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0353 - Zurich Financial Services

Verfügung Zurich Financial Services vom 27. Februar 2009

Öffentliches Rückkaufprogramm der Zurich Financial Services, Zürich - Änderung des Zwecks des Rückkaufprogramms

Sachverhalt

A.                                                                                                                                                                                                         Am 13. Februar 2008 beschloss der Verwaltungsrat der Zurich Financial Services (ZFS oder Gesuchstellerin) ein Aktienrückkaufprogramm im Umfang  von maximal CHF 2.2 Mia. (was zum Zeitpunkt der Lancierung einem Kapitalanteil von 4.9 % entsprach) zum Zweck der Kapitalherabsetzung. Das Rückkaufprogramm war im Meldeverfahren gestützt auf die Mitteilung Nr. 1 der Übernahmekommission vom 28. März 2000 (Mitteilung Nr. 1) am 11. Februar 2008 von der Anwendung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote freigestellt worden. Am 20. Februar 2008 lancierte ZFS das Rückkaufprogramm auf einer zweiten Linie an der SWX-Europe, welches bis zum 31. Dezember 2008 dauerte.

B.                                                                                                                                                                                                         Am 5. Januar 2009 gab ZFS bekannt, dass sie das Rückkaufprogramm per 31. Dezember 2008 ordnungsgemäss abgeschlossen und insgesamt 3'750'500 eigene Namenaktien (2.64% der ausgegebenen Aktien) im Betrag von CHF 1.1 Mia. zurückgekauft habe.

C.                                                                                                                                                                                                          Mit Eingabe vom 20. Februar 2009 stellte die ZFS ein Gesuch um Änderung des Zwecks ihres Rückkaufprogramms. ZFS plant, die bereits zurückgekauften Aktien nicht zu vernichten, sondern für die Finanzierung möglicher Akquisitionen in der Zukunft oder für Mitarbeiterbeteiligungspläne zu verwenden.

D.                                                                                                                                                                                                           Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus den Herren Luc Thévenoz (Präsident), Walter Knabenhans und Henry Peter gebildet.

Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Übergangsrecht

1.1 Materielle Bestimmungen

[1] Per 1. Januar 2009 ist die neue Verordnung der Übernahmekommission über öffentliche Kaufangebote vom 21. August 2008 (UEV) in Kraft getreten, welche die bisherige Verordnung der Übernahmekommission vom 21. Juli 1997 (UEV-UEK) ablöst. Das Rückkaufprogramm wurde vor der Inkraftsetzung der UEV lanciert und beendet. Da jedoch die Zweckänderung nach dem 1.Januar 2009 beantragt wurde und vollzogen werden sollte, ist auf den vorliegenden Sachverhalt materiell das neue Recht anzuwenden. Die anwendbaren Bestimmungen haben sich per 1.Januar 2009 jedoch nicht geändert.

1.2 Verfahrensrecht

[2] Seit dem 1. Januar 2009 ergehen die Entscheide der Übernahmekommission in der Form von Verfügungen (Art. 33a Abs. 1 BEHG; Art. 3 Abs. 2 UEV). Gemäss bundesgerichtlicher Recht­sprechung sind die verfahrensrechtlichen Bestimmungen unmittelbar nach Inkraftsetzung anzuwenden (vgl. dazu BGE 130 V 1, Erw. 3.2). Der vorliegende Entscheid ergeht daher in der Form einer Verfügung.

2. Zweckänderung von Aktienrückkaufprogrammen

[3] Aktienrückkaufprogramme haben gestützt auf die Grundsätze von Lauterkeit und Transparenz abschliessend aufzuzählenden Zwecken zu dienen. Diese Zwecke sind im Inserat aufzuführen, welches anlässlich der Lancierung des Rückkaufprogramms in den Zeitungen sowie in den elektronischen Medien veröffentlicht wird. Von den veröffentlichten Zwecken kann abgewichen werden, sofern eine Abweichung sachlich gerechtfertigt ist und in gleicher Weise wie die ursprünglichen Zwecke veröffentlicht wird (vgl. Verfügung vom 17. Februar 2009 in Sachen Schweizerische Rückversicherungs-Gesellschaft AG, Erw. 2).

[4] Eine Zweckänderung eines Rückkaufprogramms ist in jedem Fall zu begründen (vgl. Verfügung vom 17. Februar 2009 in Sachen Schweizerische Rückversicherungs-Gesellschaft AG, Erw. 2). ZFS begründet ihr Gesuch insbesondere damit, dass sich die globalen Finanzmärkte seit dem Entscheid des Verwaltungsrats, das Rückkaufprogramm durchzuführen, in unerwarteter Weise verändert haben. Unter anderem habe sich die Marktvolatilität drastisch erhöht. Herkömmliche Möglichkeiten zur Mittelbeschaffung seien deshalb zu angemessenen oder voraussehbaren Bedingungen nicht mehr existent. (Kauf-)Gelegenheiten ergäben sich in bestimmten Marktsituationen jeweils nur für kurze Zeit. In einem so ausserordentlichen Marktumfeld seien eigene Aktien gegebenenfalls schnell, rationell und flexibel zur Verfügung stehende Eigenmittel. Vor einer allfälligen Transaktion müsse ZFS jedoch Gewissheit betreffend diese Art der Finanzierung haben.

[5] Die vorliegend von der Gesuchstellerin angeführten Erläuterungen erscheinen sinnvoll und überzeugend. Damit hat die Gesuchstellerin ihr Gesuch in genügender Weise begründet. Der Gesuchstellerin ist daher zu gestatten, diese Aktien für die Finanzierung möglicher Akquisitionen in der Zukunft oder für Mitarbeiterbeteiligungspläne zu verwenden.

3. Publikation der Zweckänderung

[6] Gemäss Mitteilung Nr. 1 Ziff. III hat der Anbieter bei der Lancierung eines Rückkaufs den Angebotstext so zu veröffentlichen, dass dieser eine landesweite Verbreitung findet. Gestützt auf den Grundsatz der Transparenz ist daher eine Zweckänderung gleichermassen zu veröffentlichen. Dies gilt aus nachfolgenden Gründen insbesondere auch für bereits abgeschlossene Programme.

[7] Aktionäre, welche ihre Aktien unter einem bestehenden Rückkaufprogramm bereits angedient haben, sind von einer nachträglichen Zweckänderung grundsätzlich nicht mehr betroffen. Wird der Zweck eines noch nicht abgeschlossenen Programms geändert, so sind jedoch diejenigen Aktionäre betroffen, welche ihre Titel nicht angedient oder beispielsweise aufgrund einer angekündigten Kapitalherabsetzung allenfalls sogar Titel zugekauft haben. Gerade im Fall von Kapitalherabsetzungen und damit einhergehenden Verdichtungseffekten kann eine nachträgliche Zweckänderung den Entscheid der Aktionäre, ihre Titel zu behalten oder anzudienen, erheblich beeinflussen. Ob die eigenen Aktien plötzlich nicht mehr vernichtet, sondern beispielsweise als "Akquisitionswährung" eingesetzt werden sollen, ist für die verbliebenen Aktionäre somit grundsätzlich relevant. Ist das Programm wie im vorliegenden Fall bereits abgeschlossen (vgl. Sachverhalt lit. B), so können die Aktionäre ihre Titel nach der Zweckänderung nicht mehr andienen. Ihnen bleibt lediglich noch ein allfälliger Verkauf über den Markt. Dazu haben sie jedoch Kenntnis von der Zweckänderung des bereits abgeschlossenen Rückkaufprogramms zu erhalten. Eine Zweckänderung auch eines abgeschlossenen Programms ist daher dem Markt zu kommunizieren.

[8] Die Zweckänderung des Rückkaufprogramms ist in denselben Zeitungen zu veröffentlichen, in denen bereits die ursprünglichen Inserate publiziert worden sind. Ebenso ist die Zweckänderung mindestens einem der bedeutenden elektronischen Medien zuzustellen, welche Börseninformationen verbreiten. In jedem Fall hat die Gesuchstellerin das Inserat in deutscher und französischer Sprache vor der Publikation der Übernahmekommission zuzustellen.

4. Publikation

[9] Die vorliegende Verfügung wird am Tag der Publikation des Rückkaufinserats der ZFS auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

5. Gebühr

[10] In Anwendung von Art. 23 Abs. 5 BEHG und Art. 69 Abs. 6 UEV wird für die Prüfung des vorliegenden Gesuchs der ZFS eine Gebühr von CHF 10'000 erhoben.

Die Übernahmekommission verfügt:

1. Der Zurich Financial Services wird gestattet, die im Rahmen ihres am 11.Februar 2008 freigestellten Rückkaufprogramms erworbenen Aktien für die Finanzierung möglicher Akquisitionen in der Zukunft oder für Mitarbeiterbeteiligungspläne zu verwenden.

2. Die Zurich Financial Services hat die Zweckänderung für das Rückkaufprogramm entsprechend der Erwägung 3 zu publizieren.

3. Die vorliegende Verfügung wird am Tag der Publikation des Rückkaufinserats der Zurich Financial Services auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

4. Die Gebühr zu Lasten der Zurich Financial Services beträgt CHF 10'000.

Der Präsident:

Luc Thévenoz

 

Diese Verfügung geht an die Partei:

  • Zurich Financial Services

 

Rechtsmittelbelehrung:

Beschwerde (Art. 33c des Börsengesetzes, SR 954.1):

Gegen diese Verfügung kann innerhalb von fünf Börsentagen Beschwerde bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA), Schwanengasse 2, CH - 3003 Bern erhoben werden. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach Eröffnung der Verfügung per Telefax oder auf elektronischem Weg zu laufen. Die Beschwerde hat den Erfordernissen von Art. 33c Abs. 2 BEHG und Art. 52 VwVG zu genügen.

Einsprache (Art. 58 der Übernahmeverordnung, SR 954.195.1):

Ein Aktionär, welcher eine Beteiligung von mindestens 2 Prozent der Stimmrechte an der Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht (qualifizierter Aktionär, Art. 56 UEV), nachweist und am Verfahren bisher nicht teilgenommen hat, kann gegen die vorliegende Verfügung Einsprache erheben.

Die Einsprache ist bei der Übernahmekommission (Selnaustrasse 30, Postfach, CH - 8021 Zürich, info@takeover.ch, Telefax: +41 58 854 22 91) innerhalb von fünf Börsentagen nach Veröffentlichung dieser Verfügung einzureichen. Die Frist beginnt am ersten Börsentag nach der Veröffentlichung dieser Verfügung auf der Webseite der Übernahmekommission zu laufen.

Die Einsprache muss einen Antrag und eine summarische Begründung sowie den Nachweis der Beteiligung gemäss Art. 56 Abs. 3 und 4 der UEV enthalten.