdem die Anbieterin kein Gesuch um Geheimhaltung stellt und kein spezifisches Geheimhaltungsinteresse geltend macht.

5. Publikation

Die vorliegende Empfehlung wird in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 BEHG nach Eröffnung an die Parteien auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

6. Gebühr

Die Gebühr für diese Empfehlung gilt als mit der Empfehlung I vom 16. November 2007 betreffend die Prüfung des Angebotsprospekts abgegolten.


Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:

  1. Die Anbieterin wird aufgefordert, den Angebotsprospekt im Sinne der Erwägungen 1.5 und 2.3 zu ergänzen bzw. zu aktualisieren.
  2. Die Prüfstelle wird angewiesen, die Änderungen und Ergänzungen des Angebotsprospektes zu prüfen und der Übernahmekommission einen neuen Bericht im Sinne von Art. 26 UEV-UEK zukommen zu lassen.
  3. Die Anbieterin hat die gemäss Ziffer 1 des Dispositivs vorzunehmenden Ergänzungen und Aktualisierungen des Angebotsprospekts sowie den neuen Bericht der Prüfstelle spätestens am 29. November 2007 in einer separaten Ergänzung des Angebotsprospekts in derselben Form wie das Angebot zu veröffentlichen.
  4. Die Angebotsfrist wird derart verlängert, dass sie ab Publikation der Ergänzungen und Aktualisierungen gemäss Ziffer 3 des Dispositivs 20 Börsentage dauert.
  5. Die Zielgesellschaft hat ihren Verwaltungsratsbericht spätestens fünf Börsentage nach Publikation der Ergänzungen und Aktualisierungen gemäss Ziffer 3 des Dispositivs zu veröffentlichen.
  6. Diese Empfehlung wird nach Eröffnung an die Parteien auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

 

Der Präsident

Hans Rudolf Widmer

 

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.

 

Mitteilung an:

  • die Parteien, durch ihre Vertreter (unter Beilage des Schreibens der EBK vom 22. November 2007);
  • die Prüfstelle (unter Beilage des Schreibens der EBK vom 22. November 2007);
  • die Eidgenössische Bankenkommission.