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0019 - Christ AG

Empfehlung Christ AG vom 17. Dezember 1998

Vorübergehende Überschreitung des Grenzwertes von 33 1/3 % der Stimmrechte der Christ AG, Aesch, durch Herr Martin Tschannen - Ausnahme von der Angebotspflicht

Das Aktienkapital der Christ AG, Aesch von CHF 10'000'000.-- ist in 200'000 Namenaktien von je CHF 50.-- Nennwert eingeteilt. Diese Aktien sind seit Juni 1996 an der Schweizer Börse kotiert.

Vier Mitglieder des Managements von Christ AG hielten zur Zeit des Börsenganges 26 % des Kapitals und der Stimmen der Gesellschaft. Sie hatten einen Aktionärbindungsvertrag abgeschlossen und waren dadurch an eine gemeinsame Stimmabgabe gebunden. Der Vertrag sah ein gegenseitiges Vorkaufsrecht vor.

Am 6. Juni 1996 schlossen die vier Mitglieder des Management einen Aktionärbindungsvertrag mit der BWT AG, Mondsee (Oesterreich) ab. Die BWT AG hält 26 % des Kapitals und der Stimmen der Christ AG. Dieser Vertrag sah vor, dass das Management die Stimmen der BWT AG ausübt. Im Aktienbuch der Christ AG ist Herr Martin Tschannen als Aktionär eingetragen.

Am 3. November 1998 verkauften drei Mitglieder des Management den grössten Teil ihrer Aktien dem vierten Mitglied, Herrn Tschannen. Dieser verfügt damit direkt über 25,3 % der Stimmen der Christ AG und durch den Vertrag mit BWT AG über 51, 3 % der Stimmrechte der Gesellschaft.

Herr Tschannen meldete den Verkauf der Übernahmekommission am 11. November 1998.
Am 27. November 1998 teilte die Übernahmekommission Herrn Tschannen mit, dass die Überschreitung des Grenzwertes von 33 1/3 % am 3. November 1998 aller Wahrscheinlichkeit nach die Angebotspflicht ausgelöst habe.

Am 15. Dezember 1998 haben BWT AG und Herr Tschannen die Stimmrechtsklausel des Aktionärbindungsvertrags vom 6. Juni 1996 aufgehoben; Herr Tschannen verfügt folglich nur noch über 25,3 % der Stimmrechte der Christ AG.

Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss mit den Herren Ulrich Oppikofer (Präsident), Jean-Paul Chapuis und Alain Hirsch gebildet.


Erwägungen:

1. Gemäss Art. 32 Abs. 1 BEHG muss der Erwerber von Beteiligungspapieren einer schweizerischen in der Schweiz kotierten Gesellschaft für alle kotierten Beteiligungspapiere dieser Gesellschaft ein Angebot unterbreiten, falls er durch diesen Erwerb den Grenzwert von 33 1/3 % der Stimmrechte überschreitet. Des weiteren bestimmt Art. 52 BEHG, dass ebenfalls ein Angebot unterbreiten muss, wer bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits über mehr als 33 1/3 % der Stimmrechte verfügte, wenn er durch zusätlichen Erwerb den Grenzwert von 50 % überschreitet.

2. Herr Tschannen erwarb am 3. November 1998 die Beteilung der anderen Mitglieder des Managements in der Meinung, es bestände keine Angebotspflicht, weil er mit den ihm übertragenen Stimmen der BWT AG die Schwelle von 33 1/3 % schon 1996 überschritten hätte.

Dies trifft nicht zu. Die Management-Gruppe wurde durch den Verkauf aufgelöst und eine neue Gruppe mit der BWT AG und Herrn Tschannen allein gebildet, in der Herr Tschannen über 51, 3 % der Stimmrechte verfügte.
Aber auch wenn die Auffassung von Herr Tschannen richtig wäre, bestünde die Angebotspflicht, da er mit dem Erwerb vom 3. November 1998 den zweiten Grenzwert von 50 % überschritt.

3. Mit der Aufhebung des Stimmrechtsvertrags mit der BWT ist die Beteiligung von Herr Tschannen wieder unter 33 1/3% der Stimmrechte gesunken.

Art. 32 Abs. 2 BEGH erlaubt die Gewährung einer Ausnahme von der Angebotspflicht "in berechtigten Fällen". Eine solche Ausnahme kann namentlich "bei nur vorübergehender Überschreitung des Grenzwertes" gewährt werden (Art. 32 Abs. 2 lit. c BEHG). Im vorliegenden Fall überschritt Herr Tschannen den Grenzwert von 33 1/3 % resp. 50% der Stimmrechte zwischen dem 6. November 1998 und dem 15. Dezember 1998. Eine solche Grenzwertüberschreitung kann als "vorübergehend" bezeichnet werden. Damit ist eine Ausnahmegewährung gerechtfertigt.

4. In Übereinstimmung mit Art. 35 Abs. 2 BEHV-EBK wird diese Empfehlung der Bankenkommission mitgeteilt. Zudem wird die Befreiung von der Angebotspflicht gemäss Art. 34 Abs. 4 BEHV-EBK im Schweizerischen Handelsamtsblatt publiziert.

5. In Anwendung von Art. 23 Abs. 5 BEHG und Art. 62 Abs. 6 UEV-UEK wird eine Gebühr für die Prüfung von Gesuchen erhoben ; in casu hat der Ausschuss schon mehrmals vor Dezember 1998 mit Herrn Tschannen und den Aktionären verhandelt. Unter Berücksichtigung der Komplexität des Falles und des Arbeitsaufwands ist eine Gebühr von Fr. 30'000.-- gerechtfertigt.


Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:

  1. Herr Martin Tschannen wird eine Ausnahme von der Angebotspflicht gewährt.
  2. Die Gebühr beträgt CHF 30.000.--.

 

Der Präsident   

Ulrich Oppikofer


Mitteilung an :

  • Herr Martin Tschannen,
  • die Eidgenössische Bankenkommission (Art. 35 BEHV - EBK).