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Transaktionen

0495 - Uster Technologies AG

Verfügung 495/02 vom 30. Januar 2012

Öffentliches Kaufangebot von Toyota Industries Corporation an die Aktionäre von Uster Technologies AG – Fristerstreckung zur Publikation des Angebotsprospekts

 

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung 495/01 vom 15. Dezember 2011 wurde das Gesuch von Toyota Industries Corporation (Toyota oder Anbieterin) gutgeheissen, die Frist zur Veröffentlichung des Angebots an die Aktionäre von Uster Technologies AG (Uster oder Zielgesellschaft) bis zum 31. Januar 2012 zu verlängern (Verfügung 495/01). Für weitere Einzelheiten ist auf die Verfügung 495/01 zu verweisen.

B.
Alcide Limited, Jersey, Channel Islands (Alcide), welche zu 99.37 % von Alpha Private Equity Funds 5 (Alpha V) gehalten wird, und Toyota ergänzten am 20. Januar 2012 ihren Aktienkaufvertrag vom 7. November 2011 (Aktienkaufvertrag oder SPA), weil die Genehmigung des Aktienkaufvertrags durch das Ministry of Commerce of the People’s Republic of China (MOFCOM) noch aussteht. In dieser Ergänzung haben sich die Parteien darauf verständigt, die Vollzugsfrist des Aktienkaufvertrags vom 31. Januar 2012 um einen Monat bis zum 29. Februar 2012 zu verlängern. Nach Ablauf dieser Frist behält Alcide weiterhin das Recht, den Aktienkaufvertrag einseitig aufzulösen.

C.
Nach der Ergänzung des Aktienkaufvertrags beantragt die Anbieterin mit Eingabe vom 23. Januar 2012 eine zweite Erstreckung der Frist zur Veröffentlichung des Angebots bis zum 29. Februar 2012 (Gesuch). Toyota hat ihr Gesuch im Wesentlichen damit begründet, dass die Zustimmung von MOFCOM zum Vollzug des Aktienkaufvertrags zwischen Alcide und Toyota bis spätestens Ende Februar 2012 vorliege. Bei einer Nichtgenehmigung des Aktienkaufvertrags durch MOFCOM könne Toyota auch unter dem vorangemeldeten öffentlichen Übernahmeangebot keine Uster-Aktien erwerben. Sodann liege die Fristerstreckung im Interesse der Aktionäre. Ob Toyota mit Vollzug des Aktienkaufvertrags den Aktionären von Uster ein Pflichtangebot unterbreiten müsse, sei eine wesentliche Entscheidungsgrundlage für die Angebotsempfänger. Schliesslich falle die Stellungnahme des Verwaltungsrats von Uster für die Angebotsempfänger nur dann hinreichend bestimmt aus, wenn bis Ende Februar 2012 entschieden sei, ob ein Pflichtangebot oder ein freiwilliges Angebot vorliege.

D.
Die Zielgesellschaft unterstützte mit Eingabe vom 24. Januar 2012 das Gesuch der Anbieterin. Sie weist darauf hin, dass die Fristerstreckung im Interesse der Zielgesellschaft und ihrer Aktionäre liege. Für die Stellungnahme des Verwaltungsrates von Uster sei entscheidend, ob es sich vorliegend um ein Pflichtangebot oder um ein freiwilliges Angebot handle. Ende Februar 2012 werde diese Frage geklärt sein.

E.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus Luc Thévenoz (Präsident), Susanne Haury von Siebenthal und Henry Peter gebildet.

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1.  Verlängerung der Frist zur Veröffentlichung des Angebots

[1] Gemäss Art. 7 Abs. 1 UEV muss der Anbieter innerhalb von sechs Wochen nach der Publikation der Voranmeldung ein Angebot veröffentlichen, das den Konditionen der Voranmeldung entspricht. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern, wenn dies durch überwiegende Interessen gerechtfertigt ist, namentlich wenn der Anbieter eine Bewilligung einer Behörde, insbesondere einer Wettbewerbsbehörde, einholen muss.

[2] Grundsätzlich ist die Fristverlängerung im Interesse eines raschen Verfahrens auf den erforderlichen Zeitraum zu beschränken. Die Übernahmekommission hat in der Vergangenheit die Fristerstreckungen auf Gesuch hin meist nur für wenige Tage gewährt (vgl. Empfehlung vom 7. November 2008 in Sachen sia Abrasives Holding AG, Erw. 1: Erstreckung um acht Tage; Empfehlung vom 8. März 2006 in Sachen Amazys Holding AG, Erw. 1.1: Erstreckung um zehn Tage; Empfehlung vom 22. Juni 2001 in Sachen Altin AG, Erw. 1.1: Erstreckung um sieben Tage). Es bedarf sachlicher Gründe, welche eine Verlängerung notwendig erscheinen lassen. Durch die Fristverlängerung dürfen der Zielgesellschaft und den Aktionären zudem keine wesentlichen Nachteile erwachsen.

[3] Im vorliegenden Fall hängt das vorangemeldete öffentliche Kaufangebot von Toyota an die Aktionäre von Uster massgeblich von einer Bewilligung einer ausländischen Behörde ab. Alpha V, die Muttergesellschaft von Alcide, hat von MOFCOM die Auflage erhalten, ihre Beteiligung an Uster in Höhe von 21.88 % innert sechs Monaten, zwischen dem 31. Oktober 2011 und 30. April 2012, an einen unabhängigen Dritten zu verkaufen. Diese Transaktion ist von MOFCOM bewilligen zu lassen, wobei insbesondere die Käuferschaft, die Höhe und das Datum der Transaktion anzuzeigen sind. Der Aktienverkauf darf zudem keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken ergeben (MOFCOM Announcement [2011] No. 73 betreffend Übernahme von Savio Macchine Tessili S.P.A. durch Penelope Company Ltd). Alcide schloss daher am 7. November 2011 einen Aktienkaufvertrag mit Toyota ab, mit dem sie ihre Beteiligung an Uster in Höhe von 21.88 % verkaufte, unter der Auflage, dass MOFCOM die Transaktion genehmigt. Die Bewilligung von MOFCOM ist derzeit noch ausstehend. Die Anbieterin benötigt von der staatlichen Behörde MOFCOM eine Bewilligung im Sinne von Art. 7 Abs. 1 UEV. Sollte MOFCOM den Aktienkaufvertrag bis Ende Februar 2012 genehmigen, erwirbt Toyota mit Vollzug des Vertrags 21.88 % Uster-Aktien, was zusammen mit den bereits gehaltenen 28.46 % (vgl. Voranmeldung vom 8. November 2011) insgesamt 50.34 % ergäbe, weshalb die Anbieterin den Aktionären von Uster ein Pflichtangebot zu unterbreiten hätte.

[4] Das vorangemeldete öffentliche Kaufangebot steht unter der Angebotsbedingung (lit. f), wonach kein Urteil, keine Verfügung und keine andere behördliche Anordnung erlassen wird, welche das Kaufangebot oder dessen Durchführung verbietet oder für unzulässig erklärt. Sollte MOFCOM den Vollzug des Aktienkaufvertrags zwischen Alcide und Toyota nicht genehmigen, würde die Anbieterin – gemäss ihren eigenen Aussagen – unter dem vorangemeldeten öffentlichen Kaufangebot keine Uster-Aktien erwerben dürfen. Es liegt im Interesse der Anbieterin, die Genehmigung des SPA durch MOFCOM abzuwarten, bevor sie das vorangemeldete Angebot veröffentlicht.

[5] Der Anbieterin und der Zielgesellschaft ist darin beizupflichten, dass in diesem speziellen Fall eine zweite Erstreckung der Frist zur Veröffentlichung des Angebots auch im Interesse der Aktionäre ist. Für die Aktionäre ist eine wesentliche Entscheidungsgrundlage, ob die Anbieterin ein Pflichtangebot unterbreiten muss. Ein Pflichtangebot steht insbesondere nur unter wenigen Angebotsbedingungen. Mit der Genehmigung durch MOFCOM bzw. mit dem Vollzug des Aktienkaufvertrags zwischen Alcide und Toyota klären sich die Beherrschungsverhältnisse und die Frage, ob ein Pflichtangebot vorliegt. Ebenfalls ist für die Stellungnahme des Verwaltungsrats von Uster entscheidend, ob ein Pflichtangebot vorliegt. Dies hängt wiederum von der Genehmigung des Aktienkaufvertrags durch MOFCOM ab.

[6] Im konkreten Einzelfall haben die Anbieterin, die Zielgesellschaft und die Aktionäre ein überwiegendes Interesse an einer Fristverlängerung. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, mit denen der Zielgesellschaft oder den Aktionären durch die Fristerstreckung wesentliche Nachteile erwachsen. Die Anbieterin hat ein Interesse, vor der Veröffentlichung des Angebots Klarheit über die Genehmigung des Aktienkaufvertrags von MOFCOM bzw. den Vollzug des SPA zu erhalten. Für den Verwaltungsrat von Uster hängt die Stellungnahme zum öffentlichen Kaufangebot massgeblich davon ab, ob ein Pflichtangebot vorliegt, was wiederum von der Genehmigung des SPA durch MOFCOM abhängt. Auch für die Aktionäre ist vor der Veröffentlichung des Angebots entscheidend zu wissen, ob ihnen Toyota ein Pflichtangebot unterbreiten muss, da sich die Beherrschungsverhältnisse mit und ohne Vollzug des Aktienkaufvertrags zwischen Alcide und Toyota unterschiedlich präsentieren.

[7] Nach dem Gesagten ist die Frist zur Veröffentlichung des Angebots antragsgemäss zu verlängern. Die beantragte Fristverlängerung bis zum 29. Februar 2012 ist in diesem konkreten Einzelfall aufgrund des länger dauernden behördlichen Genehmigungsverfahrens angemessen. Die Anbieterin hat demzufolge ihr öffentliches Übernahmeangebot spätestens am 29. Februar 2012 zu veröffentlichen.

2.  Publikation

[8] Die Anbieterin hat die Öffentlichkeit am 31. Januar 2012 über die Fristverlängerung bis zum 29. Februar 2012 für die Publikation des Angebotsprospekts in analoger Anwendung von Art. 8 UEV in mindestens zwei der bedeutenden elektronischen Medien, welche Börseninformationen verbreiten, zu informieren. Die Information der Öffentlichkeit muss zudem innerhalb von drei Börsentagen in denjenigen Zeitungen in deutscher und französischer Sprache veröffentlicht werden, in welchen die Voranmeldung publiziert wurde.

[9] In analoger Anwendung von Art. 18 Abs. 2 lit. e in Verbindung mit Art. 25 Abs. 2 UEV hat die Information der Öffentlichkeit Ziff. 1-3 des Dispositivs der Verfügung der Übernahmekommission zu enthalten.

3.  Gebühr

[10] Die Gebühr für diese Verfügung wird mit der Verfügung der Übernahmekommission zum öffentlichen Übernahmeangebot von Toyota erhoben.


Die Übernahmekommission verfügt:

1. Die Frist für die Veröffentlichung des Angebots von Toyota Industries Corporation an die Aktionäre von Uster Technologies AG wird bis zum 29. Februar 2012 verlängert.


2. Toyota Industries Corporation wird angewiesen, die Öffentlichkeit über diese Fristverlängerung am 31. Januar 2012 gemäss Erwägung 2 zu informieren.

3. Diese Verfügung wird am 31. Januar 2012 auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

4. Die Gebühr für diese Verfügung wird mit der Verfügung der Übernahmekommission zum öffentlichen Übernahmeangebot von Toyota Industries Corporation erhoben.



Der Präsident:

 

Prof. Luc Thévenoz



Diese Verfügung geht an die Parteien:

  • Uster Technologies AG, vertreten durch Dr. Frank Gerhard, Homburger AG
  • Toyota Industries Corporation, vertreten durch Dr. Dieter Dubs, Bär & Karrer AG

Diese Verfügung geht zur Kenntnisnahme an:

  • KPMG AG (Prüfstelle)

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Beschwerde (Art. 33c des Börsengesetzes, SR 954.1):

Gegen diese Verfügung kann innerhalb von fünf Börsentagen Beschwerde bei der Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA, Einsteinstrasse 2, CH-3003 Bern erhoben werden. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach Eröffnung der Verfügung per Telefax oder auf elektronischem Weg zu laufen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 33c Abs. 2 BEHG und Art. 52 VwVG zu genügen.