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Transaktionen

0046 - CreInvest AG

Empfehlung CreInvest AG vom 4. August 1999

Öffentliches Rückkaufsangebot der CreInvest AG, Zug

A.
Die CreInvest AG (CreInvest) hat ihren Sitz in Zug und bezweckt, das Gesellschaftsvermögen direkt oder indirekt in nicht traditionelle Fonds und ähnliche Vermögen zu investieren um eine grösstmögliche Anlagerendite zu erzielen (Investmentgesellschaft).

Ihr Aktienkapital beträgt CHF 120'000'000.-- und ist eingeteilt in 1'200'000 Inhaberaktien von je CHF 100 Nennwert. Sämtliche Inhaberaktien sind im Segment der Investmentgesellschaften der Schweizer Börse kotiert.

In Übereinstimmung mit Art. 19 des Zusatzreglementes der Schweizer Börse für die Kotierung von Investmentgesellschaften veröffentlicht die CreInvest den aktuellen Wert (Innerer Wert, Net Asset Value [NAV]) des Valors in regelmässigen Abständen. Die Gesellschaft veröffentlicht ihren NAV jeden Freitag in den elektronischen Medien.

B.
Wie bei anderen kotierten Investmentgesellschaften werden die Aktien der CreInvest unter dem NAV gehandelt ("Discount"). In den letzten Monaten betrug dieser Discount regelmässig mehr als 10%, in gewissen Fällen über 20%.

C.
Die CreInvest hat verschiedene Massnahmen getroffen, um die Attraktivität ihrer Aktien zu steigern bzw. um den Discount zu reduzieren. Anlässlich der ordentlichen Generalversammlung vom 10. Juni 1999 haben insbesondere ihre Aktionäre zugestimmt, bis zu 20% der ausstehenden Inhaberaktien zwecks anschliessender Kapitalherabsetzung unter dem NAV zurückzukaufen. Die Herabsetzung des Aktienkapitals soll entsprechend dem Ergebnis des Aktienrückkaufs an der nächsten Generalversammlung beschlossen werden.

D.
Der Angebotsprospekt wurde der Übernahmekommission vor der Publikation vorgelegt. Das Rückkaufsprogramm der CreInvest wird vom 9. August 1999 bis zum 20. August 1999, 17.00 Uhr, durchgeführt. Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus den Herren Hans Caspar von der Crone (Präsident), Ulrich Oppikofer und Peter Hügle gebildet.


Erwägungen:

1. Anwendung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote

Öffentliche Rückkaufangebote gelten als öffentliche Kaufangebote im Sinne von Art. 2 lit. e BEHG und unterstehen damit den Bestimmungen von Art. 24 ff. BEHG (Verfügung Pharmavision et al. der EBK vom 4. März 1998). Nach Prüfung des Angebots kann die Übernahmekommission die Gesellschaft ganz oder teilweise von der Anwendung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote freistellen, soweit Gleichbehandlung, Transparenz, Lauterkeit sowie Treu und Glauben gewährleistet sind und überdies keine Hinweise auf eine Umgehung des Börsengesetzes oder anderer Gesetzesbestimmungen vorliegen (a.a.O. E. 3b). Die Bedingungen für eine Freistellung sind in der Mitteilung Nr. 1 der Übernahmekommission vom 22. Juni 1998 aufgeführt. Gemäss Ziff. 2.3 dieser Mitteilung darf sich das Rückkaufangebot auf maximal 10% der Stimmen und des Aktienkapitals (inklusive Partizipationskapital) der Gesellschaft beziehen. Da sich das Rückkaufangebot der CreInvest auf 20% des Kapitals bezieht, kann das Angebot nicht ohne weiteres von der Anwendung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote freigestellt werden. Gewisse Ausnahmen von der Übernahmeverordnung können jedoch in Anwendung von Art. 4 UEV-UEK gewährt werden, sofern diese durch überwiegende Interessen gerechtfertigt sind.

2. Verhältnis zwischen den Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote und dem Aktienrecht

Der Übernahmekommission obliegt die Prüfung der Einhaltung der Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote des BEHG und dessen Ausführungsverordnungen (Art. 23 Abs. 3 BEHG). Sie spricht sich grundsätzlich nicht über aktienrechtliche Bestimmungen aus und überlässt deren Durchsetzung den Aktionären. Die Übernahmekommission wird jedoch keine Empfehlungen erlassen, welche die Einhaltung der börsengesetzlichen Bestimmungen bestätigen oder Ausnahmen gemäss Art. 4 UEV-UEK beinhalten, wenn ein Angebot offensichtlich zwingendes Aktienrecht verletzt.

Grundsätzlich verstösst ein Erwerb eigener Aktien in der Höhe von bis zu 20% des Nominalkapitals gegen die Ordnungsvorschrift von Art. 659 Abs. 1 OR, wonach der maximale Erwerb eigener Aktien 10% des Kapitals nicht übersteigen darf. Die CreInvest macht geltend, dass diese Schranke vorliegend keine Anwendung finde, da der Aktienrückkauf im Rahmen eines Beschlusses der Generalversammlung über die Kapitalherabsetzung erfolgt. Diese Auffassung ist nicht offensichtlich unhaltbar, so dass sich ein Eingreifen seitens der Übernahmekommission erübrigt. 

3. Handeln in gemeinsamer Absprache

Die CreInvest wurde durch die Julius Bär Holding AG im März 1996 gegründet. Ihr Börsengang wurde von der Bank Julius Bär & Co. AG (Bank Julius Bär) – einem Mitglied der Julius Bär Gruppe – durchgeführt. Die drei Mitglieder des Verwaltungsrates der CreInvest üben leitende Funktionen innerhalb der Julius Bär Gruppe aus und das Management des Portefeuilles der CreInvest wird durch die Julius Bär Gruppe betreut. Schliesslich hat die Bank Julius Bär seit der Kotierung der CreInvest de facto bei der Börse die Rolle des "market maker" übernommen.

Für sich allein genommen ergibt sich aus den vorgenannten Tatsachen noch nicht zwingend ein Handeln in gemeinsamer Absprache im Sinne von Art. 24 Abs. 3 BEHG und Art. 11 UEV-UEK. Gesamthaft betrachtet führen diese jedoch dazu, die Mitglieder der Julius Bär Gruppe und der CreInvest Gruppe als Personen zu betrachten, die in gemeinsamer Absprache handeln. Folglich unterliegen sämtliche Gesellschaften der Julius Bär Gruppe den Verpflichtungen von Art. 12 UEV-UEK.

Als Personen die in gemeinsamer Absprache handeln, haben die Gesellschaften der Julius Bär Gruppe gemäss Art. 12 Abs. 1 lit. c UEV-UEK insbesondere die "best price rule" von Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK einzuhalten. Jedoch würde im vorliegenden Fall eine solche Einschränkung die "market making" Tätigkeit der Bank Julius Bär in Frage stellen. Dies könnte sich für die Aktionäre der CreInvest nachteilig auswirken. Mit ihrer "market making" Tätigkeit erfüllt die Bank Julius Bär eine wichtige Aufgabe, indem sie in einem sonst engen Markt Liquidität gewährleistet. Die im Rahmen ihres "market making" erfolgten Transaktionen werden nicht nach freiem Ermessen abgeschlossen, sondern werden von den jeweils geltenden Marktbedingungen bestimmt. Handelt es sich folglich um echtes „market making" (d.h. die Käufe und Verkäufe des "market makers" bewegen sich mittelfristig im gleichen Rahmen und sind nicht systematisch in Richtung des Kaufs oder des Verkaufs orientiert), liegt kein Verstoss gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor.

Es wird hier darauf verzichtet, das "market making" näher zu definieren, wie dies beispielsweise in Art. 11 des Zusatzreglementes des SWX New Market vorgesehen ist. Die Übernahmekommission geht vorliegend davon aus, dass die Transparenz bezüglich der Handelsposition des "market makers" genügt, um ein echtes "market making" während der Angebotsdauer zu gewährleisten. Da sich die Bank Julius Bär verpflichtet hat, während der Angebotsfrist täglich den eigenen Bestand an Inhaberaktien der CreInvest zu veröffentlichen, wird sie von der Einhaltung der "best price rule" von Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK freigestellt. Mit dieser täglichen Veröffentlichung erfüllt die Bank Julius Bär zudem die Anforderungen des Art. 31 BEHG, und sie wird damit von der Anwendung von Art. 37 UEV-UEK befreit, welcher die Anforderungen der Meldepflicht des Anbieters und der mit ihm in gemeinsamer Absprache handelnden Personen festlegt. Diese vorstehenden Ausführungen gelten ausdrücklich nur für die Bank Julius Bär und nicht für die anderen Gesellschaften der Julius Bär Gruppe.

4. Bericht des Verwaltungsrates

Gemäss Art. 29 Abs. 1 BEHG muss der Verwaltungsrat einer Zielgesellschaft den Inhabern von Beteiligungspapieren einen Bericht vorlegen, in dem er zum Angebot Stellung nimmt. Der Inhalt des Berichtes des Verwaltungsrates wird im 6. Kapitel UEV-UEK näher definiert.

4.1 Form des Berichtes

Im Fall von Rückkaufangeboten sind Anbieter und Zielgesellschaft identisch. Das heisst nicht, dass Art. 29 Abs. 1 BEHG gegemstandslos würde. Vielmehr hat der Angebotsprospekt den Anforderungen von Art. 24 und 29 Abs. 1 BEHG gleichzeitig zu genügen. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass ein Abschnitt des Prospektes ausdrücklich als "Bericht des Verwaltungsrates" bezeichnet wird. Es genügt, dass die im 6. Kapitel UEV-UEK erwähnten Angaben im Prospekt enthalten sind. In Anwendung von Art. 31 UEV-UEK muss beispielsweise der Bericht auf allfällige Interessenkonflikte von Mitgliedern des Verwaltungsrates oder der obersten Geschäftsleitung hinweisen.

4.2 Angaben betreffend Halbsjahresrechnung

Gemäss Art. 29 Abs. 1 UEV-UEK muss der Bericht des Verwaltungsrates alle Informationen enthalten, die notwendig sind, damit die Empfänger des Angebotes ihre Entscheidung in Kenntnis der Sachlage treffen können. Ein besonderer Erklärungsbedarf liegt vor, wenn das Angebot, wie im vorliegenden Fall, zeitlich zwischen dem Stichtag des Zwischenabschlusses und dessen Veröffentlichung unterbreitet wird. Sofern der CreInvest die finanziellen Kennzahlen per 30. Juni 1999 während der Angebotsfrist vorliegen, sind diese in der gleichen Form wie das ursprüngliche Angebot zu veröffentlichen.

Im übrigen entspricht der Prospekt den Anforderungen des Art. 29 Abs. 1 BEHG.

5. Karenzfrist

Legt ein Anbieter ein Angebot vor seiner Veröffentlichung samt Bericht des Verwaltungsrates der Übernahmekommission vor, so befreit die Übernahmekommission den Anbieter grundsätzlich von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist (Art. 14 Abs. 2 UEV-UEK).

Diese Bedingungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Die Übernahmekommission befreit den Anbieter somit von der Pflicht zur Einhaltung der Karenzfrist.

6. Nachfrist

Gemäss Art. 14 Abs. 5 UEV-UEK muss der Anbieter, falls das Angebot zustande gekommen ist, während 10 Börsentagen nach der Veröffentlichung des Ergebnisses ein Recht zur nachträglichen Annahme des Angebotes einräumen (Nachfrist).

Sinn der Nachfrist ist es, die Entscheidungsfreiheit der Beteiligten bei Kontrolltransaktionen sicherzustellen. Die Nachfrist erfüllt damit eine wichtige Schutzfunktion für die Titelinhaber, indem sie ihnen erlaubt, sich in einem ersten Schritt gegen das Angebot zu entscheiden, es sich aber in Anbetracht der Ergebnisse nach Ablauf der ersten Angebotsfrist noch anders zu überlegen, falls das Angebot gegen ihre Erwartungen doch zustande kommt. So können die Beteiligten ein Angebot während der Annahmefrist verweigern, ohne das Risiko einzugehen, eine Minderheitsbeteiligung in der Zielgesellschaft behalten zu müssen.

Bei einem Teilangebot im Rahmen einer nicht kontrollrelevanten Transaktion ist jedoch das Schutzbedürfnis der Titelinhaber kleiner und es überwiegen die Nachteile einer Nachfrist. Solange die Nachfrist nicht abgelaufen ist, steht für den einzelnen Titelinhaber nämlich nicht fest, wie viele der von ihm angedienten Titel schliesslich von der Gesellschaft zurückgekauft werden. Die Nachfrist verändert die innerhalb der ordentlichen Angebotsfrist zustande gekommene, jedem andienenden Titelinhaber zugeteilte Quote der Rückkäufe. Durch die Nachfrist wird somit die Unsicherheit über die definitive Zuteilung nur verlängert.

Das Rückkaufangebot der CreInvest führt nicht zu einer erheblichen Erhöhung der Stimmkraft der zwei wichtigsten Aktionäre. Damit stellt das Angebot keine Kontrolltransaktion dar. In Anwendung von Art. 4 UEV-UEK wird folglich eine Ausnahme von Art. 14 Abs. 5 UEV-UEK gewährt.

7. Angebotsdauer

Gemäss Art. 14 Abs. 3 UEV-UEK muss das Angebot mindestens 20 Börsentage offen bleiben. Diese Frist wird auf zehn Börsentage verkürzt, wenn der Anbieter vor der Veröffentlichung des Angebotes die Mehrheit der Stimmrechte der Zielgesellschaft besitzt und der Bericht des Verwaltungsrates der Zielgesellschaft im Angebot veröffentlicht wird.

Vorliegend ist die Anbieterin nicht im Besitz der Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschaft. Wie schon in Ziff. 6 oben erwähnt, wird aber das Rückkaufangebot keinen Einfluss auf die Kontrollverhältnisse der Gesellschaft haben. Diese Situation lässt sich somit mit dem Fall eines Angebots durch einen Mehrheitsaktionär vergleichen. Zudem ist festzustellen, dass die Praxis der Eidgenössischen Steuerverwaltung im Bereich der Verrechnungssteuer die Arbitragemöglichkeiten im Vorfeld eines Rückkaufangebotes beschränkt. Da die Anleger nicht unbeschränkt die Möglichkeit haben, Aktien am Markt zu kaufen und sie im Rahmen des Angebots anzudienen, kann der Marktpreis vom Angebotspreis je nach Marktentwicklung abweichen. Dies könnte in einigen Fällen zur Zahlung einer hohen und ungerechtfertigten Prämie an die verkaufenden Aktionäre führen. Dies wäre problematisch, da aus steuerrechtlichen Gründen praktisch nur institutionelle Anleger, unter Ausschluss von Privatanlegern, von Rückkaufangeboten profitieren können. Um eine solche nicht erwünschte Situation zu vermeiden, rechtfertigt es sich, die Minimaldauer im vorliegenden Fall in Anwendung von Art. 4 UEV-EUK von 20 auf 10 Börsentage zu verkürzen.

8. Gebühr

Der Gesamtbetrag des Angebots der CreInvest beläuft sich auf CHF 68'880'000.--. Gemäss Art 62 Abs. 2 lit. a UEV-UEK wird eine Gebühr von CHF 34’000.-- erhoben.


Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:

  1. Das öffentliche Rückkaufangebot der CreInvest AG entspricht dem Börsengesetz.

  2. Die Übernahmekommission gewährt die folgenden Ausnahmen von der Übernahmeverordnung (Art. 4):

    • Für den Anbieter: Befreiung von der Pflicht zur Einhaltung der Karenz- und Nachfrist sowie Verkürzung der Dauer des Angebotes auf 10 Börsentage (Art. 14 UEV-UEK).

    • Für die Bank Julius Bär & Co. AG: Befreiung von der Einhaltung der sog. "best price rule" (Art. 10 Abs. 6 UEV-UEK) im Rahmen des „market making" und von der Pflicht, der Übernahmekommission und der Schweizer Börse täglich alle von ihr getätigten Transaktionen in Beteiligungspapieren der CreInvest AG zu melden (Art. 37 UEV-UEK). Diese Ausnahmen werden unter der Bedingung gewährt, dass die Bank Julius Bär & Co. AG während der Angebotsfrist ihren Endbestand an Inhaberaktien der CreInvest AG, die Gesamtzahl der getätigten Käufe und Verkäufe mit dem durchschnittlichen Börsenkurs am folgenden Börsentag bis 12 Uhr in den elektronischen Medien veröffentlicht.

  3. Die Gebühr beträgt CHF 34'000.--



Der Präsident des Ausschusses:

Hans Caspar von der Crone

 

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.


Mitteilung an:

  • den Vertreter der CreInvest AG, für die Anbieterin und für die mit ihr in gemeinsamer Absprache handelnden Personen.