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Transaktionen

0390 - BB Medtech AG

Empfehlung in Sachen BB Medtech AG vom 28. Oktober 2008

Öffentliches Rückkaufprogramm der BB Medtech AG, Schaffhausen - Gesuch um Freistellung von der Anwendung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote

A. 
Die BB Medtech AG (BB Medtech oder Gesuchstellerin) ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Schaffhausen. Ihr im Handelsregister eingetragenes Aktienkapital beträgt CHF 29'000'000, eingeteilt in 14'500'000 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 2.00. Die BB Medtech verfügt zudem über ein bedingtes Aktienkapital von maximal CHF 13'000'000 zur Ausgabe von maximal 6'500'000 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 2.00 sowie über ein genehmigtes Aktienkapital von CHF 13'000'000 zur Ausgabe von 6'500'000 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 2.00. Die Namenaktien der BB Medtech sind an der SIX Swiss Exchange (SIX) im Segment der Investmentgesellschaften kotiert (SIX: MEDN).

B. 
An der für den 14. November 2008 einberufenen ausserordentlichen Generalversammlung der BB Medtech wird der Verwaltungsrat beantragen, die im Rahmen des 3. Aktienrückkaufprogramms zurückgekauften Aktien mittels Kapitalherabsetzung zu vernichten und das 4. Aktienrückkaufprogramm mit dem Zweck der Kapitalherabsetzung im Umfang von maximal 9% des aktuell ausstehenden Aktienkapitals (10% nach Vernichtung der im Rahmen des 3. Rückkaufprogramms zurückgekauften Aktien) zu beschliessen.

C. 
Am 7. März 2008 hatte die BB Medtech um Freistellung ihres 3. Aktienrückkaufprogramms im Umfang von 10% des ausstehenden Aktienkapitals durch Meldeverfahren ersucht. Am 17. März 2008 stellte die Übernahmekommission das Aktienrückkaufprogramm im Rahmen der Mitteilung Nr. 1 der Übernahmekommission vom 28. März 2000 (Mitteilung Nr. 1) von der Anwendung der Bestimmungen über die öffentli­chen Kauf­an­gebote frei. Am 7. April 2008 lancierte die BB Medtech das freigestellte Rückkaufprogramm auf einer separaten Handelslinie an der SIX (SIX: MEDEE). BB Medtech plant, das 3. Aktienrückkaufprogramm noch im Oktober 2008 abzuschliessen.

D. 
Mit Schreiben vom 7. Oktober 2008 (ergänzt am 16. Oktober 2008) beantragte die Gesuchstellerin die Freistellung ihres 4. Aktienrückkaufprogramms im Umfang von maximal 9% des ausstehenden Aktienkapitals.

E.  
BB Medtech hat eine Wandelanleihe 2006 - 2009 im Nominalbetrag von CHF 150'000'000 ausgegeben. Fälligkeitsdatum ist der 6. März 2009. Die Wandelanleihe ist an der SIX kotiert (SIX: MED06). Am 6. März 2009 erfolgt eine Zwangswandlung von bis zu 50% der ausgegebenen Wandelobligationen durch BB Medtech. Die Bereitstellung der für die Wandlung benötigten Aktien erfolgt aus eigenen Aktien oder aus bedingtem Kapital der Gesuchstellerin.

F. 
Der Eigenbestand der Gesuchstellerin beträgt per 27. Oktober 2008 gesamthaft 19.41% (entsprechend 2'772'887 Stück) der ausgegebenen Aktien. Davon entfallen 1'424'450 Stück oder 9.82% auf den Rückkauf über die 2. Handelslinie aus dem 3. Rückkaufprogramm und 1'390'086 Stück oder 9.59% auf Käufe über die 1. Handelslinie. Die über die 1. Handelslinie erworbenen Aktien werden unter anderem zur Bedienung der im März 2009 zur Rückzahlung gelangenden Pflichtwandelanleihe benötigt (vgl. Sachverhalt lit. E). Mittelfristig werden sämtliche über die 1. Handelslinie erworbenen Aktien wieder im Markt platziert.

G.
Die grössten Aktionäre der BB Medtech sind Martin Bisang, Hans-Jörg Graf und Dr. Ernst Thomke. Martin Bisang hält gemäss Angaben der Gesuchstellerin zurzeit 11.03% (entsprechend 1'600'000 Stück) der ausgegebenen Aktien, Hans-Jörg Graf hält zurzeit 6.89% (entsprechend 999'712 Stück) und Dr. Ernst Thomke hält zurzeit 6.32% (entsprechend 916'880 Stück). Dr. Ernst Thomke ist zudem Verwaltungsratsmitglied der BB Medtech.

H.
Zur Prüfung dieser Angelegenheit wurde ein Ausschuss bestehend aus den Herren Luc Thévenoz (Präsident), Henry Peter und Thierry de Marignac gebildet.


Die Übernahmekommission zieht in Erwägung:

1. Anwendbarkeit der Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote auf Aktienrückkäufe

1. Öffentliche Angebote einer Gesellschaft für ihre eigenen Aktien, einschliesslich der Bekanntgabe der Absicht, eigene Beteiligungspapiere an der Börse zurückzukaufen, stellen öffentliche Kaufangebote im Sinne von Art. 2 lit. e BEHG dar (vgl. Verfügung der EBK vom 4. März 1998 in Sachen Pharma Vision 2000 AG, BK Vision AG und Stillhalter Vision AG, Erw. 2). Damit unterstehen diese Transaktionen grundsätzlich den Bestimmungen des 5. Abschnitts des BEHG über öffentliche Kaufangebote.

2. Die Übernahmekommission kann die Anbieterin von der Einhaltung der Bestimmungen über öffentliche Kaufangebote befreien. Voraussetzungen und Verfahren dieser Freistellung sind in Mitteilung Nr. 1 festgelegt. Danach ist die Bekanntgabe von Rückkäufen eigener Beteiligungspapiere im Umfang von maximal 2% des Kapitals generell freigestellt (Mitteilung Nr. 1 Ziff. II). Bezieht sich der Rückkauf auf mehr als 2%, so wird die Freistellung im sogenannten Meldeverfahren bewilligt, wenn die Voraussetzungen gemäss Mitteilung Nr. 1 Ziff. III erfüllt sind. Ist dies nicht der Fall, so ist eine Freistellung (im ordentlichen Verfahren mittels Empfehlung) dennoch möglich, soweit dies mit den Zielsetzungen des BEHG zu vereinbaren ist (vgl. Mitteilung Nr. 1 Ziff. IV).

2. Voraussetzungen der Freistellung im vorliegenden Fall

3. Die Gesuchstellerin beabsichtigt den Rückkauf von Beteiligungspapieren einer einheitlichen Kategorie (Namenaktien mit Nennwert von CHF 2.00) im Umfang von mehr als 2% des Kapitals zu Marktpreisen über eine spezielle Handelslinie. Zur Anwendung gelangen damit die Voraussetzungen gemäss Mitteilung Nr. 1 Ziff. III. 1.1 bis 1.4, 3.1, 3.5 und 3.8. Deren Einhaltung ist im Folgenden zu prüfen.

4. Der vorgesehene Rückkauf:

  • führt nicht zur Dekotierung des betroffenen Titels (vgl. Mitteilung Nr. 1 Ziff. III. 1.2) und
  • bezieht sich auf alle Kategorien von kotierten Beteiligungspapieren (vgl. Mitteilung Nr. 1 Ziff. III. 1.3).

5. Die BB Medtech hat in ihrem Gesuch vom 7. Oktober 2008 festgehalten, dass sie unter Vorbehalt der 10%-Beschränkung alle Voraussetzungen bei Rückkäufen zum Marktpreis gemäss der Mitteilung Nr. 1 der Übernahmekommission betr. Rückkäufe von Beteiligungspapieren vom 28. März 2000 einhalten wird. Dazu gehört insbesondere die Pflicht:

  • die Übernahmekommission und mindestens eines der bedeutenden elektronischen Medien, welche Börseninformationen verbreiten, über die Anzahl der angedienten Titel zu informieren (Formular Ziff. 14 Abs. 1, vgl. Mitteilung Nr. 1 Ziff. III. 1.4) und
  • den Rückkauf in den Fällen gemäss Mitteilung Nr. 1 Ziffer III. 3.1 Punkt 2 und Punkt3 zu unterbrechen (Formular Ziff. 11).

6. Die Rückkaufpreise bilden sich gemäss dem eingereichten Entwurf des Angebotsinserats „in Anlehnung an die Kurse der auf der ersten Linie gehandelten Aktien von BB Medtech". Die Gesuchstellerin beachtet damit die Bestimmung von Mitteilung Nr. 1 Ziff. III. 3.5, gemäss welcher der auf der zweiten Handelslinie angebotene Preis den auf der ersten Linie angebotenen Preis grundsätzlich nicht um mehr als 5% übersteigen darf.

7. Damit werden die in N 4 bis 6 genannten Bestimmungen eingehalten. Die Einhaltung dieser Bestimmungen wird die Bank am Bellevue AG als mit dem Rückkauf beauftragte Bank mit dem Formular „Bestätigung Nr. 2" bestätigen.

8. Weil die aus dem 3. Aktienrückkaufprogramm stammenden Aktien im Umfang von 9.82% des Kapitals und der Stimmrechte noch nicht vernichtet wurden (vgl. Sachverhalt lit.B) wird aber die Voraussetzung gemäss Mitteilung Nr. 1 Ziffer III.1.1, wonach sich der Rückkauf auf höchstens 10% des Kapitals oder der Stimmrechte des Anbieters beziehen darf, nicht eingehalten. Gesamthaft beläuft sich das Rückkaufvolumen des 3. und des 4. Rückkaufprogramms auf maximal 19% des aktuell ausgegebenen Aktienkapitals.

9. Im Folgenden ist daher zu prüfen, ob der beabsichtigte Rückkauf dennoch mit den Zielsetzungen des BEHG vereinbar ist (vgl. Mitteilung Nr. 1 Ziff. IV).

3. Rückkauf von über 10% des Aktienkapitals und der Stimmrechte

10. Die Freistellung eines öffentlichen Rückkaufangebots von den Bestimmungen des 5.Abschnittes des BEHG ist bei Überschreitung des Rückkaufvolumens von 10% des Kapitals insbesondere dann heikel, wenn der Rückkauf zu einer massgeblichen Veränderung der Kontrollverhältnisse führt. Auch darf der Rückkauf nicht zu einer übermässigen Reduktion des handelbaren Teils der Aktien (Free Float) führen (vgl. Empfehlung vom 25. Februar 2008 in Sachen Swiss Re, Erw. 2.2.1).

11. Das Aktionariat der BB Medtech setzt sich gemäss Angaben der Gesuchstellerin wie folgt zusammen:

  • Der Eigenbestand der Gesuchstellerin beträgt per 7. Oktober 2008 gesamthaft 19.41% der ausgegebenen Aktien (vgl. Sachverhalt lit. F).
  • Die drei grössten Aktionäre, Martin Bisang, Hans-Jörg Graf und Dr. Ernst Thomke halten 11.03%, resp. 6.89%, bzw. 6.32% der ausgegebenen Aktien (vgl. Sachverhalt lit. G).
  • Der Rest der Aktien im Umfang von gut 56% ist im Publikum gestreut. Unter Berücksichtigung der 9.59% eigenen Aktien, welche mittelfristig wieder im Markt platziert werden, erhöht sich der Anteil der Aktien im Publikum auf ca. 66%.

12. Unter Berücksichtigung des Eigenbestands der Gesuchstellerin, der beiden Rückkaufprogramme und der Aktionariatsstruktur (vgl. N. 11) haben der Rückkauf und die anschliessende Vernichtung von insgesamt bis zu 19% des Aktienkapitals keine massgebliche Veränderung der Kontrollverhältnisse und keine übermässige Reduktion des Free Float zur Folge. Die 10%-Schwelle gemäss Mitteilung Nr. 1 Ziffer III.1.1 wird lediglich zwischen dem Zeitpunkt der Lancierung des 4. Aktienrückkaufprogramms (voraussichtlich 17. November 2008) und der Eintragung der Kapitalherabsetzung aufgrund des Beschlusses der ausserordentlichen Generalversammlung vom 14. November 2008 überschritten. Aufgrund des notwendigen gesetzlichen Schuldenrufs wird die Eintragung voraussichtlich im Februar 2009 erfolgen. BB Medtech hat vor der Lancierung des 4. Aktienrückkaufprogramms das 3. Aktienrückkaufprogramm abzuschliessen und dies öffentlich bekannt zu geben. Zudem hat die ausserordentliche Generalversammlung der BB Medtech (vgl. Sachverhalt lit. B) über die Vernichtung der Aktien aus dem 3. Rückkaufprogramm zu beschliessen, bevor das 4. Rückkaufprogramm lanciert werden darf.

13. Durch eine Kapitalherabsetzung im Umfang von maximal 19% würde die Beteiligung von Martin Bisang bei unverändertem Bestand auf ca. 13.62%, diejenige von Hans-Jörg Graf auf ca. 8.51% und diejenige von Dr. Ernst Thomke auf ca. 7.8% erhöht. Somit verändern sich die Kontrollverhältnisse nicht und die Aktien der BB Medtech bleiben unter der Voraussetzung, dass die über die 1. Linie erworbenen Aktien mittelfristig wieder im Markt platziert werden, mit ca. 70% im Publikum weiterhin in genügender Weise gestreut. Selbst unter Abzug der über die 1. Linie gekauften Aktien bleiben ca. 60% Aktien im Publikum gestreut. Das vorliegende Rückkaufprogramm kann daher trotz der Überschreitung der Schwelle von 10% gemäss Mitteilung Nr.1 Ziffer III. 1.1 von der Einhaltung der Bestimmungen des 5.Abschnitts des BEHG über öffentliche Kaufangebote freigestellt werden.

14. Der an der Gesuchstellerin beteiligte Dr. Ernst Thomke ist gleichzeitig Mitglied ihres Verwaltungsrats (vgl. Sachverhalt lit. G). Diese Tatsache ist im Rückkaufinserat der BB Medtech offenzulegen.

4. Anmerkungen zu Art. 659 OR

15. Zu beachten ist, dass Art. 659 Abs. 1 OR den Erwerb eigener Aktien auf maximal 10% des Aktienkapitals beschränkt. Die Schwelle von Art. 659 Abs. 1 OR ist jedoch vom in der Mitteilung Nr. 1 Ziff. III. 1.1 festgelegten übernahmerechtlich relevanten Volumen von 10% des Kapitals oder der Stimmrechte zu unterscheiden. Die Freistellung durch die Übernahmekommission bezieht sich auf das Volumen gemäss Mitteilung Nr.1 Ziff. III. 1.1, nicht auf die Schwelle von Art. 659 Abs. 1 OR. Art. 659 Abs. 1 OR stellt eine dauernd einzuhaltende Bestandeslimite dar, während sich das Volumen gemäss Mitteilung Nr. 1 auf die Periode des Rückkaufprogramms (im vorliegenden Fall vom 17. November 2008 bis längstens 16. November 2011) bezieht. Die Gesuchstellerin hat ihre Rückkäufe demnach unabhängig von der vorliegenden Freistellung so auszugestalten, dass die gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen eingehalten sind (vgl. Empfehlung vom 25.Februar 2008 in Sachen Swiss Re, Erw. 2.3).

5. Publikation

16. Diese Empfehlung wird am Tag der Publikation des Rückkaufinserats der BB Medtech auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

6. Gebühr

17. In Anwendung von Art. 23 Abs. 5 BEHG und Art. 62 Abs. 6 UEV-UEK ist für die Prüfung des Gesuchs zulasten der Gesuchstellerin eine Gebühr von CHF 20'000 zu erheben.

Gestützt auf diese Erwägungen erlässt die Übernahmekommission die folgende Empfehlung:

1. Das für den Zeitraum vom 17. November 2008 bis 16. November 2011 geplante Rückkaufprogramm der BB Medtech AG wird von der Anwendung der Bestimmungen über die öffentlichen Kaufangebote freigestellt.

2. Der BB Medtech AG wird gestattet, unter Einhaltung der übrigen in der Mitteilung Nr. 1 der Übernahmekommission vom 28. März 2000 Ziffern III. 1 und 3 definierten Regeln, zusätzlich zu den bis zum Abschluss des 3. Rückkaufprogramms zurückgekauften Aktien maximal 1'305'000 Aktien zurückzukaufen unter der Auflage, dass sie:

a. das 3. Aktienrückkaufprogramm vor der Lancierung des 4. Aktienrückkaufprogramms abschliesst und dies öffentlich bekannt gibt sowie

b. das 4. Aktienrückkaufprogramm erst lanciert, nachdem die ausserordentliche Generalversammlung der BB Medtech AG vom 14. November 2008 über die Vernichtung der im Rahmen des 3. Aktienrückkaufprogramms erworbenen Aktien beschlossen hat.

3. Die BB Medtech AG wird aufgefordert, der Übernahmekommission das definitive Rückkaufinserat in deutscher und französischer Sprache vor dessen Veröffentlichung einzureichen.

4. Die vorliegende Empfehlung wird am Tag der Veröffentlichung des Rückkaufinserats des 4. Rückkaufprogramms der BB Medtech AG auf der Website der Übernahmekommission veröffentlicht.

5. Die Gebühr zulasten der BB Medtech AG beträgt CHF 20'000.

 

Der Präsident

Luc Thévenoz

 

Die Parteien können diese Empfehlung ablehnen, indem sie dies der Übernahmekommission spätestens fünf Börsentage nach Empfang der Empfehlung schriftlich melden. Die Übernahmekommission kann diese Frist verlängern. Sie beginnt bei Benachrichtigung per Telefax zu laufen. Eine Empfehlung, die nicht in der Frist von fünf Börsentagen abgelehnt wird, gilt als von den Parteien genehmigt. Wenn eine Empfehlung abgelehnt, nicht fristgerecht erfüllt oder wenn eine genehmigte Empfehlung missachtet wird, überweist die Übernahmekommission die Sache an die Bankenkommission zur Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens.

 

Mitteilung an:

  • BB Medtech AG, Schaffhausen;
  • die Eidgenössische Bankenkommission.